Dreiste Masche bei Amazon, Ebay & Co.: Händler verkaufen eigentlich kostenlose Programme

Open Source zum Hammer-Preis: Da stimmt doch etwas nicht
Was haben der Media Player VLC, der Flugsimulator Flight Gear und das Audio-Programm Audacity gemein? Sie sind alle Open Source und kostenlos im Internet erhältlich. Doch auf Amazon, Ebay, bei Media Markt, bei Saturn und vielen weiteren Shopping-Seiten kann man die Software auch kaufen. Einige Online-Händler nutzen die kostenlosen Programme, um Geld zu verdienen. Schlimm daran ist, dass der Verbraucher in vielen Fällen überhaupt nicht sieht, dass es sich eigentlich um Gratis-Tools handelt.

Open Source Programme bei Ebay, Amazon & Co.: Händler verlangen Geld für Freeware

Das Internet ist voll von Software, die kostenlos heruntergeladen werden kann. Viele Programme werden dabei als Open Source Software veröffentlicht, grob gesagt als Programm, das von jedem verwendet, verändert und oft gratis genutzt werden darf. Diese können Sie in der Regel direkt beim Hersteller oder bei redaktionellen Download-Portalen wie CHIP herunterladen.

Nun ist es jedoch so, dass die Programme auch zum Kauf angeboten werden. Der VLC Media Player etwa kostet bei Ebay knapp 9 Euro, Flight Gear bei Saturn 15 Euro, Audacity ebenfalls 15 Euro. Vor allem auf Ebay findet sich jede Menge Software, die eigentlich frei erhältlich ist, und für bares Geld verschachtert wird.

Zwei Punkte sind in diesem Kontext herauszustellen: Zum einen lässt sich viel zu oft überhaupt nicht nachvollziehen, dass es sich um eigentlich kostenlose Software handelt. Zum anderen hat das Verkaufen von freier Software System, CHIP hat mit einem Online-Händler, gesprochen, der Open-Source-Software vertreibt. Er erklärt auch, warum dieses Vorgehen keine dreiste Masche oder gar Abzocke sein soll.

Für Freeware kein Geld ausgeben!

Das größte Ärgernis: Oft kein Hinweis, dass die Software gratis ist

VLC bei Ebay: Von 9,99 Euro auf 8,79 Euro reduziert - aber trotzdem kein Schnäppchen.

VLC bei Ebay: Von 9,99 Euro auf 8,79 Euro reduziert - aber trotzdem kein Schnäppchen.

Bild: CHIP

Die zum Verkauf angebotenen Open-Source-Titel finden sich auf den Shop-Seiten zwischen "normaler" Kauf-Software. Beispiel Audacity im Media Markt Shop: Auf der Produktseite findet sich kein Hinweis darauf, dass die quelloffene Software beispielsweise über die Hersteller-Seite gratis heruntergeladen werden kann. Selbst der Herausgeber an sich wird nicht erwähnt, als Hersteller ist der Online-Händler, der die Freeware vertreibt, eingetragen (mehr dazu weiter unten). Sowohl die Produktbeschreibung als auch die aufwändig gestaltete Verpackung suggerieren unserer Meinung nach, dass es sich dabei um ein Eigenprodukt des Händlers respektive der Shopping-Seite handelt.

Zweites Beispiel Flight Gear, ein Flugsimulator den es beim Hersteller ebenfalls kostenlos gibt. Auch hier fehlen sämtliche Hinweise darauf, dass das Programm eigentlich gratis ist. Spannend sind hier die Nutzerbewertungen. Zwar weisen viele mit negativen Bewertungen darauf hin, dass es sich um eigentlich kostenlose Software handelt. Einige Reviews loben aber einfach nur das Game, getreu dem Motto: "Ein Flugsimulator für 15 Euro? Dafür ist er echt gut!"

CHIP hat bei Media Markt und Saturn sowie bei einem Software-Händler, der namentlich nicht genannt werden möchte, angefragt, was es mit dem Verkauf von Freeware auf sich hat.

Aus kostenlos wird kostenpflichtig: Das sagen die Verantwortlichen

Flight Gear bei Media Markt: Kein Hinweis darauf, dass es sich um kostenlose Open-Source-Software handelt.

Flight Gear bei Media Markt: Kein Hinweis darauf, dass es sich um kostenlose Open-Source-Software handelt.

Bild: CHIP

Sowohl die Presseabteilung der MediaMarktSaturn-Gruppe als auch ein Online-Händler, der die Open Source Titel vertreiben, führen den Mehrwert, den der Kauf bietet, als Argument an: Man bekommt mit dem Kauf die Software auf einem physischen Datenträger (zum Beispiel auf einer CD), es liegt ein Benutzerhandbuch bei und man erhält die Software in einer ordentlichen Verpackung zugesandt. Vielen Nutzern sei das den Kaufpreis wert.

Zudem würde ein Teil des Erlöses den Open-Source-Projekten zugutekommen. Dieser läge laut dem Online-Händler je nach Verkaufspreis und abzüglich der Unkosten bei rund 40 bis 50 Cent pro Abschluss. Das mag stimmen, nachprüfbar ist das für uns jedoch nicht.

Desweiteren, so der Online-Händler, würden viele Käufer wissen, dass es sich bei den Programmen um Open-Source-Software handelt (darauf wird übrigens auf der Produkt-Verpackung hingewiesen, online ist das aber nicht zu sehen).

Irreführende Produktbeschreibungen: Händler verspricht Nachbesserungen

Screenshot der offizellen VLC-Webseite: VLC wird hier als freier, Open-Source-Player zum kostenlosen Download angeboten.

Screenshot der offizellen VLC-Webseite: VLC wird hier als freier, Open-Source-Player zum kostenlosen Download angeboten.

Bild: CHIP

Hinsichtlich der mangelhaften Ausschreibung der Produktseiten haben die Verantwortlichen in unserem Gespräch Nachbesserungen versprochen. Es sei, so die Presseabteilung von MediaMarktSaturn, ein gute Idee, auf die quelloffene und kostenlose Verfügbarkeit hinzuweisen. Und auch, so der Online-Händler, an den Programm-Details soll sich etwas ändern. Dass dort als Hersteller nicht der eigentliche Urheber, sondern der Händler genannt werde, sei ein Versehen, das korrigiert würde.

Zu bemerken sei hier jedoch, dass es sich dabei um einen Anbieter von vielen handelt. Wenn Sie also etwa über Ebay nach Kauf-Software Ausschau halten, sollten Sie auf jeden Fall nachprüfen, ob es sich tatsächlich um kostenpflichtige Programme handelt, oder ob Ihnen jemand Freeware unterjubeln möchte.

Für Freeware kein Geld ausgeben!

Open Source zum Verkauf anbieten? Kein Problem, solange man die Kunden nicht hinters Licht führt

Nachdem auch wir bei CHIP von kostenloser Software profitieren, lohnt es sich meiner Meinung nach, an dieser Stelle etwas auszuholen und mit einem Blick auf unser eigenes Download-Angebot zu beginnen.

Mit jedem Download verdienen wir Geld, und zwar zum einen über die ausgespielte Werbung auf unserer Webseite, zum anderen auch über unseren CHIP-Installer. Diese Einnahmen garantieren es, dass wir Ihnen kostenlos über 33.000 redaktionell geprüfte Downloads anbieten können. Neben dem direkten Download über die Hersteller-Seite ist das Angebot von Portalen wie CHIP der beste Anlaufpunkt, um an Software aller Art zu kommen.

Und hier liegt der große Unterschied zu dem oben beschriebenen Verkauf von kostenfreier Software: Ein Download bei CHIP kostet nichts. Dass für den VLC Media Player oder eine andere Freeware auf einmal Geld locker gemacht werden muss, wird es nicht geben.

Ich persönlich habe auch überhaupt kein Problem damit, dass jemand Open Source Software verwendet, um damit Geld zu verdienen, warum auch? Das Schöne an der Quelloffenheit ist, dass, überspitzt formuliert, jeder damit machen kann, worauf er Lust hat (solange die Lizenzbedingungen beachtet werden).

Wo meiner Meinung nach der Spaß aber aufhört ist, wenn als Verbraucher nicht ersichtlich wird, dass die Software an anderer Stelle völlig kostenlos erhältlich ist. Ich als Nutzer möchte bitte selbst entscheiden, ob mir die Software, durch welchen Mehrwert auch immer, den Kaufpreis wert ist.

Hinsichtlich des Mehrwertes kann ich die Meinung des Online-Händlers, mit dem ich gesprochen habe, durchaus nachvollziehen: Wenn dem Programm etwas beigelegt ist, das ich durch den nackten Download nicht erhalten würde und wenn das Programm völlig werbefrei zu erhalten ist, kann das durchaus ein Kaufgrund sein (vorausgesetzt, das Handbuch ist nicht nur von der Hersteller-Seite zusammenkopiert).

Die gute Nachricht ist, dass unser Gesprächspartner Nachbesserungen versprochen hat. Künftig soll transparenter darauf hingewiesen werden, was es mit VLC, Flight Gear & Co. genau auf sich hat. Sollte dann der Verbraucher glasklar erkennen können, dass es sich um eigentlich kostenfreie Software handelt, habe ich auch kein Problem damit, dass diese online für teures Geld feil geboten wird. Schließlich liegt dann die Entscheidung, ob mir die Freeware Geld wert ist, bei mir selbst.