Von Thomas von der Osten-Sacken
Die USA und einige Länder Europas nannten sich die „Freunde Syriens“ und forderten einst den Rücktritt Assads, unterstützten irgendwie die Opposition und machten zumindest ein ziemliches Gedöns, dem weit weniger beeindruckende Taten folgten. Dass es ihnen nicht um den Sturz Assads ging, durfte spätestens 2013 klar geworden sein, als dieser ganz ungehindert eine vermeintlich rote Linie überschritt.
Seitdem schaut man dem Morden zu, ruft hin und wieder ein „Du! Du!“, trifft sich ansonsten mit den Russen zum Dialog (während diese Krankenhäuser bombardieren und Phosphor abwerfen) und nun Ost-Aleppo einnehmen.
Und was tut der US-Außenminister jetzt, da denen, die doch irgendwie bis zuletzt irrigerweise geglaubt hatten, der Westen unterstütze sie irgendwie? Er fleht um Gnade, und das auf einer weiteren nutzlosen Syrienkonferenz. Um Gnade!
„US-Außenminister John Kerry rief Syriens Präsidenten Baschar al-Assad und dessen Verbündeten Russland auf, ‚ein wenig Gnade‘ zu zeigen. Er glaube, dass es einen Weg nach vorn geben könne – doch das hänge an Russland. Kerry betonte, es gehe darum, die vollständige Zerstörung Aleppos zu verhindern.“
Nun sei die Frage erlaubt, ob eine noch perfidere Mischung aus moralischer Verkommenheit und politischer Bankrotterklärung denkbar ist, als die, dass der Außenminister der USA Assad und die mit ihm verbündeten Kriegsverbrecher um Gnade anbettelt und damit nebenbei klarmacht, dass die Bewohner Aleppos ihnen auf Gnade und Ungnade ausgeliefert sind. Und wenn es keine Gnade gibt, dann werden bald ein paar mehr Bilder von zu Tode Gefolterten ausgestellt – denen, die das Pech hatten, in Aleppo zu glauben, dass die „Freunde Syriens“ auf ihrer Seite standen.
(Zuerst erschienen auf dem Jungle World-Blog „Von Tunis nach Teheran“ unter dem Titel: „Der finale Bankrott“)