Russland:Gegen Putin hilft nur Härte

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Es werden immer mehr Konflikte, in die Moskau verwickelt ist. Und es wird immer schwieriger, die vielen Brandherde unter Kontrolle zu halten. Alle vernünftigen Versuche, mit Kooperation statt Konfrontation der Lage Herr zu werden, sind bislang gescheitert.

Von Julian Hans

Noch ist kein Jahr vergangen, seit François Hollande in Moskau einen Neustart mit Wladimir Putin versuchte. Unter dem Eindruck der Pariser Anschläge war der französische Präsident bereit, mit jedem ein Bündnis einzugehen, der ihm im Kampf gegen den IS beisteht. Wenn sich damals in die Hoffnungen auch viele Zweifel mischten, überwog am Ende doch das Argument, man dürfe keine Chance ungenutzt lassen, um aus der Konfrontation mit Russland wieder zu einer Kooperation zu kommen.

So schön diese Formel klang - ein Jahr nach dem Schulterschluss von Moskau ist die Konfrontation größer und gefährlicher denn je. Russen und Franzosen sind nicht zu Waffenbrüdern geworden, im Gegenteil: Der Konflikt in Syrien hat sich zu einem Stellvertreterkrieg zwischen Russland und dem Westen entwickelt, bei dem die Mächte jeden Moment direkt aneinandergeraten könnten. Derweil geht der Krieg in der Ukraine weiter. Es werden mehr Konflikte mit Moskau, nicht weniger. Und es wird immer schwieriger, die vielen Brandherde unter Kontrolle zu halten.

Ein für Mittwoch geplanter Besuch Putins in Paris wurde abgesagt. Während die russische Luftwaffe Zivilisten in Aleppo bombardiert, wollte Hollande mit dem Kollegen aus Moskau kein russisches Kulturzentrum einweihen. Wenn der Präsident komme, wolle er mit ihm über Syrien sprechen "und nur über Syrien", erklärte Hollande; da verzichtete Putin lieber. Kooperation statt Konfrontation - das klingt vernünftig. Aber bisher sind alle, die seit der Krim-Annexion mit diesem Vorsatz auf Putin zugegangen sind, gescheitert.

Frieden mit Moskau? Dazu müssten sie dort Frieden wollen

Barack Obama ließ seinen Außenminister gar eine Kooperation mit der russischen Luftwaffe vereinbaren. Das Militär und viele Experten in Washington warnten. Dann wurde erst der UN-Konvoi beschossen, kurz danach hagelten wieder Bomben auf Aleppo. Der überzeugteste Vertreter des Kooperationsansatzes ist der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Er ging gar so weit, seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow vorzuschlagen, Aleppo gemeinsam wieder aufzubauen, während gleichzeitig russische Bomben auf die Stadt fielen. Zur Antwort bekam er nur Hohn.

Die Steinmeier-Formel "Frieden ist nur mit Russland möglich" ist so richtig wie banal. Sie setzt aber voraus, dass die russische Führung Frieden will. Aber Wladimir Putin heizt Konflikte an, um sich dann als Partner bei der Rettung anzubieten. Das kann er so lange treiben, wie andere bereit sind, Angebote zu machen.

Darum muss er sich einstweilen keine Sorgen machen, solange Politiker von Sigmar Gabriel bis Edmund Stoiber nach Moskau reisen, um auch einmal ihr außenpolitisches Glück zu versuchen. Die Wähler haben verständliche Angst vor einer Konfrontation mit Russland. Sie danken es jedem, der sie in dem Glauben wiegt, der Eklat sei vermeidbar.

Gerade noch hatten die deutschen Sozialdemokraten und einzelne EU-Staaten einen schrittweisen Abbau der Sanktionen ins Gespräch gebracht. Nun wollen die Europäer stattdessen auf dem EU-Gipfel in dieser Woche über zusätzliche Maßnahmen beraten. Hollande ist dafür und auch die Bundeskanzlerin, so war am Wochenende aus Berlin zu hören. Wenn Russland im UN-Sicherheitsrat jede Resolution mit seinem Veto verhindert, soll wenigstens auf diesem Weg gezeigt werden, dass die Bombardierung dicht besiedelter Wohnviertel nicht ohne Reaktion der Weltgemeinschaft bleibt.

Ein Umdenken Putins wird auch das nicht bewirken. Aber wenn weder Angebote noch Sanktionen helfen, bleibt nur, an den eigenen Schutz zu denken. Alles, was Putin zum Krieg befähigt, muss gestoppt werden.

© SZ vom 17.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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