2000 Jahre nach Augustus : Rom vergisst den Erfinder des Weltfriedens
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Unsterblich als gelockter Held: Kaiser Augustus ließ im ganzen Reich Statuen von sich aufstellen Bild: picture alliance / Heritage Imag
Kaum eine Stadt hat mehr architektonische Geschichte als Rom. Doch diese muss immer aufs Neue mit viel Geld erneuert werden. 2000 Jahre nach seinem Tod verkommt das Erbe Kaiser Augustus’ vor den Toren der Stadt.
Augustus hätte mehr aus seinem 2000. Todestag gemacht als das Rom von heute. Der Adoptivsohn des 44 vor Christus ermordeten Julius Caesar, der die im Bürgerkrieg zerriebene Republik in ein Kaiserreich umwandelte und nach einem ersten blutigen Jahrzehnt in eine Ära des Friedens führte, vermarktete sich vortrefflich. Der schmächtige Mann ließ überall im Reich seine Porträtbüste aufstellen, die den „Princeps“ (den Ersten) der Republik als gelockten Helden zeigte.
In Stein gehauen konnte er nicht altern. Schon nach seinem Triumph über den letzten Herausforderer Marc Anton und die ägyptische Pharaonin Cleopatra im Jahr 31 beauftragte er für seine Familie den Bau des größten römischen Mausoleums auf dem Marsfeld vor dem antiken Rom, wo Jahrzehnte später sein pompöser Leichenzug enden sollte.
Dieses Bauwerk wurde am Dienstag, dem offiziellen Todestag, zum ersten Mal seit Jahrzehnten für Besucher wieder geöffnet. Dabei fiel aber das Licht in den Gängen aus, und in der Grab-Rotunde, die nach dem Starkregen des Sommers zur Wasserburg geworden war, tropfte es von den Wänden. Seit Jahrzehnten soll das Mausoleum rekonstruiert werden. Stattdessen verfällt es neben dem modernen Museum für den Friedensaltar (Ara Pacis) des Augustus.
Augustus der Baumeister hinterließ eine Stadt aus Marmor
Gewiss, die Erhaltung der unermesslich vielen Altertümer würde auch reichere Nationen als Italien vor Schwierigkeiten stellen, aber mit dem Erbe des Augustus hat es denn doch eine besondere Bewandtnis. Der erste Kaiser der westlichen Geschichte hat ein Doppelgesicht. „Blutsäufer“ nannte man ihn, weil er von der Übernahme des Konsulats 44 bis zur Eroberung von Alexandria 30 vor Christus mit Gewalt das Reich einte.
Augustus Gaius Octavius enteignete seine Nachbarn auf dem Palatin und baute einen Palast, dessen Größe die Archäologen bis heute noch nicht voll erfassen. Der Kaiser steht aber auch für das klassische Rom der Antike. Zu seinen Zeitgenossen gehören Vergil, Horaz, Ovid und Livius. Er habe eine Stadt aus Backstein vorgefunden und hinterlasse eine aus Marmor, wird der 75 Jahre alte Augustus kurz vor seinem Tode am 19.August des Jahres 14 nach Christus zitiert.
Doch für die ersten Christen, die später die Weltmeinung bestimmten, blieb Augustus vor allem der diktatorische Herrscher. Im Neuen Testament wird seine 40 Jahre dauernde Friedensphase als Menschenwerk eines Tyrannen dargestellt, das man gegen den „ewigen Frieden“, den des Kaisers Zeitgenosse Jesus Christus in die Welt bringe, vernachlässigen könne. Der Heide Augustus, bald nach dem Tode zum Gott (Divus) erhoben, wird als Götze kleingeschrieben.
Augustus Werk als Fundament für den Faschismus
Darum beriefen sich weniger die Päpste als die Kaiser im Heiligen Römischen Reich auf ihn, und so verblasste im päpstlichen Rom das Erbe des Augustus, bis es Benito Mussolini wieder heben wollte. Sein Faschismus berief sich mit den rituellen Äxten (fasces) auf den Kaiser und feierte 1937 mit Pomp seinen 2000. Geburtstag. Danach blieb das Mausoleum bis heute geschlossen.
Mussolini hatte das Areal um das Mausoleum archäologisch sichern lassen. Dann ließ er darüber Wohnhäuser im faschistischen Stil errichten. Das aber ist kein Erbe, auf das sich die heutige Stadtregierung unter dem sozialdemokratischen Bürgermeister Ignazio Marino gern beriefe. So fielen die Feiern nicht nur aus Geldmangel klein aus.
Immerhin wird dieser Tage der heute weiße Friedensaltar, den der Senat 13 vor Christus dem Sieger der Schlachten in Spanien und Gallien errichtete, mittels Lichtprojektionen in den ursprünglichen Farben gezeigt. Und jeden Abend werden die Ruinen des Augustus-Forums lebendig, wenn der ursprüngliche Säulenschmuck und die Statuen auf die verbliebenen nackten Wände projiziert werden. Sonst aber wundern sich dieser Tage viele, wie sehr der „Erfinder des Weltfriedens“ in Vergessenheit geraten konnte.