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Kommentar zur Nato-Strategie Angeber, nein danke!

Um in der Ukraine-Krise Entschlossenheit zu demonstrieren, will sich die Nato an ihren Ostgrenzen verstärken. Das ist in Ordnung - nur auf billige Propaganda sollte das Bündnis verzichten.
Nato-Generalsekretär Rasmussen: Auf verbale Aufrüstung und Propaganda verzichten

Nato-Generalsekretär Rasmussen: Auf verbale Aufrüstung und Propaganda verzichten

Foto: YVES HERMAN/ REUTERS

Klar, von Wladimir Putin ist ja bekannt, dass er gern den Protz gibt. Er zeigt sich an der Seite martialischer Rocker, lässt sich mit nacktem Oberkörper ablichten, und in der Ukraine-Krise prahlt er: "Wenn ich wollte, könnte ich in zwei Wochen Kiew einnehmen." Die Sprache, die Bilder, die Putin sendet, stehen für überkommenes Macho-Verhalten. Sie sollen den Gegner einschüchtern, wahre Absichten verschleiern.

Das ist Politik wie in der Steinzeit.

Leider muss man fürchten, dass dieses Gehabe nun auch in der Nato losgeht. Eigentlich ist der Westen in den vergangenen Jahren gut damit gefahren, sowohl militärisch als auch verbal abzurüsten. Doch im Angesicht der Ukraine-Krise muss man sich die Frage stellen, ob das noch gilt. Das Bündnis sollte nicht den Fehler begehen, Putins Geprotze mit einer ganz eigenen Form der Großtuerei zu neutralisieren.

Schlechte Beispiele gibt es bereits: Mit viel Tamtam wird die Entsendung von einigen zusätzlichen Soldaten in die osteuropäischen Mitgliedstaaten angekündigt. Die bereits bestehende Rapid Response Force des Bündnisses soll ausgebaut werden, Logistikstützpunkte sind geplant. Großspurig spricht Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen von einem "Aktionsplan", vom Aufbau einer "Speerspitze" gegen einen möglichen "Aggressor" ist die Rede.

Muss das sein? Die Nato soll sich im Rahmen der bestehenden Abkommen mit Russland an ihren Ostgrenzen entschlossen präsentieren, dabei muss sie aber auf verbale Aufrüstung und Propaganda verzichten. Angeberei und Drohungen wirken peinlich, vor allem wenn sie substanzlos sind. Große Truppenverlagerungen in den Osten sind in Wahrheit nicht geplant. Und es geht in diesem bösen Spiel auch nicht um die Sicherheit von Polen, Lettland oder Tschechien, sondern allein um die Ukraine. Für sie wird aber kein westlicher Staatenlenker jemals einen großen Krieg riskieren. Das wissen sie in der Nato. Und das weiß auch Putin.

Der Westen hat bislang eine vernünftige Strategie beherzigt. Man setzt auf ernsten, sachlichen Dialog, statt auf hysterische Konfrontation. Es gibt immer einige Heißsporne und Großsprecher im Bündnis, die den nächsten Kalten Krieg herbeireden wollen. Wenn sie sich durchsetzen sollten, wäre das fatal. Diese Zeiten wünscht sich kein vernünftiger Mensch zurück.