Angesichts des bevorstehenden Bexit wollen viele ehemalige deutsche Staatsbürger ihren Pass zurück. Während in den deutschen Auslandsvertretungen in Großbritannien 2015 nur 59 Anträge auf Wiedereinbürgerung eingereicht wurden, seien es 2016 schon 760 und im vergangenen Jahr 1.824 gewesen, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums den Zeitungen der Funke Mediengruppe. In den ersten drei Quartalen von 2018 seien es 1.147 gewesen.

Den größten Teil dieser Anträge auf einen deutschen Pass stellten demnach Verfolgte des NS-Regimes und ihre Familienangehörigen. Nach Artikel 116 des deutschen Grundgesetzes haben "frühere deutsche Staatsangehörige", denen in der Zeit des Nationalsozialismus die Staatsangehörigkeit aus politischen oder rassistischen Gründen entzogen wurde, das Recht, einen Antrag auf den deutschen Pass zu stellen. Das Gesetz gilt auch für Nachfahren dieser NS-Verfolgten. Unter den seit 2016 eingereichten Anträgen auf Wiedereingliederung hätten sich rund 90 Prozent auf den entsprechenden Artikel im Grundgesetz berufen, berichten die Zeitungen unter Berufung auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag.

Zehntausende Deutsche waren zwischen 1933 und 1945 vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten nach Großbritannien geflohen, ein Großteil von ihnen war jüdischen Glaubens. Rund 10.000 Minderjährige gelangten zudem durch die sogenannten Kindertransporte ins Vereinigte Königreich. Die Rettungsaktion wurde nach den Pogromen im November 1938 gestartet.

"Viele Menschen im Vereinigten Königreich fühlen sich der EU nahe"

Laut dem innenpolitischen Sprecher der FDP, Konstantin Kuhle, hat die Entwicklung eindeutig mit dem bevorstehenden EU-Austritt Großbritanniens zu tun. Der sprunghafte Anstieg der Anträge seit dem Brexit-Votum zeige, dass viele Bürgerinnen und Bürger im Vereinigten Königreich die Vorteile der EU behalten wollten, sagte Kuhle der Funke Mediengruppe. Die Europäische Union sollte nicht vergessen, "dass sich viele Menschen im Vereinigten Königreich der EU nahe fühlen".  

Die Briten stimmten am 23. Juni 2016 über den EU-Austritt ab. 51,9 Prozent stimmten dabei für den Austritt. Seit Juni 2017 verhandelt Großbritannien mit der EU die Rahmenbedingungen für den Austritt.