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Tarnung der IS-Kämpfer in Kobane Nur jeder zehnte US-Kampfjet findet ein Ziel

Die IS-Kämpfer zeigen sich von den US-Luftangriffen wenig beeindruckt. Ihre Strategie: Sie verstecken sich zwischen Zivilisten. So kann nur ungefähr jeder zehnte US-Kampfjet seine Bomben überhaupt abwerfen.
Rauch über Kobane: Eine kurdische Frau jubelt über einen US-Luftangriff

Rauch über Kobane: Eine kurdische Frau jubelt über einen US-Luftangriff

Foto: ARIS MESSINIS / AFP

Die Dschihadisten haben inzwischen fast die Hälfte der syrischen Stadt Kobane (Arabisch: Ain al-Arab) eingenommen, schätzen kurdische Kämpfer vor Ort. Doch die Kurden leisten dem Islamischen Staat (IS) Widerstand. Obwohl ihre Volksverteidigungseinheiten (YPG) viel schlechter ausgerüstet sind, gelingt es ihnen immer wieder, den Vormarsch der Islamisten zumindest vorübergehend zu stoppen.

Die kurdischen Kämpfer hoffen darauf, dass sich das Blatt doch noch wendet: Die Amerikaner greifen nun jeden Tag eine handvoll Stellungen der Dschihadisten an. Lange hatte das internationale Bündnis gegen den IS Kobane nahezu völlig allein gelassen. Bis vor einer Woche flogen die Amerikaner nur jeden zweiten oder dritten Tag einen Angriff.

Den amerikanischen Kampfjets ist es in und um Kobane gelungen, einen Großteil der schweren Waffen und Fahrzeuge des IS zu zerstören, berichtet die kurdische Nachrichtenagentur Ara News. Aus ein paar Vierteln hätten sich die Dschihadisten daher wieder zurückziehen müssen. Ohne die US-Bombardierungen wäre die Stadt vielleicht schon gefallen.

Nachschublinien bislang nicht gekappt

Doch ausgerechnet der amerikanische Generalstabschef Martin Dempsey glaubt trotzdem nicht daran, dass seine Luftwaffe in Kobane wirklich viel ausrichten kann: "Kobane wird wohl fallen", sagte er kürzlich.

Denn trotz der Luftangriffe bleibt das Kräfteverhältnis unausgewogen: Kobane ist eine kleine Insel im IS-Gebiet, zu der kaum Nachschub für die Kurden vordringt. Sie schießen mit veralteten Waffen. Dagegen können die Dschihadisten aus ihrem gut gefüllten Reservoir an Kämpfern, Munition und modernen Feuerwaffen schöpfen, das unaufhörlich mit Beständen aus Ost-Syrien aufgefüllt wird. Der internationalen Allianz ist es mit ihren Bombardements bisher nicht gelungen, die Nachschublinien zu kappen.

Die US-Luftwaffe steht vor mehreren ungelösten Problemen:

  • Kleine, wendige Ziele: Seit Beginn der US-Angriffe vermeidet es der IS, sich in Konvois fortzubewegen. Stattdessen streut die Gruppe Waffen und Kämpfer. So können immer nur wenige Dschihadisten von einer Bombe getötet werden. Die Positionen ihrer schweren Waffen wechseln sie regelmäßig.

  • Tarnung: Vor Beginn der US-Luftangriffe waren die Dschihadisten kaum zu übersehen. Im syrischen Rakka hatten sie ihre Hauptquartiere schwarz angemalt und große Flaggen gehisst. Nun bevorzugen sie die Unauffälligkeit. IS-Kommandanten, die sich in Rakka früher regelmäßig sehen ließen, sind abgetaucht. Seine schweren Waffen und Fahrzeuge tarnt der IS.
  • Anpassungsfähigkeit: Die Dschihadisten haben schnell verstanden, wie sie für die US-Kampfjet-Piloten nahezu unsichtbar werden. In Kobane nutzt der IS nun unauffällige Motorräder, anstatt mit eroberten Humvees herumzufahren. Zudem würden die Dschihadisten unter falscher Flagge fahren, berichten Kurden. Sie nutzen demnach das Banner der kurdischen YPG statt ihres eigenen.
  • Ablenkungsmanöver: Entführte irakische Jesiden werden vom IS als Kämpfer ausstaffiert. Geflüchtete Geiseln berichteten der Uno, sie seien in schwarzen Uniformen um die Stützpunkte der Dschihadisten positioniert worden. Die IS-Kämpfer selbst verstecken sich in den eroberten Städten dagegen inzwischen oft zwischen den Zivilisten.

Wie groß die Probleme der amerikanischen Luftwaffe sind, ließ US-Generalstabschef Dempsey am Sonntag in einem Interview  mit dem US-Fernsehsender ABC erahnen.

Überblick: Topografie von Kobane

Überblick: Topografie von Kobane

Foto: DER SPIEGEL

Dort sagte er, es würde ihn nicht überraschen, wenn nur ungefähr jeder zehnte US-Kampfjet tatsächlich seine Bomben abwerfe. "Wenn wir ein Ziel bekommen, dann nehmen wir es", sagte er. Das heißt: In ungefähr neun von zehn Fällen findet die US-Luftwaffe gar nicht erst ihr Ziel.

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