Früher war das Managerleben noch klar und übersichtlich. Man sprach nicht von Managern – Chefs waren einfach nur Chefs. So erinnere ich mich, wie mein Vater, Geschäftsführer in einem Großunternehmen, von einigen Mitarbeitern mit "Chef" angesprochen wurde. Und wenn mein Onkel zu einer Geschäftsreise nach Spanien fuhr, dann dauerte die mindestens eine Woche, und er nahm Sekretärin und Übersetzerin mit. Auch das war normal. Übrigens bin ich nicht 150 Jahre alt. Das alles ist erst ein paar Jahrzehnte her.
Die Globalisierung hat seither vieles verändert und die Arbeitswelt reformiert. Der Westen ging nach Osten. Lohnkostenvorteile suchend, ging es erst nach Asien und Osteuropa. Und plötzlich waren Chefs auf einmal Manager, die Englisch sprechen, international agieren und zumindest ansatzweise interkulturelle Kompetenz aufbauen mussten. Man(n) – denn es waren ja fast ausnahmslos Männer – war mehr unterwegs und immer erreichbar. Doch lange war klar: Der Nabel der Welt ist immer noch der Westen, euro- und amerikanozentrisch.
Das hat sich mittlerweile grundlegend geändert. China hat sich zur neuen Supermacht entwickelt, kauft halb Afrika und eine westliche Firma nach der anderen. Die Welt ist polyzentrischer geworden. Die globale Mittelschicht wächst rasend schnell, am schnellsten in Asien. Diese Mittelschicht hat die Kaufkraft, und wer die Kaufkraft hat, hat die (Wirtschafts-)Macht. Mit dem wachsenden Wohlstand werden auch die Lebensentwürfe der Menschen vielfältiger. Wir erleben heute schon mit der Generation Y, der heutigen Generation der Berufseinsteiger, dass die Ansprüche an Arbeitgeber sich verändern. Die Jungen wollen einen Sinn in ihrer Tätigkeit sehen. Ihnen ist Familie wichtig und Lebenszeit zur freien Gestaltung. Sabbaticals und Teilzeit werden künftig stärker nachgefragt, auch wird es normal werden, einen Jobwechsel mitten im Berufsleben zu vollziehen und etwas ganz Neues zu machen. Personalführung und auch Planung von Weiterbildung wird künftig umfassender.
Auch die Digitalisierung hat die Arbeitswelt verändert – und wird es künftig weiter tun. Wir arbeiten virtueller, mobiler, schneller und vernetzter. Die Grenzen zwischen Privatleben und Berufsleben verschwimmen. Das bedeutet aber auch, dass Interna jederzeit öffentlich werden können. Auch das erfordert neue Fähigkeiten im Management.
Hinzu kommt der demografische Wandel: Mitarbeiter werden älter und knapper; Migration verstärkt sich, die Anforderungen an Arbeit ändern sich – und der Wettbewerb um die besten Talente findet auf einem internationalen Markt statt.
Zugleich kommt es verstärkt zu Extremwetterereignissen und anderen Auswirkungen des Klimawandels – das wird langfristig zu Rohstoffknappheit führen, was die Wirtschaft zusätzlich unter Druck setzt.
Alles das stellt die westlichen Manager vor neue Herausforderungen. Sie müssen ihre Unternehmen "glokalisieren", also die richtige Balance finden zwischen globalen strategischen Vorgaben und lokalen Entscheidungsprozessen. Dies verlangt höhere Agilität und Flexibilität. Unternehmen brauchen heute andere Strukturen. Und das verlagert auch die Macht weg von der Spitze. Hierarchische Führung hat ausgedient. Macht wird damit vielfältiger, bunter und komplizierter – und die Konzernlenker verlieren die Macht, die sie bisher hatten, schließlich steigt die Zahl der Anspruchsberechtigten (stakeholder) dramatisch. Ich nenne das stakeholder proliferation.
Nicht mehr nur Eigentümer und eine homogene Gruppe von Mitarbeitern müssen Manager im Auge haben, wenn sie die Wirkungen ihrer Entscheidungen einzuschätzen versuchen. Sondern Mitarbeitergruppen unterschiedlicher Herkunft, Alters, Werten, Standorten und Rollen. Hinzu kommen externe Stakeholder in Gesellschaft und Politik, deren Interessen ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Das verkompliziert Entscheidungen und reduziert Durchgriffrechte.
Manager müssen Macht sozialisieren
Gleichzeitig wächst die direkte Macht einzelner Mitarbeitergruppen. Denn wenn Mitarbeiter knapp werden, zudem noch über spezielles Wissen (wie etwa lokale Märkte) verfügen, dann haben sie sehr viele Optionen. Die Loyalität zum Arbeitgeber geht automatisch zurück.
Außerdem wächst die Macht von Konsumenten, vor allem durch die Digitalisierung, die zu großer Transparenz und direktem Zugriff auf Produkte führt. Darüber hinaus reduzieren Gesellschaft und Politik die Macht an der Unternehmensspitze durch Vorgaben und Regeln, die in Zukunft verstärkt etwa als Antwort auf Umweltkrisen eingeführt werden.
Und so kommt es zu einem Machtparadox. Während die Komplexität und Massivität der Umwälzungen es vorteilhaft erscheinen ließe, mächtige Manager an der Spitze mit starken Durchgriffrechten zu haben, die ihr Unternehmen fit für die Zukunft machen, führen genau diese Megatrends zum Gegenteil: dass nämlich die Macht der Manager kleiner wird. Nicht erstaunlich, dass das Leben eines Managers immer schwieriger und unbehaglicher wird.
Was tun? Der starke, dominante Held an der Spitze eines Unternehmens hat ausgedient. In Zukunft werden diejenigen Manager erfolgreich sein, die ein anderes Bild von sich haben: Die Führung als eine Beziehung verstehen und die Macht sozialisieren. Die wissen, dass sie selbst nur stark sind, wenn sie andere stark machen. Die auf echte Teams an der Spitze setzen. Die es ihren Mitarbeitern ermöglichen, individuelle Sinnzusammenhänge mit Unternehmensinteressen zu verknüpfen. Die sich nicht in erster Linie auf sich selbst beziehen, sondern auf andere. Ich nenne diese Führungskräfte Altrozentriker.
Früher war das Managerleben noch klar und übersichtlich. Man sprach nicht von Managern – Chefs waren einfach nur Chefs. So erinnere ich mich, wie mein Vater, Geschäftsführer in einem Großunternehmen, von einigen Mitarbeitern mit "Chef" angesprochen wurde. Und wenn mein Onkel zu einer Geschäftsreise nach Spanien fuhr, dann dauerte die mindestens eine Woche, und er nahm Sekretärin und Übersetzerin mit. Auch das war normal. Übrigens bin ich nicht 150 Jahre alt. Das alles ist erst ein paar Jahrzehnte her.
Die Globalisierung hat seither vieles verändert und die Arbeitswelt reformiert. Der Westen ging nach Osten. Lohnkostenvorteile suchend, ging es erst nach Asien und Osteuropa. Und plötzlich waren Chefs auf einmal Manager, die Englisch sprechen, international agieren und zumindest ansatzweise interkulturelle Kompetenz aufbauen mussten. Man(n) – denn es waren ja fast ausnahmslos Männer – war mehr unterwegs und immer erreichbar. Doch lange war klar: Der Nabel der Welt ist immer noch der Westen, euro- und amerikanozentrisch.