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„Da kommen Leute, die wollen Viagra“: Arzt quittiert Job in Transitzentrum: Viele keine Flüchtlinge, sondern „Medizintouristen“
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Wohncontainer für Asylbewerber in Deggendorf
dpa/Armin Weigel Wohncontainer für Asylbewerber in Deggendorf (Symbolbild)

Jahrelang kümmerte sich ein Arzt im niederbayerischen Deggendorf um Flüchtlinge, bot Behandlungen und Beratungen an. Jetzt schmeißt der Mediziner hin: Denn das Klientel der Flüchtlinge habe sich verändert, sagt er. Wo er früher verwundete Menschen und ausgemergelte Kinder behandelt habe, werde er jetzt von Medizintouristen auf der Suche nach einer neuen Hüfte belästigt.

Wie er der „Zeit“ erzählte, arbeite der Arzt seit einiger Zeit in einem sogenannten Transitzentrum, von denen es insgesamt vier in Bayern gibt. In diesen Zentren sind Flüchtlinge untergebracht, denen nur eine geringe Bleibeperspektive eingeräumt wird, weil sie aus Ländern kommen, in denen ihnen weder Krieg noch Verfolgung drohen. Im Deggendorfer Zentrum leben vor allem Asylbewerber aus Sierra Leone und Aserbaidschan.

Bewohner dieser Transitzentren bekommen keine Sprachkurse und dürfen nicht arbeiten, sie haben aber Anspruch auf medizinische Grundversorgung. Um die sei es aber oft nicht gegangen, wie der Arzt der „Zeit“ erzählte: „Da kommen jetzt Leute, die wollen Viagra.“ Manche Asylbewerber verlangten ein neues Gebiss oder eine neue künstliche Hüfte. Oder sie kämen „motorisch völlig unauffällig“ in das Behandlungszimmer und klagten über starke Schmerzen, für die sie dringend Schmerzmittel benötigten. Fünfzig Prozent der Asylbewerber stellen Forderungen dieser Art, schätzt er.

„Bis aufs Fleisch wund gelaufene Füße“

Vor zwei, drei Jahren sei das noch anders gewesen, erzählt der Arzt der „Zeit“. Damals habe er sich auf dem Höhepunkt der Zuwanderung von Flüchtlingen um Tausende Neuankömmlinge gekümmert. Die meisten von ihnen seien zu Fuß nach Niederbayern gekommen und hätten teilweise schwere Kriegsverletzungen aufgewiesen: „Bis aufs Fleisch wund gelaufene Füße, Beine voller Granatsplitter, Kinder in kachektischem Zustand, also ausgelaugt und abgemagert.“

Nun verdächtige er aber vor allem die Asylbewerber aus Aserbaidschan, mittlerweile Medizintouristen zu sein und keine Flüchtlinge im eigentlichen Sinne. Sie legten angeblich ausführliche, perfekt gepflegte Krankenakten aus der Heimat vor und bitten dann um eine neue Hüfte oder eine Bandscheiben-OP.

„Die Leute wissen, wie schleppend die Verfahren hier laufen“, sagte der Mediziner der „Zeit“, „und sie glauben, sich in der Zwischenzeit von deutschen Spezialisten behandeln lassen zu können.“ Werde ihnen diese Behandlung verweigert, würden einige der Aserbaidschaner sogar aggressiv, berichtet der Arzt: Ein Patient habe einen seiner Kollegen mit einem Stuhl beworfen und zwei Tage später mit einem Messer bedroht. Nun schmeißen der Arzt und sein Kollege hin: Sie lassen ihre Verträge mit der Regierung auslaufen.  

„Ich habe natürlich von den Vorfällen gehört“

Der Deggendorfer CSU-Landrat Christian Bernreiter reagierte gegenüber der „Bild“-Zeitung (Samstag) nicht überrascht: „Ich habe natürlich von den Vorfällen gehört.“ Sollten die Vorwürfe stimmen, sei „die Kritik des Arztes natürlich gerechtfertigt“. Der Staat könne „nicht alles zahlen“.

Tut er aber auch nicht: Nicht anerkannten Flüchtlingen gewährt der Staat gemäß des Asylbewerberleistungsgesetz Behandlungen bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen, die „zwingend notwendig und unaufschiebbar“ sind. Chronische Probleme mit der Hüfte oder den Zähnen fallen in den allermeisten Fällen nicht darunter. Einige Flüchtlinge versuchen es womöglich trotzdem – eine Belastung für die Ärzte.

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flr/jr
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