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Von

Adelung bis

Zwangsarbeit 173 Stichworte zu Militテ、r und Nationalsozialismus in Darmstadt


Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Darmstadt, Gerhart-Hauptmann-Straße 47, 64291 Darmstadt Von Adelung bis Zwangsarbeit – 173 Stichworte zu Militär und Nationalsozialismus in Darmstadt 205 Seiten, 45 Bilder Umschlagseiten: Stadtplan von Darmstadt aus dem Jahr 1927 1. Auflage: Mai 2000


Inhalt

Vorwort von Moritz Neumann ..................................................................... 5 Ăœber die Entstehung dieses Buches.............................................................. 9 StichwĂśrter von Adelung bis Zwangsarbeit ............................................... 11 Quellen ...................................................................................................... 178 Register ..................................................................................................... 190 Autoren ..................................................................................................... 205



Vorwort Reden, so behauptet ein verbreitetes Sprichwort, sei Silber; Schweigen dagegen sei Gold. Dieser bequeme Glaubenssatz gilt vor allem dann, wenn es um die eigene Vergangenheit geht. Dann nämlich sind Schweigen und Weghören das Credo jener deutschen Michel, unter deren Zipfelmütze gelegentlich das Antlitz des Martin Walser hervorlugt. Zur uniformen Ignoranz von Walser und seinen Schranzen mit ihrem Hang zur gemeinschaftlichen Amnesie passen auch die bekannten drei Affen, die - nicht sehend, nicht hörend und nicht sprechend - landläufig als Inbegriff der Weisheit schlechthin gelten. Ausgerechnet Weisheit! Woraus zwingend zu folgern wäre, daß nicht weise sei, wer hinschaut, zuhört und sich artikuliert. Deutlicher kann die intellektuelle Selbstbescheidung kaum ausfallen - und mit ihr zugleich die treffende Beschreibung der deutschen Nachkriegszeit in den schweigsamen Jahren der Adenauer-Zeit. Was sich andererseits paßgenau zur damaligen Regierungsbeteiligung strammer AltNazis vom Schlage Globkes beim Aufbau dieser, unserer Republik fügte. Es fällt gelegentlich schwer, es nicht als ausgeprägte Bigotterie zu empfinden, wenn heutzutage hochrangige Politiker hochnotpeinlich bis ins persönliche Terminbuch verfolgt und von selbsternannten Tugendwächtern vor das Tribunal der medialen Inquisition gezerrt werden, weil sie sich eine Flugreise bezahlen ließen - wenn man sich nur zurückerinnert, mit welch ausgeprägter und mitfühlender Verständnisbereitschaft den früheren Bundespräsidenten Lübke und Carstens im Zusammenhang mit angeblichen Verstrickungen ins Nazi-Reich begegnet wurde. Damals herrschte die weitgehende - und die parteiübergreifende - Einigkeit in die Politik der barmherzig-praktischen Schweigsamkeit, sei es bei Karl Carstens, der für Deutschland und in SA-Uniform hoch zu Roß gesessen hatte, sei es bei Heinrich Lübke, der den Vorwurf, KZ-Baracken gebaut zu haben, nie richtig losgeworden war. Ich höre sie jetzt wieder, die gequälten, die erzürnten und verständnislosen Walsers, die von sich behaupten, im Hier und Jetzt zu leben und fortan unbelastet in die Zukunft schauen zu wollen. Aber nur in die Zukunft, bitte sehr. Und um Himmelswillen keinen falschen Blick zurück in die verkehrte Richtung.

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Schauen wir trotzdem mal etwas genauer hin in jene Zeit, die mittlerweile schon ins vergangene Jahrhundert gehört. (Was es vielen, dank dieser Milleniumsgrenze, leichter macht, sich jener Zeit eben nicht mehr zu erinnern): Es hatte rund ein Vierteljahrhundert seit dem schlimmsten aller Kriege gedauert, ehe die Sprachlosigkeit durchbrochen wurde. Nicht wirklich überwunden, aber wenigstens durchbrochen. So viel ist seither nachgeholt worden (aber auch immer noch nachzuholen), daß die Zeit von abermals einem Vierteljahrhundert nicht ausgereicht hat, das Licht am Ende des Tunnels zu ahnen. Weil nämlich nationale Geschichte auch dann nicht sogleich ihr Ende findet, wenn ihre Protagonisten nicht mehr am Leben sind. Obwohl gerade diese Limitierung eine von vielen begrüßte Grenzziehung wäre. Tatsächlich und aufrichtig-selbstkritisch betrachtet ist der Fall der Schweige-Mauer nur von einer Minderheit des deutschen Volkes verursacht und begleitet worden, von der schreibenden, der publizistischen und literarischen Minderheit. Von jenen, die ein nicht zu Unrecht in allmähliche Vergessenheit geratener früherer Bundeskanzler als "Pinscher" zu diffamieren beliebte - und für die sich die deutsche Sprache auch heute noch gern des aus dem Goebbels´schen Vokabular entlehnten Begriffs des "Schreiberlings" bedient. Der große Rest des Volkes, die eigentliche Zielgruppe der unermüdlichen und ernsthaften Aufklärungsarbeit von Journalisten und Historikern, hat es dagegen verstanden, der Phase der verinnerlichten Verdrängung auf nur kurzem Umweg über die Zeit der zwischen zusammengepreßten Zähnen undeutlich ausgesprochenen Wahrheit sehr schnell die Jetzt-Zeit des Überdrusses folgen zu lassen: Sie wollen es nicht mehr hören, sie wollen nichts mehr davon sehen, nicht mehr darüber reden - nichts mehr von alledem wissen. Die vermeintliche Weisheit der Affen ist in den Walsers auferstanden. Die Nonkonformisten und Querdenker sind freilich - und zum Glück für Deutschland - nicht von der Bildfläche verschwunden. Es braucht sie allenthalben, nicht zuletzt für die Aufarbeitung und Vermittlung lokaler Geschichte. Am Beispiel Darmstadts bedeutet dies, daß auch außerhalb jener von der offiziellen Kulturpolitik geförderten Projekte engagiert Kontrapunkte zu setzen sind. Geschichtsschreibung darf eben nicht bloß in die Hände (und die ausschließliche Verantwortung) professioneller Historiker gegeben werden, denen von lauter Streben nach Sachlichkeit die Gefühle 6


abhanden kommen. (Gewiß, Herr Geschichtsoberlehrer, Sachlichkeit ist oberstes Gebot. Nur, zu Gefühlen fähig zu sein, das heißt doch nicht gleich, Geschichtsschreibung zu manipulieren. Wie schreibt denn einer ohne Gefühlsregung über die Gaskammern von Auschwitz?) Und wenn die Bürgerschaft es genießen mag, sich historisch verklärt, gefühlsmäßig verklärt und vielfach publiziert über den Stammbaum bei Großherzogs Hofe beglücken zu lassen, dann sollte sie auch Stadtgeschichte der etwas anderen Art ertragen können, jene etwa, die sich sprachlich passend gewählt - vor ein paar Jahren in der Form eines "alternativen Stadtführers" um die nachzuholenden Lektionen bekümmerte. Dem Stadtführer folgt nun, im Abstand einiger Jahre, ein lokales Nachschlagewerk, das sich für Darmstadt beinahe zwingend anbietet: dem Darmstadt der Militärs, dem Darmstadt der frühen Heil-Schreier und dem Darmstadt des, vor allem, gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Widerstands. Man mag darüber streiten, ob in diesen Kontext auch StichwortErläuterungen passen, die - zwar wertungsfrei, aber nicht ohne Irritationen beim Leser - auch Einrichtungen der Bundeswehr und der US-Army auflisten. Der Zusammenhang könnte zu konstruiert erscheinen, aber er paßt immerhin zum Eigenanspruch der Autoren, all das Lokalhistorische aufzulisten, das unter das Rubrum des Militärs zählt. Andere Leser - nicht mich! - mag es stören, die inzwischen vertrauten Namen ehrenwerter Darmstädter Kaufleute zu lesen, die im Zusammenhang mit der sogenannten Arisierung (also staatlich sanktioniertem Betrug und Diebstahl) Erwähnung finden. Oder den Namen einer offenbar so geschätzten Persönlichkeit wie des Architekturprofessors Peter Grund erwähnt und beschrieben zu sehen. Aber in ein Stichwortregister zum Nationalsozialismus paßt Grund leider nicht ohne Grund. Er war nun eben auch ein Nazi - und daran ändert auch die fragwürdige Entscheidung der Stadt Darmstadt nichts, ihn mit der Benennung einer Straße nach seinem Namen zu ehren. (Es ist übrigens nicht die einzige Straße, die längst eine Umbenennung verdient hätte. Warum heißt eigentlich die Hindenburgstraße noch immer Hindenburgstraße? ) So oder so, dem Lexikon der Darmstädter Kriegsdienstverweigerer zur noch gar nicht so fernen lokalen Historie gebührt sehr wohl ein Platz in der 7


real existierenden örtlichen Geschichtsschreibung. Und wenn es zudem für den Schulunterricht entdeckt würde, wofür die Stadt ruhig ein paar bescheidene Fördermittel erübrigen dürfte, dann wär´s bestimmt kein Schaden.

Moritz Neumann Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Darmstadt

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Über die Entstehung dieses Buches Die Idee für dieses Buch stammt eigentlich aus dem Jahr 1981. Damals erarbeiteten wir den "Alternativen Stadtführer", eine kleine Broschüre die in Kurzform wichtige Stationen der Jahre 1933 bis 1945 skizzierte und mit dessen Hilfe wir auch die ersten Stadtrundfahrten auf diesem geschichtlichen Hintergrund organisierten. Dieser Alternative Stadtführer war der Ausgangspunkt für unsere Überlegung, ein Nachschlagewerk zu erstellen, in dem wir "unsere" Themen, nämlich Militarismus und Nationalsozialismus aus Darmstädter Sicht aufarbeiten wollten. Um einen überschaubaren zeitlichen Rahmen zu erhalten, beschränkten wir uns auf das 20. Jahrhundert, wobei den Jahren 1933 bis 1945 eine besondere Rolle zukam und sie deswegen auch den größten Raum einnehmen. Uns war aber auch wichtig darzustellen, welch lange Tradition Militär und Militarismus in Darmstadt haben, was man unschwer an der Vielzahl der Kriegerdenkmäler, Straßennamen und nicht zuletzt den immer noch reichlich vorhandenen Kasernen und den dazugehörigen Soldaten erkennen kann. Große Diskussionen entfachten sich immer wieder bei der Verwendung bestimmter Begriffe, die zwar Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden haben, aber aus unserer Sicht verharmlosenden Charakter besitzen wie zum Beispiel "Reichskristallnacht" oder "Arisierung". Wir haben uns nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, diese Begriffe zu verwenden, um die Verständlichkeit dieses Buches zu erhalten. Wir haben diese Begriffe in Anführungszeichen gesetzt, um deutlich zu machen, daß dies nicht unser Sprachgebrauch ist. Natürlich ist die Auswahl der Stichworte und deren Bearbeitung eine subjektive Entscheidung unsererseits gewesen, die mit Sicherheit auch Kritik hervorrufen wird. Wir begreifen uns nicht als Historiker, sondern als geschichtsinteressierte Bürger dieser Stadt, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder gar Unfehlbarkeit erheben. Vielmehr soll ein Ziel dieses Buches sein, Interesse zu wecken, selber Nachforschungen anzustellen, bei Themen, von denen der Leser oder die Leserin meint, sie seien zu kurz gekommen. Wir selbst haben beim Korrekturlesen festgestellt, daß in vielen Stichworten weitere interessante Stichworte verborgen sind, bei denen sich ein "Weitergraben" lohnen könnte. Von daher ist dieses Buch nicht als ein 9


abgeschlossenes Werk zu sehen, sondern als Ausgangspunkt für eine tiefergehende Aufarbeitung der Darmstädter Geschichte. Wir haben versucht, ein besonderes Augenmerk auf die Nutzbarkeit dieses Buches zu legen. Daher die ausführliche Auflistung der Quellen, die dem Leser aufzeigen soll, wo zu dem einen oder anderen Punkt mehr Information zu finden ist, wobei unsere eigenen Recherchen in den Quellenangaben am Textende der Stichwörter nicht als Quelle gekennzeichnet sind. Die mit den Pfeilen → gekennzeichneten Querverweise und das umfangreiche Register ermöglichen zudem ein schnelles Suchen und Finden von Zusammenhängen der einzelnen Stichworte. Wir danken allen, die zur Entstehung dieses Buches beigetragen haben. Besonderer Dank geht an Bärbel Herbig und Harald Rühl für ihre Mitarbeit. An Martin Wacker für die technische Unterstützung. An Eleonore Gundlach-Glauer, Hans-Dieter Johst und Stefan Niemeyer für die Korrekturen. Ein besonderer Dank geht an Moritz Neumann, Vorsitzenmder der Jüdischen Gemeinde Darmstadt, der das Vorwort zu diesem Buch geschrieben hat. Außerdem danken wir der HEAG, die uns als einzige Darmstädter Firma zum Thema "Zwangsarbeit" Einblick in ihre Personalakten aus dieser Zeit gab.

Deutsche Friedensgesellschaft / Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen ( DFG / VK ) Gruppe Darmstadt

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Adelung, Bernhard (30.11.1876 - 24.2.1943) wurde in Bremen geboren, lernte dort Schriftsetzer, wanderte 1896 durch die Schweiz, Österreich und Italien und ließ sich 1897 in Mainz nieder. Er war Mitglied des Verbandes der Deutschen Buchdrucker, trat 1897 der SPD bei und wurde 1901 Redakteur der sozialdemokratischen "Mainzer Volkszeitung". In dieser Zeit schloß er Freundschaft mit Carl Ulrich. Als Redakteur wurde er 1903 wegen Majestätsbeleidigung angeklagt und zu einer Strafe von drei Monaten Gefängnis verurteilt, die er in Butzbach verbüßen mußte. Adelung war - mit kurzer Unterbrechung - von 1903 bis 1933 Mitglied des Landtages von Hessen-Darmstadt. 1904 wählten ihn die Mainzer Bürger in die Stadtverordnetenversammlung. 1915 wurde Adelung freiwillig Soldat des Ersten Bernhard Adelung Weltkrieges. Nach der Novemberrevolution 1918 arbeitete er als Bürgermeister der Stadt Mainz und ab 1919 als Landtagspräsident des Volksstaates Hessen. Im Zusammenhang mit dem passiven Widerstand des Ruhrkampfes von 1923 wurde er von der französischen Besatzungsmacht aus Mainz ausgewiesen und konnte erst 1925 zurückkehren. Als Ulrich 1928 vom Amt des hessischen Staatspräsidenten zurücktrat, übernahm der bewährte Landtagspräsident dieses Amt und führte eine Koalitionsregierung mit Wilhelm →Leuschner als Innenminister. Im Jahre 1928 erhielt Adelung die Ehrendoktorwürde der →Technischen Hochschule Darmstadt. Nach der Amtsenthebung durch die Nazis im Frühjahr 1933 lebte er zurückgezogen im Ruhestand. Im Darmstädter Adreßbuch 1930 und 1933 war seine Wohnung mit Heidelberger Straße 22 vermerkt. In der Ausgabe von 1935 gibt es keinen Eintrag. Adelung starb 1943 an Arteriosklerose. Seine Lebenserinnerungen "Sein und Werden - Vom Buchdrucker in Bremen zum Staatspräsidenten in Hessen" erschienen 1952 in Offenbach, bearbeitet von Karl Friedrich. In Darmstadt erinnern an ihn seit 1945 die Adelungstraße, ehemals Makkensenstraße, und die Bernhard-Adelung-Schule. Q: [5], [135]

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Alten- und Pflegeheim Dr. Rosenthal Die Privatklinik Dr. Max Rosenthal befand sich in der Eschollbrücker Straße 4 1/2 (Ecke Heidelberger Straße). Diese Klinik wurde nach seinem Tod 1939 von der Jüdischen Gemeinde aufgekauft und in ein Alters- und Siechenheim umgewandelt. Da alle Darmstädter Synagogen im November 1938 zerstört worden waren, hielt die Jüdische Gemeinde ihre Gottesdienste dort ab. Das Heim wurde am 10. Februar 1943 aufgelöst, die Bewohner, insgesamt 53 Personen in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert (→Judenverfolgung). An der jetzigen Liegenschaft befindet sich kein Zeichen der Erinnerung. Q: [74], [150]

Am Kavalleriesand Diese Straße wurde 1951 so benannt. Sie erinnert an den "Kavallerie-Exerzierplatz", der früher hinter der Holzhofallee und westlich der Eisenbahn lag. Ihn benutzten die "Weißen Dragoner" der 1891 bis 1897 erbauten "Neuen Kavalleriekaserne" auf der Nordseite der Holzhofallee.

Eingangstor zum Lager Am Kavalleriesand 1946 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dort ein US-amerikanisches Internierungslager im Zuge von sogenannten Entnazifizierungsmaßnahmen betrie-

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ben (→Entnazifizierung). Zwischen 1948 und 1958 wurden die Trümmer der zerstörten Stadt auf diesem Platz gesammelt. Q: [115], [135]

Amt für Fernmelde- und Informationssysteme Das Amt für Fernmeldeund Informationssysteme ist eine Einrichtung der →Bundeswehr und befindet sich →Am Kavalleriesand. Der sog. "Leiter Verbindungskommando zum Fernmeldetechnischen Zentralamt" (VKdoFTZ) ist Bevollmächtigter der Bundeswehr beim Technologiezentrum, ehemals Fernmeldetechnisches Zentralamt (FTZ), der Deutschen Telekom in Darmstadt, Am Kavalleriesand 3. Diese Zentralmilitärische Dienststelle vertritt die Belange der Bundeswehr gegenüber dem Fernmeldetechnischen Zentralamt und berät die NATOKommandobehörden in Fragen der Zusammenarbeit mit der Telekom im Bereich der Telekommunikationstechnik und des Fernmeldebetriebes. Seine Zuständigkeit erstreckt sich aber auch auf Fragen der Forschung, Entwicklung und Beschaffung sowie des Fernmelderechtes. Die Dienststelle wird von einem Oberstleutnant geleitet, dem für die Erfüllung seiner Aufgaben ein Fernmeldeoffizier und zusätzlich ziviles Personal zur Verfügung steht. Q: [146]

Arheilger Mühlchen Am Arheilger Mühlchen befand sich von 1941 bis 1945 ein Lager, in dem 173 Zwangsarbeiter aus Frankreich, Litauen und Polen interniert waren. Sie mußten beim ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerk, dem heutigen Ausbesserungswerk der Deutschen Bahn in der Frankfurter Straße, arbeiten. →Zwangsarbeit →Reichsbahn →Lager Q: [130]

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"Arisierung" ist eine nationalsozialistische Wortprägung. Sie bezeichnet die gewaltsame Enteignung von Juden und die Überführung ihres Eigentums in "arischen", das bedeutet in nicht-jüdischen Besitz. Abgeleitet aus der falschen Auslegung der Begriffe Arier und arisch - als Kennzeichnung einer angeblich höherstehenden arischen Rasse im Gegensatz zu einer jüdischen - wurde der Begriff für Maßnahmen verwendet, die den wirtschaftlichen Ruin der Juden in Deutschland und die Bereicherung insbesondere von Parteigängern der NSDAP ermöglichten. Die Nürnberger Gesetze von 1935 bestimmten Juden in Deutschland zu Staatsbürgern zweiter Klasse. Am 9. März 1933, drei Tage nach der Machtergreifung der Nazis in Hessen, gab es in Darmstadt die ersten Boykottaktionen durch die SA. Davon betroffen waren das Porzellangeschäft Rosenthal und die Warenhäuser Tietz und Rothschild (→Kaufhof und →Henschel & Ropertz). Es gab auch Übergriffe gegen Personen. In Arheilgen wurde Heinrich →Wechsler mit einer Hakenkreuzfahne in der Hand von einem bei ihm verschuldeten SA-Sturmführer durch den Ort gejagt und anschließend mißhandelt. Zwei Tage später starb Wechsler. Das Hessische Landeskriminalamt ordnete bereits am 28.3.1933 die Schließung sämtlicher "jüdischen Geschäfte" mit der Begründung an, daß durch die Offenhaltung die öffentliche Ruhe und Ordnung gefährdet sei. Dem eigentlichen Boykott war Darmstadt damit um drei Tage vorausgeeilt. Am 1.4.1933 wurde auch in Darmstadt der zentral für das ganze Reich geplante sog. "Abwehrboykott" durchgeführt. Die Posten vor den Geschäften stellten die SS oder die SA, auch die Polizei war an diesen Maßnahmen beteiligt (→Judenboykott). Die zweite Phase der "Arisierung" hatte die Deutsche Reichsregierung planmäßig Anfang 1938 durch mehrere "Verordnungen" ins Rollen gebracht: Alle Juden mußten ihr Vermögen anmelden (26.4.1938); Veräußerungsgeschäfte von Juden an Nichtjuden mußten behördlich genehmigt werden (26.4.1938); jüdische Gewerbebetriebe mußten eingestellt werden (6.7.1938); jüdischen Ärzten wurde die Approbation entzogen (25.7.1938); jüdische Rechtsanwälte verloren ihre Zulassung (27.9.1938); alle jüdischen Einzelhandelsgeschäfte mußten geschlossen oder an Nichtjuden verkauft werden; jüdische Handwerker wurden aus der Handwerksrolle gelöscht (12.11.1938); jüdische Gewerbebetriebe, Grundstücke und Wertpapiere mußten liquidiert, verkauft oder gekennzeichnet werden (3.12.1938). Es folgten viele weitere Gesetze und Verordnungen gegen deutsche Juden. Wenn ein jüdischer Eigentümer sich weigerte zu verkaufen, wurde er verhaftet und damit unter Druck gesetzt. Die Preise wurden behördlich diktiert. Der Kaufpreis, der selten höher als 1/3 bis 1/2 des echten Wertes lag, 14


wurde anschließend auf einem deutschen Bankkonto eingefroren, über das der Verkäufer nicht frei verfügen durfte. Der Umtausch in Devisen und die Überweisung ins Ausland waren nicht mehr erlaubt. Auf diese Weise bereicherten sich nicht nur der deutsche Firmenkäufer, sondern auch das Deutsche Reich in Höhe von vielen, kaum schätzbaren Milliarden Reichsmark. Lag der Ankauf jüdischen Besitzes im Interesse der Partei oder einzelner Parteigänger, wurde der Verkauf mit brutalen Mitteln erzwungen. In dem Bericht einer Untersuchungskommission über Arisierungen im Raum Franken an Hermann Göring hieß es z.B.: "Wolf hatte ... den Auftrag, die jüdischen Grundstückseigentümer in Nürnberg zu veranlassen, ihre Grundstücke der Gauleitung Franken zu etwa 10 Prozent des Einheitswertes zum Kauf anzubieten. Alle Juden, die sich weigerten, ... übergab Wolf den bei der parteiamtlichen Arisierungsstelle tätigen SA-Männern zur "weiteren Behandlung". Weiter hieß es " ..., daß die Juden nach dieser Behandlung stets zur Annahme des Kaufangebotes bereit waren".

Boykottaufruf aus der Hessischen Landeszeitung vom 3.Juli 1938 An den Tausenden von "Arisierungsverfahren" waren nicht nur der Staat und seine Behörden (Ministerien, Finanzamt, Gerichte) beteiligt, sondern auch die Banken (z.B. Dresdner Bank, Deutsche Bank), Einzelpersonen (sog. "Treuhänder", die aber nicht nach Treu und Glauben die Interessen 15


des jüdischen Eigentümers, sondern die des deutschen Staates zu wahren hatten), Institutionen (Industrie- und Handelskammern), die →NSDAP, Konkurrenzunternehmen und Einzelinteressenten. Die "Arisierung" bestand aus dem Zusammenspiel dieser staatlichen und privaten Profiteure, wobei jüdischer Besitz in deutsche Hände oder an den Staat überging. Der Verlust ihres Vermögens bedeutete für viele Menschen die Verelendung und den Tod. Die Zwangsmaßnahmen der "Arisierung" sollten auch als Druckmittel dazu dienen, die Juden zur Auswanderung zu veranlassen. Viele Juden verfügten jedoch nach den Arisierungsmaßnahmen nicht mehr über die zur Auswanderung notwendigen Mittel. Nicht zu verschweigen ist allerdings, daß es auch "Nichtjuden" gab, die es aus Überzeugung ablehnten, aus der Verfolgung ihrer jüdischen Mitbürger Kapital zu schlagen. Und auch solche, die den Vermögensverlust des jüdischen Verkäufers milderten, indem sie etwa den Kaufpreis nicht drückten oder auch dabei halfen, den Kaufpreis über geschäftliche Transaktionen illegal ins Ausland zu bringen. In einer unvollständigen Auflistung von 82 jüdischen Geschäften, Gewerbe- und Handwerksbetrieben sind die Inhaber von 1933 und 1942 - nach Abschluß der "Arisierung" - aufgeführt. Darunter befinden sich teilweise auch heute noch wohlbekannte Namen: vor der Arisierung Josef Trier Inh. Ernst Trier Gebr. Trier Leonhard Tietz AG Hermann Rosenthal Gebr. Rothschild GmbH Heinrich Bober Speier Inh. Paul Wildau Heinrich Meyer Herz Hachenburger & Sohn

nach der Arisierung Tritsch & Heppenheimer Eisen-Rieg →Kaufhof Haushaltswaren Nitzsche →Henschel & Ropertz Schuhhaus Dielmann Schuhhaus Dielmann Darmstädter Bettenhaus Heymann Modehaus Schrumpf

Q: [4], [74], [152]

Artilleriestraße Die Straße erinnert an die 1860 erbaute Kaserne auf der Westseite der Heidelberger Straße, zwischen der heutigen Goethestraße und der Ahastraße. Bei ihrem Bau wurde an dieser Stelle ein altes Gräberfeld entdeckt. Um 1850 gab es eine Artilleriestraße an der Stelle der heuti16


gen Wilhelminenstraße. Damals befand sich die Artilleriekaserne auf der Westseite dieser Straße, gegenüber dem früheren Palaisgarten und heutigem Luisencenter. Q: [135]

Auf dem Exercierplatz, der gegenüber dem heutigen Marienplatz lag, befand sich von Ende 1942 bis Februar 1945 eines der größten Lager für Zwangsarbeiter in Darmstadt. Zwischen drei- und fünfhundert Menschen, überwiegend aus Osteuropa, waren hier zwangsuntergebracht und mußten bei ca. 25 verschiedenen Firmen in Darmstadt arbeiten. →Zwangsarbeit Q: [130]

August-Buxbaum-Anlage Seit 1961 Name der ehemaligen →GeorgFröba-Anlage. August Buxbaum (1876-1960) war Darmstädter Architekt, Stadtbaumeister und Bürgermeister. Er ist vor allem für den Bau der Kyritzschule, des Zentralbades, der →Justus-Liebig-Schule und des →Waldfriedhofes verantwortlich. Q: [135]

August-Euler-Flugplatz Der als Folge des Ersten Weltkrieges geschlossene "Versailler Vertrag" regelte die Rechte und Pflichten des zur Verliererseite gehörenden deutschen Staates, unter anderem auch die Angelegenheiten, die die Fliegerei betreffen: Von 1918 bis 1921 wurde weder der Motorflugzeugbau noch Fliegen erlaubt. Ab 1922 durften einsitzige Motorflugzeuge mit bis zu 60 PS gebaut werden. Im Zuge dieser Lockerungen gründete sich am 24. Februar 1924 offiziell der "Bund Hessischer Flieger - Hessenflieger Darmstadt". Dieser verstand sich als Zusammenschluß von Freunden der Fliegerei und ehemaliger Flieger. Wie die Bezeichnung "Bund" schon erkennen läßt, waren in ihm alle möglichen Gruppen und Personenkreise organisiert. So auch Mi17


litärflieger des Ersten Weltkrieges, Angehörige der →Technischen Hochschule Darmstadt, Adelige, wohlhabende Geschäftsleute und Industrielle; also diejenigen, die die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung hatten und unterschiedlichst motiviert waren, sich mit der Fliegerei zu beschäftigen. Auf dem →Griesheimer Sand war das Fliegen nicht mehr möglich. Dieser war von französischem Militär besetzt. Deshalb suchte man nach Alternativen und fand diese in der Lichtwiese. Am 13./14. Juli 1924 veranstalteten dort die neuformierten "Hessenflieger" einen Flugtag. Das weite Wiesengelände hatte die Stadt Darmstadt dem Verein überlassen. Der "Verein für Luftfahrt" und der "Bund Hessischer Flieger" schlossen sich kurze Zeit später zum "Hessenflieger - Verein für Luftfahrt" zusammen und errichteten noch im gleichen Jahr eine Flugschule. Der Verein und seine Aktivitäten wurden von der Stadt Darmstadt und dem Land Hessen unterstützt. In Städten wie z.B. Gießen, Lich, Lampertheim, Offenbach und Michelstadt fanden damals auch publikumswirksame Flugtage statt. Sie hatten nicht nur die Aufgabe, die Bevölkerung zu unterhalten, sondern sollten auch die Meinungsbildung bezüglich deutscher "Ingenieurkunst", Fliegerei und Leistungsfähigkeit beeinflussen und aus dem Trauma des verlorenen Weltkrieges neues nationales Bewußtsein und Selbstverständnis entwickeln. Am 25. September 1924 fanden zum erstenmal seit Ende des Ersten Weltkrieges wieder die "Darmstädter Flugtage" statt. (Diese werden im Oktober 1931, zum letztenmal, auf dem "Griesheimer Sand" zur Ausführung kommen.) Von Dezember 1924 bis zum Sommer 1925 wurde der Flugplatz Lichtwiese durch die "Hessische Flugbetriebsgesellschaft" ausgebaut. Die Gesellschaft bestand aus Vertretern der Stadt Darmstadt und der Technischen Hochschule sowie ortsansässigen Industriellen. Im gleichen Jahr erfolgt dann auch die Eröffnung des Flugplatzes. Bereits 1926 begann die "Süddeutsche Lufthansa" mit den ersten innerdeutschen Flügen. Ab 1927 wurden diese um internationale Flüge in europäische Großstädte wie London, Paris, Genf, Zürich, Prag u.a. erweitert. Die dichte Lage am Stadtgebiet Darmstadts und die damit verbundenen Sicherheitsbedenken bewirkten 1934 die Verlegung des Flugplatzes auf den "Griesheimer Sand". Er wurde, obwohl auf Griesheimer Gemarkung liegend, als "Darmstädter Flugplatz" bezeichnet. Am 11. Juli 1980 wurde er in August-EulerFlugplatz (→Euler, August) umbenannt. Q: [140], [141], [142]

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Autobahn Mit einem symbolischen ersten Spatenstich durch Adolf Hitler am 23. September 1933 begann der Bau der Reichsautobahn Frankfurt Heidelberg. Am 19. Mai 1935 wurde die erste Teilstrecke Frankfurt Darmstadt eingeweiht. Idee und Durchführung dieses Straßennetzes werden auch heute noch oft Hitler allein zugeschrieben, doch stammen die ersten Pläne aus dem Jahr 1924. Ein Verein für den Bau der Autobahn Hamburg - Frankfurt - Basel (HAFRABA) war 1926 gegründet worden. 1932 wurde als erste deutsche Autobahn die Strecke Köln - Bonn fertiggestellt. Nach 1933, bedingt durch den Zwang zur Arbeitsbeschaffung und aus Gründen der Kriegsvorbereitung - der schnellen Verschiebung motorisierter Truppen - wurde der Bau dieser "Straßen des Führers" energisch vorangetrieben. Insgesamt sollten 7.000 Kilometer Autobahn angelegt werden. Die Autobahn zwischen Darmstadt und Frankfurt wurde Ende der 70er Jahre achtspurig ausgebaut. Sie hat somit wieder militärische Bedeutung erhalten. Im Ernstfall ließe sich auch Einweihung der neuen Autobahn durch Adolf diese Autobahn innerhalb Hitler kürzester Zeit zu einer Start- und Landebahn mit Anschluß zum Frankfurter Flughafen umfunktionieren. Q: [1], [155]

Badischer Hof (Kasinostraße, Ecke Wilhelm-Leuschner-Straße) Während des Zweiten Weltkrieges waren hier 23 litauische und zwei polnische Zwangsarbeiter untergebracht, die bei der Firma →Donges Stahlbau arbeiten mußten. →Zwangsarbeit →Lager Q: [130] 19


Beckerstraße Die Straße wurde schon 1903 nach Christian Friedrich Becker (1809 - 1875) benannt und nicht erst kürzlich nach dem Tennisspieler Boris Becker. Christian Friedrich Becker hatte sich um das Darmstädter Wasserwerk verdient gemacht, und womit hat sich Boris Bekker verdient gemacht? Vielleicht mit seinem Ausspruch von 1990: "Soldaten sind potentielle Mörder - das ist ein bißchen hart, aber nicht ganz falsch." Q: [88], [135]

Bekennende Kirche Darmstädter Pfarrer waren bei der Vorbereitung zur Gründung der Bekennenden Kirche engagiert. So luden unter dem Eindruck manipulierter Kirchenwahlen die Darmstädter Pfarrer Wilhelm Köhler (1929 - 1955 Gemeindepfarrer der Martinsgemeinde-Ost), Theodor Hickel (1912 - 1934 Leiter des →Elisabethenstiftes), Dr. Friedrich Ottmar Grünewald (Pfarrer und Lehrer am Elisabethenstift) u.a. zu einer "brüderlichen Aussprache" in Frankfurt am 31.7.1933 ein (→Kirchenkampf und →Kirchen). Martin Niemöller (14.1.1892 Lippstadt - 6.3.1984 Wiesbaden) war treibende Kraft bei der Gründung der Bekennenden Kirche. Von 1937 - 1945 war er Hitlers "persönlicher Gefangener" in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau. Während dieser Zeit war er auch Präsident der Bekennenden Kirche. Er hatte sich gegen Einflüsse des faschistischen Staates in Kirchenangelegenheiten gewandt, jedoch nicht gegen die Verfolgung von Juden und auch nicht gegen den Krieg. Während seines Prozesses Anfang 1938 verteidigte sich Niemöller unter anderem mit dem Hinweis darauf, daß er seit 1924 stets die NSDAP gewählt und 1933 anläßlich des Austritts Deutschlands aus dem Völkerbund umgehend an Hitler ein Glückwunschtelegramm gerichtet habe; von Niemöller bestellte Entlastungszeugnisse attestierten ihm eine strikte antirepublikanische Grundeinstellung. Zur Judenfrage äußerte er, dieses Volk sei ihm "unsympathisch und fremd", und die Tatsache, daß Jesus von Nazareth ein Jude gewesen sei, müsse als "peinliches und schweres Ärgernis" hingenommen werden. Er meldete sich aus der KZ-Haft heraus für den Waffendienst, was aber abgelehnt wurde. Von 1947 - 1964 war er Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau. Nach der Begegnung mit Otto Hahn wandelte er sich zum entschiedenen Pazifisten. So äußerte er in seiner berühmten Kasseler Rede 1959: "Heute ist die Ausbildung zum Solda20


ten (...) die hohe Schule der Berufsverbrecher. Mütter und Väter sollen wissen, was sie tun, wenn sie ihren Sohn Soldat werden lassen; sie lassen ihn zum Verbrecher ausbilden." Niemöller war ab 1958 langjähriger Präsident der Deutschen Friedensgesellschaft (heute → DFG-VK). Die Bekennende Kirche, auch als Bekenntniskirche bezeichnet, war ab 1933, dem Jahr der Machtergreifung, eine zunächst innerkirchliche Erneuerungsbewegung der Deutschen Evangelischen Kirche. Die Bekennende Kirche setzte sich gegen Einflüsse und Eingriffe der Nationalsozialisten in kirchliche Angelegenheiten zur Wehr. Insbesondere wandte sie sich gegen den Einfluß der von den Nationalsozialisten nachdrücklich unterstützten →Deutschen Christen, die sich 1932 als Gruppe innerhalb der evangelischen Kirche organisiert hatten. Die Bekennende Kirche äußerte sich zuerst auf ihren Synoden öffentlich gegen den Nationalsozialismus. Zusätzlich zu ihren Kundgebungen dort versuchte die Bekennende Kirche die Gemeindemitglieder mit Kanzelverkündigungen in den Kirchen zu beeinflussen. Durch diese Stellungnahmen und durch die Auflehnung einzelner evangelischer Christen gegen den Nationalsozialismus wurde der Widerstand aus der Kirche auch auf das politische Leben übertragen. Die Bekennende Kirche war aus dem von Pfarrer Martin Niemöller am 21. September 1933 gegründeten Pfarrernotbund entstanden. Anlaß für die Gründung war ein Beschluß der preußischen Generalsynode vom 5. September 1933. Unter dem Druck der nationalsozialistischen Deutschen Christen, die in der Synode die Mehrheit bildeten, wurde für die innerkirchliche Gesetzgebung die Einführung eines "Arierparagraphen" für evangelische Geistliche und Kirchenbeamte beschlossen: Geistlicher und Kirchenbeamter sollte nur noch sein dürfen, wer nicht-jüdischer Abstammung war. 1934 gehörten etwa 7.000 Geistliche dem Pfarrernotbund an, etwa 2.000 zählten zu den nationalsozialistischen Deutschen Christen. Die übrigen etwa 9.000 Pfarrer schlossen sich keiner der beiden Seiten an. 1935 errichtete die nationalsozialistische Führung ein Reichskirchenministerium. Als die Bemühungen des Kirchenministers fehlschlugen, die kirchlichen Leiter zu einem Bekenntnis zu veranlassen, nahmen Verhaftungen, Ausreiseverbote, Aufenthaltsverbote, Redeverbote und andere Amtsbehinderungen gegen die Geistlichen zu. Nach der Verhaftung von Martin Niemöller im Jahr 1937 verstummte die Gruppe der Bekennenden Kirche nahezu, nur kleine Gruppierungen und einzelne Gemeindemitglie-

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der setzten ihre Arbeit gegen den Nationalsozialismus fort; einige gehörten später auch zu der Widerstandsgruppe →Kreisauer Kreis. Ab 1938 hatten zunehmend auch Pfarrer der Bekennenden Kirche den Treueeid auf Adolf Hitler abgelegt: "Ich ... schwöre ..., daß ich als ein berufener Diener im Amt der Verkündigung ..., dem Führer des deutschen Volkes und Staates Adolf Hitler treu und gehorsam sein ... werde." Im Oktober 1945 bekannten führende Männer der evangelischen Kirche, an ihrer Spitze Martin Niemöller und Otto Dibelius, in dem Stuttgarter Schuldbekenntnis: "... wir klagen uns an, daß wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben ..." Q: [4], [74], [105], [129], [137]

Bertha-von-Suttner-Anlage Die Anlage liegt in Darmstadt-Kranichstein und ist seit 1989 nach Bertha von Suttner (1843 Prag - 1914 Wien) benannt. Sie war pazifistische Politikerin und Schriftstellerin (Pseudonym B. Oulot). 1886/87 begegnete sie Alfred Nobel (1833 - 1896) und erfuhr von der Existenz der internationalen Friedensgesellschaft in London. Inspiriert von deren Zielen, veröffentlichte sie 1889 den Roman "Die Waffen nieder". Das Buch erregte großes Aufsehen, wurde in fast alle Sprachen übersetzt und so zu einem Standardwerk der Friedensbewegung. 1892 gründete sie zusammen mit Ludwig Quidde die →Deutsche Friedensgesellschaft (DFG). Sie regte Alfred Nobel zur Einrichtung eines Friedenspreises an. 1905 erhielt sie den Friedensnobelpreis. Q: [135]

Bessunger Turnhalle (Heidelberger Straße, heute Comedy Hall) In der Bessunger Turnhalle befand sich ab 1943 ein Lager für 30 Zwangsarbeiter aus den Niederlanden und Belgien. Sie mußten für die Firma Carl →Schenck AG arbeiten. →Zwangsarbeit →Lager Q: [130] 22


Best, Dr. Werner (10.7.1903 Darmstadt-Bessungen - 23.6.1989) Er studierte von 1921 - 1925 Jura und wurde anschließend Referent am Amtsgericht Mainz. Ab 1928 arbeitete er als Assessor in Ulrichstein, Worms und Gernsheim. Am 5. August 1931 überreichte Best bei einer Konferenz von NSDAP-Funktionären auf dem Boxheimer Hof bei Lampertheim einen von ihm verfaßten Entwurf nationalsozialistischer Notstandsproklamationen für den Fall, daß die NSDAP in bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen mit Kommunisten die Macht erringen sollte. (→Boxheimer Dokumente) Diese Entwürfe wurden im November 1931 dem Frankfurter Polizeipräsidenten übermittelt, der sie dann an den preußischen Innenminister Severing weiterleitete. Nachdem dieser sie an die Presse weitergegeben hatte, wurde Best aus dem Justizdienst entlassen und wegen Hochverrats angeklagt. Von dieser Anklage wurde er aber im Oktober 1932 vom IV. Strafsenat des Reichsgerichts in Leipzig mangels Beweisen freigesprochen. Am 6.3.1933 wurde Best zum Staatskommissar des Polizeiwesens in Hessen ernannt (→Gestapo) und war verantwortlich für die Einrichtung des ersten Konzentrationslagers Hessens in →Osthofen. 1934 wurde er Leiter der Abteilung Verwaltung und Recht im Preußischen Geheimen Staatspolizeiamt im Reichssicherheitshauptamt in Berlin. Bis 1940 war er Stellvertreter Heydrichs in seiner Eigenschaft als Chef der gesamten Politischen Polizei des Reiches. Von 1940 bis 1945 war er Bevollmächtigter des Reiches im besetzten Dänemark als SS-Obergruppenführer. Nach Ende des Krieges wurde er in Dänemark verhaftet, da ihm Terroraktionen gegen die Bevölkerung vorgeworfen wurden. 1948 wurde Best in Kopenhagen zum Tode verurteilt, später aber wurde die Todesstrafe in Haftstrafe umgewandelt. 1951 wurde Best in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben und lancierte Amnestiekampagnen für NS-Verbrecher, koordinierte die juristischen Strategien zu deren Verteidigung und wirkte beim Umbau der nordrhein-westfälischen FDP zu einer Tarnorganisation ehemaliger Nazis mit. Ab 1951 war Best Mitarbeiter der Rechtsanwaltskanzlei des einflußreichen FDP-Politikers Dr. Ernst Achenbach, bevor der Hugo-Stinnes-Konzern ihn zum Justitiar und Direktoriumsmitglied bestellte. 1969 wurde Dr. Werner Best festgenommen; eine Sonderkommission der Berliner Staatsanwaltschaft hatte sich des Komplexes "Reichssicherheitshauptamt" angenommen. 1972 wurde Best unter Auflagen entlassen. 1979 wurde die Entlassung vom Berliner Kammergericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft aufgehoben. 1982 lehnte die 9. Große Strafkammer die Eröffnung des Hauptverfahrens ab und hob den seit 13 Jahren bestehenden Haftbefehl auf mit der Begrün23


dung, der Angeklagte wäre aufgrund erheblicher Merk- und Gedächtnislücken sowie fortschreitender Arteriosklerose verhandlungsunfähig. Die Anklage lautete auf Ermordung von 8.723 Menschen aus niederen politischen und rassistischen Gründen. Q: [63], [90], [126]

Betriebsgruppe Goebel →Fillsack, Hans →Goebel, Maschinenfabrik →Kommunistischer Widerstand

Beyer, Adolf (19.8.1869 Darmstadt - 1953) stammte aus einem sozialen Umfeld, das geprägt war von der künstlerischen Tätigkeit seiner Eltern. Hier nahm seine eigene "künstlerische Karriere" ihren Anfang. Beyer fühlte sich schon in den 20er Jahren der faschistischen Bewegung, sprich: den Nationalsozialisten, verbunden. 1931 malte er in der Zeit des Verbotes der NSDAP ein großformatiges Ölgemälde, das Adolf Hitler in kämpferisch-heroischer Pose darstellte. Er gab seinem Werk den Titel: "Der Führer in der Kampfzeit". Im Zuge der faschistischen Machtergreifung wurde dieses von der Hessischen Landesregierung erworben und erhielt im Staatsministerium einen "Ehrenplatz". Eine Stadtverordnetenliste führte den in der Annastraße 61 wohnhaften Adolf Beyer als Ratsherrenmitglied seit 1933 auf. Von Anfang an hatte er seinen Sitz im faschistisch gleichgeschalteten Darmstädter Rathaus. Als 1934 die "Deutsche Frühjahrsausstellung" und 1935 die "Darmstädter Kunstschau deutscher Meister" stattfand (→Entartete Kunst), war Adolf Beyer derjenige, der als Verantwortlicher dem völkisch-nationalen Kunstverständnis des NS-Regimes eine breite Öffentlichkeit verschaffte. Der faschistische Oberbürgermeister Wamboldt in Darmstadt würdigte Beyer im Rahmen des ihm 1934 verliehenen Kulturpreises der Stadt Darmstadt als jemanden, der sich "... nach der nationalsozialistischen Machtergreifung ... rückhaltlos zur Erfüllung der kunst- und kulturpolitischen Aufgaben der Stadt zur Verfügung gestellt hat" (Hessische Landeszeitung, 31.12.1934). Im Rahmen von Eröffnungsreden verschiedener Kunstausstellungen, u.a. auch auf der →Mathildenhöhe, brachte er sein Verhältnis zur NS-Diktatur immer wie24


der zum Ausdruck. Er sprach davon, daß er eine Kunstschau bieten will, die dem "Wunsch des Führers" entspräche und in der zum Ausdruck kommen sollte, "... daß kein anderes Volk der Welt uns künstlerisch überlegen ist." In einem polemischen Vorwort im Ausstellungskatalog der "Deutschen Frühjahrsausstellung", die von März bis September 1934 auf der Mathildenhöhe stattfand, ließ sich Adolf Beyer über den "... in der ganzen Kunstgeschichte beispiellosen Niedergang" aus. - Die "Herrschaft des Minderwertigen" hätte den Deutschen eingeredet, "es gäbe keine deutsche Kunst mehr". Auch benannte er die Schuldigen dieser Entwicklung: "... fremdrassiges Händlertum, gänzlich verbildete Literaten und Kunstschwätzer." Als "Zeichen des Verfalls, trauriges Treiben und Schreckenskammern" bezeichnete er u.a. die Nationalgalerie in Berlin, die mit der Anschaffung von "gehobenen Vertretern einer rohen Unkunst", wie Van Gogh, Renoir, Manet etc. diesen Raum verschaffe und gleichzeitig die finanziellen Mittel zur Förderung völkisch-nationaler Kunst unsinnig verschlingen würde. Diese Art der Äußerungen des bis in die heutige Zeit von so manchem geehrten und gewürdigten Darmstädter Malers und Graphikers Adolf Beyer ließe sich beliebig verlängern. Unzweifelhaft hat dieser Verdienste um Ruf, Ansehen und Stellung Darmstadts als Kunststadt. Zweifelhaft ist allerdings die unkritische Darstellung seines Wirkens in Form einer "geschönten" unvollständigen Geschichtsschreibung, die nicht zuletzt ihren Ausdruck z.B. auch in der Tatsache findet, daß es in Darmstadt-Arheilgen seit 1973 einen Weg gibt, der nach einer Person benannt ist, die sich während der NS-Diktatur in besonderem Maße in den Dienst der faschistischen Machthaber gestellt hatte. Q: [139]

Biergartenkeller In den Kellergewölben unter dem jetzigen Biergarten an der Dieburger Straße, Ecke Spessarting waren nach übereinstimmenden Aussagen von Zeitzeugen in den Jahren 1933 und 1934 die ersten verhafteten Gegner des Nazi-Regimes mißhandelt und bis zu ihrem Abtransport in das KZ →Osthofen festgehalten worden. Während des Zweiten Weltkrieges diente das Kellergewöbe als Zivilschutzbunker.

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Ansicht des heutigen Biergartens in der Dieburger Straße Q: [1]

Bismarckstraße Sie ist seit 1895 nach dem ehemaligen Reichskanzler Otto von Bismarck (1815 - 1898) benannt. Sein Name ist unter anderem mit zwei auch heute noch bedeutsamen Initiativen verbunden. 1878 erließ er das "Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" (Sozialistengesetz), mit dem er die erstarkende Arbeiterbewegung bekämpfen wollte. Dieses Gesetz beinhaltete das Verbot aller sozialdemokratischen, sozialistischen und kommunistischen Vereine und Versammlungen und mit ihnen auch gleich ihre schriftlichen Veröffentlichungen. Sogenannte "politische Agitatoren" wurden außer Landes gewiesen. Als Bismarck erkannte, daß die Arbeiterbewegung mit repressiven Mitteln allein nicht zu stoppen war, entwickelte er die sogenannte Sozialgesetzgebung (1883 die Arbeiterkrankenversicherung, 1884 die Unfallversicherung und 1889 die Invaliden- und Altersversorgung), also eine Politik von Zukkerbrot und Peitsche. Mit dieser Sozialgesetzgebung wollte er den Arbeitern beweisen, daß es einer organisierten Arbeiterbewegung zum Zwecke der Verbesserung ihrer Situation gar nicht bedürfe, weil der Staat viel wirkungsvoller helfen könne. Q: [81], [131], [135]

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Boxheimer Dokumente So wird ein Geheimpapier führender hessischer Nationalsozialisten bezeichnet, das von dem späteren Sonderbeauftragten für das Polizeiwesen in Hessen und späteren Reichskommissar in Dänemark, Dr. Werner →Best, verfaßt worden war und detaillierte Umsturzpläne beinhaltete. Es wurde offenbar auf einer Besprechung der Gaufachberater des Gaues Hessen-Darmstadt am 5.8.1931 auf dem Boxheimer Hof bei Lampertheim beraten und im November 1931 der Polizei zugespielt. Die Boxheimer Dokumente im Wortlaut: Entwurf der ersten Bekanntmachung unserer Führung nach dem Wegfall der seitherigen obersten Staatsbehörden und nach Überwindung der Kommune in einem für einheitliche Verwaltung geeigneten Gebiet. Bekanntgabe: 1. durch öffentlichen Anschlag, 2. durch Zustellung an alle Behörden. Volksgenossen! Die seitherigen Träger der Staatsgewalt, im Reiche wie im Lande, sind durch die Ereignisse der letzten Tage (Wochen) weggefallen. Durch diese tatsächliche Veränderung ist - wie im November 1918 - ein neuer Rechtszustand geschaffen. Ordnende Macht steht zur Zeit allein bei den . . . (SA., Landeswehren o. ä.). Ihre Führung hat deshalb das Recht und die Pflicht, zur Rettung des Volkes die verwaiste Staatsgewalt zu ergreifen und auszuüben. Sie tut dies im Namen der deutschen Nation, vor deren Zukunft allein sie für die Erfüllung ihrer Aufgabe und für die Wahl ihrer Mittel verantwortlich ist. Die unerhörte Gefahr erfordert außerordentliche Maßnahmen, um zunächst das nackte Leben des Volkes zu retten. Erste Aufgabe ist Herstellung der öffentlichen Sicherheit und die Organisation der Volksernährung. Nur schärfste Disziplin der Bevölkerung und rücksichtsloses Durchgreifen der bewaffneten Macht lassen die Lösung dieser Aufgaben als möglich erscheinen. Als Befehlshaber der. . . (SA., Landeswehren o. ä.) in. . . (Starkenburg, Rheinhessen, Oberhessen) gebe ich deshalb folgenden Befehl an die gesamte Bevölkerung des Landes bekannt: 1. Jeder Anordnung der . . . (SA., Landeswehren u. ä.), gleich von welchem Dienstgrade erteilt, ist sofort Folge zu leisten. Widerstand wird grundsätz-

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lich mit dem Tode bestraft. Die Feldgerichte können beim Vorliegen besonderer Umstände andere Strafen verhängen. 2. Jede Schußwaffe ist binnen 24 Stunden an die . . . (SA., Landeswehren o. ä.) abzuliefern. Wer nach Ablauf dieser Frist im Besitz einer Schußwaffe angetroffen wird, wird als Feind der . . . (SA., Landeswehren o. ä.) und des deutschen Volkes ohne Verfahren auf der Stelle erschossen. 3. Jeder im Dienste öffentlicher Behörden oder öffentlicher Verkehrsanstalten stehende Beamte, Angestellte und Arbeiter hat sofort seinen Dienst wieder aufzunehmen. Widerstand und Sabotage wird mit dem Tode bestraft. An die Stelle der obersten Staatsbehörden (Ministerien) tritt die Führung der . . . (SA., Landeswehren o. ä.), vertreten durch mich. 4. Die von der Führung der . . . (SA., Landeswehren o. ä.) erlassenen Notverordnungen haben für jedermann mit dem Tage ihrer Veröffentlichung durch Anschlag Gesetzeskraft. Verstöße gegen diese Notverordnungen werden in besonders schweren Fällen über die ihnen bestimmten Strafen hinaus mit dem Tode bestraft. 5. Soweit nicht die von der Führung der . . . (SA., Landeswehren o. ä.) erlassenen Notverordnungen oder einzelne Anordnungen der . . . (SA., Landeswehren o. ä.) entgegenstehen, bleiben alle bestehenden Gesetze in Kraft und sind von der Bevölkerung in jeder Hinsicht zu befolgen. Richtlinien für die ersten Notverordnungen unserer Führung nach dem Wegfall der seitherigen obersten Staatsbehörden und nach Überwindung der Kommune in einem für einheitliche Verwaltung geeigneten Gebiet. Grundsätze: 1. Nur die einfachsten, dringendsten Maßnahmen. 2. Klare, verständliche Fassung. 3. Möglichst keine neuen Behörden, Einrichtungen, Dienststellen; Verwendung des vorhandenen Verwaltungsapparates. Richtlinien für eine Notverordnung zur Sicherung der Ernährung der Bevölkerung. Bekanntgabe: 1. durch öffentlichen Anschlag, 2. durch Zustellung an die Kommunalbehörden. A. Erfassung der Lebensmittel 1. Alle Lebensmittel stehen zur Verfügung der Führung der . . . (SA., Landeswehren o. ä.) und sind an deren Beauftragte auf Anforderung ohne Entgelt abzuliefern.

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2. Jeder Erzeuger (Urerzeuger und verarbeitender Erzeuger) und Händler (Groß- und Klein-) hat unverzüglich eine genaue Aufstellung aller in seinem Eigentum stehenden (gleich wo lagernden oder in seinem Besitz befindlichen) Lebensmittel der für ihn zuständigen Bürgermeisterei einzureichen. 3. Jeder Verkauf und jede tauschweise Veräußerung von Lebensmitteln ist verboten. 4. Strafe für jede Vereitelung der Feststellung und Ablieferung und für jeden Verkauf und Tausch von Lebensmitteln: a) immer: Einziehung des gesamten Vermögens. b) daneben zulässig: jede Art und jeder Grad von Freiheitsstrafen. (Todesstrafe nach dem ersten »Befehl an die Bevölkerung« des Führers.) B. Feststellung der zu Ernährenden Jeder über 16 Jahre alte Mann bzw. Frau hat sich und seine nicht 16 Jahre alten Kinder unverzüglich bei der Bürgermeisterei des Aufenthaltsortes zu melden. Krankenhäuser und ähnliche Institute haben alle Insassen zu melden. C. Durchführung der Volksernährung 1. Kollektivspeisung. 2. Zuteilung von Lebensmitteln. a) Ausgabe von Karten, b) Ausgabe der Lebensmittel gegen diese Karten (ohne Bezahlung). Richtlinien für Verwaltungsmaßnahmen zur Durchführung der Notverordnung zur Sicherung der Ernährung der Bevölkerung 1. Anweisung an die Bürgermeistereien: a) Die Aufstellung der Lebensmittel und der zu Ernährenden sofort unserer Ernährungsstelle (siehe unter 2) einzureichen, desgleichen einen Vorschlag, welche Lebensmittelmenge die Gemeinde täglich benötigt. b) Die Kollektivspeisung einzurichten und die Ausgabe der Lebensmittelkarten und die Lebensmittelausgabe (Hilfskräfte die bisherigen Händler) vorzubereiten. 2. Einrichtung einer Ernährungsstelle zur Verteilung der Lebensmittel auf die Gemeinden. (Hilfskräfte: die Beamten der mittleren Verwaltung: Kreisämter).

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Richtlinien für eine Notverordnung zur Sicherung des gegenwärtigen Eigentumsstandes. Bekanntgabe: 1. durch öffentlichen Anschlag, 2. durch Zustellung an alle Gerichte, Notare, Gerichtsvollzieher, Vollstreckungsbeamte. Die Führung der. . . (SA., Landeswehren o. ä.) ist gezwungen, zur Rettung des Lebens der Bevölkerung über alle vorhandenen Vorräte an verbrauchbaren lebensnotwendigen Gegenständen, d. h. praktisch über den gesamten Ertrag des Volksvermögens und damit des Vermögens jedes einzelnen Volksgenossen zu verfügen. Es gibt bis zu anderweitiger Regelung kein Privateinkommen mehr. Dafür wird der gegenwärtige Vermögensstand durch Sicherung des Eigentumsstandes und Feststellung der berechtigten Ansprüche sichergestellt. Hierfür sind folgende Maßnahmen anzuordnen: 1. Jede Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen unterbleibt. Vorgenommene Vollstreckungsmaßnahmen sind aufzuheben. 2. Jede Verjährung von Ansprüchen ist bis zum Ablauf eines Jahres seit Veröffentlichung dieser Verordnung gehemmt. 3. Jeder Zinsenlauf für Geldforderungen ist bis zum Erlaß anderer Bestimmungen aufgehoben. Das gleiche gilt für den Mietzins für Wohnräume. 4. Dingliche Belastungen von Grundstücken für Geldforderungen dürfen bis zum Erlaß anderer Bestimmungen nicht bestellt werden. 5. Jeder Schuldner von Verbindlichkeiten über 10 Reichsmark hat dem für ihn zuständigen Amtsgericht ein Verzeichnis seiner Gläubiger und Schulden einzureichen. Das Gericht hat mit den Gläubigern eine Einigung über die Feststellung des Betrages der Schuld zu versuchen. Mißlingt dieser Versuch, so muß der Gläubiger binnen zwei Monaten gegen den Schuldner Feststellungsklage erheben, andernfalls die Forderung erlischt. Richtlinien für die Schaffung eigener Verwaltungseinrichtungen 1. Einrichtung von Feldgerichten zur Aburteilung von Verstößen gegen den »Befehl an die Bevölkerung« und gegen die Notverordnungen, um den Anschein der Willkür zu vermeiden. Vereinfachtes und beschleunigtes Verfahren in Anlehnung an die StrPO. Besetzung: Einzelrichter (Jurist); wenn Todesstrafe in Frage steht, drei Richter, darunter mindestens ein Jurist als Vorsitzender. 2. Einrichtung einer Verwaltungsabteilung, die für die vorhandenen Behörden die Ministerien ersetzt und die Ingangsetzung der Verwaltung, der Entlassung und Ernennung von Beamten nach den Richtlinien der Rechts-

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abteilung des Gaues Hessen und die Ausarbeitung weiter erforderlicher Notverordnungen vorzunehmen hat. Richtlinien für eine Notverordnung über die nationale Arbeitsdienstpflicht Jeder Deutsche (nicht Juden usw.) männlichen und weiblichen Geschlechts ist vom 16. Lebensjahr an zu Dienstleistung nach Anordnung der Behörden verpflichtet. Ausgenommen ist, wer der . . . (SA., Landeswehr o. ä.) angehört oder beruflich im Dienst von Behörden steht. Ausnahme wegen Unfähigkeit nach besonderen Richtlinien. Der Anspruch auf Ernährung gemäß der Notverordnung zur Sicherung der Ernährung der Bevölkerung ist von der Erfüllung der Dienstpflicht bzw. von der Bereitschaft zu ihr (Appelle) abhängig. 3. Art, Maß und Organisation der Pflichtarbeit nach den örtlichen Bedürfnissen. a) In der Produktion A: zunächst der dringenden Lebensbedürfnisse (Nahrung, Kleidung usw.); B: in der Verarbeitung vorhandener Rohstoffe durch Schaffung von Außenhandelswerten. b) In der Erhaltungsarbeit A: an öffentlichen Anlagen (Straßen, Bauten usw.) B: an Privatbesitz (Erhaltung der Wohnhäuser als Ersatz für den weggefallenen Mietzins). c) In der Erweiterung des Nahrungsspielraums (Meliorationen usw.) Q: [85]

Brambachweg Die Straße wurde 1958 nach Otto Brambach (1885 - 1949) benannt, der bis zum Zusammenbruch des Widerstandes gegen Hitler der "Gruppe der jungen Christen" angehörte. Er war maßgeblich am Aufbau des Deutschen Jugendherbergswerkes, das 1910 von Rudolf Schirrmann gegründet wurde, beteiligt. Q: [135]

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Brandnacht In der Nacht vom 11. auf den 12. September 1944 flogen englische Bomber den bis dahin schwersten Angriff auf Darmstadt. In dieser Nacht fielen 234 Luftminen, 500 Sprengbomben und rund 300.000 Brandbomben auf die Stadt. Die Innenstadt wurde zu 80 Prozent zerstört, 12.300 Menschen kamen dabei ums Leben, ca. 70.000 wurden obdachlos. Die Toten wurden fast alle auf dem →Waldfriedhof in einem Massengrab beerdigt, das 1958 zu einer Gedenkstätte ausgebaut wurde. →Denkmäler →Zerstörung Darmstadts Q: [1], [74]

Braustübl Von 1934 bis 1936 gab es um den Sozialdemokraten Ludwig Herrmann eine Widerstandsgruppe, die Kontakte mit verschiedenen illegalen SPD-Gruppen im Rhein-Main-Gebiet unterhielt. Treffpunkt für Mitglieder dieser Gruppe war anfangs die Gaststätte Braustübl am Hauptbahnhof, deren Pächter der Vater Ludwig Herrmanns war. 1999 wurde die Gaststätte abgerissen und im Zusammenhang mit dem Bau eines Großkinos in unmittelbarer Nähe neu aufgebaut. →SPD-Widerstand Q: [79]

Bücherverbrennung Nach der Machtergreifung durch die Nazis wurden alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens möglichst gleichgeschaltet. Nach Entlassung politisch unzuverlässiger Beamter ging es auch darum, die öffentlichen Bibliotheken von Büchern mit "undeutschem Geist" zu säubern. Auch die Bevölkerung wurde durch Anschläge und Anzeigen aufgefordert, "Schmutz - Schund - und linkspolitische Tendenzschriften" abzuliefern. Höhepunkte dieser Aktionen waren öffentliche Bücherverbrennungen. Am 10. Mai 1933 fanden in vielen Hochschulstädten öffentliche Bücherverbrennungen statt. Verbrannt wurden solche Bücher, die von den Nationalsozialisten als "Schriften und Bücher der Unmoral und Zersetzung" geschmäht wurden. An der Durchführung dieser Aktionen standen in vor32


Bücherverbrennung am 10.Mai 1933 derster Linie die "Deutschen Studentenschaften", der Zusammenschluß der Allgemeinen Studentenausschüsse der Hochschulen. Die Bücher der von den Nazis verfemten Schriftsteller wurden von Vertretern der "Deutschen Studentenschaften" aus Büchereien und Bibliotheken entfernt. Mit der Verbrennung - "... dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen" (Heinrich Heine) - begann auch die Verfolgung dieser Schriftsteller. Insgesamt verfielen ca. 12.400 Titel der Ächtung. Auch in Darmstadt fand eine solche Bücherverbrennung auf dem →Mercksplatz in der Sonnenwendnacht am 21. Juni 1933 statt. Q: [74]

Büchner, Georg Nach dem Dichter Georg Büchner (1813 Goddelau 1837 Zürich) wurde 1975 die Georg-Büchner-Anlage benannt. In Darmstadt erinnern auch die Georg-Büchner-Schule in der Nieder-Ramstädter Straße und eine Gedenktafel in der Grafenstraße 39 an ihn. Zudem verleiht die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt seit 1949 jährlich den Georg-Büchner-Preis. Er gilt als der angesehenste deutsche 33


Literaturpreis. 1835 mußte Büchner aufgrund seiner politischen Flugschrift "Der Hessische Landbote", die er zusammen mit dem Butzbacher Rektor Friedrich Ludwig Weidig verbreitet hatte, fliehen. So schrieb er im Hessischen Landboten: "Für das Militär wird bezahlt 914.820 Gulden, (...) Für jene 900.000 Gulden müssen eure Söhne den Tyrannen schwören und Wache halten an ihren Palästen. Mit ihren Trommeln übertäuben sie eure Seufzer, mit ihren Kolben zerschmettern sie euch den Schädel, wenn ihr zu denken wagt, daß ihr freie Menschen seid. Sie sind die gesetzlichen Mörder, welche die gesetzlichen Räuber schützen (...)! Eure Brüder, eure Kinder waren dort Brüder - und Vatermörder." Q: [14], [88], [149]

Bundesverband für den Selbstschutz (BVS) Der BVS hatte gemäß § 11 des Gesetzes über die Erweiterung des Katastrophenschutzes vom 9.7.1968, einem sogenannten Notstandsgesetz, die Aufgabe, "nach den Richtlinien und Weisungen, die vom Bundesminister des Innern oder in seinem Auftrag vom Bundesamt für zivilen Bevölkerungsschutz erlassen werden, die Bevölkerung über die Wirkung von Angriffswaffen und über Schutzmöglichkeiten, insbesondere über Aufgaben und Maßnahmen des Selbstschutzes aufzuklären". Der BVS wurde 1951 als Bundesluftschutzverband gegründet. Er propagierte in Zeiten des "Kalten Krieges" Vorratshaltung und Bunkerbau und suggerierte damit eine "relative Sicherheit". Damit hatte er die Aufgabe, in der Bevölkerung die für die damalige Hochrüstungspolitik notwendige Akzeptanz herzustellen. Auch in Darmstadt gab es einen BVS (mit Sitz am Platz der deutschen Einheit), der Lehrgänge in Erster Hilfe, zum Strahlenschutz, Katastrophenschutz und über Brand- und Explosionsgefahren durchführte. Der BVS wurde zum 31.12.1996 aufgelöst. Q: [16]

Bundeswehr Die lange militärische Tradition Darmstadts findet bis heute ihre Fortsetzung durch die zahlreichen Einrichtungen der Bundeswehr und der →US-Army. Die meisten Darmstädter Dienststellen der Bundeswehr sind in zwei Kasernen untergebracht, in denen nach aktuellen Umstruktu34


rierungsmaßnahmen bis zum Jahr 2005 rund 150 Soldaten und 1.130 Zivilangestellte arbeiten werden: A. Dienststellen in der →Starkenburg-Kaserne: - Fachschule des Heeres für Wirtschaft - →Verteidigungsbezirkskommando 43 - →Systeminstandsetzungszentrum 850 - Standortbekleidungskammer der →Standortverwaltung Darmstadt - Bezirksverwaltung II - →Kreiswehrersatzamt - Bereichsfernmeldeführer 415 und Standortfernmeldeanlage 415/421 - Sanitätsbereich 43/1 und Standortarzt - Evangelischer / katholischer →Standortpfarrer und Verband der Reservisten Bw B. Dienststellen in der →Frankenstein-Kaserne: - →Fachschule des Heeres für Erziehung und Wirtschaft (Kommandeur/ Stab) - Fachschule des Heeres für Erziehung - →Gerätehauptdepot Darmstadt - Bezirksverwaltung III - Sanitätsbereich 43/2 und Zahnarztgruppe - Standortfernmeldeanlage 415/422 C. Sonstige Dienststellen: - →Amt für Fernmelde- und Informationssysteme III/6 - Verbindungskommando - Fernmeldetechnisches Zentrum - →Heimatschutzbataillon 43 - →Sicherungsbataillone 4431 und 4433 - →Ersatzbataillon 43 Die Geschichte Darmstadts als Garnisonsstadt beginnt bereits im Jahr 1621 mit der Aufstellung einer Fürstlichen Leibkompanie unter Ludwig VI. Auf diese erste Kompanie führt das 1. Großherzoglich-Hessische Infanterie (Leibgarde) Regiment Nr.115 - eines der ältesten preußischen Regimenter seine militärische Tradition zurück. In der Rangliste preußischer Regimenter finden sich somit unter den mit allen Teilen in Darmstadt stationierten Verbänden: - Leibgarde-Infanterie-Regiment Nr. 115 (1. Großherzoglich-Hessisches) seit 1621 - Garde-Dragoner-Regiment Nr. 23 (1. Großherzoglich-Hessisches) 35


seit 1790 - Leibdragoner-Regiment Nr. 24 (2. Großherzoglich-Hessisches) seit 1859 - 1. Großherzoglich-Hessisches Feldartillerie-Regiment Nr. 25 seit 1790 - 2. Großherzoglich-Hessisches Feldartillerie-Regiment Nr. 61 seit 1899 - Train-Bataillon Nr. 18 seit 1890 Darüber hinaus lagen in Darmstadt Verbände, die nur mit Teilen in der Stadt stationiert waren und dennoch zu den Darmstädter Traditionsregimentern zu zählen sind: - Infanterie-Regiment Kaiser Wilhelm (2. Großherzoglich-Hessisches) seit 1891 - Infanterie-Leib-Regiment Großherzogin (3. Großherzoglich-Hessisches) seit 1897 - Infanterie-Regiment Prinz Carl (4. Großherzoglich-Hessisches) seit 1836 - Kavallerie-Regiment 6 seit 1937 An zahlreiche ehemals in Darmstadt stationierte Verbände erinnern →Denkmäler. Seit 1945 ist Darmstadt zudem Garnison des 32. US-Luftverteidigungskommandos mit einer Vielzahl an Einheiten und Verbänden. →(US-Army) Q.: [30], [62]

Burschenschaften Nach den Eintragungen des Darmstädter Telefonbuches zu urteilen, bestehen in der Universitätsstadt Darmstadt etwa 20 Burschenschaften, Landsmannschaften, Corps und Studentenverbindungen (in Göttingen sind es 41, in Marburg über 40). Sie heißen: ! Alte Darmstädter Burschenschaft Germania, Alexandraweg 6, Tel. 44676 Farben: schwarz-rot-gold nimmt alle an deutschen Hochschulen immatrikulierten Studenten auf, auch Ausländer und Zivildienstleistende, aber keine Frauen 36


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Wahlspruch: Gott - Ehre - Freiheit - Vaterland schlagende Verbindung in einer Dokumentation des AStA Göttingen wird die dortige gleichnamige Burschenschaft als nichtschlagend eingeschätzt, dort allerdings mit dem Wahlspruch: Gott - Fahne - Vaterland Burschenschaft Frisia, Alexandraweg 14, Tel. 45222 Farben: schwarz-weiß-hellblau 1885 gegründet nimmt alle deutschen Studenten auf, Zivildienstleistende sind unerwünscht, aber es gibt Ausnahmen, Frauen werden nicht aufgenommen Wahlspruch: einig und treu in einer Dokumentation des AStA Göttingen wird die dortige gleichnamige Burschenschaft als pflichtschlagend, reaktionär und militaristisch eingeschätzt Germania, Wohnheim Alexanderstraße 23, Tel. 22183 und Tel. 20194 (Erläuterungen wie Alte Darmstädter Burschenschaft Germania) Burschenschaft Gothia an der THD e.V., Wilhelminenstraße 26, Tel. 22517 / 25475 / 294471 nichtschlagend seit den 50er Jahren auch Frauen als Mitglieder seit 1995 keine Uniformen Rheno-Markomannia, Jahnstraße 130, Tel. 48519 Farben: grün-gold-karmesinrot Mitglieder können werden: Männer, Zivildienstleistende, Studenten an einer Universität, nur Deutsche Wahlspruch: Einigkeit in Ehre, Recht und Freiheit gegründet 1893 schlagende Verbindung Burschenschaft Rugia, Wienerstraße 95, Tel. 47230 Burschenschaft Suebia e.V., Tel. 711056 Freie Burschenschaft Suebia, Tel 781485 Studentenverbindung Cheruskia, Moserstraße 12, Tel. 45580 Corps Chattia, Klappacher Straße 106, Tel. 68100 Corps Franconia, Alfred-Messel-Weg 3, Tel. 718250 Corps Hassia, Richard-Wagner-Weg 36, Tel. 718198 Corps Obotritia, Stiftstraße 6, Tel. 44269 Corps Rhenania, Dieburger Straße 65, Tel. 46417 Landsmannschaft Hasso Borussia im Coburger Convent, Dieburger Straße 193, Tel. 76480 Landsmannschaft Normannia, Prinz-Christians-Weg 4, Tel. 45392 37


! Merovingia Turnerschaft, Alexandraweg 1, Tel. 48014 / 425672 ist Mitglied im Coburger Convent (CC) ! Musische Gruppe Auerbach ! Verein Deutscher Studenten Darmstadt-Köthen gegründet 1897 nichtschlagende Verbindung Frauen ist die Aufnahme verboten seit 1996 können auch ausländische Männer aufgenommen werden Sogenannte „Semesterthemen"zu gesellschaftspolitischen Fragestellungen und „die eigene Entwicklung" werden diskutiert. Ein weiterer Blick zeigt: Die Häuser haben überwiegend vornehme Adressen. Rechtlich gesehen sind Studentenverbindungen privatrechtlich organisierte Vereinigungen, die auf freiwilligem Zusammenschluß beruhen. In Hessen sind einige als gemeinnützig und damit steuerbegünstigt anerkannt. Nach Auskunft des Hessischen Finanzministeriums enthalten die Satzungen der Studentenvereine, die als gemeinnützig anerkannt sind, keine Mitgliedsverbote für Frauen, Ausländer und Kriegsdienstverweigerer. Die Burschenschaften sind politisch "nicht über einen Kamm zu scheren". Sie selbst sehen sich wohl überwiegend als einen Zusammenschluß von gemeinschaftsliebenden, trinkfreudigen Studenten. Andere sehen in studentischen Verbindungen einen Hort nationalistischer, fremden- und frauenfeindlicher sowie antisemitischer Menschen. Sie schmücken sich mit militaristischem Pomp, mit nationalen Symbolen und mit ihren revolutionären Anfängen von 1817, als sie gegen die Obrigkeit und für demokratische Ideale kämpften. Trotz aller Progressivität am Anfang gab es immer auch Deutschtümelei, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Bald stellten sie sich hinter Bismarck, dann gegen die Weimarer Republik, von der revolutionären zur reaktionären Burschenschaft. Es gibt Burschenschaften, z.B. Danubia in München, deren Statuten sich kaum von Programmen rechtsradikaler Parteien unterscheiden: da gehört Schlesien, Ostpreußen und Österreich weiter zu Großdeutschland. Es gibt einige Corporationen, die sich von solchen Tönen distanzieren, aber auch viele andere, die sie nur etwas leiser anschlagen. Nach Einschätzung eines Marburger Grünen Kommunalpolitikers existieren bei den dortigen Burschenschaften Normannia und Germania rechtsradikale Tendenzen. Q: [2], [32], [68], [77], [124], [133]

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Cambrai-Fritsch-Kaserne Seit fast 50 Jahren ist die Großkaserne am südlichen Ende der Ludwigshöhstraße Sitz der in Darmstadt stationierten amerikanischen Streitkräfte (→US-Army). In der Kaserne befinden sich laut einer Selbstdarstellung der US-Army in einer Broschüre der →Bundeswehr das Hauptquartier des 233. Standortunterstützungsbataillon (233rd Base Support Battalion), das Hauptquartier des 32. Heeresluftverteidigungskommandos, ein Bataillon der 22. Fernmeldebrigade (22nd Signal Brigade) sowie mehrere Unterstützungskompanien und -einheiten. Laut den Hinweisschildern in der Kaserne selbst sind allerdings folgende Einheiten stationiert: 233rd Base Support Battalion, 22nd Signal Brigade, 94th Air Defense Artillery Command, 440th Signal Battalion und das 55th Personal Services Battalion. An den Toren zur Kaserne in der Ludwigshöhstraße und Cooperstraße sind zwar häufig Wachposten aufgestellt, dennoch ist der Zugang zum Kasernengelände auch Zivilisten möglich. Auf dem Kasernengelände befinden sich neben militärisch genutzten Gebäuden auch Dienstleistungsgebäude wie Restaurants, eine Videothek, Lebensmittelgeschäfte u.a.. Dem Kasernenkomplex angegliedert ist die →Jefferson Siedlung, die ca. 100 Familien und 95 Einzelpersonen Unterkunft bietet. Die Jefferson Siedlung und das Kasernengelände umfassen insgesamt eine Fläche von 24 ha. Interessant ist der Hintergrund für die Namensgebung der Kaserne. Im Jahr 1938 wurden in Darmstadt zwei benachbarte Kasernen von den Nationalsozialisten eingeweiht: die Cambrai-Kaserne, benannt nach einer berühmten Panzerschlacht im Ersten Weltkrieg in Frankreich, und die Freiherrvon-Fritsch-Kaserne, benannt nach Werner Freiherr von Fritsch (1880 1939), der die Deutschen in der Schlacht von Cambrai zum Sieg führte. Drei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges zog die US-Army in beide Kasernen ein und legte sie zur Cambrai-Fritsch-Kaserne zusammen. Bei der Namensgebung für die neue Kaserne wurde "übersehen", daß einem Mann gehuldigt wird, der von 1935 bis 1938 Heeres-Oberbefehlshaber war und 1939 in Polen als Chef des Artillerieregiments 12 fiel. Noch heute kann man an einer Mauer kurz hinter dem Nord-Eingang der CambraiFritsch-Kaserne den eingemeißelten Schriftzug "Freiherr-von-FritschKaserne" lesen. In Deutschland gibt es noch vier weitere Kasernen gleichen oder ähnlichen Namens: Die Freiherr-von-Fritsch-Kasernen in Breitenburg, Scheuen und Hannover sowie die Fritsch-Kaserne in Koblenz. Q: [15], [29], [146]

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Camp Arrowhead Diese von der →US-Army genutzte Einrichtung ist ca. neun Hektar groß und liegt an der Eschollbrücker Straße gegenüber der →Ernst-Ludwig-Kaserne. Von der Eschollbrücker Straße aus sieht man nur ein Tor mit Schild und ein umzäuntes Gelände. Wenn man das Gelände umrundet, sieht man nur Wald, aber keine Gebäude. Im nördlichen Teil des umzäunten Geländes befinden sich laut unten angegebener Quelle mehrere Treibstoffdepots, die nicht mehr in Gebrauch sind. Sie sind vom Zaun aus aber nicht zu sehen. Allem Anschein nach wird Camp Arrowhead von der US-Army nicht mehr genutzt. Q: [48]

Darmstäder Aufruf Am 9. Mai 1958 wurde in der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Darmstadt der Beschluß gefaßt, den Magistrat zu beauftragen, eine Volksbefragung zur geplanten Atombewaffnung der Bundeswehr durchzuführen. Ähnliche Initiativen gab es auch in anderen Städten. Deren Umsetzung scheiterte aber am Widerstand von CDUBundeskanzler Konrad Adenauer. Von ihm bemühte Gerichte bescheinigten den Kommunen kein Mitspracherecht in dieser Sache zu haben. Der Darmstädter Aufruf hat folgenden Wortlauf: "Wir protestieren gegen die atomare Aufrüstung in der Bundesrepublik, die durch eine Politik der Stärke die Gefahr der völligen Zerstörung unseres Vaterlandes in sich birgt und jede weitere Verständigung zwischen Ost und West erschwert. Sie beschwört die Gefahr der totalen Vernichtung für das deutsche Volk herauf und verhindert die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes." Q: [40]

Darmstädter Signal – ds Mit dem in Darmstadt beschlossenen "Darmstädter Signal" hat sich im September 1983 eine Gruppe von 20 Zeit- und Berufssoldaten und MitarbeiterInnen der Bundeswehr erstmals an die Öffentlichkeit gewandt, um ihr NEIN zur Stationierung neuer Atomraketen in Ost und West zum Ausdruck zu bringen. Hieraus entwickelte sich der Arbeitskreis "Darmstädter Signal" mit heute ca. 200 Soldaten und einem Förderkreis ds, dem ca. 400 Personen angehören. 40


Einige Grundsatzforderungen lauten: - Streitkräfte sind zur Landesverteidigung gerechtfertigt, soweit ihre Struktur nicht zu angriffsfähigen Defensivverbänden umgebaut wird. - Der Einsatz von Bundeswehrsoldaten zur Sicherung deutscher Interessen, unter anderem zum "Schutz des sogenannten freien Welthandels und der strategischen Rohstoffreserven" (vgl. Verteidigungspolitische Richtlinien des Bundesverteidigungsministeriums vom 26.11.1992) ist weder politisch noch moralisch gerechtfertigt. - NATO und WEU sind aufzulösen. - Die UNO muß als globales System kollektiver Sicherheit politisch gestärkt werden. - Friedens- und Konfliktforschung ist massiv auszubauen. - Abbau des Nord-Süd-Gefälles durch eine gerechte Weltwirtschaftsordnung. - Verbot von Rüstungsexport und Militärhilfen. - Der Kampf der Meinungen gilt als Lebenselement unserer Gesellschaft. Die Aussage "Alle Soldaten sind potentielle Mörder" wird inhaltlich für richtig gehalten. - Es wird eine 100.000-Mann-Freiwilligenarmee gefordert. Q: [49]

Darmstädter Wort Am 8. August 1947 veröffentlichte der "Bruderrat der Evangelischen Kirche in Deutschland" (EKD) in Darmstadt das sogenannte Darmstädter Wort, ein kirchliches Schuldbekenntnis angesichts der nationalsozialistischen Vergangenheit. Zugleich war es eine Absage an Nationalsozialismus und Konservatismus. Verfasser des Darmstädter Wortes waren die Theologen Iwand und Warth, Mitautor Martin Niemöller. Im Bruderrat waren nach 1947 die führenden Köpfe der →Bekennenden Kirche versammelt. Q: [35]

Delp, Heinrich (31.1.1878 -14.5.1945) stammte aus Darmstadt-Eberstadt. Der Vater war Handelsmann. Er selbst lernte Maurer. Delp wurde 1905 Sekretär im Bauarbeiterverband mit Büro in der Bismarckstraße 19. Er 41


wurde 1914 Stadtverordneter, war 1919 bis 1926 Beigeordneter und 1926 bis 1933 Bürgermeister der Stadt Darmstadt. Laut Eintrag im Darmstädter Adreßbuch 1930 und 1933 wohnte er in der Riedeselstraße 19. In der Ausgabe von 1935 fehlt ein Eintrag "Delp". Von 1927 bis 1931 amtierte er gleichzeitig als Landtagspräsident. Heinrich Delp wurde im März 1933 abgesetzt. Als Vergeltungsmaßnahme für das gescheiterte Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 wurde er am 22. August 1944 in Darmstadt verhaftet. Er starb nach der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau durch die Amerikaner an den Folgen der Haft. In Darmstadt-Eberstadt erinnert seit 1953 die Heinrich-Delp-Straße an ihn. Er ist auf dem Bessunger Friedhof begraben. Q: [74]

Denkmäler Im folgenden wird unterschieden zwischen Kriegerdenkmälern und Mahnmalen. Kriegerdenkmäler Neben Denkmälern, die an gefallene Soldaten des Ersten Weltkrieges und frühere Kriege erinnern, existieren auch einige, die deutlich Bezug auf den Zweiten Weltkrieg nehmen. An Kriegerdenkmälern finden i.d.R. am Volkstrauertag Kranzniederlegungen statt. "Artillerie-Denkmal" - Standort: Heidelberger Straße / Hermannstraße Das Denkmal trug früher auf seinem Sockel einen granatenwerfenden Krieger. 1945/46 wurde der Granatenwerfer entfernt bzw. zerstört und der Sockel mit Stufen im städtischen Bauhof eingelagert. Das Artillerie-Denkmal war das einzige seiner Art, das nach dem Krieg verändert wurde, obwohl man

Artilleriedenkmal vor 1945

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1947 in mehreren Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung darüber diskutiert hatte, Denkmäler militärischen und nazistischen Charakters zu beseitigen. 1953 wurden die Überreste, versehen mit einem bronzenen Eichenlaubkranz, an der ursprünglichen Stelle wieder aufgestellt. Zur Einweihung des Denkmals schrieb der "Hessische Volksfreund" 1927: "Zu dieser provokatorischen Feier ließen sich wieder sehr viele Proleten von den Monarchisten zum Werkzeug gebrauchen. Wie schlug das Herz, wenn die ehemaligen Offiziere, die gern die Gelegenheit wahrnahmen, ihre verstaubten Uniformen wieder einmal in frischer Luft spazieren zu tragen, den Kameraden die Hand drückten". Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden sich an diesem Ort wieder regelmäßig "alte Kämpfer zur Ehrung ihrer Gefallenen" ein. "Dragoner-Denkmal" - Standort: Landgraf-Philipps-Anlage Das Denkmal, auf einem dreistufigen Sockel stehend, ist 1927 zu Ehren der Gefallenen zweier Dragoner-Regimenter, die beide im Ersten Weltkrieg ins Feld gezogen waren, errichtet worden. Eine über dem Podest angebrachte Inschrift, die Anfang der 50er Jahre eingehauen wurde, erinnert an die Gefallenen des Kavallerieregiments Nr. 6 im Zweiten Weltkrieg. Die Inschrift lautet: "UND DES KAVALLERIE-REGIMENTS 6 19391945 / UNSEREN GEFALLENEN 1939 - 1945". In einem Beitrag zu den Darmstädter Herbsttagen 1997 "Über den Tod und über den Tod hinaus" gestaltete die Darmstädter Künstlerin Elke-Emmy Laubner das Dragoner-Denkmal zu einem Antikriegskunstwerk um: Zwischen den Säulen des Denkmals wurde ein Banner mit Bildern von Dragoner-Denkmal mit Graffity “Soldaten sind Kriegsgefangenen geMörder“ (1997) spannt, ergänzt durch den Schriftzug „WHAT SORT OF PERSON WOULD YOU REMIND". Nach kurzer Zeit wurde das Antikriegskunstwerk von Unbekannten zerschnitten.

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"Ehrenmal für die Gefallenen der Gemeinde Arheilgen 1914-1918" Standort: Am Eingang des Arheilger Friedhofes. "Ehrenmal für die Gefallenen der Gemeinde Eberstadt 1914-1918" Standort: Am Eingang des Eberstädter Friedhofes rechts. Das Ehrenmal, von Heinrich Dieter um 1925 entworfen, zeigt eine knieende trauernde Frauengestalt im Relief. Die Inschrift lautet: "DIE GEMEINDE / EBERSTADT / DEN OPFERN DES / WELTKRIEGES / 1914 - 1918". An allen vier Wänden sind auf Tafeln die Namen der Gefallenen aufgeführt. "Gefallenendenkmal 1870/71" - Standort: Messeler Straße in Arheilgen bei der Auferstehungskirche Das Denkmal, um 1885 errichtet, zeigt Inschriften auf der Vorder- und Rückseite; Namenslisten an der linken und rechten Seite. "Germania" - Standort: Heidelberger Landstraße Einmündung Seeheimer Straße in Eberstadt Das Kriegerdenkmal, von Johann Dieter gegen Ende des 19. Jahrhunderts erschaffen, erinnert an die einheimischen Soldaten, die im Krieg 1870/71 gefallen sind. Das Denkmal besteht aus einem hohen rechteckigen Sockel aus poliertem Granit und einer daraufstehenden geharnischten Frauenfigur mit Schwert und Lorbeerkranz auf dem Haupt, die "Germania" darstellend. Der Sockel trägt auf der Vorderseite unter einer Ansammlung von Trophäen wie Fahne, Siegerkranz, Helm, Schwert usw. die Inschrift: "DEN HELDENMÜTHIGEN KRIEGERN / 1870-71 / ZUR ERINNERUNG / DIE DANKBARE GEMEINDE EBERSTADT". Darunter auf der Plinthe der Basis, die einer ionischen Säulenbasis nachempfunden ist: "DEN GEFALLENEN ZUM GEDÄCHTNIS / DEN LEBENDEN ZUR ANERKENNUNG / DEN KÜNFTIGEN GESCHLECHTERN ZUR NACHEIFERUNG". Rückseite, linke und rechte Seite des Podestes tragen die Namen der gefallenen Soldaten. "Leibgardisten-Denkmal" - Standort: Friedensplatz Das Denkmal mit dem sterbenden Löwen, in die nördliche Schloßgrabenmauer integriert, wurde 1928 zu Ehren der über 2.000 im Ersten Weltkrieg Gefallenen und Vermißten des Infanterie-Regimentes 115 aufgestellt. Im Hessischen Landkalender von 1937 wird der von Lanzen durchbohrte Löwe als Sinnbild für "das kämpfende, kraftvolle und heldenmütige Unterliegen" dargestellt. In der Mauer links und rechts des Denkmals sind die 44


Schlachtorte von 1939 bis 1945 eingetragen und der Schriftzug: "JOH. 15, 13 NIEMAND HAT GRÖSSERE LIEBE, DENN DIE, DASS ER SEIN LEBEN LASSET FÜR SEINE FREUNDE". Die Inschrift auf der Vorderseite des Sockels unter einer Krone mit Eichenlaubornamentierung lautet: "DEM LEIBGARDE-REGIMENT UND SEINEN TAPFEREN SÖHNEN UND SEINEM TRADITIONS-REGIMENT DEM INF.-RGT. 115 19361945". "Stele mit Eisernem Kreuz" - Standort: Hochschulstadion Lichtwiesenweg Das Gefallenendenkmal, um 1918 nach einem Entwurf von Geheimrat Professor Walbe errichtet, zeigt die Inschrift: "DENKET / DER / TOTEN / DES KRIEGES / UND / DENKET / DESSEN / WOFÜR / SIE / STARBEN." "Stele mit Eisernem Kreuz" - Standort: Schulhof der Mornewegschule, Hermannstraße 21 Das Gefallenendenkmal wurde 1919 zur Erinnerung an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Lehrer der Mornewegschule aufgestellt. Inschrift: "NIEMAND HAT GRÖSSERE LIEBE, DENN DIE, DASS ER SEIN LEBEN LÄSST FÜR SEINE FREUNDE".

Train-Denkmal am PrinzEmil-Garten

"Train-Denkmal" - Standort: PrinzEmil-Garten, Eingang Eichbergstraße Das Denkmal, um 1929 von Ali BonteLichtenstein entworfen, ist ein Ehrenmal für die Gefallenen der Großherzoglichen Hessischen Train-Abteilung Nr. 18 und ihrer Feldformationen. Entsprechend lautet die Inschrift auf der Vorderseite des Sockels: "ZUM ANDENKEN / AN DIE IM WELTKRIEG / 1914 - 1918 / GEFALLENEN DER EHEM. / GROSSH. HESS. TRAINABTEILUNG 18". Auf einem Sockel liegt ein totes Pferd neben einem unbekleideten toten Krieger. Dahinter eine Männergestalt, nur mit einem Umhang bekleidet, den sie mit ihrer linken Hand wie zum Schutze über 45


Pferd und Toten hält. Ali Bonte-Lichtenstein 1926 selbst zu ihrem Werk: "Der Grundgedanke des Denkmal-Entwurfes ist die Hingabe des Menschen und des dienenden Tieres an die große Idee, an den vaterländischen Gedanken ..." Das Denkmal stand viele Jahre auf dem Parkplatz vor dem Orangerietheater. Auf Anregung eines Leserbriefes, der im November 1962 im Darmstädter Tagblatt veröffentlicht wurde, erhielt das Denkmal einen "würdigeren" Platz im Prinz-Emil-Garten.

Mahnmale "Denkmal des unbekannten Deserteurs" - Standort: Lauteschlägerstraße, Georg-Büchner-Buchhandlung

Denkmal des unbekannten Deserteurs Am 14.11.1987 wurde im Garten der Evangelische Martinsgemeinde in der Heinheimer Straße ein Denkmal zur Erinnerung an die unbekannten Deserteure im Zweiten Weltkrieg aufgestellt. Die Idee für dieses ungewöhnliche Denkmal stammt von der 1980 entstandenen Friedensinitiative "Reservisten verweigern", einer Gruppe von Reservisten, die nachträglich den Kriegsdienst verweigern wollten oder verweigert haben. Sie verfolgen 46


das Ziel, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung vor Aushöhlungsbestrebungen zu schützen und Reservisten über ihre Rechtslage zu informieren und ihnen in Verweigerungsangelegenheiten zu helfen. Das Denkmal für den unbekannten Deserteur - es stellt die Silhouetten von fünf Soldaten dar, die die rechte Hand zum Salutieren an den Stahlhelm legen - will darauf aufmerksam machen, daß sich der Soldat in einem Unrechtsstaat nicht an der Rechtslage, sondern an seinem Gewissen orientieren soll. Es soll weiter einen Beitrag dazu leisten, dieses Tabu-Thema öffentlich zu diskutieren. Eine Eisenplatte trägt die Inschrift: DEM / UNBEKANNTEN / DESERTEUR. Um eine möglichst große Aufmerksamkeit zu erreichen, hielt die Gruppe "Reservisten verweigern" es am sinnvollsten, das Denkmal in zeitlichen Abständen an verschiedenen Orten aufzustellen. Nach einjähriger Aufstellungsdauer im Garten der Ev. Martinsgemeinde kam das Denkmal 1988 in die Bessunger Knabenschule. Im April des darauffolgenden Jahres wurde es an die Mauer des Hauses Nummer 15 in der Lauteschlägerstraße angebracht. Dort hängt es jetzt (2000) allerdings schon seit elf Jahren. "Denkmal der Vertriebenenverbände" - Standort: Waldfriedhof Am Hauptweg auf der linken Seite direkt gegenüber der Ruhestätte der 12.000 Opfer der Brandnacht befindet sich eine Gedenkstätte der Heimatvertriebenen. An der linken Wand befinden sich die Wappen der Verbände der Ungarndeutschen, Siebenbürger Sachsen, Buchenlanddeutschen, Donauschwaben, Oberschlesier und Schlesier; an der rechten Wand die Wappen für Sudetendeutsche, Weichsel-Warthe, Pommern, Danzig, Westpreußen und Ostpreußen. Links steht der Text "1945 / FLUCHT / DEPORTATION / VERTREIBUNG" und rechts "1995 / 50 JAHRE / NEUE HEIMAT", auf dem großen Kreuz zwischen den zwei Mauern "Den Toten / in der Heimat / Bund der Vertriebenen". "Ehrenmal für die Opfer der Brandnacht am 11./12. September 1944" Standort: Waldfriedhof In der Mitte des Waldfriedhofs sind zwei große Felder angelegt. An der Ostseite ruhen zu Füßen des großen Ehrenmales die "Gefallenen" der beiden Weltkriege und im Rondell darunter liegen die Toten der Brandnacht: 12.000 Tote ruhen hier auf wenigen Quadratmetern. Die drei großen, liegenden Bronzefiguren, die an die Opfer der Brandnacht erinnern, schuf der Darmstädter Bildhauer Fritz Schwarzbeck (Einweihung 1958). Auf der anderen Seite der Achse, im Westteil, liegt ein großes noch freies Gräberfeld. 47


Es ist reserviert für Katastrophenfälle !. Hier zeigt sich vorausschauende Kommunalplanung ! "Gedenkstein" - Standort: Heinrich-Emanuel-Merck-Schule am Meßplatz Am 9. November 1998 wurde 60 Jahre nach der Reichspogromnacht (→"Reichskristallnacht"), zehn Jahre nach der Einweihung der neuen Synagoge, im Rahmen eines Schulprojektes ein Gedenkstein aufgestellt. Auf dem riesigen Findling ist ein Schild angebracht: "WIDER DAS VERGESSEN ZUM GEDENKEN AN DIE OPFER DER VERFOLGUNG UND ERMORDUNG 1933 BIS 1945 - DIE SCHULGEMEINDE DER HEINRICH-EMANUEL-MERCK-SCHULE" In Anlehnung an den jüdischen Brauch legten die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung viele kleinere Steine neben das Mahnmal, um den Toten zu gedenken. "Gedenkstein" - Standort: vor dem Haupteingang der Viktoriaschule, Hochstraße 44, Der Gedenkstein, vom Kunstkurs einer zwölften Klasse entworfen und von dem Darmstädter Bildhauer Michael Rölke angefertigt, wurde 1997 zur Erinnerung an jüdische Schülerinnen der Viktoriaschule aufgestellt, die 1942 über das Lager der →Justus-Liebig-Schule ins Konzentrationslager deportiert und umgebracht wurden. Der Gedenkstein trägt die Inschriften "GEGEN VERGESSEN UND GLEICHGÜLTIGKEIT" und "VIER NAMEN / FÜR VIELE" und anschließend die Namen der vier jüdischen Schülerinnen. "Gedenktafel“ - Standort: Lichtenbergschule Die Gedenktafel erinnert an den Matrosen Kim Malthe Braun, der am 6. April 1945 bei Kopenhagen als Widerstandskämpfer erschossen wurde. Die Inschrift im Bronzerelief lautet: "ANDERES / UND / TIEFERES / SEHEN / ALS NUR / SEINEN WEG". Die Inschriften links und rechts davon auf den Schieferplatten beinhalten Auszüge aus dem Abschiedsbrief des Matrosen an seine Mutter. "Gedenktafel" - Standort: Studentenwohnheim, Riedeselstraße 64 Die Tafel erinnert an das in der Zeit von 1933 bis 1935 an dieser Stelle eingerichtete GESTAPO-Gefängnis →Gefängnis Riedeselstraße. Sie wurde um 1976 von Fritz Schwarzbeck geschaffen.

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"Gedenktafel" - Standort: Flur der Viktoriaschule, 1. Obergeschoß, Hochstraße 44 Die Gedenktafel, von Robert Cauer erschaffen, wurde 1926 zur Erinnerung an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Lehrer der Viktoriaschule aufgestellt. Neben den Namen von vier Lehrern steht unter dem Relief "WIR LEIDEN DENN SIE STARBEN FÜR UNS HALTET TREUE DEN TOTEN IHR LEBENDIGEN". "Gedenktafel für die ZwangsarbeiterInnen" - Standort: Hauptbahnhof Haupteingang Die Tafel wurde im Mai 1995 angebracht und hat folgende Inschrift: ZUR ERINNERUNG AN DIE / WÄHREND DES ZWEITEN / WELTKRIEGES VERSCHLEPPTEN / MENSCHEN, DIE IN DEN / JAHREN VON 1941 BIS 1945 / AUS ALLEN VON DEN / DEUTSCHEN BESETZTEN / EUROPÄISCHEN LÄNDERN / AUCH IN DARMSTADT / ZUR ARBEIT ZWANGSVER- / PFLICHTET WURDEN: / ES WAREN ÜBER 5000 FRAUEN / UND MÄNNER, DIE IN MEHR / ALS 60 LAGERN ÜBER DIE / GANZE STADT VERTEILT, / ZWANGSARBEIT LEISTEN / MUSSTEN. / DIE ZUMEIST SEHR JUNGEN / MENSCHEN MUSSTEN UNTER / UNWÜRDIGEN BEDINGUNGEN / SCHWERSTE ARBEIT / VERRICHTEN. / WIR STEHEN BIS HEUTE / BEI DEN BETROFFENEN / IN DER SCHULD. / DESHALB SEID EINIG / IM KAMPF GEGEN DAS / VERGESSEN. / DIE EINWOHNER DARMSTADTS / IM MAI 1995 / DAS GEHEIMNIS DER / VERSÖHNUNG HEISST / ERINNERUNG ! →Zwangsarbeit "Jüngling mit Helm" - Standort: Vor dem Mausoleum der Familie F. Schmitt auf dem Waldfriedhof Eines der wenigen Kunstwerke in Darmstadt aus der Zeit des Nationalsozialismus ist eine nackte Jünglingsgestalt, von Fritz Schwarzbeck vor dem Mausoleum der Familie F. Schmitt (Firma Seifen Schmitt). Sie wurde 1942 zu Ehren des im Jahr zuvor in Rußland bei Katjakowa gefallenen Sohnes aufgestellt. Die linke Hand der Figur umfaßt einen mit Eichenlaub umkranzten Wehrmachtshelm auf einer Stele mit der Inschrift: "KATJAKOWA / 10.10.41". Seit dem Frühjahr 1994 befindet sich die Figur nicht mehr auf ihrem ursprünglichen Platz vor dem Grabmal. Sie steht, sozusagen "enthauptet", im Skulpturengarten der Steinmetzfirma Wittmann und wartet dort auf ihre Restaurierung. Unbekannte hatten sie umgestürzt und im Gebüsch ver49


steckt. Die Figur soll, da sie unter Denkmalschutz steht, nach Wiederherstellung an ihrem ursprünglichen Platz aufgestellt werden. "Klagemauer" - Standort: Bleichstraße 2 / Grafenstraße Zum Gedenken an die in der "Reichskristallnacht" zerstörte Synagoge der Orthodoxen Jüdischen Gemeinde wurde 1983 dieses Mahnmal aufgestellt. →Synagogen "Kriegsgefangenendenkmal" - Standort: Waldfriedhof am Hauptweg 50 Meter hinter dem Haupteingang links Das Denkmal, Inschrift unterhalb des Relief: "A NOS MORTS 1914 1918", erinnert an die ca. 240 französischen Soldaten, die in Darmstadt während der Gefangenschaft im Ersten Weltkrieg gestorben sind. Es wurde um 1918 aufgestellt. "Menora" - Standort: Gartenanlage der Städtischen Kliniken, Nähe Bleichstraße Am 9. November 1967 wurde zum Gedenken an die 1876 erbaute Synagoge der Reformierten Jüdischen Gemeinde in der ehemaligen Fuchsstraße, heute auf dem Klinikgelände gelegen, eine Menora (siebenarmiger Leuchter der jüdischen Liturgie) eingeweiht. Die Synagoge der Reformierten Jüdischen Gemeinde Darmstadts wurde am 9. November 1938 in der "Reichskristallnacht" niedergebrannt. →Synagogen "Mahnmal für die Opfer der Gewaltherrschaft" - Standort: ErichOllenhauer-Promenade Das Mahnmal sollte ursprünglich Friedrich Ludwig Weidig, einem Gefährten von Georg Büchner, gewidmet werden. Doch hat sich dieser Gedanke, ein Denkmal für Weidig aufzustellen, zu einem allgemeinen, globalen gewandelt: Es sollte ein Mahnmal für die Opfer der Gewaltherrschaft schlechthin werden. Die Freiplastik wurde von Thomas Duttenhoefer gestaltet und 1989 aufgestellt. "Mahnmal zur Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft" Standort: ehemalige Stadtkapelle, Kapellplatz Ein Teil der Außenmauer der ehemaligen Stadtkapelle ist als Ruine erhalten und dient als Gedenkstätte für die Toten des Zweiten Weltkrieges. Während die Kapellruine schon seit vielen Jahren als Mahnmal besteht, wurde am 8. Mai 1995 die von dem Darmstädter Bildhauer Thomas 50


Stadtkapelle vor der Zerstörung 1944 Duttenhoefer gestaltete Freiplastik hinzugefügt. Sie besteht aus einem kippenden, fünf Meter hohen Obelisken, Sinnbild der umstürzenden Machtstruktur. Fußspuren, Linien und Reliefs im Boden sollen Verbindungen herstellen zu einem Helm und Mauertrümmern, einer trauernden Figur sowie einem Karren mit gebrochener Achse - Zeichen für Deportation und Massenvernichtung. "Mahnmal für die im Dritten Reich ermordeten Sinti und Roma" - Standort: Große Bachgasse gegenüber dem Justus-Liebig-Haus Die 1997 eingerichtete Gedenkstätte hat die Grundform eines Keils und ist aus rostendem Stahl - vier Meter lang, zweieinhalb Meter hoch, drei Tonnen schwer. Schwarze Marmortafeln auf der einen, weiße auf der anderen Längsseite stehen für Vergangenheit und Gegenwart. Unter jedem Feld ist eine Kupfertafel mit Worten eines Überlebenden angebracht. An der Stirnseite findet sich ein vom Landesverband der Sinti und Roma verfaßter dokumentarischer Teil. Das Mahnmal gestaltete Bernhard Meyer. "Mahntafel" - Standort: Justus-Liebig-Schule, Julius-Reiber-Straße 3 Die 1991 angebrachte Tafel erinnert daran, daß das Schulgebäude in der Zeit vom 14. September bis 2. Oktober 1942 als Sammellager für Juden vor ihrem Abtransport in die Konzentrationslager Auschwitz, Lublin und Theresienstadt benutzt wurde. →Justus-Liebig-Schule 51


"Mahnmal für die Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges" - Standort: Platz der deutschen Einheit vor dem Hauptbahnhof Das Mahnmal wurde am 26. Oktober 1952 errichtet. Anlaß der Ehrung: "MAHNMAL FÜR DIE DEUTSCHEN SOLDATEN, DIE SICH SIEBEN JAHRE NACH BEENDIGUNG DES ZWEITEN WELTKRIEGES NOCH IMMER IN DEN GEFÄNGNISSEN, ZUCHTHÄUSERN ODER HINTER STACHELDRAHT BEFINDEN". Beschreibung: ein roter Sandsteinsockel, der folgenden Text trägt: "GEBT SIE FREI". Dieses Mahnmal konnte von den Autoren nicht gefunden werden. Auch Anfragen bei der Stadt brachten keinen Hinweis auf den Vebleib. "Ruhestätte von russischen Soldaten" - Standort: Waldfriedhof am Hauptweg 50 Meter hinter dem Haupteingang links. Direkt gegenüber dem Kriegsgefangenendenkmal der französischen Soldaten befinden sich 88 Grabsteine von etwa 170 russischen Soldaten des Ersten Weltkrieges. "Ruhestätte einer unbekannten Anzahl von 'Fremdarbeitern und Fremdarbeiterinnen' aus der Zeit von 1939 bis 1945" - Standort: Waldfriedhof im Abschnitt R14d und R9e. Im Abschnitt R14d befinden sich 72 Grabplatten (oft mit zwei Namen) von Personen aus verschiedenen Ländern, einige mit Namensbezeichnung "Unbekannt". Unter den Toten sind auch Kinder, was am Geburts- und Sterbejahr zu erkennen ist. Im Abschnitt R9e sind Grabplatten angebracht, auf denen mehrere Personen zusammen nach Herkunftsland vermerkt sind. In der Mitte ist ein Denkmal, ein Betonblock mit einer Dornenkrone, aufgestellt. Außerdem befindet sich dort eine hölzerne Tafel "DEN TOTEN / DES KRIEGES / 1939 1945 / " / 12.12.1944 / E. MERCK" mit vier weiblichen und einem männlichen Namen (→Merck und →Zwangsarbeit). "Veteranen-Denkmal (Riwwelmatthes)" - Standort: Herrngarten Dieses Denkmal wurde um 1850 von Johann Baptist Scholl zu Ehren der im napoleonischen Krieg (1792 - 1815) gefallenen GroßherzoglichHessischen Krieger geschaffen und 1852 zuerst auf dem Marienplatz aufgestellt. Das Denkmal besteht aus einer für diese Zeit typischen Konstruktion von "Heldengräbern" in der Form eines mittelalterlichen Sakramenthäuschens. Den unteren Teil bildet eine zum Sockel reduzierte Grabkammer mit dem Hessischen Wappen, darüber befindet sich die Figur eines bärtigen, be52


helmten Germanenkriegers mit Schwert und Schild als Symbol für die Freiheitskämpfe. Das Schild ist mit einer Widmung versehen. Sie lautet: "GOTT EHRE VATERLAND / DEN IN DEN SCHLACHTEN UND GEFECHTEN / VON 1792 BIS 1815 GEFALLENEN 7 GROSSHERZOGLICH HESSISCHEN KRIEGERN / GEWIDMET VON IHREN WAFFENGEFÄHRTEN". Auf seitlichen Tafeln sind die Namen der Schlachtorte genannt. Fünfzig Jahre später wurde der "Riwwelmatthes" - so nannten die Darmstädter inzwischen das Denkmal – in den Herrngarten umgesetzt, wo er heute noch steht. Über die Entstehung des Namens "Riwwelmatthes" gibt es nur Vermutungen. Eine Überlieferung sagt, daß es einen Bartträger namens Matthias Riebel aus der Nähe von Dieburg gab, der dem steinernen Krieger so ähnlich gesehen haben soll, daß bei der Enthüllung des Denkmals einige Veteranen ihren Kriegskameraden wiedererkannt und ausgerufen haben: "Des is jo de Riwwel Matthes". Q: [34], [37], [38], [95], [103], [115], [143]

Deutsche Christen war die Bezeichnung für eine 1932 unter starker Einflußnahme der →NSDAP entstandene nationalsozialistische Glaubensbewegung innerhalb der Deutschen Evangelischen Kirche. Ihr Ziel war, die 28 selbständigen Landeskirchen und die Gruppen unterschiedlicher Bekenntnisrichtungen innerhalb der Evangelischen Kirche zu einer "Reichskirche" unter ihrer Einflußnahme und Kontrolle zu vereinigen und zentral zu lenken. Auf ihrer ersten Reichstagung im April 1933 - kurz nach der "Machtergreifung" - hieß es entsprechend: "Der Staat Adolf Hitlers ruft nach der Kirche, die Kirche hat den Ruf zu hören." Ihre Glaubensrichtlinien äußerten die Deutschen Christen im Dezember 1933 mit Bekenntnissätzen wie: "Wir sind durch Gottes Schöpfung hineingestellt in die Blut- und Schicksalsgemeinschaft des deutschen Volkes und sind als Träger dieses Schicksals verantwortlich für seine Zukunft. ... Wie jedem Volk, so hat auch unserem Volk der ewige Gott ein arteigenes Gesetz eingeschaffen. Es gewann Gestalt in dem Führer Adolf Hitler und in dem von ihm geformten nationalsozialistischen Staat. ... Ein Volk! - Ein Gott! - Ein Reich! - Eine Kirche !". Die Zweidrittelmehrheit der Deutschen Christen in der preußischen Generalsynode ermöglichte auch den Erlaß eines innerkirchlichen Gesetzes über 53


die Rechtsverhältnisse der Geistlichen und Kirchenbeamten. Das neue Gesetz bestimmte, daß Geistlicher oder Kirchenbeamter nur sein dürfe, wer rückhaltlos für den nationalen Staat eintrete und arischer Abstammung sei. Das bedeutete, daß bis zur Großelterngeneration kein Jude sein durfte. Vor allem aus Protest gegen die Einführung des Arierparagraphen für Geistliche und Kirchenbeamte rief Pfarrer Martin Niemöller zur Gründung des Pfarrernotbundes auf, aus dem sich die →Bekennende Kirche entwickelte. Durch sie vor allem verstärkte sich innerkirchlicher Widerstand gegen die Deutschen Christen, die bald in viele kleine Gruppierungen auseinanderfielen. 1935 wurde ein Reichskirchenministerium eingerichtet mit der Aufgabenstellung, die Kirche von staatlicher Seite zu kontrollieren. Q: [4]

Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Unter maßgeblicher Mitwirkung der österreichischen Pazifisten Bertha von Suttner (1843 - 1914) - sie erhielt 1905 als erste Frau den Friedensnobelpreis (→Bertha-von-Suttner-Anlage) - und Alfred Hermann Fried (1864 - 1921) wurde am 9. November 1892 in Berlin die Deutsche Friedensgesellschaft (DFG) gegründet. Bereits 1898 hatte sie in 69 Ortsgruppen ca. 6.000 Mitglieder. Den Ersten Weltkrieg betrachtete die DFG - wie z.B. auch die große Mehrheit der Sozialdemokratie - als einen Verteidigungskrieg, trat jedoch chauvinistischem Haß entgegen. Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs schien die Situation für die Friedensbewegung günstig. 1926 gab es 300 Ortsgruppen mit ca. 30.000 Mitgliedern. Über die Tätigkeit der Darmstädter Gruppe der DFG in der Weimarer Republik liegen den Autoren keine Informationen vor. Allerdings ist bekannt, daß der Staatsanwalt Julius Gilmer, der seit 1926 in Darmstadt lebte und arbeitete, Mitglied der DFG war. Mit der "Machtergreifung" der Nazis war auch das Ende pazifistischer Organisationen gekommen. Unterdrückung und Verfolgung setzten ein, das formale Verbot erfolgte jedoch erst im September 1935. In den von den Alliierten besetzten Zonen bzw. den neu gegründeten Bundesländern wurde die DFG 1945 bzw. 1946 wieder zugelassen. Parteipolitisch überwog eine Bindung an die SPD, weniger stark war sie zur FDP, nur vereinzelt gab es Bindungen zur CDU. Das DFGMitglied Fritz Eberhard (SPD) war im Parlamentarischen Rat an der Entstehung des Artikels 4, Absatz 3 des Grundgesetzes ("Niemand darf gegen 54


sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.") maßgeblich beteiligt, dessen Formulierung allerdings von der DFG als unzureichend kritisiert wurde.

Darmstädter Echo vom 21.1.1947 In Darmstadt wurde am 18. Januar 1947 eine Ortsgruppe der neubegründeten DFG begründet, die sich als überparteiliche Vereinigung zugleich für die Europäische Union einsetzen sollte. Vorsitzende wurden Bürgermeister Julius →Reiber und "Darmstädter Echo"-Mitherausgeber Johann Sebastian Dang, der schon vor 1933 Vorsitzender der damals von den Nazis verbotenen Gesellschaft gewesen war. Über Aktivitäten der damaligen Zeit bis Ende der 70er Jahre liegen den Autoren keine Unterlagen vor. Mit der Diskussion um die sogenannte Nachrüstung (NATO-Beschluß vom 12. Dezember 1979) entwickelte sich die mittlerweile in DFG-VK umbenannte Friedensgesellschaft zu einer tragenden Säule der Friedensbewegung - in Darmstadt wie im gesamten Bundesgebiet. Seit dieser Zeit gab es in Darmstadt viele friedenspolitische / antimilitaristische Veranstaltungen, an der die Darmstädter DFG-VKGruppe beteiligt war. Beispielhaft soll an folgende Aktionen erinnert werden: - aktive Beteiligung an den Ostermärschen ab 1980 - Erstellen des ersten Darmstädter Alternativen Stadtführers, Organisation von Stadtrundfahrten (1981)

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- Mitorganisator der Sonderbusse am 10. Oktober 1981 und des Sonderzuges am 10. Juni 1982 zu den Großdemonstrationen in Bonn - Aktionen auf dem →Griesheimer Sand (Mai 1981) - Mitveranstalter des großen Friedensfestivals auf dem Meßplatz am 8. Mai 1983 - Beteiligung an der Menschenkette zwischen Stuttgart und Neu-Ulm (1983) - Kontakte zu Aktiven der Friedens- und Ökologiebewegung der ehemaligen DDR (1984 bis 1989) - Beobachtung militärisch genutzter Liegenschaften in Darmstadt, "Bürger beobachten Militär" (1985) - Beteiligung an Blockade-Aufrufen (1985) - Flugblatt zu gesellschaftlichen Disziplinierungsprozessen (1985) - Aktionen anläßlich der Versenkung des Greenpeace-Schiffes "Rainbow Warrior" durch französisches Militär (1987) - Kriegssteuerboykott (1987) - Flugblatt und Seminar zur Sozialisation in der Familie (1989) - Aktionen zum Golfkrieg (1991) - Flugblatt zur Rüstungsproduktion in Darmstadt und Umgebung (1993) - Kranzniederlegungen für den unbekannten Deserteur anläßlich des Volkstrauertages (1989 ff.) - Aktionen im Rahmen öffentlicher Gelöbnisse von Bundeswehrsoldaten - Beratung für Kriegsdienstverweigerer in Schulen und Betrieben - Aktionen zum Jäger 90 / Eurofighter 2000 - Aktionen zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr - Aktionen am Darmstädter Hauptbahnhof an Einberufungsterminen für Rekruten - Kino- und Plakatwerbung - regelmäßige Beratung für Kriegsdienstverweigerer Heute hat die DFG-VK bundesweit ca. 7.000 Mitglieder, in Darmstadt ca. 60. Die Aktivitäten und die Mitgliederzahl der DFG-VK Darmstadt sind wie auch bei anderen politisch arbeitenden Gruppen - im Vergleich zu den 80er Jahren aus vielfältigen Gründen zurückgegangen. Q: [21], [82], [93]

DGB-Haus Noch im Jahr 1950 waren die Gewerkschaften und Industriegewerkschaften sowie der DGB-Kreisausschuß Darmstadt an insgesamt 56


sieben verschieden Stellen untergebracht. Der Kreisausschuß hatte seinen Sitz in der Bismarckstraße 76, die IG Chemie, Papier und Keramik in der Neckarstraße 5, die Gewerkschaft der Eisenbahner in der Otto-WolfskehlStraße 32 (heutige Goebelstraße), die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in der Gabelsbergerstraße 24 (heutige Gundolfstraße), die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen im Taunusring 7 (heutige Kasinostraße), die Gewerkschaft Leder im Rhönring 103 und die Postgewerkschaft in der Poststraße 6. Die mit den heutigen technischen Kommunikationsmöglichkeiten nicht vergleichbare damalige Situation, daß sich nämlich die verschiedenen Vertretungen von abhängig Beschäftigten nur unzureichend organisieren und koordinieren konnten, führte zu folgender Entwicklung: Die Stadtverwaltung Darmstadt bot an, das Gelände Rheinstraße 50 zwischen Hindenburgstraße und Landgraf-Phillips-Anlage gegen das gewerkschaftseigene in der Bismarckstraße 19 einzutauschen. 10.000 DM mußten als Ausgleichszahlung wegen Unterschieden in Größe und Quadratmeterpreis der Grundstücke an die Stadt Darmstadt gezahlt werden. Zwei Jahre später, im August 1952, wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Am 1. Oktober 1952 wurde der Grundstein für den Neubau des Gewerkschaftshauses gelegt, und am 9. Dezember 1952 konnten die Darmstädter Gewerkschaften Richtfest feiern. Schon wenige Wochen nach Bezug zeigte sich, daß der Bau nicht ausreichend Platz bot. 1956 wurde seitens des DGBKreisausschusses ein Antrag beim Bundesvorstand und bei der Vermögenstreuhandgesellschaft gestellt, mit dem zweiten Bauabschnitt zu beginnen zu dürfen. Dieser sah einen Seitenflügel mit den Nebengebäuden in der Hindenburgstraße und Landgraf-Phillips-Anlage vor. Diesem Antrag wurde aber nicht stattgegeben. Anfang der 60er Jahre wurde die Absicht, der Erweiterung des Gewerkschaftshauses durch einen selbständigen Finanzierungsplan zu sichern, wegen der hohen Kosten aufgegeben. Erst zu Beginn der 70er Jahre wurde wieder verstärkt über die Notwendigkeit "laut nachgedacht". Der bisherige Sitzungssaal wurde überfrequentiert und bot außerdem nur maximal 80 Personen Platz. Der Ende der 70er Jahre entstandene Anbau, ein Sitzungssaal mit dazugehörigen Clubräumen, sorgte dafür, daß die umfangreichen Versammlungstätigkeiten in vielen Fällen nicht mehr außerhalb des DGBHauses durchgeführt werden mußten. Am 19. Februar 1979 schließlich konnte der Hans-Böckler-Saal im Neubau des Gewerkschaftshauses eingeweiht werden.

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Das DGB-Haus war während der Aktionen gegen die Notstandsgesetzgebung Mitte der 60er Jahre sowie während der Nachrüstungsdebatte Anfang der 80er Jahre Ausgangspunkt vielfältiger Aktivitäten. Q: [61]

Donges, Georg Theodor (1843 - 1924) wurde als Sohn eines Güterwiegers in Darmstadt geboren. Er selbst wurde Schlossermeister. Er war ab 1869 der führende Kopf unter den Darmstädter Sozialdemokraten (Eisenacher Richtung). Ab 1872 zog er sich mehr und mehr aus der Politik zurück und kümmerte sich um den Ausbau seines Betriebes, aus dem später die →Donges Stahlbau und Fensterbau GmbH in Darmstadt hervorging. Auch der Bruder Friedrich Donges (1851 - 1881) wurde in der Darmstädter Sozialdemokratie aktiv. Q:

Donges Stahlbau Während des Zweiten Weltkrieges waren insgesamt 191 Zwangsarbeiter bei der Firma Donges beschäftigt. Davon kamen 130 aus der Sowjetunion, 30 aus Frankreich, 23 aus Litauen, sechs aus Belgien und zwei aus Polen. Während die Männer aus der Sowjetunion auf dem Betriebsgelände in einem Werklager "gehalten" wurden, waren die anderen in zwei Gaststätten, dem →Badischen Hof in der Sudetengaustraße (heutige Wilhelm-Leuschner-Straße) und dem →Hanauer Hof in der Mauerstraße untergebracht. Wann genau die Zwangsarbeiter bei Donges hatten arbeiten müssen und was aus ihnen geworden war, konnte die Firma den Autoren nicht mitteilen. Auf Anfrage erklärte sie, alle Unterlagen aus dieser Zeit seien bei dem großen Bombenangriff auf Darmstadt im September 1944 vernichtet worden. →Zwangsarbeit Q: [130]

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Einsteinstraße Die Straße in der →Lincoln Siedlung wurde 1957 nach dem bedeutenden Physiker Albert Einstein (1879 - 1955) benannt. Nach seiner Mitarbeit im Atombombenprogramm der USA hatte sich seine Einstellung geändert, was in folgendem Zitat von 1952 deutlich wird: "Töten im Krieg ist nach meiner Auffassung um nichts besser als gewöhnlicher Mord!" Q: [88]

Entartete Kunst Die nationalsozialistische Kunstlehre basiert auf diversen Schriften, Ende der 20er Jahre veröffentlicht, die in der Forderung gipfelten, daß jede künstlerische Darstellung des Menschen dem Kanon der nordischen Rassenlehre zu entsprechen habe. Ein Wegbereiter dieser Rassenlehre war der Weimarer Architekt und Schriftsteller Prof. Dr. Paul Schultze-Naumburg, der in Wort und Bild Werke der modernen Kunst mit schrecklichen menschlichen Krankheiten zusammenstellte (Kunst und Rasse, J.F.Lehmann Verlag, München 1928) und der damit eine Reihe von Veröffentlichungen einleitete, die bei der Laienwelt entsetzlichen Schaden in der Fähigkeit der Kunstbeurteilung anrichtete. Expressionistisch orientierte Künstler wie Franz Marc, Otto Dix, Oskar Kokoschka und die Dresdner Künstlergruppe "Brücke" galten als "bolschewistisch", "jüdisch", "krank", also "entartet". Im Vorwort zum Katalog der "Deutschen Frühjahrsausstellung" 1934 auf der Mathildenhöhe, veranstaltet vom "Kampfbund für deutsche Kultur", brachte der Darmstädter Kulturpolitiker Adolf →Beyer die Geisteshaltung der Nationalsozialisten auf den Punkt: "Ein fremdrassiges Händlertum, gänzlich verbildete Literaten und Kunstschwätzer suchten jede Äußerung völkischer deutscher Art zu unterdrücken und verhöhnten diejenigen als rückständig, die ihrem gesunden deutschen Sinn gemäß schufen und es ablehnten, jene fortwährend wechselnden Moden und Manieren mitzumachen, die ebenso in Paris und Berlin, wie in Prag oder Moskau daheim waren. "Zur Darmstädter Kunstschau 1935 "Deutsche Meister", ebenfalls auf der Mathildenhöhe, bemerkte Beyer: "Gewiß sind unsere Ausstellungen seit der Regierungsübernahme durch den Führer Adolf Hitler besser geworden, die offenbaren Unflätigkeiten, Zerrbilder, Darstellungen von Dirnen und Proleten, sowie expressionistische Stümpereien sind von ihnen verschwunden, aber wir beobachten doch auch allenthalben, daß Gestalten,

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die sich verzerrt im Hintergrund gehalten hatten, wieder an die Plätze zu stellen versuchen, die sie in der Systemzeit innehatten."

Ankündigung der Ausstellung "Entartete Kunst" 1936 In der →Kunsthalle am Steubenplatz fanden die Propagandazwecken dienenden Ausstellungen wie "Gesunde Frau - gesundes Volk" (Januar 1934) oder die sehr gut besuchte Wanderausstellung die "Entartete Kunst" (Juni 1936) statt, "von der der Führer wünscht, daß jeder Deutsche sie besucht", und die mit ihren perversen Verdrehungen und ihrer Infamie die Künstler Max Beckmann und Ernst Ludwig Kirchner ins Exil bzw. in den Selbstmord trieben. Q: [107], [108], [109], [132]

Entnazifizierung Ob die Mitarbeiter des Forschungs- und Technologiezentrums (FTZ) der Deutschen Telekom ahnen, daß sie jeden Morgen ein Gelände betreten, auf dem vor 50 Jahren Tausende von Hessen, Bayern, Badenern und Württembergern gefangengehalten wurden? An das Internierungslager Darmstadt, das größte in der amerikanischen Besatzungszone, erinnert heute nichts mehr. Da gibt es lediglich noch ein als Gartengeräteschuppen genutztes altes Blockhaus, das optisch nicht recht zu 60


den hohen Zweckbauten ringsherum passen will. Vor 50 Jahren war es das Dienstgebäude der Lagerpolizei. Die Amerikaner richteten im Frühjahr 1945 auf dem Gelände der ehemaligen Dragonerkaserne an der Rheinstraße ein Kriegsgefangenenlager ein. Nach Auflösung mehrerer kleinerer Lager in der US-Zone wurden alle hessischen Inhaftierten im Darmstädter Zentrallager untergebracht. Die Gefangenen aus anderen Regionen gaben die Amerikaner an die Briten und Franzosen ab. Die Höchstbelegung des Darmstädter Lagers war am 14. Mai 1946 erreicht: 24.520 Männer und Frauen zwischen 17 und 77 Jahren mit "brauner Vergangenheit" warteten auf den Entscheid der zehn lagereigenen Spruchkammern wochen-, monatelang, manche sogar über ein Jahr. Sie waren Mitglieder der Waffen-SS, der allgemeinen SS, der Gestapo, der SA oder der →NSDAP gewesen oder galten als "Mitläufer" des NS-Regimes. Leugnen half nichts. Da die Amerikaner im Juni 1945 die örtliche Kartei der Nazipartei entdeckt hatten, konnten sie jeden, der seine Mitgliedschaft abstreiten wollte, der Lüge überführen. In 9.913 Entnazifizierungsverhandlungen werden 1.517 Nazis als "belastet" eingestuft, 179 als "Hauptschuldige". Am 6. Oktober 1948 endet das Verfahren; fast alle Nazis kehren in ihre Berufe zurück. Auch Himmlers Stabschef Karl Wolff und Hans Stark, Kinderschlächter von Auschwitz leben lange unbehelligt in Darmstadt. Über die Naziverbrechen wurde im Lager kaum gesprochen: Zu 90 Prozent hätten sich die Gespräche um Gesundheit und Ernährung gedreht, heißt es in einem Zeitzeugenbericht. Nur in wenigen (von den Amerikanern zensierten) Briefen ist von Reue die Rede. Ab 1. November 1946 übernahm das "Hessische Ministerium für Wiederaufbau und politische Befreiung" das Darmstädter Internierungs- und Arbeitslager von den Amerikanern. Diese behielten nur noch einen kleinen Teil, in dem hochrangige Nationalsozialisten gefangengehalten wurden, unter ihrer Kontrolle - das "Lager im Lager". Wer von der Spruchkammer zu Arbeitsbußen verurteilt wurde, mußte in dieser inneren Zone auf den Abtransport ins Arbeitslager Kassel-Wehlheide warten. 1948 wurde das Zelt- und Barackenlager aufgelöst. Q: [24], [46]

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Ernst-Ludwig-Kaserne Die heute elf Hektar große Kaserne an der Eschollbrücker Straße wurde 1938 für die Wehrmacht erbaut. Sie diente als Unterkunft eines Infanteriebataillons und war nach dem Großherzog Ernst Ludwig benannt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Kaserne von der →US-Army übernommen und flächenmäßig vergrößert. Die USArmy stationierte hier das 94. Engineer Battailon. Die Kaserne wurde 1996 von der US-Army verlassen, 60 Prozent des Geländes wurden an die Bundesrepublik zurückgegeben. Von dem Gebiet, das weiterhin der US-Army gehört, wird lediglich das Theater (Performing Arts Center, etwa 500 Sitzplätze) weiterhin von den Amerikanern für Veranstaltungen genutzt. Der US-Army gehört außerdem eine ca. 6 ha große asphaltierte Fläche (ehemaliger Wartungsplatz für Militärfahrzeuge), die direkt an die Heimstättensiedlung angrenzt. Um sie gibt es Streit mit der Stadt Darmstadt, die die Fläche gerne für Wohnungsbau nutzen würde. Ein weiteres Problem nach Rückgabe des Kasernengeländes sind die zu erwartenden Altlasten im Erdreich, schließlich stand hier fünfzig Jahre lang schweres Militärgerät. Q: [22], [26], [27], [31]

Ersatzbataillon 43 Im sog. Verteidigungsfall werden Reservisten der →Bundeswehr aus dem Großraum Darmstadt zu Truppenteilen zusammengezogen, die die regionale Verteidigung übernehmen sollen. Einer dieser Truppenteile ist das Ersatzbataillon 43, das in Friedenszeiten nicht aktiv ist. Es untersteht dem →Verteidigungsbezirkskommando 43 und hat eine Stärke von etwa 1.000 Mann. Q: [146]

ESOC Die ESOC (European Space Operations Centre) in Darmstadt ist Teil der europäischen Weltraumbehörde ESA (European Space Agency) mit Hauptsitz in Paris. Weitere Niederlassungen der Europäischen Weltraumforschungsorganisation sind in Köln, Frascati (Italien) und Nordwijk (Niederlande). Die ESA hat vierzehn Mitgliedsstaaten: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Schweden, Schweiz und Spanien. Kanada 62


nimmt im Rahmen eines Kooperationsabkommens an verschiedenen Projekten teil. Die ESA plant europäische Weltraumforschung, Erdbeobachtung, Satellitenkommunikation, Entwicklung von Orbitalstationen und plattformen, Bodeninfrastrukturen und Raumtransportsystemen sowie die Grundlagenforschung bei Mikrogravitation. Das Europäische Satellitenkontrollzentrum ESOC in Darmstadt ist für die Steuerung und Überwachung von Raumfahrzeugen ab dem Start bis zum Ende ihrer Einsatzdauer zuständig. Die von den Satelliten gesendeten Telemetriesignale werden von einem weltweiten Netz aus neun Bodenstationen empfangen und zu den Kontrollräumen im ESOC geleitet, von wo aus auf dem gleichen Wege die Steuerkommandos erteilt werden. Laut Satzung dürfen die Projekte der ESA nur friedlichen Zwecken dienen. Daß Mißbrauch durch militärische Nutzung betrieben wird, ist den Autoren nicht bekannt geworden. Im Oktober 1997 startete von Cape Canaveral in Florida eine Rakete mit zwei Orbitersatelliten (Cassini und Huygens), die den Saturn erforschen sollen. Die Datenauswertung erfolgt durch die ESOC in Darmstadt. Um die Daten zur Erde zu funken, wird Strom mit drei Reaktoren (RTG, Radioisotope Thermal Generator) erzeugt, die mit 32,8 kg Plutonium-238 bestückt sind. Wäre beim Start die Trägerrakete verunglückt, hätte die Freisetzung von Plutonium zum Tod unzähliger Menschen geführt. Zunächst flog die Rakete zur Venus und kehrte 1999 zur Erde zurück, um in einer dichten Schleife nur 500 km über der Erdoberfläche mit 68.000 km pro Stunde vorbei zu rasen. So sollte die Mission genug Schwung für ihren Flug zum Saturn erhalten. Ein winziger Fehler bei einer Zündung des Lenksystems hätte zum Wiedereintritt in die Erdatmosphäre führen können. Wie ein Komet wäre Cassini über der Erde erglüht und das extrem giftige Plutonium-238 wäre im Lauf der folgenden Jahrzehnte auf die Erde niedergegangen. Q: [47], [59]

Euler, August (gestorben 1957) Am 14. Dezember 1908 sandte der Unternehmer und Luftfahrtpionier August Euler einen Brief an das Königliche Generalkommando des 18. Armeekorps, Fankfurt/Main, Untermainkai 19, in dem er den Militärs seine Zusammenarbeit anbot. Euler hatte von der Firma Voisin frères in (Boulogne-)Bilancourt bei Paris eine Flugzeugbaulizenz erworben, die ihm die alleinige Verwertung aller 63


technischen Patente für die kommenden fünf Jahre in Deutschland sicherte. Als Geschäftsmann mußte er sich diesen Vorsprung nutzen, um durch eine eigene Serienproduktion eine ganz neue Art von Qualität des Flugzeugbaus zu erreichen. Eine über Einzelexemplare hinausgehende Produktion würde zum einen zu einer schnelleren Entwicklung der deutschen Luftfahrt führen und darüber hinaus für ihn zu ungeahnten Gewinnen. Er bat deshalb um die kostenlose Zurverfügungstellung des Darmstädter Truppenübungsplatzes, um dort Flugversuche durchführen zu können und eine Fabrikations- und Montagehalle auf einer Fläche von 100 m Länge und 40 m Breite errichten zu können. Für Euler war eine gewisse Abschirmung vor der Öffentlichkeit und potentieller geschäftlicher Konkurenz äußerst wichtig. Dem Militär konnte dieser Wunsch nach Verschwiegenheit nur recht sein. Als Gegenleistung für den von ihm unterbreiteten Vorschlag bot er die Miteinbeziehung in alle flugtechnischen Unternehmungen an. Dies beinhaltete vor allem technisches Know-how, Versuchsapparaturen, die er zur Verfügung stellte und die Lieferung von Flugzeugen. Die Lieferzeit schätzte er aufgrund von Erfahrungen französischer Flugzeugbauer auf sechs bis sieben Wochen ein. Somit profitierte das Militär vom Flugzeugbau Eulers und hatte eine unmittelbare Einflußmöglichkeit auf weitere Entwicklungen. Aus diesem Kontext heraus wird es auch verständlich, daß den Wünschen Eulers weitgehend entsprochen wurde: Er mußte lediglich eine symbolische Nutzungsgebühr von jährlich einer Reichsmark entrichten. Euler war am 31.12.1909 der erste Deutsche, der die Internationale Flugzeugführerlizenz erwarb und sich damit die Grundlage schuf, auf dem →Griesheimer Sand einen Flugplatz, eine (→August-Euler-Flugplatz) Flugzeugfabrik und eine Pilotenschule zu errichten - die jeweils ersten ihrer Art in Deutschland. In diesen Jahren wurden die Weichen für die Luftfahrt im allgemeinen und für deutsche und deren militärische Verwendung im speziellen gestellt. 1911 zog Euler auf das Rebstockgelände nach Frankfurt um, das sich in seinem Eigentum befand. Über die Motivation lassen sich nur Spekulationen anstellen: Es ist anzunehmen, daß dies zum einen gewinnbringenAus der Patentschrift Eulers von 1912 der war und zum anderen 64


sich Euler den zunehmenden Einflußnahmemöglichkeiten des Militärs entziehen wollte. 1912 erhielt Euler das Patent für ein Flugzeug mit festinstalliertem Maschinengewehr, mit dem durch den Propeller geschossen wurde. Dies ermöglichte dessen Einsatz allein durch Steuerung des Piloten. Das bedeutete, daß die bisherige Aufteilung von einem Piloten und einem Bordschützen entfiel. Dieser "freigesetzte" Soldat konnte dadurch anderweitig militärisch eingesetzt werden, und der Verlust an Soldaten war bei einem Abschuß um 50 Prozent niedriger. Mit Beginn des Ersten Weltkrieges bestand die Palette der Eulerschen Flugzeugproduktion aus mittlerweile 21 verschiedenen Flugzeugtypen, die den menschenverachtenden Mechanismen des Krieges angepaßt worden waren. Traurige Berühmtheit erhielt Eulers oben genannte Erfindung allerdings erst durch den sogenannten "Roten Baron" Manfred Freiherr von Richthofen, der als "erfolgreichster" Kriegspilot des Ersten Weltkrieges galt. Im April 1918 wurde auch er mit seiner Maschine abgeschossen und starb. (→Mozartturm) Q: [140]

Euthanasie Das Wort Euthanasie - aus dem Griechischen - bedeutet Sterbehilfe. Gemeint ist die Erleichterung des Endes eines mit Sicherheit und auf qualvolle Weise verlöschenden Menschenlebens. Eine gefährliche Verfälschung erfuhr der Begriff im Zusammenhang mit dem sogenannten Sozialdarwinismus und der um die Jahrhundertwende aufkommenden Eugenik, bzw. Rassenlehre. 1920 veröffentlichten die bekannten wissenschaftlichen Autoren Karl Binding und Alfred Hoche ihr Buch "Die Freigabe der Vernichtung unwerten Lebens". Darin wurden die menschenverachtenden Standarddefinitionen, wie sie später im nationalsozialistischen Gedankengut gebraucht wurden, wie z.B "Ballastexistenzen, Nebenmenschen, Defektmenschen, geistig Tote, leere Menschenhülsen" vorweggenommen. Hitler knüpfte in "Mein Kampf" an diese Gedanken an. In der zweiten Jahreshälfte 1938 gingen in der "Kanzlei des Führers" zunehmend Bittschriften von Eltern ein, die für ihre Kinder den Gnadentod erbaten. Bei der "Kanzlei des Führers" wurde eine Tarnorganisation gebildet. Durch Runderlaß des Reichsministers des Innern vom 18.August 1939 mußten mißgebildete Kinder gemeldet werden. Sie wurden dann nach einer formellen Begutachtung in sogenannte Kinderfachabteilungen gebracht und dort durch Gift oder durch Verhungernlassen getötet. Im Oktober 1939 unter65


schrieb Hitler eine Tötungsermächtigung, deren Text auf privatem Briefpapier seiner Kanzlei niedergelegt und auf den 1. September rückdatiert war. Dieser Text - in dem von Gewährung des Gnadentodes die Rede ist verschleierte von Anfang an, daß es nicht um Gnadentod, sondern um die "Ausmerzung" der arbeitsunfähigen und lästigen Kranken ging. In der Folgezeit wurden Mitarbeiter für die "Euthanasie"-Organisation, die später nach dem Sitz der Zentrale in Berlin, Tiergartenstraße 4, die Tarnbezeichnung "Aktion T4" erhielt, angeworben, wobei kein Zwang ausgeübt wurde, die Angeworbenen jedoch zur Geheimhaltung verpflichtet wurden. An die einzelnen Heilanstalten wurden Meldebogen verteilt. Als durchsickerte, um was es sich handelte, weigerten sich viele Anstalten, diese auszufüllen oder klassifizierten fast alle Kranken als arbeitsfähig. Der Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen, geißelte am 3. August 1941 in einer Predigt den staatlichen Krankenmord. Die systematische Ermordung von erwachsenen Geisteskranken durch Gas wurde daraufhin eingestellt. Nicht eingestellt wurde die Aussonderung und Vergasung der kranken KZ-Häftlinge im Rahmen der sogenannten "Aktion 14 f 13" und die Kinder-"Euthanasie", die ca. 5.000 Opfer forderte. Krankenmord ging danach in versteckter Form - durch Vergiften und Verhungernlassen - in bestimmten Heil- und Pflegeanstalten weiter. Nach Schätzungen dürften in den beiden Phasen der Aktion etwa 120.000 Kranke getötet worden sein. Die deutsche Medizin benutzte die Leichen der Opfer zu Forschungszwekken. Mehr als die Hälfte der medizinischen Institute arbeitete mit der RAG (Reichsarbeitsgemeinschaft Heil- und Pflegeanstalten) zusammen, die als Tarnorganisation in die systematischen Morde im Rahmen der "Aktion T4" einbezogen war. Bis in neuere Zeit wurden entsprechende Präparatsammlungen, so z.B. im Max-Planck-Institut in Frankfurt am Main, benutzt. Nach dem Krieg wurden nur wenige Beteiligte der "Aktion T4" von deutschen Gerichten verurteilt. Viele Akteure machten wieder Karriere. Auch Bewohner der von der Inneren Mission betriebenen "NiederRamstädter-Anstalten" (→Nieder-Ramstädter Heime) wurden Opfer der Euthanasie, nachdem man sie zuvor ab 1938 in staatliche Heil- und Pflegeanstalten verlegt hatte. Q: [9]

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Fachschule des Heeres für Erziehung und Wirtschaft Die Fachschule des Heeres für Erziehung und Wirtschaft in Darmstadt ist eine zivilberuflich qualifizierende Bildungseinrichtung, an der längerdienende Unteroffiziere mit Portepee (Unteroffiziere mit dem Dienstgrad Feldwebel und höher) zu "Staatlich geprüften Betriebswirten" (seit 1977) und "Staatlich anerkannten Erziehern" (seit 1981) ausgebildet werden. Ziel dieser Bildungsmaßnahme ist es, besonders "leistungsfähigen" Unteroffizieren neben ihrer militärischen Ausbildung auch eine zivilberuflich anerkannte Qualifikation zu vermitteln und sie damit auf die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes, aber auch für herausgehobene Verwendungen in der Laufbahn der Unteroffiziere vorzubereiten. Die Ausbildung zum "Staatlich anerkannten Erzieher" dauert drei Jahre. Darin enthalten ist ein einjähriges Praktikum, welches in sozialen zivilen (!) Einrichtungen wie Kindergärten, Erziehungsheimen, Behinderteneinrichtungen usw. abzuleisten ist. Die Ausbildung zum "Staatlich geprüften Betriebswirt" dauert zwei Jahre. In beiden Ausbildungszweigen kann die mittlere Reife bzw. Fachhochschulreife durch Zusatzprogramme erworben werden. Die Schule führt außerdem Lehrgänge über "Menschenführung und Methodik" und "Grundlagen der Elektronik" (von 1980 bis 1992) durch. Die Ausbildung an der Fachschule des Heeres für Erziehung und Wirtschaft unterliegt in fachlicher Hinsicht den Richtlinien des Hessischen Kultusministeriums. Dies soll nicht nur die Übereinstimmung mit zivilen Fachschulen, die den gleichen Abschluß vermitteln, gewährleisten, sondern es den Soldaten, die die Bundeswehr verlassen, auch erlauben, sich dem zivilen Arbeitsmarkt anzubieten. Die mehr als 400 Lehrgangsteilnehmer wohnen in zwei Kasernen, auf die die Schule aufgeteilt ist: Seit Januar 1994 befindet sich der überwiegende Teil der beiden Fachschulen sowie der Schulkommandeur und der Schulstab in der →Frankenstein-Kaserne in Darmstadt-Eberstadt (Gemarkung Pfungstadt), während in der Darmstädter →Starkenburg-Kaserne die Schulleitung der Fachschule für Wirtschaft und deren III. Inspektion sowie das Fachmedienzentrum der Schule mit Bibliothek, Zeichenstelle, Druckerei, Fotolabor und Unterrichtsmitschauanlage untergebracht sind. Darüber hinaus sind spezielle Ausbildungsräume für Kunst- und Werkerziehung, für Musik-, Chemie- und Physikunterricht sowie zwei modern ausgestattete Computerhörsäle vorhanden. Die Fachschule des Heeres für Erziehung und Wirtschaft ist die Nachfolgerin der Fachhochschule des Heeres Darmstadt, die von 1960 bis 1980 bestand. Sie verfügt über ein Stammpersonal von 37 Offizieren, 32 Unterof67


fizieren und 83 Zivilbeschäftigten (Stand 1985). Neuere Quellen sprechen von 76 Soldaten und 43 Zivilbeschäftigten. Als 1981 unmittelbar nach Eröffnung der Ausbildungsrichtung "Erziehung" bekannt wurde, daß die →Bundeswehr sich in sozialen Einrichtungen der Darmstädter Region um Praktikanten-Plätze bemüht, entstand in kurzer Zeit ein breites Bündnis - von der Gewerkschaft ÖTV über Jugendgruppen und Kindergärten bis zur →DFG-VK - das sich aus pädagogischen und gesellschaftspolitischen Gründen gegen "Erzieher in Uniform" wandte. Bis heute gibt es in dieser Frage Konflikte. Die Fachschule des Heeres soll 2001 aufgelöst werden. Q: [40], [45], [62], [72], [145], [146]

Falck, Hermann Am 16. Januar 1943 wurde in Berlin der junge Darmstädter Soldat Hermann Falck aufgrund pazifistischer Einträge in seinem Tagebuch wegen "Wehrkraftzersetzung" zum Tode verurteilt und am 9. April im Zuchthaus Tegel hingerichtet. Q: [74]

Feuerwehr Die Stadt Darmstadt verfügt seit 1895 über eine Berufsfeuerwehr. Aus Anlaß ihres hundertjährigen Bestehens gab sie in einer fast hundertseitigen Broschüre "einen kleinen Einblick" in ihre Arbeit. Im Vorwort werden Feuerwehren als Einrichtungen bezeichnet, "die über alle Grenzen und Ideologien hinweg nur ein Ziel haben: Hilfe zu bringen". Dieser selbstformulierte Anspruch klingt selbstlos und führt zu der Frage, wie die Feuerwehr ihre Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus - jenseits von Ideologien - definiert, darstellt und kommentiert oder gar versucht aufzuarbeiten. Erinnern wir uns: Am 9. und 10. November 1938 brannten im Reich die →Synagogen - eine von den Nazis organisierte Brandstiftung. Die Feuerwehren standen in aller Regel bereit, um das Ausbreiten des Feuers auf benachbarte Gebäude zu verhindern. Dem Brand der Synagogen selbst hat sie tatenlos zugesehen. Auch in Darmstadt haben Synagogen gebrannt. In der Darstellung der Geschichte der Berufsfeuerwehr Darmstadt fehlt dieser Komplex völlig. Auch über die Rolle der Feuerwehr in der Nazizeit gibt es 68


keine Aussagen. Stattdessen geht es um Dinge wie z.B. das "preußische Feuerschutzgesetz vom 15. Dezember 1933", das "Reichsgesetz über das Feuerlöschwesen vom 23. November 1938", um die neue Brandmeldeanlage von 1934, um die Anschaffung einer neuen Drehleiter 1937 und weitere "unverzichtbare" Informationen. Die Vorworte des Oberbürgermeisters, des zuständigen Stadtrates, des Amtsleiters und des Stadtbrandinspektors bewegen sich auf gewohntem und üblichem Niveau. Und um es nicht zu vergessen: Feuerwehren bringen Hilfe über alle Grenzen und Ideologien! Q: [156]

Fillsack, Hans Otto (12.1.1906 – 27.8.1980) arbeitete als Rundschleifer in der Maschinenfabrik →Goebel und war Mitglied der KPD. Zusammen mit Georg →Fröba versuchte er den →kommunistischen Widerstand gegen das Nazi-Regime aufrechtzuhalten. Er gründete an seinem Arbeitsplatz eine Betriebsgruppe mit etwa 15 Mitgliedern, über deren Arbeit er folgendes berichtet: "Unsere Arbeit bestand darin, Geld zu sammeln. Dies geschah meistens am Zahltag. Im Schnitt wurden 30 bis 35 Mark gesammelt. Mit diesem Geld wurden einerseits andere Gruppen unterstützt und andererseits illegal lebende Verfolgte des Nazi-Regimes, die keine Papiere besaßen und von denen es eine größere Anzahl gab. Weiterhin hatten wir mit jemandem Kontakt aufnehmen können, der in einer Druckerei arbeitete und uns Lebensmittelkarten für illegal Lebende druckte." Die illegale Betätigung ging jedoch weit über die materielle Solidarität hinaus. Wichtig waren auch die Diskussionen über die tagespolitischen Ereignisse sowie vor allen Dingen die Drosselung der Produktion kriegswichtiger Güter. Weiterhin versuchte man, die bei der Firma Goebel ab Oktober 1941 eingesetzten Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter zu unterstützen. Fillsack hatte aber auch die Aufgabe, Kontakte zu anderen Gruppen herzustellen. Regelmäßige Treffen gab es mit Gewerkschaftern und Sozialdemokraten. Im Februar 1943 gelang es der Gestapo mit Hilfe eines Spitzels führende KPD-Funktionäre, unter anderen auch Georg Fröba und Hans Otto Fillsack, zu verhaften. Sie wurden ins →Landgerichtsgefängnis Rundeturmstraße gebracht, wo man versuchte, mittels zahlreicher Vernehmungen und damit verbundener Mißhandlungen, detaillierte Informationen über die 69


Organisationsstruktur des kommunistischen Widerstands zu erlangen. Im Mai 1944 wurde dann Anklage erhoben. Neben Fröba und Fillsack waren noch der Kraftwagenelektromeister Karl Michael Heß, der Maschinenschlosser Michael Weis und der Maurer Konrad Weigel betroffen. Am 6. September 1944 fand die Verhandlung vor dem 2. Senat des Volksgerichtshofes statt, in dessen Verlauf Fröba zum Tode, Fillsack und Weigel zu acht Jahren, Weis zu sechs Jahren und Heß zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt wurden. Die zu Zuchthaus Verurteilten wurden in die Haftanstalt Butzbach gebracht und dort am 10. Mai 1945 von den amerikanischen Besatzungstruppen befreit. →Kommunistischer Widerstand Q: [130]

Frankenstein-Kaserne Sie ist eine von zwei Kasernen der →Bundeswehr in Darmstadt und liegt an der Neuen Bergstraße 102 auf einem 60 Hektar großen Areal. Die Kaserne liegt eigentlich in der Gemarkung Pfungstadt, sie wird hier aber trotzdem aufgeführt, da sie unmittelbar an die Gemeindegrenze zu Darmstadt anschließt. In der Frankenstein-Kaserne waren vor einigen Jahren 1.300 Soldaten stationiert. Wegen der allgemeinpolitischen Lage dürfte die aktuelle Stärke aber weitaus geringer sein. Folgende Dienststellen sind in der Frankenstein-Kaserne untergebracht: →Fachschule des Heeres für Erziehung und Wirtschaft (Kommandeur/ Stab) Fachschule des Heeres für Erziehung (Die Fachschule des Heeres für Wirtschaft liegt in der →Starkenburg-Kaserne) →Gerätehauptdepot Darmstadt Bezirksverwaltung III Sanitätsbereich 43/2 und Zahnarztgruppe Standortfernmeldeanlage 415/422 Q: [48], [62]

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Lageplan der Frankenstein-Kaserne 71


Friedensnobelpreisträger Hier soll darauf aufmerksam gemacht werden, daß in Darmstadt durch die Benennung von Straßen und Plätzen Menschen geehrt werden, die den Friedensnobelpreis erhielten: Albert Schweitzer (Frankreich, 1875 - 1965) Friedensnobelpreis 1952. Seit 1968 erinnert die Albert-Schweitzer-Anlage, die parallel zur Hindenburgstraße zwischen Rheinstraße und Holzhofallee verläuft, an den Arzt und Theologen. Bertha von Suttner (Österreich, 1843 - 1914) Friedensnobelpreis 1905. →Bertha-von-Suttner-Anlage Fridtjof Nansen (Norwegen, 1861 - 1930) Friedensnobelpreis 1922. 1956 wurde in der Waldkolonie nach dem Zoologen, Meereskundler, Polarforscher, Staatsmann und Menschenrechtler die Nansenstraße benannt. Gustav Stresemann (Deutschland, 1878 - 1929) Friedensnobelpreis 1926. In Eberstadt wurde die Stresemannstraße nach dem Außenminister und Reichskanzler der Weimarer Republik von 1923 benannt. Martin-Luther King (USA, 1929 - 1968) Friedensnobelpreis 1964. Der Martin-Luther-King-Ring wurde 1989 nach dem Bürgerrechtler und Baptistenpfarrer benannt. Willy Brandt (Deutschland, 1913 - 1992) Friedensnobelpreis 1971. →Willy-Brandt-Platz Q: [12], [135]

Friedensplatz Der Name, den der Platz am Beginn der Rheinstraße vor dem Darmstädter Schloß 1958 erhielt, soll an die Erhaltung des Friedens unter den Völkern und den Verzicht auf Gewalt erinnern. Daß der Platz seinem Namen nicht gerecht wird, zeigt sich an zwei Denkmälern, die sich auf dem Platz befinden: In einer Nische vor der nördlichen Schloßmauer steht das Leibgardistendenkmal (→Denkmäler) zur Erinnerung an die Gefallenen und Vermißten des Infanterie-Regimentes 115. Im südlichen Bereich des Friedensplatzes steht das Reiterdenkmal Großherzog Ludwigs IV, von Fritz Schaper 1898 erbaut. Es zeigt den Fürsten als Kommandeur der hessischen Division im Krieg gegen Frankreich 1870-71. 72


Der Friedensplatz hieß bis zu seiner Umbenennung Paradeplatz. Q: [115], [135]

Friedhöfe Hier soll auf Gedenkstätten und ausgewählte Gräber auf Darmstädter Friedhöfen hingewiesen werden:

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Waldfriedhof (→Denkmäler) - Ruhestätte von 669 Soldaten aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg - Die Gedenkstätte und das Massengrab Friedensplatz mit Reitermit ca. 12.000 Opfern der →Brandnacht denkmal - Ruhestätte von ca. 240 französischen Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg Ruhestätte von ca. 1.700 russischen Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg Denkmäler und Ruhestätte für eine unbekannte Anzahl von französischen und russischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern (→Lager, →Zwangsarbeit) Vertriebenendenkmal Das Ehrenmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege Der Gedenkstein für Theodor →Haubach Ein Gedenkstein für Wilhelm →Leuschner, Theodor →Haubach, Ludwig →Schwamb und und Carlo →Mierendorff, dessen Grab sich auch dort befindet. Das Grab von Julius →Reiber

Alter Darmstädter Friedhof (→Denkmäler) Denkmäler für getötete Soldaten im Krieg 1870/71 für eine unbekannte Anzahl deutscher Soldaten und 60 französischer Soldaten Das Grab von Georg →Fröba Das Grab von Ernst Ludwig Bernhard Kattrein (→Kattreinstraße) Das Grab von Wilhelm von Ploennies (→Ploenniesstraße) Bessunger Friedhof (→Denkmäler) Das Grab von Heinrich →Delp 73


Arheilger Friedhof (→Denkmäler) Das Ehrenmal für die Gefallenen aus der Gemeinde Arheilgen 1914 1918 Eberstädter Friedhof (→Denkmäler) Das Ehrenmal für die Gefallenen aus der Gemeinde Eberstadt 1914 1918 Q: [76]

Fröba, Georg (27.11.1896 Bayreuth - 27.10.1944 Frankfurt/MainPreungesheim) Fröba erlernte das Schneiderhandwerk und fand sehr frühzeitig über die USPD zur KPD. Er leitete ab 1924 den KPD-Unterbezirk Darmstadt und zog 1927 als einziges KPD-Mitglied in das Darmstädter Stadtparlament ein, dem er bis 1933 angehörte. Zusätzlich war er Ortsvorsitzender des Deutschen Bekleidungsarbeiterverbandes. Bereits 1933 wurde Fröba verhaftet und im KZ →Osthofen und anschließend in der Vollzugsanstalt Hameln inhaftiert. Nach der Haftentlassung baute er in Darmstadt Widerstandszirkel auf. 1943 wird er erneut verhaftet und vom Volksgerichtshof am 6. September 1944 wegen Hochverrats und Feindbegünstigung zum Tode verurteilt und hingerichtet. Am 13. September 1947 wurden seine sterblichen Überreste überführt und auf dem →Alten Darmstädter Friedhof beigesetzt. Die Mitangeklagten Hans →Fillsack und Georg Fröba Georg Weigel wurden zu acht Jahren, Michael Weis zu sechs Jahren und Karl Michael Heß zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. An Georg Fröba erinnert seit 1988 eine kleine Straße in der Heimstättensiedlung, deren Straßenschild erst im Mai 1993 74


mit dem Zusatz "Georg Fröba, 1896 - 1944, Widerstandskämpfer" versehen wurde. →Georg-Fröba-Anlage Q: [23], [67], [157]

Gardistenstraße Die Straße ist nach den Soldaten der Garde, den Gardisten, benannt. Sie haben früher dort gewohnt. Die Gardistenstraße gehörte zu der Vorstadt, die Landgraf Ludwig IX (1719 - 1790) für "Ackerleute und Soldaten" außerhalb der Stadtmauer anlegen ließ (Pankratiusvorstadt). Q: [135]

Gefängnisse →Biergarten Dieburgerstraße →Landgerichtsgefängnis Rundeturmstraße →Gefängnis Riedeselstraße

Gefängnis Riedeselstraße Im Sommer 1933 wurde das ehemalige Militärgefängnis in der Riedeselstraße in ein dem Hessischen Staatspolizeiamt unterstelltes Schutzhaftgefängnis mit SS-Bewachung umgewandelt. Nach ihrer Verhaftung wurden NS-Gegner zunächst dorthin gebracht und unter Drohungen und Gewaltanwendungen bis zu zwei Wochen festgehalten und verhört. Erst danach wurden sie einem Untersuchungsrichter vorgeführt und in das →Landgerichtsgefängnis Rundeturmstraße gebracht. Ende 1939 wurde das Gefängnis aufgelöst und der Staatspolizeistelle der Nordflügel des Landgerichtsgefängnisses Rundeturmstraße zur Verfügung gestellt. 1981 wurde das alte Gebäude in der Riedeselstraße abgerissen. An dem an dieser Stelle neugebauten Studentenwohnheim erinnert eine Gedenktafel (→Denkmäler) an das ehemalige Gefängnis und seine Opfer. Q: [130]

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Georg-Fröba-Anlage Zu Ehren von Georg →Fröba wurde nach dem Krieg der Park zwischen Odenwaldbahn und Spessartring in Georg-FröbaAnlage umbenannt. Sie war bis 1933 nach Walther Rathenau benannt und hieß bis 1945 "Horst-Wessel-Anlage". Bereits 1961 veranlaßte die Stadt Darmstadt eine Namensänderung. Fortan sollte hier nicht mehr an den antifaschistischen Widerstandskämpfer erinnert werden, denn nach Auffassung des damaligen Oberbürgermeisters Ludwig Engel (SPD) sei Fröba ja Kommunist gewesen, und diese wollten die Nazidiktatur nur durch ihre eigene Parteidiktatur ersetzen. Die Anlage heißt seitdem →AugustBuxbaum-Anlage. Q: [23], [67]

Gerätehauptdepot Darmstadt Das Gerätehauptdepot Darmstadt ist eine ortsfeste logistische Einrichtung des Heeres, die als Zentraldepot die gesamte →Bundeswehr mit Gütern und Dienstleistungen versorgt. Sie ist heute eine der drei großen Materialumschlagplätze der Bundeswehr in Deutschland. Das Gerätehauptdepot wurde 1959 errichtet und befindet sich seit 1961 auf dem Gelände der früheren →Heeresmunitionsanstalt Eberstadt (heute →Frankenstein-Kaserne) an der Neuen Bergstraße 102. Zum Auftrag des Gerätehauptdepots gehört es, alle Teilstreitkräfte mit Material aller Art, das die Truppenteile für ihre Einsatzbereitschaft benötigen (dazu zählen Kleinteile wie Unterlegscheiben bis hin zu Leopard-Kampfpanzern), zu versorgen und zurückgeliefertes Material instandzusetzen. Sowie einen entsprechenden Vorrat zu lagern. In dem Depot werden 85.000 militärisch genutzte Artikel im Wert von drei Milliarden Mark ständig vorrätig gehalten. Unter den oben genannten Aufgabenbereich fällt auch das Bereitstellen, Instandsetzen, Vorbereiten und Zusammenführen von Fahrzeugen, Material und Gerät für die UN oder im Rahmen "humanitärer Hilfen". Bei Militärhilfeabkommen wird via Darmstadt ausgemustertes Gerät an NATO-Partner wie Griechenland und Indonesien geliefert. Truppendienstlich ist das Gerätehauptdepot Darmstadt dem II. Korps der Logistikbrigade 2 in Germersheim unterstellt, von dem es auch seine Aufträge erhält. Im Gerätehauptdepot arbeiten 360 Zivilangestellte und 20 Soldaten. Q: [72], [146]

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Gerhart-Hauptmann-Straße Die Straße in Arheilgen wurde 1952/53 nach dem Dichter Gerhart Hauptmann (1862 - 1945) benannt. Er schrieb 1889 in "Vor Sonnenaufgang": "Es ist verkehrt, den Mord im Frieden zu bestrafen und den Mord im Kriege zu belohnen. Es ist verkehrt, den Henker zu verachten und selbst, wie es die Soldaten tun, mit einem Menschenabschlachtungs-Instrument, wie es der Degen oder der Säbel ist, an der Seite stolz herumzulaufen. Den Henker, der das mit dem Beile täte, würde man zweifelsohne steinigen. Verkehrt ist es dann, die Religion Christi, diese Religion der Duldung, Vergebung und Liebe, als Staatsreligion zu haben und dabei ganze Völker zu vollendeten Menschenschlächtern heranzubilden ..." Q: [88]

Geschwister-Scholl-Weg Die Straße ist benannt nach den Mitgliedern der "Weißen Rose", Hans (1918 - 1943) und Sophie Scholl (1921 - 1943), die im Juni 1942 mit Flugblattaktionen ihre Mitbürger zum Kampf gegen den NS-Terror aufriefen. Sie wurden am 18. Februar 1943 nach einer Flugblattaktion in der Universität München vom Hausschlosser Schmied beobachtet, festgehalten und anschließend von der →Gestapo verhaftet. Beide wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet. Q: [10], [148]

Gestapo Bereits 1923 wurden bei den verschiedenen hessischen Polizeidirektionen sogenannte Nachrichten-Abteilungen eingerichtet, bei denen es sich um politische Kommissariate handelte. In Darmstadt wurde diese Abteilung während der Weimarer Republik zur Landeskriminalzentrale für Hessen weiterentwickelt und dem Hessischen Innenministerium unterstellt. 1930 wurde sie dann in das Landeskriminalpolizeiamt umgewandelt. Der Grundstein für die spätere Gestapo in Hessen wurde von dem am 6. März 1933 durch den NSDAP-Reichskommissar eingesetzten "Sonderkommissar für das hessische Polizeiwesen" Dr. Werner →Best gelegt. Er hatte mit dieser Ernennung Weisungsbefugnis für die gesamte Polizei und war in der Folgezeit einer der Hauptverantwortlichen für die Verhaftungen

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und Mißhandlungen von politischen Gegnern und Angehörigen der jüdischen Bevölkerung. Am 28. März 1933 schuf Best eine ihm direkt unterstellte Behörde. Die amtliche Bezeichnung lautete "Staatskommissar für das Polizeiwesen in Hessen (Zentralpolizeistelle)" und übernahm folgende, bisher in die Zuständigkeit des Landeskriminalpolizeiamtes fallende Aufgaben: 1. Bekämpfung staatsfeindlicher, insbesondere marxistischer Bestrebungen. 2. Bekämpfung landesverräterischer Bestrebungen jeder Art (Spionageabwehr, Werksspionageabwehr), ferner Bekämpfung der Werbung zur Fremdenlegion und polizeiliche Überwachung zurückgekehrter Fremdenlegionäre. 3. Nachrichtendienst über politische Vorgänge. 4. Überwachung der Ausländer, unbeschadet der Zuständigkeit der örtlichen Polizeibehörden. 5. Überwachung der in Hessen erscheinenden Presse in politischer Beziehung. 6. Auskunftserteilung über politische Zuverlässigkeit der Bewerber bei Einstellungen in die Reichswehr und Polizei. Somit war in Hessen, wenn auch nicht unter der Bezeichnung "Geheime Staatspolizei", als erstem Land des Deutschen Reiches die politische Polizei unter Führung der SS aus der allgemeinen Polizeiverwaltung ausgeklammert und die Grundlage für die spätere Gestapo geschaffen worden. Am 12. Juni 1933 erhielt die Zentralpolizeistelle auf Anordnung Bests die Bezeichnung "Hessisches Staatspolizeiamt Darmstadt". Im Sommer 1934 wurde das in der heutigen Wilhelm-Glässing-Straße befindliche Staatspolizeiamt aus der wirtschaftlichen Verwaltung der hessischen Polizei herausgenommen, erhielt einen eigenen Etat im Landeshaushalt und wurde im Frühjahr 1935 in "Geheimes Staatspolizeiamt Darmstadt" umbenannt. Im Juni 1936 faßte man die Gestapo-Ämter und die Kriminalpolizei zur Sicherheitspolizei zusammen. Das Geheime Staatspolizeiamt Darmstadt wurde in "Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle Darmstadt" umbenannt und bekam die Zuständigkeit für ganz Hessen und Weisungsbefugnis für die vier Außenstellen in Gießen, Offenbach, Mainz und Worms. Q: [130]

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Gewerkschaften Als in den Nachmittagsstunden des 30. Januar 1933 Reichspräsident von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannte, bedeutete dies das Ende eines historischen Abschnitts - der Versuch, nach dem Zusammenbruch der deutschen Monarchie als Folge des verlorenen Ersten Weltkrieges die "Weimarer Republik" als erste offizielle Staatsform mit demokratischen Elementen in Deutschland zu etablieren, war gescheitert. Nicht zuletzt durch die unheilvolle Allianz aus Faschisten, Monarchisten und den rechts-konservativen Kräften, wie u.a. die DVP (Deutsche Volkspartei) und das Zentrum, aus dessen "ideologischem Dunstkreis" sich in der Nachkriegsära die "bürgerlichen" Parteien etablieren sollten. Die grundlegenden Voraussetzungen aber, die diese politischen Kräfte erst zum Tragen kommen ließen, waren die finanzielle und personelle Unterstüzung durch wesentliche Teile der Industrie (z.B. durch die IG Farben, DaimlerBenz, Siemens u.a.); sie versprachen sich nach den die Wirtschaft in ihren Grundfesten erschütternden Jahren der Weltwirtschaftskrise in den 20er Jahren ein neues Erstarken deutscher Leistungsfähigkeit und weltpolitischer Dominanz, um alte und neue Märkte "erschließen" zu können. Dies galt im besonderen für die Großbanken - allen voran die "Deutsche Bank". Die Haltung der deutschen Faschisten zu den Gewerkschaften hatte Adolf Hitler schon 1930 in "Mein Kampf" unmißverständlich formuliert: "Wer in jener Zeit die marxistische Gewerkschaft zertrümmert hätte, um an Stelle dieser Institution ... der nationalsozialistischen Gewerkschaftsidee zum Siege zu verhelfen, der gehörte mit zu den ganz großen Männern unseres Volkes und seine Büste hätte dereinst in der Walhalla zu Regensburg der Nachwelt gewidmet werden müssen." Hitler wird seine damaligen Vorstellungen innerhalb der ersten 6 Monate seiner Amtsschaft als Reichskanzler selbst in die Tat umsetzen. Der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftbund ADGB (später: DGB) versuchte als direkte Reaktion auf die Vorgänge des 30. Januar 1933 (Ernennung Hitlers zum Reichskanzler) dergestalt Einfluß auf die Gewerkschaftsbasis zu nehmen, daß er die Überlegungen, sich gegen die "sozialreaktionäre Regierung" zur Wehr zu setzen, als "sachlich falsch" bezeichnete. Diese Einschätzung wurde damit begründet, daß dies der regierenden NSDAP den Vorwand zu einem Staatsstreich geben würde. Die SPD forderte in diesem Sinne ihre Mitglieder noch am gleichen Tag der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler auf, sich weiterhin auf den Boden der Verfassung (und der Gesetze) zu stellen. Die Kommunistische Partei und einzelne SPD-Mitglieder sahen hingegen in einem Generalstreik, wie damals 1920 beim Kapp-Putsch, die einzige Möglichkeit, die Republik zu retten. Die uneinheitliche Reaktion des linken oppositionellen Parteienspektrums war 79


in den Monaten nach der Machtergreifung hauptsächlich dadurch gekennzeichnet, daß SPD und KPD untereinander versuchten, sich auf Kosten des jeweils anderen zu profilieren und sich gegenseitig vorwarfen, durch ihr Verhalten (bzw. Nicht-Verhalten) ganz im Sinne der NSMachthaber zu handeln. Mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler war für die Gewerkschaften und die Sozialdemokratie nicht der ErnstEhemaliges Gewerkschaftshaus in der Bisfall eingetreten, wie sie marckstraße ihn so oft in pathetischen und kraftmeierischen Worten als die letzte noch zu schlagende Schlacht der Arbeiterschaft propagiert hatten. So wurde ein freiwilliger Anpassungsversuch an das neue Regime begonnen, der sich seitens der Gewerkschaften u.a. durch einen hemmungslosen Nationalismus auszeichnete, im Glauben, dadurch den Rechten das Wasser abgraben zu können. Die Folgen der NS-Regierung, die wie ein wucherndes Krebsgeschwür immer mehr gesellschaftliche und politische Bereiche für sich vereinahmen konnte, sollten die Darmstädter Gewerkschaften bereits in der Nacht vom 6. auf den 7. März 1933 zu spüren bekommen: Die SA brach in das Gewerkschaftshaus in der →Bismarckstraße 19 ein und plünderte, was sie an Wertvollem habhaft werden konnte. Dieser Umstand zwang die Gewerkschafter zum Umzug in die Gaststätte Glenz in der Kahlertstraße 41 (heutige Kneipe "41"). Dort wurden im ersten Stockwerk in zwei Zimmern Materialien untergebracht. Am 17. März 1933 erklärten sich die christlichen Gewerkschaften für "unpolitisch" und verhandelten mit Goebbels (NS-Propagandaminister) "über die Teilnahme ihrer Anhänger am neuen Staat". Am 21. März 1933 erklärte der Vorsitzende des ADGB, Leipart, die Bereitschaft, alle Verbindungen mit der 80


SPD zu lösen und mit den Unternehmern zusammenzuarbeiten und begrüßte die Erhebung des 1. Mai zum "Feiertag der nationalen Arbeit". Am 31. März 1933 erkannten die Gewerkschaften auf Reichsebene in einer Erklärung das Recht des Staates an (sprich: der NS-Regierung), "im Allgemeininteresse in die Austauschbeziehung zwischen Kapital und Arbeit einzugreifen". Die Dienstbarmachung der durch die Gewerkschaften geschaffenen Selbstverwaltungsorgane für den NS-Staat am 9. April war nur noch eine logische Konsequenz. Der Bundesvorstand des ADGB gab am gleichen Tag eine Erklärung ab, in dem sich die Gewerkschaften offiziell in den Dienst des NS-Staates stellte, da die "... eigene Bewegungsfreiheit ihre Grenzen finden muß an dem höheren Recht des (NS-)Staates als Repräsentanten der gesamten Volksgemeinschaft ...". Zu keinem Zeitpunkt hatten die deutschen Faschisten je einen Zweifel daran gelassen, die Gewerkschaften hätten unter ihnen eine Existenzberechtigung - jedenfalls nicht in der bisherigen Form und Aufgabe. All diejenigen, die an etwas anderes geglaubt hatten, wurden spätestens jetzt eines besseren belehrt. Joseph Goebbels notierte am 17. April 1933: "Den 1. Mai werden wir zu einer grandiosen Demonstration deutschen Volkswillens gestalten. Am 2. Mai werden dann die Gewerkschaftshäuser besetzt. Gleichschaltung auf diesem Gebiet. Es wird vielleicht ein paar Tage Krach geben, aber dann gehören sie uns." So sollte es dann auch kommen. In Folge der auf Reichsebene durchgeführten Besetzungsmaßnahmen der Gewerkschaftshäuser am 2. Mai wurden viele hessische Funktionäre im KZ →Osthofen (bei Worms) interniert. Von einer ausgesprochen gewerkschaftlich orientierten Widerstandstätigkeit gegen den Nationalsozialismus kann in Darmstadt nicht die Rede sein. Zwar arbeiteten verschiedene Darmstädter Gewerkschafter in der Illegalität, so unter anderem Albert →Mayer, doch wurde diesem eher aus sozialdemokratischer Tradition und Bindung entstandenen Widerstand durch die Massenverhaftungen Ende März 1936 ein Ende bereitet. Auch die Widerstandstätigkeit von Georg →Fröba, des langjährigen Vorsitzenden der Gewerkschaft der Bekleidungsarbeiter, Stadtverordneten und Unterbezirksvorsitzenden der KPD, stand nicht nur unter gewerkschaftlichem, sondern auch unter kommunistischem Vorzeichen. Nur die Jugendgruppen des →Zentralverbandes der Angestellten (ZdA) in Darmstadt und Frankfurt hatten sich frühzeitig auf die Illegalität vorbereitet. So wurden schon Ende 1932 Vorbereitungen auf die zu erwartende Arbeit im Untergrund getroffen: "Es wurden Fünfergruppen gebildet. In den einzelnen Gruppen wurde konkret geübt, wie man in einer Menschenmenge Flugblätter verteilt, ohne daß der Verteiler ausfindig gemacht werden kann. Weiter wurde geprobt, Verfolger abzuschütteln und auch das Verhalten bei einer eventu81


ellen Verhaftung." Fritz Wittersheim, ehemaliger Jugendleiter des ZdA in Darmstadt, berichtet über seine Arbeit: "Bei unseren Treffen innerhalb der illegalen ZdA-Jugendgruppe und auch bei den Schulungsabenden mit den Frankfurter Kollegen wurden weniger gewerkschaftspolitische als vielmehr Fragen allgemeinpolitischer Art diskutiert. Wir kamen aus den unterschiedlichsten politischen Richtungen und hatten eingesehen, daß die Machtergreifung der Nazis 1933 eigentlich nur aufgrund der Zersplitterung der Arbeiterklasse hatte zustande kommen können." Bereits im Oktober 1934 wurde die Widerstandsorganisation der ZdA-Jugendgruppe zerschlagen und ihr Mitglied Hans Riffel zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Q: [6], [17], [61], [78], [92], [101], [122], [130], [136], [138], [159]

Goebel, Maschinenfabrik Zwischen dem 27.10.1941 und dem 23.3.1945 waren bei der Firma Goebel insgesamt 129 Kriegsgefangene (55 Franzosen und 74 Russen) und 99 Zwangsarbeiter (10 Belgier, 14 Russen, 17 Jugoslawen, 4 Italiener, 10 Niederländer, 44 Franzosen) beschäftigt. Die Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter waren auf verschiedene Lager verteilt. Während die Kriegsgefangenen in einem Lager in Hetzbach bei Erbach im Odenwald untergebracht waren, wohnten die Zwangsarbeiter in Darmstadt. Die Lager befanden sich in der Obergasse 38 (ehemalige Altstadt) und der Mühlstraße 5. Die Zwangsarbeiter aus dem Lager in der Mühlstraße wurden später zum Marktplatz 5 und nach dem 11.9.1944 in die Otto-Wolfskehl-Straße (heutige Goebelstraße) verlegt. Da bei Goebel im Zweiten Weltkrieg die Produktion auf Rüstungsgüter umgestellt wurde, versuchte man mit dem Einsatz der Zwangsarbeiter den durch die Einberufung zum Militärdienst entstandenen Fachkräftemangel auszugleichen. Bei Goebel existierte aber auch eine sogenannte Betriebsgruppe um den Kommunisten Hans Otto →Fillsack. Diese Gruppe versuchte, durch heimliche Zuteilung von Essens- und Tabakrationen den Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen die Lage etwas zu erleichtern. Hauptaufgabe der Gruppe aber war die Drosselung der Rüstungsproduktion. Durch absichtliche Fehlbedienung der Maschinen zum Beispiel wurden zeitraubende Reparaturen verursacht. Außerdem sammelte man Geld, um andere Gruppen und Verfolgte des Naziregimes zu unterstützen.

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Von der Firma Goebel konnten die Autoren keine weiteren Informationen erhalten. Sie erklärte auf schriftliche Anfrage, keine Unterlagen aus dieser Zeit zu besitzen. →Zwangsarbeit →Widerstand Q: [130]

Göckel, Maschinenfabrik Zwischen Mai 1942 und Juli 1945 waren insgesamt 49 Zwangsarbeiter, 36 Männer und 13 Frauen, aus der Sowjetunion bei der Firma Göckel in der Mornewegstraße beschäftigt. Bis zum September 1944 (Bombenangriff auf Darmstadt, →Brandnacht) waren sie in einem Werkslager in der →Gardistenstraße untergebracht. Danach wurden sie in das große Lager →Auf dem Exercierplatz westlich des heutigen Marienplatzes verlegt. Nähere Informationen liegen den Autoren leider nicht vor, da die Firma Göckel auf eine schriftliche Anfrage nicht geantwortet hat. →Zwangsarbeit Q: [130]

Goerdelerweg Der Weg in Eberstadt wurde 1978 nach dem Juristen, Politiker und Widerstandskämpfer Carl-Friedrich Goerdeler (1884 - 1945) benannt, der zu Beginn der Weimarer Republik den Deutschnationalen nahestand. 1930 - 1937, also immerhin noch vier Jahre nach der Machtergreifung der Nazis, war er Oberbürgermeister von Leipzig. Von 1931 - 1932 und 1934 - 1935 verwaltete er zusätzlich das nicht unbedeutende Amt des Reichskommissars für Preisüberwachung. 1937 trat er als Oberbürgermeister zurück, weil die Nazis in seiner Abwesenheit das Denkmal des jüdischen Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy vor dem Gewandhaus abgerissen hatten. Ab 1939 wurde er einer der Hauptträger des →Widerstandes gegen die Nationalsozialisten. Er war maßgeblich am Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 beteiligt. Für den Fall des Gelingens war er der Mann, der Hitler als Reichskanzler nachfolgen sollte. Goerdeler hielt Hitler anfangs für einen Mann des Friedens und wollte ebenfalls Österreich "heim 83


ins Reich" holen, das Sudetenland angliedern und den polnischen Korridor beseitigen. 1945 wurde er nach dem Fehlschlag des Attentates hingerichtet. Q: [53], [118], [135]

Grein, Karl (21.11.1881 27.7.1957) wurde nach dem Ersten Weltkrieg während der französischen Besatzung des Rheinlandes Pfarrer in Arheilgen. Am 21. November 1933 schrieb er einen verzweifelten Brief an den Landesbischof, in dem er beklagte, daß die Evangelische Jugend nicht aufgelöst, sondern bekämpft würde. Fast alle Jugendlichen über achtzehn seien in der SA und die Eltern stünden in einem großen Konflikt, ob sie ihre Kinder an der Gemeindearbeit teilnehmen lassen könnten. Grund hierfür war eine Verordnung des ReichsPfarrer Karl Grein statthalters →Sprenger, Kinder von NSDAP-Mitgliedern dürften keiner anderen Jugendorganisation angehören als der Hitlerjugend (HJ), dem Bund Deutscher Mädel (BDM) oder dem Deutschen Jungvolk (DJ). Bei Zuwiderhandlung wurden Sanktionen angedroht. Pfarrer Grein bat deshalb um eine "Beendigung des grausamen Spiels" beim Landesbischof. Er sollte ein erlösendes Wort sprechen und ein "klärendes Wort des Führers" herbeiführen, das die Freiheit zur Selbstauflösung der Evangelischen Jugend bewirken sollte. Dieser Wunsch wurde ihm nicht gewährt, zumal die kirchlichen Strukturen nicht abgeschafft, sondern die Kirchenmitglieder, die diese mit Leben erfüllten, in die neuen faschistischen Strukturen assimiliert werden sollten . 84


Dem versuchte Grein sich allerdings zu widersetzen. Nach einer kritischen Predigt im November 1934 wurde vom Landesbischof eine "einstweilige Beurlaubung vom Dienst" angeordnet. Doch die Gemeinde wehrt sich gegen diese Amtsenthebung. Über 600 Arheilger unterschrieben ihren Beitritt zur →Bekennenden Kirche. Die Beurlaubung wurde im März 1935 wieder aufgehoben, allerdings unter der Bedingung, daß "..., er (der Landesbischof) das Vertrauen haben möchte, daß er (Grein) den Weg zur recht- und gesetzmäßigen kirchlichen Obrigkeit zurückfindet ... vorsorglich muß ich mir leider wegen ihres bisherigen Verhaltens in Sachen der Zugehörigkeit zur sogenannten Bekenntnisgemeinschaft usw. alle Schritte gegen Sie vorbehalten". Grein setzte sich für verfolgte Arheilger Juden aktiv ein. Nach dem Krieg wurde er Oberkirchenrat in der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau. In Erinnerung an ihn wurde in Arheilgen eine Straße benannt. Q: [43], [60]

Griesheimer Sand Das Gelände liegt unmittelbar südlich des Darmstädter Kreuzes, geteilt durch die Autobahn A67. Der westlich der Autobahn liegende Teil ist US-amerikanisches, der östliche ist bundesdeutsches militärisches Sperrgebiet. Im Laufe der Geschichte haben sich auf diesem Gelände bemerkenswerte Dinge abgespielt, die in den "Gründerjahren" des Deutschen Kaiserreiches (1870/71) und den damit in Verbindung stehenden national-militärischen Entwicklungen ihren Anfang nehmen. Am 2. Januar 1874 unterzeichneten die Gemeinde Griesheim und das Königlich-Preußische Kriegsministerium als Vertreter der Reichsmilitärverwaltung einen Vertrag, der den Verkauf des im Süden und Südosten liegenden Teil des "Griesheimer Sandes" zum Gegenstand hatte. Die Grundlagen für eine Nutzung durch das Militär waren geschaffen - es wurde ein Schießplatz für die 11. Artillerie-Brigade eingerichtet. Der Gemeinde fiel der Entschluß zum Verkauf des Geländes sicherlich nicht schwer, denn in dem Vertrag verpflichtete sie sich zwar für Schäden, die durch die Schießübungen außerhalb des Geländes entstehen sollten, aufzukommen, hatte aber im Gegenzug das Recht erworben, den durch die Pferde der sogenannten "bespannten Einheiten" entstehenden Mist zu versteigern. Die daraus erzielten Einnahmen kamen auschließlich der Gemeindekasse zugute. Dies war ein äußerst einträgliches Geschäft. So machte der Erlös bis zu ei85


nem dreifachen der Kosten aus, die man den Geschädigten zu zahlen hatte. Der Erlös hatte eine für die damalige Zeit unglaubliche Höhe von jährlich 15.000 Reichsmark. Schon im Jahr 1897 versuchte das Militär der Gemeinde dieses Recht streitig zu machen. Dies konnte aber vor dem Reichsgericht zugunsten Griesheims eingeklagt werden. 1934, kurz nach der Machtergreifung der Faschisten, wurde der "Griesheimer Sand" neuer Standort für den "Darmstädter Flughafen". Er war bis zu diesem Zeitpunkt auf der Lichtwiese. Die neuen örtlichen Gegebenheiten erlaubten den Einsatz größerer Flugzeuge und eine Steigerung der Starts und Landungen - nicht zuletzt im Interesse der militärischen Planungen der faschistischen Machthaber. Obwohl sich der "Griesheimer Sand, mit dem darauf errichteten Flughafen auf Griesheimer Gemarkung befand und ein Drittel des damaligen Griesheimer Gemeindelandes ausmachte, wurde er als "Darmstädter Flughafen" bezeichnet. 1937 wurden das Flughafengelände und die östlich gelegenen Gemarkungsteile nach Darmstadt umgemeindet. Der Ausgemeindungserlaß wurde mit "höheren Gesichtspunkten" begründet. Im wesentlichen aber war der Grund für diese Vorgehensweise mit dem Wunsch der Offiziere nach höherem Sold begründet; Darmstadt rangierte in einer höheren Ortsklasse. 1938 wurde der Flughafen von Griesheim für 550.000 Reichsmark an Darmstadt verkauft. Im Zweiten Weltkrieg war der "Griesheimer Sand" Schulungsstandort für Luftwaffenverbände, Jagdstaffeln und andere Einheiten. Kurz vor dem Ende des Krieges zerstörten deutsche Truppen die noch erhaltenen Flughafengebäude durch Sprengung, um sie den anrückenden Alliierten nicht überlassen zu müssen. Nach 1945 waren hier eine US-amerikanische Armeeaufklärereinheit und Luftabwehrraketen stationiert. Im Süden des Geländes befand sich eine Funkzentrale. In einem ehemaligen Flugplatzgebäude befindet sich bis heute die Redaktion der Militärzeitung "Stars and Stripes". Als 1992 die bis zu diesem Zeitpunkt noch verbliebene US-amerikanische Rettungshubschrauberstaffel nach Wiesbaden verlegt und der militärische Flugverkehr endgültig eingestellt wurde, entbrannte ein Interessenstreit. Die Nutzungskonzepte des an das Land Hessen rückübereigneten Geländes reichten von einem Gewerbepark über einen Privatflugplatz für Unternehmer und andere finanziell privilegierte Bevölkerungskreise bis hin zu Siedlungskonzepten mit sozialem Wohnungsbau und einem Konzept, das ehemalige Flugplatzgelände auf dem "Griesheimer Sand" zum Naturschutzgebiet zu erklären. Letzteres wurde im April 1996 dauerhaft verwirklicht. Nur die Technische Universität darf das Gelände zu Forschungs- und Entwicklungszwecken nutzen 86


→August-Euler-Flugplatz →Euler, August →Technische Hochschule Darmstadt Q: [19], [69], [106], [111], [112], [121], [140], [141], [142],

Grund, Peter (15.10.1892 Pfungstadt 26.1.1966 Darmstadt) studierte an der →Technischen Hochschule Darmstadt (heute Technische Universität Darmstadt) und lebte bis 1922 in Darmstadt. Von 1919 bis 1922 lehrte er an der LandesbauGewerbeschule in Darmstadt. Von 1923 bis 1933 arbeitete er in Dortmund und baute dort die Kirche St. Nicolai, eine der ersten Eisenbeton-Kirchen, sowie die Industrie- und Handelskammer. 1933 wurde Grund als Professor und Leiter an die Kunstakademie Düsseldorf berufen und organisierte 1937 als künstlerischer Leiter die Reichsausstellung "Schaffendes Volk" in Düsseldorf, wo er auch prominentes Mitglied der NSDAP war. Dort wirkte er bis 1938. Der Biograph Paul Girkon klamPlakat zur Ausstellung merte Grunds Tätigkeit während des "Schaffendes Volk" Nationalsozialismus in seiner erstmals 1952 und dann 1962 in Darmstadt erschienenen wohlwollenden Biographie, die er Grund zum 60. und 70. Geburtstag widmete, elegant aus. Nüchtern heißt es dort: "In den Jahren 1936/37 wurde Grund die künstlerische Leitung der Düsseldorfer Ausstellung übertragen. Im Zusammenhang mit den architektonisch hochwertigen Dauerbauten der Austellung und ihren immateriellen Stahltürmen wurden die ersten Einfamilien-Häuser der Rheinparksiedlung errichtet, Wohnhaustypen, für die der Einklang von Innenraum und Landschaftsraum wesentlich war. Zweckmäßigkeit und Schönheit, Wirtschaftlichkeit und Wohnlichkeit waren in bemerkenswertem Fortschritt in ihnen vereint." Über das Lob der Siedlungsarchitektur vergaß der Autor zu bemerken, daß mit der "Düsseldorfer Ausstellung" die "Große Reichsausstellung 'Schaf87


fendes Volk'" und die in Verbindung damit errichtete "Schlageterstadt" gemeint war, eine der bedeutendsten Ausstellungen des Nationalsozialismus. Im September 1946 wurde in der Sitzung des Bau- und Personalausschusses darüber diskutiert, Grund als technischen Beigeordneten der Stadt Darmstadt einzustellen. Der damalige Oberbürgermeister Ludwig →Metzger bemerkte dazu laut Protokoll: "Was Prof. Grund betrifft, müsse allerdings die Spruchkammer vorher entscheiden, da eine geringe Belastung hinsichtlich einer kurzen Mitgliedschaft bei der Partei besteht." Gegen eine Einstellung von Grund erhoben die Stadtverordneten Lang (CDU), Gisbert (SPD) und Ziegs (SPD) Widerspruch. Es wurde gefragt, "ob es unbedingt notwendig sei, einen Belasteten in eine derart führende Stellung zu berufen". Der Stadtverordnete Ziegs meinte, "daß man es sich nicht erlauben könne, einen Belasteten einzusetzen, man solle sich nach einem anderen technischen Beigeordneten umsehen". In der Stadtverordnetenversammlung am 12.6.1947 jedoch wurde Grund von Oberbürgermeister Ludwig →Metzger als neuer städtischer Oberbaudirektor vorgestellt. Grund selbst schien seine nationalsozialistische Vergangenheit nicht zu problematisieren. Am 22.7.1955 wurde Grund von der TH Darmstadt zum Ehrensenator ernannt. "Nicht oft ist die Bedeutung eines großen Werkes von den Zeitgenossen in so maßgeblicher Weise anerkannt worden" stellte Girkon fest. Auch die Stadt Darmstadt bemühte sich um eine angemessene Ehrung ihres Oberbaudirektors. In der Sitzung am 25.10.1957 nahm der Magistrat "zustimmend davon Kenntnis, daß der Oberbürgermeister mit Schreiben vom 17.10.1957 vorgeschlagen hat, Oberbaudirektor Prof. Grund das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (Halskreuz) zu verleihen. Außerdem wird beschlossen, Oberbaudirektor Prof. Grund anläßlich der Vollendung seines 65. Lebensjahres am 15.11.1957 die Silberne Verdienstplakette der Stadt Darmstadt zu verleihen". Der Antrag zur Verleihung des Verdienstordens scheiterte jedoch an dessen politischer Vergangenheit. In der Magistratssitzung am 7.8.1959 wurde erneut über den Antrag auf Verleihung des Verdienstordens an Grund verhandelt. In einer Niederschrift heißt es: "Der Oberbürgermeister gibt dem Magistrat das Schreiben des Regierungspräsidenten vom 29.7.1959 sowie den Inhalt der Personalakten Prof. Grund aus seiner Tätigkeit in Düsseldorf bekannt. Nach eingehender Aussprache nimmt der Magistrat zustimmend davon Kenntnis, daß der Oberbürgermeister nach nochmaliger Prüfung der Richtlinien für die Verleihung des Verdienstordens dem Regierungspräsidenten mitteilen wird, die Stadt habe die Verlei88


hung aufgrund der Verdienste des Oberbaudirektors Prof. Grund in den Jahren nach 1945 beim Wiederaufbau der Stadt Darmstadt beantragt; dies sei der für die Stadt maßgebliche Gesichtspunkt. Im übrigen müsse die weitere Behandlung der Angelegenheit der für die Weiterleitung zuständigen Behörde - unter Würdigung der nunmehr aus früherer Zeit bekannt gewordenen Tatsachen - überlassen bleiben." Das Bundesverdienstkreuz hat Grund nie erhalten. In DarmstadtKranichstein erinnert an ihn seit 1967 die Grundstraße sowie in den städtischen Kliniken Darmstadt der Peter-Grund-Bau (Chirurgie). In Darmstadt baute Grund außerdem u.a. den Aachener Hof, das John-F.-Kennedy-Haus, die Filiale der Commerzbank in der Rheinstraße, das Stadion am Böllenfalltor und die Hauptkläranlage. Q: [18], [51], [57], [80], [115], [135]

Habich, Ludwig (1872 Darmstadt – 1942 Darmstadt) Habich war der einzige Darmstädter unter den ersten sieben Künstlern der Künstlerkolonie Mathildenhöhe. Er erhielt am 30. Dezember 1940 den "Kulturpreis der Stadt Darmstadt" für seine Plastik "Deutscher Gruß". Die Statur war bereits im Jahr 1900 entstanden; damals hatte Habich sie noch "Den Sternen entgegen" genannt. 1958 wurde ein Weg im Steinbergviertel nach ihm benannt. Q: [46], [135]

Hanauer Hof In dieser ehemaligen Gaststätte in der Mauerstraße waren während des Zweiten Weltkrieges 30 französische und 6 belgische Zwangsarbeiter einquartiert, die bei der Firma →Donges Stahlbau arbeiten mußten. →Zwangsarbeit →Lager Q: [130]

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Haubach, Theodor (15.9.1896 Frankfurt - 23.1.1945 Berlin-Plötzensee) verbrachte seine Jugendjahre in einem Darmstädter Bürgerhaus, meldete sich 1914 freiwillig zum Kriegsdienst und wurde dabei zum Offizier befördert. Wie so viele seiner Generation führten ihn seine Kriegserlebnisse zum Sozialismus. 1919 begann Haubach in Heidelberg Philosophie zu studieren, beendete 1923 sein Studium und ging als Doktor der Philosophie an das Institut für Außenpolitik nach Hamburg und ein Jahr später als Redakteur zum "Hamburger Echo". Daneben trat er in die Leitung der Hamburger Organisation des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold ein und wurde Abgeordneter in der Hamburger Bürgerschaft. 1930 kam Haubach als Pressereferent in das Preußische Innenministerium und danach in gleicher Funktion in das Berliner Polizeipräsidium. 1933 wurde er aus dem Staatsdienst entlassen und in den ersten sechs Jahren der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wiederholt verhaftet. Er war zwei Jahre im KZ Esterwegen inhaftiert. 1943 schloß sich Haubach dem →Kreisauer Kreis an. Im Dezember 1943 hielt er in Darmstadt auf dem →Waldfriedhof die Trauerrede für den beim Leipziger Bombenangriff Theodor Haubach umgekommenen Carlo →Mierendorff. Am 9.8.1944 wurde er von der Gestapo verhaftet, am 13.1.1945 vor Gericht gestellt und am 23.1.1945 zusammen mit seinem Freund Ludwig →Schwamb hingerichet. In Darmstadt erinnert an ihn der Haubachweg sowie ein Gedenkstein auf dem Waldfriedhof. Q: [5], [10], [11], [74], [94], [117]

HEAG Nach den den Autoren bislang zugänglichen Unterlagen arbeiteten bei der HEAG (Hessische Elektrizitäts AG) zwischen Dezember 1942 und August 1943 insgesamt 64 Zwangsarbeiter, die alle aus der Sowjetunion stammten. Sie waren in einem Lager auf dem noch heute genutzten Betriebsgelände der HEAG in der Nieder-Ramstädter-Straße 245 90


(Böllenfalltor) untergebracht. Dort bestanden in einem Werksgebäude Unterkunftsräume für 40 Personen. Die Verpflegung erfolgte durch eine eigens dafür eingerichtete Küche. Die Zwangsarbeiter wurden ausnahmslos als Hilfsarbeiter eingesetzt. Die Tätigkeiten erstreckten sich von Gleisregulierung und der Reinigung von Bahnkörpern über Be- und Entladearbeiten bis hin zu Erdbewegungen und dem Schachten von Löchern für Erdungsplatten. Am 10.12.1942 trafen die ersten 40 Zwangsarbeiter bei der HEAG ein, die aber nur bis 22.12.1942 eingesetzt waren und zwei Tage später durch 24 andere ersetzt wurden. Zwischen Januar 1943 und April 1943 wurden zwei Zwangsarbeiter abberufen und ein dritter ausgetauscht. Am 3.8.1943 wurde das Lager geräumt. Warum es geräumt wurde und was mit den Menschen passierte, ließ sich aus dem den Autoren von der HEAG zur Verfügung gestellten Material nicht feststellen. →Zwangsarbeit Q: [84]

Heeresmunitionsanstalt In der ehemaligen Heeresmunitionsanstalt (MUNA) Darmstadt-Eberstadt, auf dem Gelände der heutigen →Frankenstein-Kaserne, waren während des Zweiten Weltkrieges ca. 300 Kriegsgefangene, vermutlich aus Belgien, zwangseingesetzt. Am 22. März 1945 galt ein letzter massiver Bombenangriff den weitgehend unterirdischen Anlagen der MUNA. →Lager →Zwangsarbeit Q: [74], [130]

Heimatschutzbataillon 43 Im sogenannten Verteidigungsfall werden Reservisten der →Bundeswehr aus dem Großraum Darmstadt zu Truppenteilen zusammengezogen, die die regionale Verteidigung übernehmen sollen. Einer dieser Truppenteile ist das Heimatschutzbataillon 43, das in Friedenszeiten nicht aktiv ist. Es untersteht dem →Verteidigungsbezirkskommando 43 und hat eine Stärke von etwa 1.000 Mann. Vorgängerin des 91


Heimatschutzbataillons 43 war das Heimatschutzregiment 44, ein über schwere Waffen verfügendes Infanterie-Regiment aus 3.200 Soldaten, das aber am 31. März 1993 auf Bataillonsstärke abgerüstet wurde. Q: [146]

Heinestraße Die Straße wurde 1956 nach dem Dichter und Schriftsteller Heinrich Heine (1797 - 1856) benannt. Auch die Heinrich-Heine-Schule in der →Moltkestraße 18 erinnert an ihn. Heine würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüßte, daß eine nach ihm benannte Schule in einer Straße liegt, die nach einem Militaristen benannt ist. Er hatte sich nicht nur im nachfolgenden Zitat aus "Vorrede zu Französische Zustände" von 1832 gegen Krieg gewandt: "Wenn wir es dahin bringen, daß die große Menge die Gegenwart versteht, so lassen die Völker sich nicht mehr von den Lohnschreibern der Aristokratie zu Haß und Krieg verhetzen, das große Völkerbündnis, die Heilige Allianz der Nationen kommt zu stand, wir brauchen aus wechselseitigem Mißtrauen keine stehenden Heere von vielen hunderttausend Mördern mehr zu füttern, wir benutzen zum Pfluge ihre Schwerter und Rosse, und wir erlangen Friede, und Wohlstand und Freiheit. Dieser Wirksamkeit bleibt mein Leben gewidmet, es ist mein Amt." Q: [88]

Henschel & Ropertz ist ein bekanntes Textil-, Mode- und Sportgeschäft in der Darmstädter Innenstadt. Zum 50jährigen Bestehen schreibt das Unternehmen in seiner Jubiläumsschrift: "1933: Schon am 9. März, wenige Tage nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Hessen, standen erstmals Boykott-Posten der SA vor dem Kaufhaus Rothschild. Die Inhaberfamilie Rothschild sah die Gefahr, die nicht nur der wirtschaftlichen Existenz der jüdischen Bürger drohte. Nur der Verkauf konnte die Firma retten. Vermittelt durch Freunde wurde 1935 der Vertrag über den Verkauf der rechtlich aufgelösten Firma "Gebr. Rothschild, Textil- und Modewaren" an die Herren Dr. Erich Henschel (geb. Halle 27.5.1901 - gest. Ferchau 9.8.1970) und Hans Ropertz (geb. Krefeld 13.4.1901 - gest. Darmstadt 23.1.1956) geschlossen." Am 18. März 1936 wurde das Warenhaus Henschel & Ropertz eröffnet. Laut dem Zeitzeugen Philipp Benz nutzten 92


Kaufhaus Rothschild vor 1933 die Käufer nicht die Zwangssituation aus und zahlten einen dem wahren Wert des Unternehmens angemessenen Kaufpreis. →Arisierung Q: [74], [86]

Herderstraße 1903 wurde die Straße nach Johann Gottfried Herder (1744 - 1803) benannt. Herder war Theologe, Philosoph, Übersetzer und Schriftsteller. Auch die Herderschule in der Straße "Am Kapellberg" und die Herdereiche am Herrgottsberg erinnern an ihn. Wir möchten aber mehr noch auf seine Äußerung in "Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit" von 1784-91 aufmerksam machen: "Wer hat Deutschland, wer hat dem kultivierten Europa seine Regierungen gegeben? Der Krieg. Horden von Barbaren überfielen den Weltteil: ihre Anführer und Edeln teilten unter sich Länder und Menschen. (...) Gewaltsame Eroberungen vertraten also die Stelle des Rechts, das nachher nur durch Verjährung oder, wie unsre Staatslehrer sagen, durch den schweigenden Kontrakt Recht ward, als daß der Stärkere nimmt, was er will, und der Schwächere gibt und leidet, was er nicht ändern kann. (...) Fast jede kleine Landesgrenze, jede neue Epoche ist mit Blut der Geopferten und mit Tränen der Unterdrückten ins Buch der Zeiten verzeichnet. Die berühmtesten

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Namen der Welt sind Würger des Menschengeschlechts, gekrönte oder nach Kronen ringende Henker gewesen." Außerdem schrieb er 1797 in "Frieden als Beförderung der Humanität": "Kann es einen abscheulichern Anblick für ein höheres Wesen geben als zwei einander gegenüberstehende Menschenheere, die unbeleidigt einander morden? Und das Gefolge des Krieges, schrecklicher als er selbst, sind Krankheiten, Lazarette, Hunger, Pest, Raub, Gewalttat, Verödung der Länder, Verwilderung der Gemüter, Zerstörung der Familien, Verderb der Sitten auf lange Geschlechter." Q: [88]

Hessischer Volksfreund Presse, die sich nicht gleichschalten ließ, wurde ausgeschaltet. Am 3. Mai 1933 wurde daher auch die SPDZeitung "Hessischer Volksfreund" verboten. Ihre Redaktion " befand sich in der Neckarstraße 4. Das Gebäude wurde Ende des Zweiten Weltkrieges ausgebombt.

Q: [1], [74]

Die letzte "Ausgabe"

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Hindenburgstraße Die Straße wurde 1915 nach dem Reichspräsidenten Paul von Beneckendorf und von Hindenburg (1847 Posen - 1934 Gut Neudeck bei Freystadt/Westpreußen) benannt. Der aus einer preußischen Offiziersfamilie stammende Hindenburg nahm am Preußisch-Österreichischen Krieg 1866 sowie am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 teil. Er stieg in seiner militärischen Laufbahn bis zum Generalfeldmarschall auf. Er gilt zusammen mit Stabschef Ludendorff (1865-1937) als "Sieger" von Tannenberg, weil er dort die Zweite Russische Armee vernichtend geschlagen hat. 1925 ernannte man ihn als Nachfolger Friedrich Eberts (1871-1925) zum Reichspräsidenten. In diesem Jahr besuchte er am 12. November Darmstadt. Auf der Fahrt vom Bahnhof zum "Hotel Traube" (das sich am Luisenplatz befand) jubelten ihm viele Zuschauer stürmisch zu. 1932 wurde Hindenburg mit Unterstützung von SPD und Zentrum gegen die Mitkandidaten Hitler und Thälmann (KPD) wiedergewählt. In der offiziellen Geschichtsschreibung wird er als ohnmächtiger alter Mann dargestellt, der keinen Einfluß gehabt habe. Vielmehr stellten die Nationalsozialisten die Machtergreifung als einen demokratischen Vorgang dar. Und so wird Hindenburg heute immer noch dadurch geehrt, daß in Darmstadt eine Straße nach ihm benannt ist. Bezeichnend für ihn ist, daß er, als er in Hamburg von Passanten mit dem Ruf "Massenmörder" beschimpft wurde, mit dem Satz "Das ist so Ansichtssache" antwortete. Q: [135], [149]

Jefferson Siedlung (Jefferson Village) An der Cooperstraße, unmittelbar südlich der von der →US-Army betriebenen →Cambrai-Fritsch-Kaserne liegt die nach dem dritten Präsidenten der USA, Thomas Jefferson (1743 1826), benannte Wohnsiedlung für Angehörige der US-Streitkräfte. Insgesamt steht Wohnraum für etwa 100 Familien und 95 Einzelpersonen zur Verfügung. Q: [48]

Juden →Judenboykott →Judenverfolgung 95


→Arisierung →Synagogen →Jüdischer Friedhof

Judenboykott Für den 1.4.1933 hatte die NSDAP zum Boykott "jüdischer Geschäfte" im gesamten Reich aufgerufen (Definition "jüdische Geschäfte" vergleiche →Arisierung). Doch schon vorher gab es in Darmstadt Maßnahmen gegen "jüdische Geschäfte". So wurden neben Kommunisten und Sozialdemokraten prominente Mitglieder der Jüdischen Gemeinde und Inhaber von Geschäften gezwungen, Wahlplakate mit Salzsäure zu entfernen. "Einige wenige vom auserwählten Volk, die sich besonders hervorgetan haben, wurden von SA-Männern in ehrlicher Handarbeit unterwiesen, wobei festgestellt werden muß, daß es für Geistesarbeiter doch recht schwer ist, mit einem Besen zu kehren oder mit einer Bürste einstmals verfaßte Schmähschriften zu tilgen." So kam es bereits am 6. und 7. März 1933 zu Boykottmaßnahmen und Verhaftungen in Darmstadt. Dies war in der Woche nach der →Reichstagswahl vom 5. März. Am 9. März kam es erneut zu Aktionen gegen "jüdische Geschäfte": "Vor den beiden Einheitspreisgeschäften "Ehape" und "Woolworth", vor dem Kaufhaus Rothschild, vor dem Porzellangeschäft Rosenthal und dem Warenhaus Tietz standen nachmittags uniformierte Nationalsozialisten, die jedem, der in die Geschäfte eintrat, zuriefen: "Deutsche kauft deutsche Typische Schmierereien der damaligen Waren, unterstützt keine JuZeit an jüdischen Geschäften den!" 96


Am 13. März wurden Warenhäuser und anderen Geschäfte gewaltsam geschlossen. Am 28. März kam es zu 24-stündigen Schließungen "jüdischer Geschäfte" durch das Landeskriminalpolizeiamt. Die Kritik des Auslandes an den Zuständen in Deutschland wurde von den Nationalsozialisten als "Greuelpropaganda" bezeichnet. Für den 1. April 1933 ordnete die NSDAP für das gesamte Reichsgebiet einen einheitlichen, von örtlichen "Aktionskommitees" getragenen Boykott von "jüdischen Geschäften" an. Die Begründung lautete: "... weil das Offenhalten nach Ansicht der Polizeibehörden die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung gefährdete." Daß jedoch nicht von der jüdischen Bevölkerungsgruppe in Darmstadt gesprochen werden kann, ist aus einer Erklärung des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten, Ortsgruppe Darmstadt, vom 31. März ersichtlich. Sie war als eine Stellungnahme zum bevorstehenden Boykott gedacht und hatte folgenden Wortlaut: "Wir verbitten uns jede Einmischung des Auslandes in innerdeutsche Angelegenheiten. Die deutschen Juden haben mit der Greuelpropaganda nichts zu tun und weisen sie auf das Schärfste zurück. Wir haben gelernt für uns selbst einzustehen. Wir arbeiten mit am Aufbau des Vaterlandes. Wir finden uns auf dem Boden des neuen Staates mit denen zusammen, mit denen wir als Kameraden im Felde standen. Wir haben unsere vaterländische Pflicht erfüllt. Dieses Bewußtsein gibt uns deutschen Juden das Recht am deutschen Vaterland; auf dieses Recht bestehen wir." →Arisierung Q: [74], [96], [97], [127], [150], [151], [152], [158]

Judenverfolgung in Darmstadt Bei der Volkszählung 1925 bekannten sich 1.646 Bürger zum jüdischen Glauben. Während 1929 im Reich der Anteil der Juden bei 0,8 Prozent lag, betrug er in Darmstadt 1,5 Prozent. Bei der nächsten statistischen Erhebung im Juni 1933 wurden noch 1.427 Juden in Darmstadt registriert. In der Zeit von 1933 bis 1938 verließen etwa 500 und bis 1940 weitere 500 Menschen die Stadt. Im Juni 1940 waren noch 364 jüdische Personen gemeldet, von denen noch 280 Aussicht auf Auswanderung hatten. Wieviele hiervon tatsächlich Deutschland noch verlassen konnten, konnte von den Autoren nicht mehr festgestellt werden. 97


Die Anzahl der in Darmstadt wohnhaften Juden, die 1942/43 deportiert wurden, wird wie folgt angegeben (→Justus-Liebig-Schule): 20.03.1942 27.09.1942 30.09.1942 10.02.1943 13.05.1943 21.05.1943

nach Lublin nach Theresienstadt nach Auschwitz nach Theresienstadt nach Auschwitz nach Frankfurt/M-Heddernheim

= 164 Personen = 188 Personen = 25 Personen = 17 Personen = 39 Personen = 19 Personen

Von Darmstadt aus wurden ca. 3.000 Juden aus ganz Hessen in Konzentrationslager verschleppt. In Darmstadt gab es, anders als in vielen anderen europäischen Städten, kein "Judenghetto". Nur in der Innenstadt, in der näheren Umgebung der Synagogen, war der jüdische Bevölkerungsanteil höher als im übrigen Stadtbereich. Folgende Häuser gehörten Juden, sie wurden mit zunehmenden Repressalien als Zwangsunterkünfte für Juden benutzt (sogenannte "Judenhäuser"): - Eschollbrücker Straße 4 1/2 (→Alten- und Pflegeheim Dr. Rosenthal) - Grafenstraße 13 - Georgenstraße 5 und 10 (heutige Gagernstraße) - Wilhelminenstraße 56 - Sudetengaustraße 2 und 40 (heutige Wilhelm-Leuschner-Straße) - Kahlertstraße 21 - Elisabethenstraße 56 - Heinrichstraße 3 - Kasinostraße 14 - Mauerstraße 20 - Riedeselstraße 8 und 10 Die Auswahl der "Judenhäuser" und die zwangsweise Umquartierung der Betroffenen erfolgte durch die Wohnungsämter, ab 1941 mußten die Jüdischen Gemeinden dies selbst tun. Ab diesem Jahr durften Juden nur noch in "Judenhäusern" wohnen. Die Zusammenlegung in "Judenhäusern" diente auch der schärferen Überwachung durch die →Gestapo. Die "Judenhäuser" stellten die erste Station auf dem Weg zur Deportation und Ermordung jüdischer Bürger dar. In der →Brandnacht wurden diese Häuser weitgehend zerstört. Während des Pogroms gegen die Juden am 9. November 1938 (→"Reichskristallnacht") wurden in Darmstadt alle drei →Synagogen zerstört (im ganzen damaligen Deutschen Reich 267). 98


In Folge des 9. November 1938 wurden in Darmstadt 169 Personen verhaftet (landesweit circa 35.000). Durch Selbstmord oder Mißhandlung verstarben in diesem Zusammenhang vier Menschen. Es waren Ferdinand Reinheimer aus Eberstadt, der Druckereibesitzer Aron Reinhard aus Arheilgen - nach dem eine Straße in diesem Stadtteil benannt ist - und seine Tochter Johanna Reinhard, sowie Heinrich Wechsler ebenfalls aus Arheilgen (→Wechslerstraße). Q: [74], [75], [120], [147], [151]

Der Jüdische Friedhof in Darmstadt (Ecke Martinstraße und Steinbergweg) ist einer der wenigen noch erhaltenen jüdischen Friedhöfe in Deutschland. Es ist ungeklärt, warum dieser nicht zerstört wurde. Dort befinden sich viele Urnengräber von Darmstädter Juden, die in Konzentrationslagern ermordet wurden. Am 17. Juli 1978 wurden 36 Grabsteine und Postamente von Unbekannten umgestürzt. Seither kam es wiederholt zu Grabschändungen. Q: [87]

Eingang des jüdischen Friedhofes in Darmstadt

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Justiz Die Stimmen von Historikern und anderen Fachleuten sind einhellig, wonach sich die Mehrzahl der Juristen, ohne später dafür strafrechtlich belangt worden zu sein, zwischen 1933 und 1945 den braunen Machthabern nur allzu willig und aktiv zur Verfügung gestellt und sich zu einem Instrument der Schreckensdiktatur gemacht hat. Darmstadt bildet da keine Ausnahme. Es war nicht nur Hauptstadt des Volksstaates Hessen, sondern auch Sitz des Oberlandesgerichts mit Generalstaatsanwaltschaft sowie des Landgerichts und des für Stadt und Landkreis zuständigen Amtsgerichts. "Noch liegen keine genauen Zahlen darüber vor, wieviele Richter, Staatsanwälte, Justizbeamte der NSDAP angehört haben, aber wir wissen, daß der Prozentsatz außerordentlich hoch ist, daß es schier unmöglich erscheint, alle Gerichte wieder einzusetzen", heißt es im Mitteilungsblatt der Deutschen Regierung des Landes Hessen vom 9. August 1945. Schon im März 1933, also kurz nach der Machtergreifung, holten die Nazis zu einer großen Säuberungswelle aus und vertrieben auf Anordnung des Gauleiters →Sprenger alle "nichtarischen", unzuverlässigen oder mißliebigen Juristen aus ihren Ämtern. Auch Wachtmeister, Referendare, Gerichtsvollzieher, Schöffen und Geschworene mußten gehen. 1933 wurden allein in Hessen-Darmstadt 37 Richter und Beamte sowie acht Notare (auch sie waren Beamte) aus ihren Positionen entfernt. 21 Rechtsanwälte verloren ihre Zulassung. Insbesondere Justizangehörige jüdischer Abstammung konnten sich nur durch Flucht ins Ausland dem Zugriff der Nazis entziehen. Drei Darmstädter Juristen, die Richter Dr. Carl Peter Callmann und Dr. Ernst Mayer sowie der Notar Otto Sturmfels wurden zwischen 1943 und 1945 in Konzentrationslagern ermordet. Eine schlimme Rolle spielten die Sondergerichte. Auch in Darmstadt bestand ein solches ab dem 12. April 1933. Vor ihm fanden bis 1945 etwa 2.000 Verfahren statt, wie der ehemalige Darmstädter Landgerichtspräsident Gerhard Wenzel 1983 in seinem Aufsatz "Chronik einer Methamorphose" schrieb. Von 1.500 dieser 2.000 Prozesse existieren noch Dokumente, die im Staatsarchiv lagern. Beim Sondergericht wurde kurzer Prozeß gemacht: Verhandlungstage mit sieben bis acht Sachen und gegen 15 Angeklagte waren keine Seltenheit, die Verteidigungsmöglichkeiten der Angeklagten massiv eingeschränkt. Bis 1934 wurden regimeabträgliche Äußerungen und oppositionelle Handlungen verfolgt. Dazu zählten auch Verstöße gegen Demonstrationsund Versammlungsverbote.

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Zwischen 1934 und 1939 wurden nach dem sogenannten "Heimtückegesetz" vom 20. Dezember 1934 auch Werturteile bestraft. Jeder mußte mit einem Verfahren rechnen, der unwahre, gehässige oder "von niedriger Gesinnung zeugende Äußerungen" machte oder verbreitete, die sich gegen das Wohl des Reiches, das Ansehen der Regierung oder der NSDAP richteten. In dieser Zeit etablierten sich die ursprünglich nur als vorübergehend gedachten Sondergerichte zu einer festen Einrichtung mit dem Ziel der Unterdrückung der alltäglichen Meinungsbekundung. Von 1939 bis 1945 wurden die Rechte der Sondergerichte noch weiter ausgedehnt. Fortan konnten Verbrechen, die bislang von normalen Strafgerichten verhandelt wurden, vom Sondergericht verfolgt werden, wenn "die Schwere der Tat oder die in der Öffentlichkeit hervorgerufene Erregung" dies geboten. Die Entscheidung darüber lag bei der →Gestapo und der Staatsanwaltschaft. Jedes Vergehen oder Verbrechen konnte zu einer "todeswürdigen Volksschädlingstat" erklärt und dementsprechend bestraft werden. Das Darmstädter Sondergericht fällte zwischen 1933 und 1945 mehr als 20 Todesurteile, die alle in Frankfurt-Preungesheim vollstreckt wurden. Die Tätigkeit der Justiz kam nach dem Bombenangriff auf Darmstadt am 11. September 1944 weitgehend zum Erliegen, denn das Landgericht wurde zerstört, das benachbarte Amtsgericht schwer beschädigt. Mit dem Einmarsch der Amerikaner 1945 stellten die Gerichte ihre Arbeit vorübergehend ein. Am 28. Juli 1967 endete vor dem Schwurgericht Darmstadt der sogenannte "Kolonea-Prozeß" mit hohen Zuchthausstrafen für die Angeklagten der SSEinsatzgruppen, denen die Ermordung von mindestens 30.000 Menschen in den im Krieg "besetzten Ostgebieten" zur Last gelegt wurden. Im sogenannten "Tomasow-Prozeß" verhängte das Darmstädter Schwurgericht am 7. Dezember 1972 nach mehr als dreijähriger Verhandlung gegen drei ehemalige Polizeibeamte wegen Beteiligung an der Erschießung von "Polen jüdischer Abstammung " Gefängnisstrafen zwischen sechs und acht Jahren. An die Rolle der Justiz in Darmstadt während der Nazizeit erinnert eine Bronzetafel auf dem Mathildenplatz am Eingang zum Amtsgericht. Q: [25], [33], [44], [74]

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Justus-Liebig-Schule (Julius-Reiber-Straße 3) Die frühere LiebigOberrealschule hatten die Nazis ab Frühjahr 1942 zum Durchgangslager

Justus-Liebig-Schule für Juden umfunktioniert. Folgende Transporte wurden von Darmstadt aus durchgeführt: 20.03.1942 Lublin = 1.000 Personen (164 aus Darmstadt) 27.09.1942 Theresienstadt = 1.288 Personen (188 aus Darmstadt) 30.09.1942 Auschwitz = 883 Personen (25 aus Darmstadt) (Weitere Transporte aus Darmstadt →Judenverfolgung) Unter den deportierten Juden, die aus ganz Südhessen kamen, waren mindestens 377 aus Darmstadt (zu dieser Zahl gibt es verschiedene Quellen). In der Festschrift "75 Jahre LIO" wird nur mit einem Satz erwähnt: "Bestürzt und fassungslos liest man im Jahresbericht 1942/43: Die Schule wurde vom 14. September bis 2. Oktober 1942 Durchgangslager für Juden und war nicht betretbar." Eine Schüler-Lehrer-Initiative erstellte eine Broschüre und eine Ausstellung, die mehrfach gezeigt wurde. Erst seit 1991 erinnert eine Tafel an die Ereignisse aus dem Jahr 1942 (→Denkmäler). Q: [74], [151]

Katastrophenschutz In den Katastrophenschutzgesetzen von Bund und Ländern sowie weiteren Rechtsvorschriften ist festgehalten, was unter Katastrophenschutz zu verstehen ist, wer zuständig und was im Falle des Eintritts von Katastrophen zu unternehmen ist.

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Als Katastrophe gilt "ein insbesondere durch Naturereignisse oder Unglücksfälle hervorgerufener Gefahrenzustand, der Leben, Gesundheit oder die lebensnotwendige Versorgung der Bevölkerung oder erheblicher Sachwerte in so ungewöhnlichem Maße gefährdet oder beeinträchtigt, daß zur Beseitigung die einheitliche Lenkung aller Katastrophenschutzmaßnahmen und der Einsatz von Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes erforderlich sind." (Hess. KatSG v. 12.7.1978) Das Gesetz enthält die Möglichkeit der Einschränkung von Grundrechten (§24). Landräte bzw. Oberbürgermeister sind die untere, die Regierungspräsidenten sind die obere und der Innenminister die oberste Katastrophenschutzbehörde. Das Gesetz bestimmt die Bildung von Katastrophenschutzstäben, die Erstellung von Katastrophenschutzplänen und die Durchführung von Katastrophenschutzübungen. (§8) Auch für die Stadt und den Landkreis Darmstadt gibt es Katastrophenschutzpläne, die einer gewissen Geheimhaltung unterliegen. Im Notfall kann "jedermann zu Dienstleistungen bis zu einer Dauer von drei Tagen und zu bestimmten Sach- und Werkleistungen herangezogen ...." werden. (§15) Teil des Katastrophenschutzes ist auch der Schutzraumbau. In Darmstadt befinden sich zwei sogenannte Mehrzweckanlagen (meist Tiefgaragen, Untertunnelungen usw.) mit insgesamt 3.960 Schutzplätzen (Parkhaus unter dem Karolinenplatz und im Parkhaus Grafenstraße).

Eingang zum Schutzraum im Parkhaus Grafenstraße 103


1982 standen für ganz Hessen 107.282 Schutzplätze zur Verfügung. Man kann davon ausgehen, daß diese Zahl auch heute noch im wesentlichen gültig ist. Weitere wichtige Funktionen im Sinne des Katastrophenschutzes haben u.a. Krankenhäuser, Altersheime, Schulen incl. Turnhallen, Menschen mit medizinischer Ausbildung (Pfleger, Schwestern, Ärzte usw.) sowie Unternehmen mit z.B. schwerem Bergegerät. Die Wohlfahrtsverbände (Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie u.ä.) und die Hilfsorganisationen (ASB, DRK, JUH, MHD, THW) sind ebenfalls in den Katastrophenschutz einbezogen. →Bundesverband für den Selbstschutz →Spitzbunker →Triage Q: [98]

Kattreinstraße Die Straße ist nach Ernst Ludwig Bernhard Kattrein (1837 - 1886) benannt. Im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 erstürmte Kattrein, ohne Verstärkungen abzuwarten, mit drei Offizieren und 54 Soldaten das Schloß Chambord, das von 3.000 Franzosen verteidigt wurde. Für seine "Heldentat" erhielt er das Eisene Kreuz II. und I. Klasse und das Hessische Militärverdienstkreuz. 1871 wurden die in Chambord erbeuteten Geschütze in großer Parade durch die Rheinstraße zum Darmstädter Schloß gebracht. 1887 wurde sein Grabmal auf dem Alten Friedhof in Darmstadt zum Gedenken an seinen "kühnen Handstreich" bei der Einnahme des Schlosses Chambord eingeweiht. Q: [135]

Kaufhof Wie auch andere Darmstädter Unternehmen wurde die Firma Leonhard Tietz "arisiert". Dies wurde durch folgende Werbeanzeige in der "Eberstädter Zeitung" vom 15. August 1933 bekanntgegeben: "Die Besitzverhältnisse und die Führung der Leonhard Tietz A.G. haben in letzter Zeit eine grundlegende Änderung erfahren. Außerdem wurden

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Maßnahmen eingeleitet, welche die Angleichung der Betriebsführung an die Grundsätze nationaler Wirtschaftsführung erstreben. Als äußeres Zeichen dieser durchgreifenden Änderungen hat die Generalversammlung vom 11. Juli 1933 die Umbenennung der Firma Leonhard Tietz A.G. in "Westdeutsche Kaufhof Aktiengesellschaft" beschlossen. Wir wenden uns an die Bevölkerung mit der Bitte, dem Unternehmen, das 13.500 Angestellten und ihren Familien Brot und Arbeit gibt, volles Vertrauen entgegen zu bringen." Nach der Zerstörung 1944 wurde der Kaufhof zunächst in der Hindenburgstraße wiedereröffnet, wechselte 1946 in ein Haus in der Ludwigstraße und bekam 1953 seinen heutigen Platz mit dem Neubau Rheinstraße Ecke ErnstLudwig-Straße. →Arisierung Q: [74], [99]

Anzeige in der Eberstädter Zeitung vom 15.August 1933

Kelley Barracks Die 16 Hektar großen Kelley Barracks sind seit 1945 eine Einrichtung der →US-Army und befinden sich an der Eschollbrücker Straße, unmittelbar südlich des →Nathan Hale Depots. Die Kelley Barracks sind nach Captain Charles Kelley benannt, einem US-Offizier im Zweiten Weltkrieg. In den Kelley Barracks sind das 32. Fernmeldebataillon (32nd Signal Battalion), das 165. Militärische Nachrichtenbataillon (165th Military Intelligence Battalion) und die 596. Instandhaltungskompanie (596th Maintainance Company) stationiert. Bis September 1998 wurden rund 450 USSoldaten der 66th Military Intelligence Group aus Augsburg in die Kelley Barracks verlegt. Außerdem kamen etwa 130 Zivilangestellte mit Familienangehörigen der Armeeangehörigen nach Darmstadt. In den Kelley Barracks war auch die 94. Luftabwehr- Artilleriebrigade untergebracht, die 1991 am Golfkrieg teilgenommen hatte. Sie wurde im Mai 1998 aufgelöst. 105


Die 117 Soldaten, die zu der Einheit gehörten, wurden anderen Einheiten in Europa zugeteilt. Gebäudemäßig sind die Kelley Barracks mit Kasernenunterkünften, Wartungsbauten für Panzer- und Kraftfahrzeuge, Munitionsdepots, Übungseinrichtungen und Verwaltungsbauten ausgestattet. Einige Panzer und Geschütze stehen als Schaustücke auf dem Gelände. Das Tor ist i.d.R. offen und unbewacht, so daß der Zugang in die Kelley Barracks auch Zivilisten möglich ist. Q: [36], [42], [48], [146]

Kirchen im Faschismus Noch immer ist die Annahme weit verbreitet, die Kirche als solche habe während der NS-Zeit Widerstand geleistet. Das entspricht nicht den Tatsachen. Die große Mehrheit ihrer Führer hatte die Ereignisse des Januar 1933 enthusiastisch begrüßt. Vor diesem Hintergrund ist es eigentlich ein Wunder, daß noch im gleichen Jahr eine Gegenbewegung entstand: Die →Bekennende Kirche (→Kirchenkampf). Die evangelischen Nationalsozialisten hatten sich bereits 1932 in der Gruppe →Deutsche Christen zusammengeschlossen. Anders in der katholischen Kirche: Hier wurde weder von der Kirche als solcher, noch von einer geschlossenen kirchlichen Gruppe Widerstand geleistet. Dennoch wäre es Unrecht zu behaupten, es habe keinen katholischen Widerstand gegeben. Und wie sah es in Darmstadt aus? Am 12. April 1933 verfügte das Landeskirchenamt, daß im Hauptgottesdienst des Ostermontag (17. April) "des Herrn Reichskanzlers fürbittend zu gedenken ist". Und weiter: "An seinem Geburtstag (20. April) sind, soweit möglich, die kirchlichen Gebäude mit der evangelischen Kirchenfahne zu beflaggen." Und das katholische Bischöfliche Ordinariat Mainz bestimmte am 17. Juli 1933: "Der Hitlergruß wird im amtlichen Verkehr mit den weltlichen Behörden und als Erwiderung auf den Straßen empfohlen, wo er entgegengebracht wird. Bei Beginn und Schluß des Unterrichts wird er ... erwidert." In Darmstadt waren wohl nur drei der sechzehn evangelischen Pfarrer den Deutschen Christen zuzurechnen. Ein am 27. Juli 1933 von Darmstadt ausgegangenes Rundschreiben, das u.a. auch der Leiter des Elisabethenstiftes, Theodor Hickel und die Pfarrer Dr. Friedrich Grünewald und Wilhelm Köhler unterschrieben hatten, gilt als erstes Manifest der Bekennenden Kirche in Hessen. 106


Einige widerstrebende Pfarrer, unter ihnen Rudolf Marx, von 1912 - 1934 Pfarrer der Johannesgemeinde, Rudolf Goethe, 1926 - 1934 ebenfalls Pfarrer der Johannesgemeinde und Theodor Hickel, 1912 - 1934 Leiter des Elisabethenstiftes, wurden im Frühjahr und Sommer 1934 strafversetzt, fanden jedoch gleichgesinnte Nachfolger. Eine Dokumentation der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau läßt Pfarrer Hickel als eine schillernde Persönlichkeit erscheinen, sogar als einen Befürworter des Nationalsozialismus. Dem besonders Interessierten wird die Lektüre der angegebenen Literatur empfohlen.

Brief vom 19. April 1934 Landesbischof Dr. Dietrich an Ludwig Metzger Im Gesetz- und Verordnungsblatt der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau vom 6. Februar 1934 war zu lesen, daß Reichsbischof Ludwig Müller Pfarrer Dr. Dietrich (Wiesbaden) zum Landesbischof berufen hatte. Zwei Tage später übernahm er sein Amt. Der erste Oberbürgermeister Darmstadts nach 1945, Ludwig →Metzger,befaßte sich zu dieser Zeit, nachdem er aus politischen Gründen aus dem Staatsdienst entlassen worden war, als Rechtsanwalt wiederholt mit der Vertretung politisch Verfolgter. So hatte sich Ludwig Metzger auch für die beiden versetzten Pfarrer der Johannesgemeinde eingesetzt. Der Landesbischof Dr. Dietrich wies in einem Schreiben an Metzger vom 19. April 1934 darauf hin, daß "die 107


Kirche allen Anlaß hat, an der deutschen Bewegung so positiv als nur möglich mitzuarbeiten." Der Brief schloß mit "Heil Hitler". Q: [55]

"Kirchenkampf" Der Begriff "Kirchenkampf" hat sich in der Geschichtsschreibung etabliert. In ihm sollen sich die kontroversen Strömungen und die damit verbundenen Auseinandersetzungen während der ersten Jahre nach Beginn der faschistischen Machtergreifung, vor allem innerhalb der Evangelischen Kirche, ausdrücken. Von dem Kirchenkampf kann allerdings nicht ohne weiteres gesprochen werden, zumal die innerkirchliche Opposition nicht eine homogene, die Kirche in all ihren Bereichen durchdringende Erscheinung war, sondern auf eine Minderheit beschränkt blieb. Schon im Juni 1932 formierte sich die sogenannte "Glaubensbewegung →Deutsche Christen" (GDC), die die christliche Lehre untrennbar mit dem faschistischen Führerkult verband. Der 11. September 1933 war der Gründungstag, als Martin Niemöller den "Pfarrernotbund" (PNB) ins Leben rief. In ihm waren all diejenigen Geistlichen organisiert, die gegen die Beschneidung der kirchlichen Unabhängigkeit durch die Faschisten kämpften oder aber die Widersprüche der NS-Kirchendoktrin nicht mit ihrem christlichen Selbstverständnis in Einklang bringen konnten. Am 20. Oktober 1933 wurde in Berlin-Dahlem der "Bruderrat des Pfarrernotbundes" gegründet. Er sollte dazu dienen, den Widerstand zu organisieren, zu konzentrieren und nicht zuletzt zu kontrollieren. So wurden z.B. Predigten formuliert, die in den verschiedenen Kirchengemeinden gleichzeitig abgehalten wurden und für alle dem PNB zugehörigen Pfarrern verpflichtend waren. Der Notbund, der sich in scharfer Opposition zu den "Deutschen Christen" befand, war dies nur in kirchenpolitischen Fragen. Im Bereich der Allgemeinpolitik stand er auf der Seite Hitlers. Der innerkirchliche Machtkampf wurde allerdings weitergeführt: auf der einen Seite der Reichsbischof und die faschistische "Glaubensgemeinschaft Deutsche Christen", auf der anderen der ehemalige U-Boot-Kommandant Niemöller und der Pfarrernotbund. Obwohl es der Notbund erreichte, dem Reichsbischof Müller durch deutsche Protestanten am 20. Dezember 1933 das Vertrauen zu entziehen, blieb dieser im Amt. Der Einfluß der NS-Herrscher auf den Apparat des kirchlichen Machtgefüges war zu diesem Zeitpunkt schon zu groß. Als 108


Hitler am 25. Januar 1934 bei einem Treffen mit Reichsbischof Ludwig Müller und protestantischen Kirchenführern dem Leiter des PNB eine derartige Abfuhr erteilte, distanzierten sich die Landesbischöfe von Bayern, Baden-Württemberg und Hannover von Niemöller und liefen zum Reichsbischof über. Der PNB verzeichnete in der unmittelbaren Zeit nach dieser Entwicklung einen erheblichen Mitgliederschwund von 7.000 auf 5.500 Pfarrer. Als der Notbund dadurch erkannte, daß eine Reform der "Deutschen Evangelischen Kirche" unmöglich geworden war, stellte dies den Beginn einer neuen kirchlichen Machtstruktur dar: die "→ Bekennende Kirche" entsteht. Q: [60]

Kogon, Eugen (2.2.1903 München - 24.12.1987 Falkenstein/Ts) studierte Nationalökonomie und Soziologie und begann seine politische Laufbahn in den Jahren 1927 bis 1934 bei der katholisch-konservativen Wochenzeitung "Schönere Zukunft" in Wien. Dort war er auch als Berater der Zentralkommission der Christlichen Gewerkschaften aktiv. In Deutschland wurde er 1937 wegen antinationalsozialistischer Tätigkeit zweimal in Haft genommen. Nach dem "Anschluß" Österreichs an das Deutsche Reich wurde Kogon 1938 erneut verhaftet und in das KZ Buchenwald eingeliefert, in dem er bis 1945 interniert war. Diese Jahre schildert er in seinem 1946 erschienenen Buch "Der SS-Staat". Im März 1947 wurde Kogon vom Hessischen Minister für politische Befreiung beauftragt, das Darmstädter Internierungslager (→Entnazifizierung) auf dem heutigen FTZ-Gelände zu begutachten. Von 1951 bis 1969 hatte er eine ordentliche Professur für Wissenschaftliche Politik an der →Technischen Hochschule Darmstadt inne. Er schrieb 1982 die Biographie "Wihelm →Leuschners politischer Weg". Q: [24], [94]

Kommunistischer Widerstand Die KPD und ihre Nebenorganisationen, die "Rote Hilfe Deutschlands" (RHD), die "Revolutionäre Gewerkschaftsopposition" (RGO) und der "Kommunistische Jugendverband Deutschland" (KJVD) waren auf die NS-Machtergreifung im Januar 1933 im allgemeinen vorbereitet. Man hatte z.B. aus den Parteibüros die Materialien 109


und Geräte zur Herstellung illegaler Flugblätter und Zeitschriften ausgelagert und bei weniger bekannten Mitgliedern versteckt gehalten. Trotzdem erlitt die kommunistische Partei seit dem 6. März hohe Verluste durch kurz- oder längerfristige Verhaftungen, Mißhandlungen, Beschlagnahmungen und Prozesse. Das faktische Verbot jeglicher politischer Aktivitäten für die KPD war bereits am 1. März 1933 durch das Hessische Innenministerium infolge der Reichstagsbrandverordnung erlassen worden. Mit sofortiger Wirkung wurden sämtliche kommunistischen periodischen Druckschriften, Flugblätter und Plakate eingezogen sowie Demonstrationen, Umzüge und öffentliche Veranstaltungen untersagt. Trotz aller dieser Unterdrückungsmaßnahmen versuchten die Kommunisten ihre Organisationsstruktur weitgehend aufrecht zu erhalten. Mit Beginn der Illegalität wurde die KPD in Fünfergruppen gegliedert, die unabhängig voneinander operierten, in denen die politische Lage besprochen, die Mitgliedsbeiträge kassiert und die Verteilung der illegalen Materialien übernommen wurden. Innerhalb von ca. drei Wochen schaffte es die Darmstädter KPD, die illegale Arbeit in Form einer regelmäßigen Zeitungserstellung aufzunehmen. Inhaltliche Schwerpunkte waren dabei Berichte über Mißhandlungen, Verhaftungen und der Prozeß der fortlaufenden NS-Machtergreifung. In umliegenden Orten wie z.B. Roßdorf, Weiterstadt, Griesheim und Pfungstadt kam es wenige Tage nach der faschistischen Machtergreifung ebenfalls zur Herstellung und Verteilung von illegalen Materialien. In der Auseinandersetzung mit der Stillhaltepolitik der Führung von SPD (→SPD-Widerstand) und →Gewerkschaften bemühte man sich um die Schaffung einer "kämpfenden Einheitsfront", in die auch die enttäuschten SA-Anhänger einbezogen werden sollten. Probleme gab es dabei vor allem mit der SPD. Es dauerte eine ganze Weile, bis die alten Vorurteile aus der Zeit der Weimarer Republik, in der die Kommunisten die Sozialdemokraten als "Sozialfaschisten" bezeichneten und als schlimmeren Gegner als die Nazis betrachteten, überwunden waren. Trotz dieser Schwierigkeiten gibt es auch Beispiele sozialdemokratisch-kommunistischer Zusammenarbeit in Darmstadt. Im Mai 1934 beschlossen der ehemalige RGO-Vorsitzende Alexander Wagenbach und der ehemalige SPD-Stadtrat Michael Schwab den Aufbau einer illegalen RGO-Gruppe. Die fortlaufenden Verhaftungen, die Verhängung mehrwöchiger Schutzhaftstrafen und die Verurteilungen durch das Sondergericht stellten schwerwiegende Probleme für die Widerstandstätigkeit dar. Nach der Verhaftung führender Mitglieder mußten jedesmal neue Ersatzleute gefunden 110


werden, die bereit waren, trotz der großen Gefahren die antifaschistische Arbeit fortzusetzen. Auch dauerte es dann wieder eine geraume Zeit, bis die Verbindungen zu den über- und untergeordneten Parteigruppen hergestellt und der Informationsfluß, die Verteilung des illegalen Propagandamaterials und die Einsammlung der Mitgliedsbeiträge sichergestellt waren. Durch die vielen Verhaftungen entstand in Darmstadt in der zweiten Hälfte des Jahres 1934 eine Lücke in der Organisationsstruktur, während es in den Landgemeinden gelang, diese relativ ungestört zu erhalten bzw. auszubauen. Mit Beginn des Jahres 1935 gelang es der Gestapo, die illegale Organisation des KPD-Bezirks Hessen-Frankfurt allmählich aufzurollen. Allein im hessischen Teil des Rhein-Main-Gebietes wurden bis zum Juni über 200 Mitglieder der KPD und ihrer Nebenorganisationen verhaftet. In Darmstadt waren es in den Monaten Mai und Juni mindestens 75 Personen, die zum großen Teil zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Diese Verhaftungswelle erforderte eine weitgehende Umstrukturierung der illegalen KPD-Arbeit. Der Schwerpunkt verlagerte sich von der Herstellung und Verteilung von Druckerzeugnissen auf die Mundpropaganda und das heimliche Anbringen antinazistischer Beschriftungen auf Straßen, Plätzen und Gebäuden. Nach Verbüßung seiner im Dezember 1933 vom Oberlandesgericht Kassel verhängten Gefängnisstrafe baute der ehemalige kommunistische Stadtrat und Unterbezirksvorsitzende Georg →Fröba 1936 eine illegale Organisation auf, die bis zu Beginn des Jahres 1943 arbeitete. Sie bestand aus mehreren, voneinander unabhängig operierenden Wohn- und Betriebsgruppen, an deren Spitze ein von Fröba eingesetzter Vertrauensmann stand. Die gesamte Organisation war so aufgebaut, daß das einzelne Mitglied nur sehr beschränkte Informationen über den Aufbau und die weiteren Angehörigen der Widerstandsgruppe besaß. Damit sollte im Falle der Festnahme eines einzelnen oder einer ganzen Gruppe die Zerschlagung der gesamten Organisation verhindert werden. Die Arbeit der Organisation bestand vor allem aus der materiellen Unterstützung der Familien inhaftierter Kommunisten und der Diskussion der politischen Lage. Während Flugblätter nicht mehr hergestellt wurden, kam es vereinzelt zum Ankleben von Zetteln mit antinazistischen Parolen. Nach Kriegsbeginn gewann der Kampf gegen die Rüstungsproduktion und die Unterstützung der Kriegsgefangenen sowie der ausländischen Zwangsarbeiter immer mehr an Bedeutung. Man half ebenso untergetauchten Personen und bemühte sich, Sozialdemokraten und Parteilose in diese Tätigkeiten einzubeziehen und Kontakte zu weiteren Gegnern des Naziregimes zu 111


knüpfen. Georg Fröba selbst hatte u.a. Verbindungen zu Darmstädter Intellektuellenkreisen und zu dem Direktor der chemischen Fabrik →Röhm & Haas. Auch die Aussage von Ludwig →Metzger, daß sich in seiner Wohnung in der Frankfurter Straße ab 1937 ein überparteilicher, informeller Widerstandskreis aus Sozialdemokraten, Mitgliedern der →Bekennenden Kirche und dem Kommunisten Willi Menges getroffen hat, bestätigt, daß spätestens seit 1937 eine verstärkte Bereitschaft zu gemeinsamen Diskussionen vorhanden war, auch wenn es zu keinen gemeinsamen Aktionen gegen das Naziregime kam. Im Frühjahr 1943 wurden Fröba und weitere führende Mitglieder verhaftet. Damit hatte zwar die kommunistische Widerstandsorganisation ihre Führungsspitze verloren, jedoch bestanden auch noch danach Verbindungen innerhalb der nicht von der Gestapo entdeckten Untergruppen. Trotz der Festnahmen, der langen Untersuchungshaftzeiten und den damit verbundenen Mißhandlungen gelang es der Gestapo und ihren Helfern in der Justiz nie, die gesamte kommunistische Widerstandsorganisation in Darmstadt zu zerschlagen. →Betriebsgruppe Goebel →Fillsack, Hans Otto Q: [130]

Kreisauer Kreis Kreisau war der Name des zwischen Breslau und Schweidnitz gelegenen Gutes des Grafen James von Moltke. Zwischen 1940 und 1943 trafen sich dort Angehörige der jüngeren Generation der deutschen Opposition gegen Hitler zu einer Reihe von Beratungen über den geistigen und politischen Neuaufbau Deutschlands nach dem Ende der NS-Diktatur. Der Begriff "Kreisauer Kreis" wurde zuerst von der Gestapo nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 gebraucht, deren Verfolgung die Mehrzahl der Mitglieder dieses Kreises zum Opfer fiel. Interessant und faszinierend ist dieser Personenkreis, weil er einen Querschnitt der deutschen Geistes- und Sozialgeschichte der dreißiger und vierziger Jahre darstellt und dies unter den Bedingungen der totalitären Diktatur. In ihm fanden sich zusammen: − Angehörige der alten preußischen Aristokratie wie z.B. James Graf von Moltke, Peter Graf Yorck von Wartenburg, Horst von Einsiedel oder Carl Dietrich von Trotha;

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Repräsentanten einer jungen sozialdemokratischen "Arbeiterelite" wie Julius Leber, Carlo →Mierendorff, Adolf Reichwein, Theodor→Haubach und andere; − Theologen wie die katholischen Alfred Delp, Augustin Rösch, Lothar König und die evangelischen Eugen Gerstenmaier, Harald Poelchau und andere; − Vertreter aus Wissenschaft und Verwaltung wie Adolf Reichwein, Hans Peters, Paulus van Husen, Theodor Steltzer, Adam von Trott zu Solz, Hans Lukaschek, Günter Schmölders und andere; − schließlich gingen die Beziehungen hinüber zum militärischen Widerstand, teils durch familiäre Bindungen, teils durch enge persönliche Freundschaften, besonders zum Attentäter des 20. Juli, Claus Graf Schenk von Stauffenberg und seiner Gruppe. In einem Brief hat James Graf von Moltke die gemeinsamen Ziele der Mitglieder des Kreises umrissen. Sie sahen es als ihre Aufgabe an, sich "ein Bild Europas nach dem Krieg" zu machen. "Wir können nur erwarten, unser Volk zum Sturz dieser Regierung des Schreckens und Grauens zu bewegen, wenn wir imstande sind, ein Ziel jenseits der lähmenden und hoffnungslosen nächsten Zukunft zu zeigen.... Die eigentliche Frage, vor die Europa nach dem Krieg gestellt wird, ist die, wie das Bild des Menschen im Herzen unserer Mitbürger wieder hergestellt werden kann. Dies aber ist eine Frage der Religion und der Erziehung, der organischen Verbundenheit mit Beruf und Familie, des rechten Verhältnisses zwischen Verantwortung und Anspruch." Es ging den Kreisauern um die Wiederherstellung der "Bürgergesellschaft" mit ihrem natürlichen Pluralismus der Interessen und Weltanschauungen. Die Idee der Gerechtigkeit wurde immer wieder beschworen, also die Wiederherstellung der Menschen- und Minderheitenrechte, des Rechtsstaates und der Gewaltenteilung. In wichtigen Punkten hat später der Parlamentarische Rat an diese Überlegungen angeknüpft, ohne ausdrücklich Bezug auf den Kreisauer Kreis zu nehmen. Übrigens gibt es in Darmstadt eine Moltkestraße. Diese ist allerdings nicht nach James von Moltke, sondern nach dem Militaristen Helmuth von Moltke benannt (→Moltkestraße). −

Q: [102]

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Kreiswehrersatzamt Die Kreiswehrersatzämter sind untere Behörden der Bundeswehrverwaltung. Ihre Aufgabe besteht hauptsächlich darin, wehrpflichtige Männer (und möglicherweise bald auch Frauen) der Musterung und einer sog. Eignungs- und Verwendungsprüfung (EVP) zu unterziehen, ihre Kriegsdienstfähigkeit festzustellen und damit den personellen soldatischen Nachschub für die Bundeswehr sicherzustellen. Die örtliche Zuständigkeit des Kreiswehrersatzamtes Darmstadt erstreckt sich nach Auflösung der Kreiswehrersatzämter Frankfurt/M. und Heppenheim auf die Gebiete Stadt und Kreis Offenbach, die Kreise Groß-Gerau, Darmstadt-Dieburg, Bergstraße und Odenwald, sowie der Stadt Darmstadt. Das Kreiswehrersatzamt Darmstadt befand sich bis Januar 1994 im Schottener Weg 1 und ist seitdem in der →Starkenburg-Kaserne untergebracht. Q: [146]

Kriegsschäden →Zerstörung Darmstadts →Brandnacht

Kunsthalle Im Ausstellungsgebäude des Darmstädter Kunstvereins in der Rheinstraße, Ecke Steubenplatz, wurde im Juni 1936 die Ausstellung → "Entartete Kunst" gezeigt, die in der Zeitung "Darmstädter Wochenschau" mit folgenden Worten angekündigt wurde:"In den Räumen des Kunstvereins Darmstadt Kunsthalle, Rheinstraße, wird ab Mitte Juni die Austellung 'Entartete Kunst' gezeigt, die in Dresden zum erstenmal der Öffentlichkeit zugängig gemacht wurde und von der der Führer wünscht, daß jeder Deutsche sie besucht.Wir sind in Darmstadt in den Nachkriegsjahren (Erster Weltkrieg) mit dem, was das Volk als arteigene Kunst empfindet, nicht gerade verwöhnt worden. Wir erinnern uns noch sehr genau der Ausstellungen aus den Jahren 1920 und folgende, als die Kunststadt Darmstadt das zweifelhafte Vergnügen hatte, derjenige Ort zu sein, an dem künstlerische Nihilisten, intellektuell entartete Schwächlinge und ölfrevelnde Maler es wagen konnten uns Bilder vorzusetzen, ..., und die wir wiederzusehen das 'außerordentliche Vergnügen' haben werden, in der Ausstellung 'Entartete Kunst'."

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Die im Zweiten Weltkrieg praktisch völlig zerstörte Kunsthalle wurde 1956 nach Plänen des Architekten Theo Pabst neu erbaut und 1965 und 1987 erweitert. Vor dem Neubau erinnert ein Torbogen an die ehemalige Kunsthalle.

Die neue Kunsthalle. Vorne rechts die Mauerreste der alten Kunsthalle Q: [79], [115]

Lager In Darmstadt gab es während des Zweiten Weltkrieges über 60 Lager für Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, in denen in diesem Zeitraum rund 5.000 Menschen untergebracht waren. Die Größe der Lager war sehr unterschiedlich. Sie reichte von Werkslagern, z.B. bei →Merck oder →Schenck mit mehreren hundert Insassen bis zu kleinen Räumen oder Nebengebäuden von Gasthäusern, in denen manchmal nur ein Dutzend Menschen hausen mußte. Bei dem schweren Luftangriff auf Darmstadt im September 1944 wurden auch etliche Lager zerstört. Die Menschen mußten daraufhin auf andere Lager verteilt werden, was die teilweise katastrophalen hygienischen Zustände weiter verschlechterte. →Zwangsarbeit Q: [130]

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Landgerichtsgefängnis Rundeturmstraße Nach der Machtergreifung in Hessen im März 1933 durch die Nazis inhaftierte man in diesem Gefängnis als erstes die politische Opposition (Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter). Aber auch inhaftierte Juden warteten hier auf ihre Verurteilung und den Transport in ein Arbeits- oder Konzentrationslager. Ernst Trier, Möbelfabrikant (nach der →Arisierung, Tritsch & Heppenheimer), willkürlich verhaftet, beging dort am 17.9.1938 Selbstmord. Später wurde das Gefängnis auch für Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene genutzt, die versucht hatten zu fliehen oder "widerrechtlich" Kontakt zu Deutschen hatten. Mehrere Gefangene berichteten unabhängig voneinander über einen jungen polnischen Zwangsarbeiter, der, nachdem er schwer mißhandelt worden war, ohne ärztliche Versorgung und Nahrungszuteilung tagelang auf dem Gang liegen gelassen wurde, Mauerreste des ehemaligen Landgerichtsgebis er schließlich seinen fängnisses schweren Verletzungen erlag. "Priviligierte" und Juden aus "Mischehen" kamen in das AEL (Arbeitserziehungslager) Heddernheim in Frankfurt. Dort starben aus diesem Kreis wahrscheinlich 10 Personen, weitere 30 - 40 Personen wurden weiter nach Auschwitz oder Buchenwald deportiert. Selbst wer von den Verfolgten das Glück hatte zu überleben, wird die Verachtung, Mißhandlung und Folter nicht vergessen haben, denen sie im Gefängnis Rundeturmstraße durch das Naziregime ausgesetzt waren. Das Gefängnis, von Georg Moller erbaut, wurde auch nach dem Krieg weiter genutzt und schließlich 1970 abgerissen. Die freie Fläche war bis 1995 ein Parkplatz der →Technischen Hochschule Darmstadt. Heute steht dort ein Forschungsinstitut.

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Seit 3.2.1995 weist eine Gedenktafel auf die hier begangenen Verbrechen hin. Q: [151]

Leo-Tolstoi-Straße Die Straße in Eberstadt wurde nach dem russischen Schriftsteller und Philosophen Graf Leo Nikolajewitsch Tolstoi (1828 1910) benannt. Bekannt ist er u.a. durch seinen Roman "Krieg und Frieden". Aber nicht nur dort äußerte er sich kritisch zu diesem Thema. So schrieb er über den "Umgang mit Militärpersonen": "Willst du nicht des Mordens teilhaftig werden, behandle jede Militärperson, wie man einen verwirrten, des Mordes überführten Menschen, zu behandeln pflegt." 1909 sprach er in seiner "Rede gegen den Krieg": "Wir müssen sagen, was alle wissen und nur nicht zu sagen wagen, wir müssen sagen, daß, wenn die Menschen dem Mord einen noch so veränderten Namen geben, der Mord immer nur Mord bleibt - eine frevelhafte, schmachvolle Tat" Und schließlich in seiner Schrift "Patriotismus und Regierung": "Alle Söhne, Gatten und Väter wurden im Morden unterrichtet, mußten zu unterwürfigen Sklaven eines höheren Vorgesetzten werden und unweigerlich zum Mord derer bereit sein, die zu morden ihnen befohlen wird." Q: [88], [135]

Leuschner, Wilhelm (15.6.1890 Bayreuth 29.9.1944 Berlin-Plötzensee) kam 1909 als Holzbildhauer nach Darmstadt, wo er sich der Gewerkschaftsbewegung anschloß. Er engagierte sich politisch, wurde 1919 SPDStadtverordneter in Darmstadt, 1924 Mitglied des hessischen Landtages und war von 1928 bis 1933 unter Staatspräsident →Adelung Innenminister in Hessen. Dieses Amt hatte er bis Mitte März 1933 inne. 1929 holte er Carlo →Mierendorff als Pressesprecher ins Innenministerium. Nach Erkenntnissen des Politologen Herbert Heuß ist das Hessi117

Wilhelm Leuschner


sche → "Zigeunergesetz" eng mit dem Namen Leuschner verknüpft, da mit diesem Gesetz 1929 Darmstadt ausdrücklich zur "Nachrichtenzentralstelle für Zigeuner und Landfahrer für Hessen" bestimmt wurde. Damit hat Darmstadt lange vor 1933 zur lückenlosen Sondererfassung und Kontrolle der Sinti und Roma in Hessen beigetragen. 1932 war Leuschner zum stellvertretenden Vorsitzenden des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftbundes vom Bundesvorstand ernannt worden. Von 1933 bis 1934 wurde Leuschner in "Schutzhaft" genommen. Stationen faschistischer Repression waren u.a. das Zuchthaus bei Butzbach, das KZ Lichtenburg bei Torgau und das KZ Bürgermoor bei Papenburg. Nach seiner Entlassung war er als Kleinfabrikant in Berlin tätig, mußte sich jedoch anfangs täglich bei der Polizei im Zuge der politischen Überwachung melden. Während dieser Zeit hielt Leuschner die Kontakte zur Widerstandsbewegung →Kreisauer Kreis weiter aufrecht. Er war in einem demokratischen Deutschland als Vizekanzler vorgesehen. Nach dem mißglückten Hitler-Attentat am 20. Juli 1944 wurde Leuschner verhaftet und gemeinsam mit Carl-Friedrich Goerdeler, Josef Wirmer, Ulrich von Hassel und Paul Lejeune-Jung am 8. September 1944 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 29. September 1944 in BerlinPlötzensee hingerichtet. In Darmstadt wurde 1945 die Sudetengaustraße in Wilhelm-LeuschnerStraße umbenannt. Die 1956 erbaute Schule in der Bessunger Straße 195 erhielt seinen Namen. Dort wurde im gleichen Jahr eine von Herbert Kühn gestaltete Portraitplastik aufgestellt. Auf dem →Waldfriedhof erinnert ein Gedenkstein an ihn. Außerdem befindet sich im Regierungspräsidium seit 1953 eine gemeinsame Gedenktafel für Ludwig →Schwamb, Wilhelm Leuschner und Carlo →Mierendorff. 1998 wurde am "Haus für Industriekultur" in der Kirschenallee ein Bronzerelief Leuschners angebracht. In diesem Gebäude befand sich Anfang des Jahrhunderts die ehemalige Möbelfabrik Alter, in der Leuschner als Holzbildhauer 1909 angefangen hatte zu arbeiten. Seit 1964 verleiht das Land Hessen die Wilhelm-Leuschner-Medaille an Persönlichkeiten, die sich um die Demokratie verdient gemacht haben. Q: [5], [7], [10], [42], [74], [94], [114], [119], [143]

Lincoln Siedlung (Lincoln Village) An der Heidelberger Straße liegt die nach dem 16. Präsidenten der USA, Abraham Lincoln (1809 - 1865), be118


nannte Wohnsiedlung für Angehörige der →US-Army. Auf einer Fläche von 24 Hektar steht Wohnraum für 480 Familien zur Verfügung. In der Lincoln Siedlung stehen neben Wohnblocks weitere Gebäude und Anlagen, wie z.B. eine Schule, eine Tankstelle und Sportanlagen. Die ersten Gebäude der Lincoln Siedlung wurden 1951 eingeweiht. Q: [22], [48], [74]

Luisenplatz Der Luisenplatz liegt im Zentrum der Stadt Darmstadt und ist ihr bedeutendster Platz. Beachtenswert ist, daß er nach einer Frau benannt ist. Diese Würdigung wird jedoch durch das alles überragende männliche Symbol, den "Langen Ludwig", geschmälert. Der Platz wurde 1820 nach Großherzogin Luise (1761 bis 1829) benannt, der Ehefrau des Großherzogs Ludwig I. (1753 bis 1830). Auf dem Luisenplatz entstand 1824 der Löwenbrunnen. Er mußte 1840 dem "Langen Ludwig" weichen (Einweihung 1844) und steht heute auf dem Mathildenplatz. Von 1933 bis 1945 hieß der Platz Adolf-Hitler-Platz. Q: [135]

Mayer, Albert (23.5.1900 Darmstadt - 7.12.1990 Darmstadt) wuchs im Martinsviertel auf. Durch den Vater sich der Sozialdemokratie verbunden fühlend, wurde er von frühester Kindheit an durch ein sehr politisches soziales Umfeld geprägt. 1903 wurde der Vater aufgrund seiner parteipolitischen Aktivitäten offiziell gemaßregelt. 1907 wurde er als Schaffner bei der Reichsbahn aus dem Staatsdienst wegen "gewerkschaftlicher Umtriebe" entlassen. Mayer machte zunächst eine Schreinerlehre und legte später die Meisterprüfung ab. Politisch betätigte er sich im Betriebsrat und als Vorsitzender der Verwaltungsstelle Darmstadt des Holzarbeiterverbandes. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges war er am Aufbau der Volkshochschule in Darmstadt beteiligt. Seine "gewerkschaftliche Ausbildung" eignete er sich zwischen 1920 und 1930 an. In den Zeiten des SPDInnenministers →Leuschner wurde er Jugendgruppenleiter der Darmstädter Gewerkschaftsjugend. Anfang der 30er Jahre erhielt er ein Stipendium, das es ihm ermöglichte, an der Staatlichen Fachschule für Wirtschaft und Verwaltung in Düsseldorf zu studieren. Als Mitglied der SPD-Fraktion war 119


er bis 1933 Beigeordneter in der Darmstädter Stadtverordnetenversammlung. Im März 1933 wurde er infolge der NS-Machtergreifung aus politischen Gründen aus dem Dienstverhältnis beim Darmstädter Arbeitsamt entlassen. Während der Zeit seiner Erwerbslosigkeit entstanden u.a. Kontakte zu Willi Richter, Wilhelm Leuschner und Carlo →Mierendorff. Dies hatte Hausdurchsuchungen durch die Gestapo, Polizeiaufsicht und Schutzhaft zur Folge. 1936 wurde er von der NS-Justiz wegen "Hochverrats" angeklagt und zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt, 1938 für "wehrunwürdig" erklärt. 1941 war Alber Mayer als "aktiver Soldat" zwar ausgemustert, wurde jedoch zur Sanitäterausbildung eingezogen, um in Kriegslazaretten in Frankreich, Polen und Ungarn als Sanitäter und Truppenarztschreiber seinen Beitrag zum "Endsieg" zu leisten. Anfang 1945 geriet er in Budweis (heute: Tschechische Republik) in US-Kriegsgefangenschaft, aus der er am 1. Juni 1945 entlassen wurde. Unter dem ersten Nachkriegs-Oberbürgermeister Ludwig →Metzger (SPD) wurde er mit dem personellen und organisatorischen Wiederaufbau der Gewerkschaften beauftragt. Anfang September 1945 wurden die Gewerkschaften in Darmstadt als "Zentrale Gewerkschaft Darmstadt" zugelassen. Nach der Gründung von Landesverbänden war er Vorsitzender der Bezirksverwaltung Darmstadt des "Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes" (FDGB) und stellvertretendes Mitglied des vorbereitenden Ausschusses zur ersten Gewerkschaftskonferenz in München im Oktober 1949. 1950 wurde er Vorsitzender des DGB-Kreisausschusses Darmstadt. Über seine unmittelbare gewerkschaftliche Arbeit hinaus zeigte er sich maßgebend verantwortlich für den Aufbau der Ortskrankenkassen, der Büchergilde Gutenberg, des Kulturbundes und der Konsumgenossenschaft. 1963 wurde er, zwei Jahre vor seiner Pensionierung, mit der Bürgerehrung der Stadt Darmstadt ausgezeichnet. Als sich Mayer 1965 offiziell aus seinem Berufsleben verabschiedete, ließ es sich die Stadt Darmstadt nicht nehmen, ihm die Silberne Verdienstplakette zu verleihen. In den Jahren 1964 bis 1972 arbeitete er ehrenamtlich im Magistrat der Stadt Darmstadt. 1967 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Q: [139]

Meister, Fritz (1902 - 24.7.1939 Darmstadt) war ein Arheilger Sozialdemokrat und Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialisten. Bereits als 120


junger Mann war er in der Arbeiterbewegung und der Sozialdemokratie tätig. Während des Ruhrkampfes 1921 gegen die Besetzung des Ruhrgebietes durch Frankreich unterstützte er die Streikenden: Er schmuggelte Gelder der Reichsregierung aus dem unbesetzten Darmstadt in das nach 1918 französisch besetzte Arheilgen. Vor der Machtergreifung durch die Nazis 1933 übte Meister in der Arheilger SPD viele Funktionen aus und organisierte später den Widerstand mit. Als bei den Märzwahlen 1933 die Hälfte der Arheilger für die SPD stimmte, zog er sich den Haß der Nazis zu. Sein Haus wurde regelmäßig durchsucht, er erhielt Morddrohungen und wurde nach der Arbeit bis spät in die Nacht zu "Drecksarbeit" gezwungen. Diese seelischen Belastungen konnte er schließlich nicht mehr ertragen - er ertränkte sich am 24. Juli 1939 in der Grube Prinz-vonHessen. Die Fritz-Meister-Anlage in Arheilgen erinnert an ihn. Q: [135]

Memory Field Dieses von der →US-Army genutzte Sportgelände ist etwa drei Hektar groß und liegt an der Eschollbrücker Straße zwischen →Camp Arrowhead und den →Kelley Barracks. Q: [48]

Merck Die chemische Fabrik E. Merck war mit ca. 4.000 Beschäftigten (1939) der größte Arbeitgeber der Region. Hier wurden vor allem Zwangsarbeiter, Zwangsarbeiterinnen und Kriegsgefangene aus westlichen Ländern beschäftigt. 1941 hatte sich die Firma von der Reichshauptstelle Chemie bescheinigen lassen, daß die meisten ihrer Produkte "kriegsentscheidend" seien, damit sie bei der Zuteilung ausländischer Arbeitskräfte bevorzugt wurde. Zunächst wurden Kriegsgefangene aus Frankreich, dann belgische Zivilarbeiter zwangsverpflichtet. Im Sommer 1942 traf ein größerer Transport Zwangsarbeiterinnen aus der Ukraine ein. Untergebracht waren die meisten in einem Barackenlager auf dem Werksgelände in der Frankfurter Straße. In den auf der Ostseite gelegenen vier Baracken waren Belgier, Franzosen und Sowjetbürger untergebracht, in drei Baracken auf der Westseite "Ostarbeiterinnen". In diesen für Frauen

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bestimmten Baracken lebten auch zahlreiche Kinder, von denen einige sogar in diesen Baracken geboren worden waren. Im März 1943 forderte die DAF (Deutsche Arbeitsfront) die Einrichtung einer "Entbindungsbaracke für Ostarbeiterinnen im Werk". Angesichts des zunehmenden Arbeitskräftemangels hatte der Reichsführer SS Heinrich Himmler einen Rückführstop für schwangere Ostarbeiterinnen verfügt. Um die Arbeitskraft der Mütter sofort nach der Entbindung wieder zu nutzen, sollten bei größeren Betrieben und auf dem Land "Ausländerkinderpflegestätten einfachster Art" eingerichtet werden. Dies geschah auch in vielen Betrieben und Orten. Die in diesen Einrichtungen untergebrachten polnischen und russischen Säuglinge hatten kaum eine Überlebenschance. Ob diese Pläne auch von Merck umgesetzt wurden, ist noch nicht erforscht. Weitere Unterkünfte befanden sich in der Gastwirtschaft "Zum grünen Baum", Dieburger Straße 2; hier waren Zwangsarbeiter aus westlichen Ländern untergebracht. In den Gasthäusern "Zur Sonne", "Zum goldenen Löwen" und "Zum weißen Schwan" in Arheilgen waren Belgier und Italiener untergebracht. Ein weiteres firmeneigenes Lager befand sich in Mühltal-Traisa. Nach Kriegsende gab die Firma Merck die Zahl der ausländischen Beschäftigten mit insgesamt 1659 an. In den Statistiken fehlen allerdings die jungen Sinti-Frauen, die zur Zwangsarbeit bei Merck verpflichtet wurden und im Frühjahr 1943 an ihrem Arbeitsplatz verhaftet wurden. Ihre Zahl wird nirgendwo erwähnt. Am 12. Dezember 1944 wurde das Firmengelände bei einem Bombenangriff schwer getroffen, 60 Menschen fanden dabei den Tod. →Zwangsarbeit Q: [87]

Merck, Carl Die Verbindungen zwischen →Technischer Hochschule, Industrie und staatlichen Stellen waren vielfältig. Beispielsweise war Dr. Carl Merck, Mitbesitzer der chemischen Fabrik E. →Merck, eine der führenden Persönlichkeiten der Vereinigung der Freunde der TH, Reichswirtschaftsführer, Vorsitzender der Fachgruppe Chemie im NS-Bund deutscher Techniker und von der →NSDAP ernannter Ratsherr der Stadt Darmstadt. Q: [79]

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Mercksplatz Der Platz wurde 1918 nach der 1850 dort errichteten chemischen Fabrik →Merck benannt. Diese wurde 1901-1904 aus Platzmangel an den heutigen Standort an der Frankfurter Straße verlegt. Initiiert von Studenten der Technischen Hochschule Darmstadt fand auf diesem Platz am 21. Juni 1933 eine →Bücherverbrennung statt. Q: [135]

Metzger, Ludwig (18.3.1902 - 13.1.1993) studierte nach dem Abitur an den Universitäten Gießen, München und Wien Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft und arbeitete mehrere Jahre als Assessor und Referendar an Amtsgerichten und Staatsanwaltschaften. 1933 wurde er aus politischen Gründen aus dem Justizdienst entlassen. 1934 ließ er sich als Rechtsanwalt in Darmstadt nieder (Rheinstraße 22, heute: FDP-Geschäftsstelle) und vertrat in der Folgezeit häufig Pfarrer, die der →Bekennenden Kirche angehörten und deswegen disziplinarisch belangt wurden. Im Frühjahr 1936 wurde Metzger in seiner Wohnung, Frankfurter Straße 62, von der →Gestapo verhaftet und mehrere Tage lang verhört. Bei der anschließenden Gerichtsverhandlung wurde er allerdings freigesprochen, da keiner der ihm zur Last gelegten Vorwürfe bewiesen werden konnte. Um der Gestapo aus dem Weg zu gehen, die ihn immer schärfer überwachte, trat Metzger, auf Vermittlung seines Freundes Ludwig Engel, der ihn 1950 als Oberbürgermeister von Darmstadt ablösen sollte, im Januar 1943 eine Stelle als Leiter der Rechtsabteilung der deutschen Umsiedlungs- und Treuhandgesellschaft in Luxemburg an. Metzger traf sich kurz vor dem 20. Juli 1944 unter anderem mit den Widerständlern →Leuschner, →Haubach, →Schwamb und →Mierendorff und erklärte sich im Falle eines Umsturzes zur Mitarbeit in einer neuen Regierung bereit. Nach dem Bombenangriff auf Darmstadt im September 1944 kehrte Metzger zurück und wurde nach dem Einmarsch der Amerikaner im März 1945 von diesen als Bürgermeister eingesetzt. Er erwarb sich in den folgenden Jahren große Verdienste beim Wiederaufbau der zerstörten Stadt. 1950 gab er dieses Amt ab und wurde als Kultusminister in die Hessische Landesregierung berufen. 1953 wurde er in den deutschen Bundestag gewählt, dem er bis 1969 angehörte. Bis 1971 gehörte er dem Parteivorstand der SPD an. Bis 1973 war er Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD). Für seine Verdienste erhielt Ludwig Metzger zahlreiche Aus123


zeichnungen, unter anderem das Bundesverdienstkreuz, die WilhelmLeuschner-Medaille und die Ehrenbürgerschaft der Stadt Darmstadt. 1998 wurde der Platz vor dem Justus-Liebig-Haus nach Ludwig Metzger benannt. Ludwig Metzger war der Vater des späteren Oberbürgermeisters Günther Metzger. Q: [10], [39], [125]

Mierendorff, Carlo (24.3.1897 Darmstadt - 4.12.1943 Leipzig) Als Sohn eines im Dienst des hessischen Großherzogs stehenden kleinen Angestellten besuchte er das Ludwigs-Georgs-Gymnasium in Darmstadt und meldete sich 1914 als Kriegsfreiwilliger zum Ersten Weltkrieg, aus dem er 1918 als Offizier hochdekoriert zurückkehrte. Schon während des Krieges arbeitete Mierendorff an der Herausgabe der 1915 gegründeten Schülerzeitung "Dachstube" mit. Nach dem Krieg gründete er zusammen mit dem Drukker Josef Würth (an ihn erinnert in Darmstadt der Würthweg), der bereits bei der "Dachstube" mitgewirkt hatte, die hessischen radikalen Blätter "Das Tribunal". Mierendorff, der 1920 der SPD beitrat, studierte in Frankfurt, München, Heidelberg und Freiburg Volkswirtschaft. Er wurde in Heidelberg promoviert. 1929 wurde er als Pressechef des sozialdemokratischen hessischen Innenministers Wilhelm →Leuschner dessen engster Mitarbeiter. 1930 wurde Mierendorff Mitglied des Deutschen Carlo Mierendorff Reichstags. Gleich nach der Machtergreifung der Nazis kam er in KZ-Haft - →Osthofen, PapenburgBürgermoor, Torgau und Buchenwald waren die Stationen. Mierendorff hatte 1933 eine Emigration aus politischen Gründen abgelehnt. Laut Adreßbuch, Ausgabe 1933, befand sich seine Wohnung in der Hügelstraße 124


65. Die Ausgabe 1935 enthält keinen Eintrag "Mierendorff" mehr. Am 12. Juni 1933 wurde er in Frankfurt verhaftet und am nächsten Tag unter SSBewachung durch die Darmstädter Straßen gefahren. Nach der Entlassung aus der KZ-Haft 1938 war er in der Sozialabteilung der Braunkohle und Benzin AG Berlin tätig. Mierendorff gehörte zum →Kreisauer Kreis. Er starb am 4.12.1943 durch einen Bombenangriff auf Leipzig. In Darmstadt-Eberstadt erinnert an ihn die Carlo-Mierendorff-Straße sowie ein Gedenkstein auf dem →Waldfriedhof, auf dem er auch begraben liegt. Außerdem befindet sich im Regierungspräsidium seit 1953 eine gemeinsame Gedenktafel für Ludwig →Schwamb, Wilhelm Leuschner und Carlo Mierendorff. Q: [4], [5], [10], [74], [135]

Moltkestraße Die Straße wurde 1918 nach dem preußischen Generalfeldmarschall Helmuth Graf von Moltke (1800 - 1891) benannt. Moltke war ein besonders "erfolgreicher" Heerführer. Er verfaßte zahlreiche militärische und geographisch-historische Werke. 1870/71 war er Heerführer im Deutsch-Französischen Krieg und trug durch seine Strategie maßgeblich zum "Sieg" der Deutschen Truppen bei. 1877 besuchte er zusammen mit dem Kaiser anläßlich eines Manövers Darmstadt und wohnte im Schloß. In der Moltkestraße 18 befindet sich die Heinrich-Heine-Schule. →Heine hatte sich in seinen Schriften gegen Krieg und Militarismus gewandt. In Darmstadt ist es möglich, daß so gegensätzliche Menschen nebeneinander "geehrt" werden können. Nach dem dem →Kreisauer Kreis angehörenden James von Moltke ist keine Örtlichkeit benannt. Q: [135]

Mozartturm Im Jahre 1936 (andere Quellen sprechen von April bis August 1939) wurde in der Rheinstraße 111 der heute so genannte "Mozartturm" gebaut. Er war sowohl Bunker als auch Flakstellung (das Geschütz war auf dem Dach montiert) und stand an strategisch wichtiger Stelle am westlichen Eingang zur Stadt in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs. Jahrzehntelang hieß er "Richthofen-Bunker"; seinen Namen ver125


dankte der Bunker dem "Roten Baron" Manfred Freiherr von Richthofen. Heute wird das Relikt des Zweiten Weltkrieges, in dem die Stadt 1945 ihre Kapitulation erklärte, als Mozart-Archiv privat genutzt, ist aber für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Q: [115]

Nathan Hale Depot Das 13 Hektar große Nathan Hale Depot ist eine Einrichtung der →US-Army und befindet sich zwischen der Hilpertund Kleyerstraße. Das Haupttor, das jedoch geschlossen ist, liegt am Ende der Scheppallee. Eine HinMozartturm weistafel fordert zum Benutzen des Tors in den →Kelley Barracks auf. Auf dem Gelände befinden sich die Abteilung für Ingenieur- und Wohnungswesen sowie die Logistikabteilung und Commissary (Supermarkt). Gebäudemäßig ist das Nathan Hale Depot mit Wartungsbauten für Panzer- und Kraftfahrzeuge und für allgemeine Instandsetzungsaufgaben sowie Lagerhallen und Kraftstofftanks ausgestattet. Das Depot hat einen Gleisanschluß zum Hauptbahnhof Darmstadt. Die Gleise machen jedoch einen ungewarteten Eindruck, so daß davon ausgegangen werden kann, daß der Schienentransport weitestgehend eingestellt ist. Q: [48], [146]

NATO-Tanklager Pfungstadt Zwischen der Bundesstraße B3 (An der neuen Bergstraße) und der Autobahn A5, südwestlich der →FrankensteinKaserne befindet sich ein 76 Hektar großes Gelände mit dem Tanklager, das zwar in der Gemarkung Pfungstadt liegt, hier aber trotzdem aufgeführt wird, da es unmittelbar an Darmstadt angrenzt. Zum Haupteingang führt 126


eine breite Zufahrtstraße, die von der Verbindungsstraße zwischen Seeheim und Pfungstadt abzweigt. Ein Bahngleis von Bickenbach führt in das umzäunte Gelände und geht weiter bis in die Frankenstein-Kaserne. Auf der westlichen Seite ist eine Pipeline entlang einer geteerten Straße verlegt. Auf der östlichen Seite, an der B3, findet man sieben oder acht in Grashügeln eingebettete Tankdepots. Von dem Tanklager führt eine Pipeline zur Rhein/Main-Air Base und eine nach Gernsheim am Rhein. Q: [48]

Natzweiler-Struthof Das Konzentrationslager im von Deutschland annektierten Elsaß war ein Vernichtungslager der faschistischen Machthaber und stand unter dem Kommando der Waffen-SS. Die SS ("Schutz-Staffel") war ursprünglich als "Hitlers schwarze Leibgarde" 1929 gegründet worden und unterstand der SA, den sogenannten "Sturm-Abteilungen". Als im Verhältnis zur Wehrmacht kleine "arische Elite-Armee" hatte sie vor allem eine ideologische Doppelrolle zu erfüllen: Einerseits der neuen "Herrenschicht" eine ihr angedachte Ausbildung zukommen zu lassen, andererseits durch ein flächendeckendes "Angst-vor-Terror-System" jeglichen vermuteten, wirklichen oder dazu erklärten Gegner der nationalsozialistischen Herrschaft auszuschalten, - d.h. allen Menschen, denen ihr Existenzrecht zuerst abgesprochen, dann auf grausamste Weise genommen worden war, abzusondern, zu diffamieren, zu entwürdigen, zu zerbrechen und zu vernichten. Man verwertete das (Menschen-)"Material" für medizinische Experimente (Folterung, Verkrüppelung, Ermordung) für Forschung und Industrie und als Arbeits-Sklaven für den NS-Staat, der sich so im Zuge der Kriegsführung und seiner tödlichen Folgen den Nachschub an Arbeitskräften sicherte. Deutsche Industrielle, Akademiker und Unternehmer stellten sich bereitwillig in den Dienst dieser "Todesmaschinerie". Dazu wurden in vielen deutschen Städten KZ-Außenlager eingerichtet. Von der SS bewachte KZ-Insassen wurden Unternehmern als Zwangsarbeiter zur Verfügung gestellt und von diesen unter grausamsten Bedingungen ausgebeutet. Auch für die in Darmstadt ansässige Rüstungsfirma des Dr.-Ing. Hans Heymann war dies ein profitables Geschäft. Häftlinge aus Deutschland, der Tschechoslowakei und Frankreich mußten Stabilisierungskreisel für die in Peenemünde entwickelte V2-Rakete bauen. Im Zeitraum vom 31. August bis zur Nacht vom 11./12. September 1944, als Darmstadt von Alliierten bombardiert wurde, unterhielt die Firma 127


Heymann in Darmstadt ein Außenkommando des KZ Natzweiler-Struthof. Darüber hinaus bis zum 25./26. März 1945 in Bensheim-Auerbach, wo im Außenlager Hochstätten, dem ehemaligen Marmorit-Werk Hochstätten in unterirdischen Stollen weiterproduziert wurde. Außenkommandos gab es auch in Katzbach/Frankfurt am Main (VDO-Adlerwerke), Heppenheim (TROKOFA; Trockenkonservenfabrik der "Deutschen Versuchsanstalt für Ernährung und Verpflegung GmbH"), Hanau (Dunlop), Walldorf und Geisenheim. Q: [110], [128]

Nieder-Ramstädter Heime der Inneren Mission Wenige Kilometer von Darmstadt entfernt, in der Gemeinde Nieder-Ramstadt, oder postalisch korrekt in Mühltal, liegt die Einrichtung der Diakonie, die sich der Förderung und Betreuung von vorwiegend geistig behinderten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen widmet. Am 17. Oktober 1900 wurde dort die hessische "Epileptischen-Anstalt Viktoria-Melita-Stift zu Nieder-Ramstadt bei Darmstadt" eingeweiht. Bis 1936 konnte diese kirchliche Einrichtung noch relativ eigenständig wirtschaften. Im November 1936 besichtigten zwei Obermedizinalräte die Anstalt. Ein Grund dafür wurde nicht genannt. Ein Jahr später, im Nobember 1937, griff das nationalsozialistische Regime sehr massiv in das Anstaltsleben ein. Es ging um die Senkung des Pflegesatzes und um maßgeblichen Einfluß im Vorstand. Nach diesen Maßnahmen wurde sehr schnell deutlich, daß eine Verlegung der "Pfleglinge" zu befürchten war. Im Frühjahr 1938 erging die nationalsozialistische Order an alle hessischen Fürsorgeverbände, "in den Nieder-Ramstädter Anstalten untergebrachte Pfleglinge, 600 Epileptische und Pfleglinge, vom 1. April bis 1. Mai zu verlegen". Am 1. April 1938 waren in den Anstalten insgesammt 647 Menschen untergebracht. Im gleichen Jahr noch wurden davon 250 in staatliche Einrichtungen verlegt, 1939 noch einmal fast 300. Es ist davon auszugehen, daß viele von ihnen umgebracht wurden. Q: [83]

NSDAP Im überwiegend vom Bürger- und Beamtentum geprägten Darmstadt hatte es die NSDAP leichter als in anderen Städten des Deutschen 128


Reiches, Anhänger zu gewinnen. Bei fast allen Wahlen zwischen 1924 und 1933 lag der Stimmenanteil der NSDAP in Darmstadt deutlich über dem Reichsdurchschnitt. Bei der Reichstagswahl im September 1930 konnten die Nazis ihren Stimmenanteil gegenüber der Stadtverordnetenwahl vom November des Vorjahres mehr als verdoppeln und wurden mit 24,4 Prozent (Reichsdurchschnitt 18,3 Prozent) zweitstärkste Partei in Darmstadt nach der SPD. Die Wahlen zum Hessischen Landtag am 15. November des folgenden Jahres brachten dann endgültig den absoluten Sieg der Nationalsozialisten. Sie konnten ihren Stimmenanteil an den Reichstagswahlen des Vorjahres nahezu verdoppeln und erreichten 45,1 Prozent. Begünstigt wurde dieser rasche Anstieg durch den gleichzeitigen Niedergang der einst so starken Deutschen Volkspartei (DVP), der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). Vor allem die DVP, die in Darmstadt ihre Hochburg besaß und 1928 noch fast 30 Prozent der Wähler in Darmstadt hinter sich hatte, schrumpfte bei der Landtagswahl im November 1931 auf 4,9 Prozent fast bis zur Bedeutungslosigkeit. Mit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise und dem Anwachsen der nationalsozialistischen Bewegung nahm auch der NS-Terror zu. Ludwig Engel, der spätere Oberbürgermeister von Darmstadt, wies in diesem Zusammenhang auf die Haltung des damaligen Hessischen Innenministers Wilhelm →Leuschner hin: "Am 16. November 1930 warnte er mit besonders scharfen Worten auf dem damaligen Paradeplatz, dem heutigen →Friedensplatz, in Darmstadt vor der faschistischen Gefahr und rief zum entschlossenen Kampf gegen die Gewaltmethoden der Nazis auf." Wie andernorts stellte sich auch in Darmstadt schon am 30. Januar 1933 heraus, daß diese Warnung nicht unbegründet war. Der Groß-Gerauer SAFührer Moos berichtete über das Stören und Verhindern von Veranstaltungen gegnerischer Parteien und Organisationen: "Eine Abwechslung im SA-Dienst bedeutete es, wenn es galt, eine Veranstaltung zu sprengen oder zu stören. Daß derartige Unternehmen natürlich auf den heftigsten Widerstand der Gegner stießen, ist selbstverständlich." Auch im Hessischen Landtag kam es zu Übergriffen und Ausschreitungen gegen die Vertreter von SPD und KPD. In einem Bericht über die Landtagssitzung vom 17. Februar 1932 heißt es: "Der nationalsozialistische Abgeordnete Lenz wiederholt und verschärft seine Angriffe auf die Anhänger der Linksparteien und fordert die hessischen Nationalsozialisten auf, in jeder Weise vom Notwehr- und Notstandsrecht zum Schutze ihres Lebens Gebrauch zu machen, da Hessen 129


wegen des Verhaltens der behördlichen Organe in den offenen Bürgerkrieg treibe. In den Abgeordnetenreihen und auf der Zuschauertribüne entsteht große Unruhe. Der kommunistische Abgeordnete Galm tritt erregt ans Rednerpult und ruft in den Saal: 'Wir werden nicht zulassen, daß sie zum offenen Mord aufrufen'. Die Nationalsozialisten stürzen sich unter ohrenbetäubendem Schreien auf den Redner, die Linke stellt sich schützend vor ihn. Unter lautem Gejohle beginnt eine allgemeine Schlägerei". Die NSDAP veranstaltete am Abend des 4. März 1933 noch einmal einen großen Aufmarsch auf dem Marienplatz, wo die versammelte Menschenmenge der Rundfunkrede Hitlers zuhört. In Griesheim und Ober-Ramstadt wurden mehrere Menschen schwer bzw. tödlich verletzt, als Angehörige der SA und SS Schießereien vom Zaun brachen. Der SA-Mann Moos beschrieb die Situation folgendermaßen: "In der Nacht vom 4. auf den 5. März beherrscht die SA in ganz Hessen die Straße. Wo sich der Gegner zeigt, wird er nach Hause gejagt. Fühlbar begreift es das Gesindel, daß seine Stunde geschlagen hat, und wo früher bei Zusammenstößen die wehrlose SA die Erde mit ihrem Blut benetzte, schafft sie heute auf eigene Faust Ruhe. Mutlos sehen die Roten dem Wahltag entgegen. Ihre Führer sind geflohen. Was werden die Nazis mit ihnen anfangen?" Die NSDAP erhielt bei Reichstagswahlen in Darmstadt bereits 1932 prozentual mehr Stimmen als im Reich. So errangen sie bei den Wahlen im Juli 1932 im Reich 37,3 Prozent, in Darmstadt jedoch 46,8 Prozent und im November 1932 im Reich 33,1 Prozent und in Darmstadt 40,9 Prozent der Stimmen. Die Reichstagswahlen vom 5. März 1933 brachten in Darmstadt bei einer Rekordwahlbeteiligung von 89 Prozent folgendes Ergebnis (in Klammern die Zahlen für das Gesamtergebnis im Reich): NSDAP DNVP DVP DDP CSV Zentrum SPD KPD

50,0 % 5,1 % 4,0 % 1,2 % 1,9 % 6,9 % 22,9 % 7,9 %

(43,9 %) (8,0 %) (1,1 %) (0,9 %) (1,0 %) (11,2 %) (18,3 %) (12,3 %)

Trotz des gewaltigen Propaganda-Einsatzes der Nazis und der Unterdrükkung der Arbeiterbewegung und ihrer Organisationen in weiten Teilen des 130


Deutschen Reiches konnte die NSDAP ihr Ziel, die Erringung der absoluten Mehrheit, weder auf Reichsebene noch im Wahlkreis HessenDarmstadt erreichen. Im Landkreis Darmstadt gab es sogar eine Reihe von Gemeinden, in denen die SPD mehr Stimmen erhielt (Arheilgen, Erzhausen, Gräfenhausen, Griesheim, Schneppenhausen, Wixhausen). In Bickenbach, Pfungstadt und Weiterstadt waren die Arbeiterparteien zusammen gesehen immer noch stärker als die NSDAP. Auch Mörfelden mit seiner absoluten KPD-Mehrheit belegt, daß es der Partei Hitlers kaum gelungen war, am 5. März in das Wählerpotential von SPD und KPD einzudringen. In Darmstadt selbst hatten die Nazis zwar ihr Wahlziel, die 50 ProzentMarke, erreicht, waren aber in den Teilen der Stadt, in denen vorwiegend Arbeiterschaft wohnte, schwächer als das gemeinsame Stimmenpotential der Arbeiterparteien geblieben. Nach den Reichstagswahlen wurden sämtliche noch nicht unter faschistischer Herrschaft stehenden Länder (Hessen war immer noch offiziell SPDregiert) innerhalb kürzester Zeit von der NS-geführten Reichsregierung gleichgeschaltet. In Darmstadt begann der 6. März in den frühen Morgenstunden mit der Hissung der Hakenkreuzfahne auf dem Landtagsgebäude (heutiger Standort der Sparkasse Darmstadt am Luisenplatz) und der gleichzeitigen Verbrennung der schwarz-rot-goldenen Fahne durch die SA. Im Verlauf des Tages wurden von SA- und Stahlhelm-Trupps auf fast allen öffentlichen Gebäuden, am Nachmittag mit Genehmigung des hessischen Staatspräsidenten →Adelung auch auf dem Innenministerium, Hakenkreuze bzw. die schwarz-weiß-rote (die Farben des Kaiserreiches) und die hessische Fahne angebracht. Noch am selben Abend wurde die hessische Staatsregierung de facto entmachtet, als NS-Reichsinnenminister Frick den hessischen Staatspräsidenten →Adelung in einem Telegramm anwies, gemäß § 2 der Verordnung zum "Schutze von Volk und Staat", Befugnisse der obersten Landesbehörde, soweit zur Erhaltung öffentlicher Sicherheit und Ordnung notwendig, auf den als hessischen Staatskommissar eingesetzten NSDAP-Landtagsabgeordneten Dr. Heinrich Müller zu übertragen. Adelung wies daraufhin die höchsten Polizeibeamten im Innenministerium an, die Befehlsgewalt an Dr. Heinrich Müller zu übergeben. In Begleitung des Gauleiters →Sprenger, einiger Sachwalter der NSDAP und SA-Leuten besetzte Müller das Innenministerium und entwaffnete die sich dort aufhaltenden Polizeieinheiten. Unmittelbar danach wurden das Gewerkschaftshaus in der Bismarckstraße 19 sowie die Wohnungen Adelungs und Leuschners besetzt. Gleichzeitig berief Müller den Mitverfasser der 131


→Boxheimer Dokumente, Dr. Werner →Best, zum "Sonderkommissar für das hessische Polizeiwesen". Außerdem setzte Müller Hilfspolizei ein, "die aus den hinter der Reichsregierung stehenden Verbänden" entnommen worden war. In den folgenden Tagen, insbesondere in der Nacht zum 10. März, wurden unter Leitung des Landeskriminalamts und unter Einsatz der mit einer roten Armbinde versehenen Hilfspolizei Massendurchsuchungen und Beschlagnahmungen bei Organisationen wie der SPD, der KPD, des Reichsbanners und ähnlicher Verbände vorgenommen. Die ersten Verhafteten wurden entweder in das Polizeipräsidium in der Hügelstraße oder in das "Braune Haus" in der Rheinstraße 48 gebracht und verhört. Ebenso waren linksgerichtete Beamte von den Maßnahmen betroffen. In einer Meldung des →Hessischen Volksfreundes heißt es dazu: "U.a. wurde am Mittwochvormittag auch der Gauleiter des hessischen Reichsbanners, Lehrer Rosar, von SA-Leuten zum Braunen Haus geführt, dort nach Mitteilungen von Augenzeugen mißhandelt und dann mit einem Hakenkreuzfähnchen, das man ihm in die Hand zwang, durch die Hauptstraße geschleppt. Nach einer Beschwerde beim Inhaber der Polizeigewalt wurde diesem Willkürakt bald ein Ende bereitet. Rosar wurde in Schutzhaft genommen." Gleichzeitig mit der faktischen Machtergreifung verstärkte die NSDAP ihre Bemühungen, die noch im Amt befindliche Regierung AdelungKirnberger abzulösen. Bei der am 13. März angesetzten Wahl zum Hessischen Staatspräsidenten sicherte man sich die Stimmen der bürgerlichen Parteien für den eigenen Kandidaten Prof. Dr. Werner. Adelung hatte sich schon vorher von seiner Fraktion erbeten, sich der Stimme enthalten zu dürfen, um ein "Unentschieden" oder seine eigene Wiederwahl zu vermeiden. Da schon ein SPD-Abgeordneter und sämtliche KPD-Abgeordnete verhaftet waren, stand der Wahl Werners nichts mehr entgegen. In derselben Sitzung wurde bei Stimmenthaltung der SPD ein Ermächtigungsgesetz verabschiedet, das der neugewählten Nazi-Regierung fast uneingeschränkte Vollmachten erteilte: "Die Regierung wird ermächtigt, alle Maßnahmen im Rahmen der Verfassung zu treffen, die sie im Hinblick auf die Not von Volk und Land, sowohl zur Sicherung von Personen und Eigentum, als auch auf finanzrechtlichem, wirtschaftlichem und sozialem Gebiet für erforderlich und dringend erachtet". Aufgrund dieses Gesetzes erließ das hessische Gesamtministerium am 20. März eine Verordnung, die es ihr ermöglichte, Bürgermeister und Beigeordnete nach Gutdünken zu entlassen und einzusetzen. In Darmstadt wur132


den daraufhin am 30. März Oberbürgermeister Rudolf Müller und Bürgermeister →Delp und am 11. April Bürgermeister Ritzert abgesetzt. Das am 31. März verkündete "Vorläufige Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich" schrieb die Neubildung der Länder-, Provinzialund Kommunalparlamente entsprechend den Reichstagswahlergebnissen vom 5. März vor, wobei die kommunistischen Mandate ersatzlos gestrichen wurden. Mit dem "Zweiten Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich" vom 7. April kam der hessische Gauleiter der NSDAP, Jakob →Sprenger, an die Spitze des Volksstaates Hessen und hatte in seiner Tätigkeit die "vom Reichskanzler aufgestellten Richtlinien der Politik" zu beachten. Nach der Umbildung der Hessischen Staatsregierung durch Sprenger am 15. Mai trat am folgenden Tag der neugebildete Landtag das erste Mal zusammen. Die SPD-Fraktion nahm aus Angst vor Repressialien und Verhaftungen an der Sitzung nicht teil. In Darmstadt war am Tage vorher, erstmalig nach der Neuverteilung der Mandate, der Stadtrat zusammengetreten. Eine Woche davor hatte die SPD-Fraktion noch an einer interfraktionellen Sitzung teilgenommen, in der die Zusammensetzung der Ausschüsse vereinbart wurde. Trotz der erneuten Besetzung des Gewerkschaftshauses am 2. Mai und dem endgültigen Verbot für den "Hessischen Volksfreund" als einer der letzten sozialdemokratischen Zeitungen Deutschlands, hoffte man noch auf eine "Zusammenarbeit". Doch angesichts der zahlreichen als Zuhörer aufgetretenen SA- und SS-Leute erschienen acht der neun SPD-Abgeordneten nicht, sondern erklärten ihren Rücktritt. Nach der einstimmigen Neubesetzung der städtischen Vertreter bei der Stadtsparkasse und der HEAG sowie einiger Straßenumbenennungen, wie z.B. des →Luisenplatzes in Adolf-HitlerPlatz, schloß die Sitzung "mit einem dreifachen 'Sieg Heil' auf den Reichspräsidenten, den Reichskanzler und das deutsche Volk". Mit der Wahl von Dr. Heinrich Müller zum Oberbürgermeister am 27. Juli und dem zu diesem Zeitpunkt schon vollzogenen Anschluß von Abgeordneten der bürgerlichen Parteien war die Machtergreifung der NSDAP in Hessen abgeschlossen. Q: [130]

Osthofen In einer stillgelegten Papierfabrik in Osthofen bei Worms befand sich zwischen März 1933 und Juli 1934 das erste Konzentrationslager des 133


Offenbacher Zeitung vom 22.4.1933 damaligen Volksstaates Hessen. Zunächst als "wildes Lager" von SA- und SS-Männern für politische Gegner eingerichtet, wurde es per Erlaß vom 1. Mai 1933 durch den Staatskommissar der hessischen Polizei, Dr. Werner →Best, offizielles Konzentrationslager. Anfangs waren die äußeren Umstände der Haft zusätzlich erschwert, weil es für die Häftlinge weder Dekken noch Betten oder sonstige Möbel gab. Sie mußten auf dem blanken 134


Betonboden schlafen, nur unzureichend geschützt durch etwas Stroh. Auch gab es keine Möglichkeit, die Kleidung zu wechseln. Tag und Nacht mußte man die Sachen tragen, in denen man eingeliefert wurde. Erst nach und nach besserten sich diese Verhältnisse. Unter Anleitung eines Mithäftlings, des Schreinermeisters und SPD-Landtagsabgeordneten Johann (Jean) Beckenbach bauten sich die Häftlinge Schlafpritschen, Tische und Bänke. Jede Verbesserung ihrer Lage mußten sich die Häftlinge selbst organisieren. Im Lager Osthofen waren nach Schätzungen zwischen 2.000 und 3.000 "Schutzhäftlinge" eingesperrt, die dort zwischen sieben Tagen und 15 Monaten verbringen mußten. Die Häftlinge waren überwiegend politische Gegner der Nazis und gehörten einer der beiden Arbeiterparteien SPD und KPD an. In der Presse wurde Osthofen als "Umerziehungslager für verwilderte Marxisten" gefeiert und als "hervorragend ausgestattete Besserungsanstalt" dargestellt, in der man mit "humansten Mitteln versucht, die verführten Volksgenossen wieder ihrem Volke zuzuführen". Zwar kam es in Osthofen gegenüber den politischen Häftlingen nicht zu solchen Exzessen wie sie in dieser Zeit z.B. im Konzentrationslager Dachau schon üblich waren, doch auch hier waren Gewalt und Unterdrükkung praktisch an der Tagesordnung. Zuerst waren in Osthofen nur Männer aus der näheren Umgebung eingesperrt. Später, nach dem Erlaß vom 1. Mai 1933, kamen die sogenannten "Schutzhäftlinge" praktisch aus ganz Süd- und Rheinhessen. Der Weg nach Osthofen ging in der Regel über die "Braunen Häuser", GestapoGefängnisse oder SA-Keller größerer Städte. Die Häftlinge kamen nach Zeugenaussagen in den meisten Fällen mit Anzeichen körperlicher Mißhandlung in Osthofen an. Als Orte der Mißhandlung werden genannt: Amtsgerichtsgefängnis in Alzey →Polizeipräsidium in Darmstadt Brauereikeller Dieburger Straße (→Biergartenkeller) in Darmstadt →Landgerichtsgefängnis Rundeturmstraße in Darmstadt Schutzhaftgefängnis der SS (→Gefängnis Riedeselstraße) in Darmstadt Polizeigefängnis Klarastraße in Mainz Ostheimer Hof (SA-Hauptquartier) in Mainz das "Braune Haus" in Worms Polizeipräsidium in Worms Übereinstimmend wird von allen überlebenden Häftlingen die von Anfang an besonders schikanöse und menschenverachtende Behandlung der in Osthofen inhaftierten Juden beschrieben. Sie wurden vom Lagerpersonal als "Untermenschen" mißachtet, mißhandelt und gedemütigt. Zum Beispiel 135


mußten sie die im Lager befindliche Jauchegrube mit Konservendosen oder ihrem eigenen Eßgeschirr entleeren. Die Jauche wurde dann von anderen Häftlingen auf den daneben liegenden Misthaufen gegossen, von wo aus sie immer wieder in die Grube zurücklief. Für die Juden gab es einen besonderen Stacheldrahtverhau, in dem sie zur Belustigung der Wachmannschaft bis zur totalen physischen Erschöpfung im Kreis herumlaufen mußten. Berichtet wird auch über Korruption. Wer über genügend Geldmittel verfügte, konnte sich bei der Lagerleitung Vergünstigungen bis hin zur Entlassung aus dem Lager erkaufen. Diese Tatsache darf allerdings nicht verwundern. Ähnliche Vorgänge haben sich im ganzen Reich in fast allen Lagern abgespielt. Wer dies aber öffentlich bekannt machte, mußte mit empfindlichen Strafen rechnen. Ein ehemaliger Osthofenhäftling, der einen solchen Vorgang nach seiner Haftzeit anprangerte (ein jüdischer Häftling hatte die Lagerleitung bestochen und war daraufhin entlassen worden) wurde zu einem Jahr und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Bei ihrer Entlassung mußten die Häftlinge unterschreiben, daß sie im Lager nicht geschlagen worden waren und daß sie sich künftig nicht gegen die "Regierung der nationalen Erhebung" betätigen würden. Damit war der Terror aber noch nicht beendet. Viele mußten sich danach bis zu zweimal täglich auf der heimatlichen Bürgermeisterei melden. Sie wurden beruflich degradiert oder verloren ihre Arbeitstelle ganz, falls dies nicht schon vorher aufgrund des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April 1933 geschehen war. Juden waren darüber hinaus noch durch Boykottmaßnahmen und Sonderregelungen an der Ausübung ihres Berufes gehindert. Im Juli 1934 wurde das Konzentrationslager Osthofen offiziell aufgelöst. Q: [63], [130]

Parteien im Faschismus Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 kam es noch am selben Tag zu einer ersten Protestversammlung der Darmstädter KPD auf dem Schillerplatz. Es folgten fast täglich Kundgebungen. So sprach Innenminister →Leuschner am 19. Februar 1933 vor rund 10.000 Menschen auf dem Marienplatz. Bei den →Reichstagswahlen am 5. März 1933 entfielen auf die SPD über sieben Millionen Stimmen und fast fünf Millionen auf die KPD. Durch Gesetz

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vom 13. März 1933 wurden der KPD die Reichstagsmandate einfach aberkannt, ihre führenden Funktionäre verhaftet. In der ersten Reichstagssitzung am 23. März 1933 legte Hitler sein Ermächtigungsgesetz vor. Außer der NSDAP und der DNVP gaben ihm auch die Deutsche Volkspartei, die Deutsche Demokratische Partei, das Zentrum, die Bayrische Volkspartei und die Splittergruppen ihre Zustimmung. Niemand aus ihren Reihen stimmte dagegen oder enthielt sich der Stimme. Allein die 94 anwesenden Abgeordneten der SPD stimmten gegen das Ermächtigungsgesetz. Wenige Monate später, am 14. Juli, wurde die Auflösung aller Parteien außer der NSDAP verfügt. Bereits am 22. Juni erfolgte das Verbot der SPD, danach erfolgte die rasche Selbstauflösung (!) der übrigen Parteien: DNVP (deren Abgeordnete in die NSDAP-Fraktion aufgenommen wurden) und DVP am 27. Juni, DDP am 28. Juni, BVP am 4. Juli und Zentrum am 5. Juli 1933. Dem folgten Gesetze über die Einziehung sogenannten volks- und staatsfeindlichen Vermögens, die 44 Organisationen aufzählten, deren Vermögen einzuziehen sei. Alle Beschäftigten, die der SPD oder KPD angehörten, mußten folgende schriftliche Erklärung abgeben: "Ich erkläre, daß ich keinerlei Beziehung mehr zu der sozialdemokratischen / kommunistischen Partei und ihren Hilfs- und Ersatzorganisationen sowie ihren Vertretern im Ausland unterhalte." Q: [1], [13]

Ploennies, Wilhelm von (1828 Darmstadt - 1871 Darmstadt, beigesetzt auf dem Alten Friedhof). 1921 wurde dem Waffentechniker und Schriftsteller Wilhelm von Ploennies die Ploenniesstraße gewidmet. Ploennies war besonders vielseitig begabt: Er verfaßte nicht nur streng wissenschaftliche Schriften über militärische Themen, sondern auch humoristische Bücher. Auch die "Von-Ploennies-Eiche" am Brunnersweg zwischen den Hirschköpfen und dem Oberwaldhaus erinnert an ihn. Den begeisterten Soldaten zeichnete man für seinen Einsatz gegen die Aufständischen in Baden in den Kämpfen von 1848/49 (Deutsche Revolution) mit dem Ritterkreuz I. Klasse des Verdienstordens Philipp des Großmütigen aus. Q: [135]

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Polizeipräsidium Im Jahr 1944 wurde das Polizeipräsidium in der Hügelstraße ausgebombt. Auf der Suche nach neuen Räumen fiel die Wahl auf das "Geisteskrankenasyl" in der Nieder-Ramstädter Straße. Diese Wahl fiel im Zuge von Euthanasieprozessen nicht schwer. Das Polizeipräsidium wurde Mitte der 90er Jahre von dort in die Klappacher Straße verlegt. Q: [1]

Pulverhäuserweg Der Weg in der Heimstättensiedlung wurde 1950 so benannt und erinnert an die militärischen Schießpulverhäuser, die früher hier standen. Q: [135]

Reiber, Julius (12.7.1883 Gießen - 21.9.1960 Darmstadt). Nach seiner Ausbildung zum Lehrer trat er ab 1905 in Parteien ein, die sich dem Liberalismus verschrieben hatten. Als er mit Beginn des Ersten Weltkrieges zum Militärdienst eingezogen wurde, war seine Karriere im Bildungswesen vorerst beendet. Reiber schrieb in einer autobiographischen Notiz, daß er in der Zeit vom 22. Februar 1915 bis 9. August 1916 Soldat war. Seine Dienstzeit für das Militär bestand aus "...7 Monate Ypern, 4 Monate Verdun, 5 Monate Lazarett". Da er durch die Folgen des Krieges gesundheitlich so beeinträchtigt war, daß er für die Verwendungszwecke des deutschen Militärs uninteressant wurde, wurde er vorzeitig entlassen. Am 1. Juni 1919 wurde Julius Reiber von der französischen Besatzungsbehörde verhaftet und mehrere Tage lang vernommen - man warf ihm Beteiligung am rheinischen Separatistenputsch unter Dr. Dorten vor. Er wurde in diesem Zusammenhang aus Mainz ausgewiesen und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Bildungswesen zu. In Darmstadt war er 1920 kurz in der Verwaltung tätig, zwei Jahre später wurde er zum Direktor der Ballonschule (Gymnasium) in Darmstadt ernannt. 1930 war er Mitherausgeber einer "Festschrift zur Rheinlandbefreiung". Als sich im selben Jahr die 1918 gegründete "Demokratische Partei" in "Deutsche Staatspartei" umbenannte und im Zuge dieser formalen und inhaltlichen Veränderungen Verbindungen zum antisemitischen Jungdeut138


schenorden bekannt wurden, trat er aus der Partei aus. Relativ erfolglos gründete er die "Radikal-Demokratische Partei". Schon im November 1931 verlor er sein Mandat im Hessischen Landtag. 1933 wurde er infolge der Machtergreifung der deutschen Faschisten wegen "politischer Unzuverlässigkeit" als Beamter aus dem Staatsdienst entfernt. In der Darmstädter →Brandnacht vom 10./11. September 1944 wurde sein Haus in der Teichhausstraße 41 samt seiner ca. 7.000 bändigen Bibliothek zerstört. In den letzten Kriegsmonaten erfuhr er, daß sein Sohn Kurt, der in Ostpreußen seinen Militärdienst leistete, als vermißt galt. Er sah ihn nie wieder. 1945 trat Julius Reiber in die SPD ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er der erste Mitarbeiter des Oberbürgermeisters Ludwig Metzger. Als gewählter Bürgermeister war er maßgeblich am Aufbau des Bildungswesens und des kulturellen Lebens in Darmstadt beteiligt. Am 18. Januar 1947 war er Mitbegründer der Ortsgruppe Darmstadt der →Deutschen Friedensgesellschaft (DFG) im Gasthaus "Lehmann" (heute "Lagerhaus") in der Lagerhausstraße 32. Wenige Wochen nach seinem Tode am 21. September 1960 wurde diese Straße in Julius-Reiber-Straße umbenannt. Sein Grab befindet sich auf dem Waldfriedhof in Darmstadt. Q: [139]

Reichsbahn Mit über 2.500 Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen war die Reichsbahn der größte "Abnehmer" in Darmstadt. Diese kamen aus praktisch allen von der Wehrmacht besetzten Gebieten. Sie waren in der Zeit von 1941-1945 in 14 verschiedenen Lagern in und um Darmstadt herum untergebracht und mußten im Reichsbahnausbesserungswerk in der Frankfurter Straße, am Bahnhof, in der Bahnmeisterei Darmstadt-Nord, im Reichsbahnbetriebsamt und im Lokwerk arbeiten. Eine Hauptrolle spielte die Reichsbahn bei den Deportationen in die Vernichtungslager. Auch von Darmstadt aus rollten Züge in die Gaskammern (→Justus-Liebig-Schule). Q: [130]

139


Reichskristallnacht Der Begriff "Reichskristallnacht" soll vom Berliner Volksmund wegen der scherbenübersäten Straßen geprägt worden sein. Dieser verharmlosende Ausdruck wird heute immer noch verwendet. "Am 7. November 1938 erschoß Herschel Grynzpan in Paris den deutschen Botschaftssekretär E. vom Rath. Auf Initiative von Joseph Goebbels hin wurde dieses Attentat von den Nationalsozialisten benutzt, unter dem Deckmantel 'spontaner Kundgebungen' in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 im gesamten Reichsgebiet Ausschreitungen gegen jüdische Kulturstätten, Friedhöfe, Wohn- und Geschäftshäuser zu organisieren. Es wurden beinahe alle Synagogen und mehr als 7.000 Geschäfte, darunter 29 Warenhäuser, zerstört. Im Verlaufe des Pogroms fanden 91 Menschen den Tod. Den angerichteten materiellen Schaden mußten die deutschen Juden selbst tragen. Außerdem wurde ihnen eine kollektive Sondersteuer in Höhe von 1 Mrd. RM auferlegt. Mehr als 30.000 Juden wurden verhaftet und zeitweilig in Konzentrationslager verschleppt, um sie zur Auswanderung zu drängen. Mit diesen organisierten Pogromen und den nachfolgenden Maßnahmen trat der Antisemitismus des nationalsozialistischen Staates in eine neue Phase ein, in der unter gänzlichem Verzicht auf rechtsförmige Begründung direkte Aktionen zur Verdrängung und schließlich zur Vernichtung des jüdischen Bevölkerungsteils eingeleitet wurden." Im "Darmstädter Tagblatt" wurde am 8. November 1938 in dem Artikel "Jüdisches Attentat in der Pariser Botschaft - eine Herausforderung des Weltjudentums" und am 9. November in "Die Schüsse von Paris" von dem Attentat berichtet. Um die Stimmung zusätzlich anzuheizen, wurde auch von umfangreichen Waffenfunden bei Berliner Juden berichtet. Am 11. November 1938 erschien der Bericht "Die Antwort auf das Attentat - Der Tod vom Raths löst im ganzen Reich spontane Kundgebungen aus." So habe es auch in der Landeshaupstadt judenfeindliche Kundgebungen gegeben. In Darmstadt wurden in der "Reichskristallnacht" drei →Synagogen niedergebrannt. Die herbeigerufene →Feuerwehr schützte die Nachbargebäude vor dem Übergreifen des Feuers, löschte aber nicht die Brände. Es gab viele untätige Schaulustige. Aber nicht nur Synagogen und jüdische Einrichtungen wurden zerstört, es wurden Menschen mißhandelt und getötet. Allein in Darmstadt starben im Zusammenhang mit dem Judenpogrom am 9. November 1938 vier Menschen. So beging Ferdinand Reinheimer aus Eberstadt Selbstmord. In Arheilgen starben in Folge von Mißhandlungen Aron Reinhard, seine Tochter Johanna Reinhard und Heinrich Wechsler (→Wechslerstraße). In der Literatur gibt es unterschiedliche Angaben über die Zahl der Opfer. Die Angabe in der BrockhausEnzyklopädie mit 91 Opfern im ganzen Reich erscheint viel zu niedrig. 140


Diese Einschätzung wird aufgrund neuerer Forschungen von Prof. Michael Brocke (Duisburg) bestätigt: Mehr als 1.000 Menschen wurden in diesen Novembertagen getötet. →Alten- und Pflegeheim Dr. Rosenthal →Arisierung →Juden →Judenhäuser →Judenverfolgung. Q: [4], [12], [50], [73]

Reichstagswahl Vergleicht man Reichstagswahlergebnisse im Reichsdurchschnitt mit denen in Darmstadt vor 1933, stellt man einen überdurchschnittlichen Erfolg der NSDAP in Darmstadt fest, wie folgende Tabelle zeigt:

Reich Darmstadt

Mai 1928 Sept. 1929 2,6 % 18,3 % 3,0 % 24,4 %

Wahlzettel zur Reichstagswahl

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Juli 1932 37,3 % 46,8 %

Nov. 1932 März 1933 33,1 % 43,9 % 40,9 % 50,0 %

Am Tag nach der Reichstagswahl 1933 fanden in Darmstadt folgende Ereignisse statt: Nach Bekanntwerden der Wahlergebnisse ließ NS-Landtagspräsident Werner auf dem Landtagsgebäude schon in den frühen Morgenstunden die Hakenkreuzfahne hissen. Auf dem →Luisenplatz verbrannten SA-Männer die schwarzrotgoldene Fahne der Republik. Am späten Abend übernahm der zum Reichskommissar bestellte NSDAPAbgeordnete Dr. Heinrich Müller aus Alsfeld die Polizeiund Exekutivgewalt. Er bestellte seinen Kollegen Dr. Werner


→Best zum Chef der Polizei, die durch eine SA-Hilfspolizei verstärkt wurde. Noch in der Nacht wurden das Gewerkschaftshaus (→Gewerkschaften) und die Redaktion des →Hessischen Volksfreundes durchsucht und besetzt. Q: [74], [130]

Rifle Range Messel Von der Dieburger Straße kommend, etwa 1,5 km östlich der Grube Prinz von Hessen, liegt dieser 18 Hektar große Schießplatz. Er wird seit 1970 von der →US-Army militärisch genutzt. Q: [48]

Roeder, Ofenfabrik Bei der Ofenfabrik Roeder in der Rheinstraße arbeiteten von April 1942 bis April 1945 zwischen 400 und 500 Zwangsarbeiter aus Belgien, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Ossetien (Kaukasus). Sie waren in Lagern in der Gardistenstraße, der Kiesstraße, der Weinbergstraße und →Auf dem Exercierplatz untergebracht. Auf eine schriftliche Anfrage zu diesem Sachverhalt reagierte die Firma Roeder nicht. →Zwangsarbeit →Lager Q: [130]

Röhm & Haas Bei der Firma Röhm & Haas, der heutigen Röhm GmbH, arbeiteten zwischen 1942 und 1945 ca. 730 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, davon etwa 660 Männer, die hauptsächlich aus Frankreich, Italien und der Sowjetunion stammten. Röhm & Haas unterhielt zwei sogenannte Werklager in der Landwehrstraße, wo die Zwangsarbeiter nach Geschlechtern getrennt untergebracht waren. Wegen seiner kriegswichtigen Produktion war Röhm & Haas neben →Merck eines der wichtigsten Ziele der alliierten Bomber und wurde bei den beiden großen Luftangriffen auf Darmstadt im September 1944 stark zerstört. 142


Die heutige Firma Röhm GmbH konnte den Autoren keine Informationen hierzu liefern. Sie erklärte auf schriftliche Anfrage, keine Unterlagen aus dieser Zeit zu besitzen. →Lager →Zwangsarbeit Q: [130]

Roseggerweg Der Weg in Eberstadt wurde 1981 nach dem österreichischen Volksschriftsteller Peter Rosegger (1843 - 1918) benannt. Sein Pseudonym war P.K. (Petri Kettenfeier). Er traf mit seinen Bauerngeschichten offenbar den Nerv der Zeit und warnte vor den Gefahren der Technik und des rücksichtslosen Raubbaues an der Natur. Er äußerte sich auch zu anderen Themen. So schrieb er 1891 an Fr. v. Hausegger (und daran dachte man bestimmt nicht, als man eine Straße nach ihm benannte): "Den Krieg wird die Friedensliga nicht aus der Welt schaffen, aber zu manifestieren, daß der Krieg abscheulich und das größte Verbrechen der Welt ist, das ist ihre Aufgabe." Q: [135]

Rote Kapelle war der Name, den die →Gestapo einer deutschen Widerstandsgruppe gab, die in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland Nachrichten von Berlin nach Moskau funkte. Die Rote Kapelle war Teil eines weitverzweigten Netzes von meist kommunistischen Widerstandsgruppen in Deutschland und den besetzten Gebieten Westeuropas - vor allem in Holland, Belgien und Frankreich. Einer der wichtigsten Agenten funkte jahrelang aus der "neutralen" Schweiz. Die Berliner Gruppe hatte sich bald nach dem Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933 gebildet. Die Kommunisten, von den Nationalsozialisten als Brandstifter beschuldigt, wurden von da an brutal verfolgt und konnten ihre Arbeit nur im Untergrund fortsetzen. Die deutsche Gruppe, die nicht ausschließlich aus Kommunisten bestand, wurde später auch als Harnack-Schulze-Boysen-Gruppe bezeichnet, benannt nach den Leitern der Gruppe, Arvid Harnack, einem Beamten im Reichswirtschaftsministerium, und Harro Schulze-Boysen, einem Luftwaf143


fenoffizier im Reichluftfahrtsministerium. Zu der deutschen Gruppe, die etwa hundert Personen umfaßte, gehörten Regierungsbeamte, Professoren, Arbeiter und Künstler, außerdem Angestellte und Beamte in Ministerien und Dienststellen der deutschen Wehrmacht. Die Gruppe gab Meldungen über militärische und politische Vorgänge nach Moskau weiter. Die sowjetische Führung erfuhr so Einzelheiten aus der deutschen Flugzeugproduktion, erhielt Daten über Truppenbewegungen und auch Angaben über deutsche Angriffsvorbereitungen an den Ostgrenzen des Deutschen Reiches. Über diese Agententätigkeit war nur ein kleiner innerer Kreis der HarnackSchulze-Boysen-Gruppe informiert; der äußere Kreis der Organisation befaßte sich mit der Widerstandsarbeit in Deutschland. 1942 wurde die deutsche Gruppe der Roten Kapelle durch zwei von der Gestapo verhaftete sowjetische Agenten verraten. 75 Mitglieder der Organisation - darunter einige Frauen - wurden verhaftet; 50 von ihnen wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet. Dazu gehörten auch die in Darmstadt geborenen Arvid Harnack, Waldemar Lentz und Elisabeth Schuhmacher, an die kein Straßenname oder ähnliches erinnert. Q: [161]

Rüstungsforschung Unter Rüstungsforschung versteht man Forschungen, die der Weiter- bzw. Neuentwicklung biologischer, chemischer, atomarer, elektronischer oder anderer Waffen dienen. In der Praxis ist die Grenzziehung zwischen ziviler Nutzung und militärischer Anwendung schwer zu ziehen, weil Forschungsergebnisse oft für beide Bereiche nutzbar sind. Ähnliche Abgrenzungsprobleme existieren auch für die Rüstungsproduktion (dual use). Im Juni 1970 erschien in Darmstadt eine 327 Seiten starke Materialiensammlung unter dem Titel "Materialien zu Rüstungsforschung, Produktion und Imperialismus", herausgegeben von einem "RüstungsforschungsKontroll-Komitee", in der vor allem dem Lehrstuhl für Angewandte Physik (Leitung Prof. Dr.-Ing. H. Fischer) der →Technischen Hochschule Darmstadt vorgeworfen wird, Rüstungsforschung zu betreiben. In einem Flugblatt vom 30. Januar 1973 (AStA-Aktuell) mit dem Titel "Kriegsforschung an der THD?" wird davon berichtet, daß "die Berufung von Fischer zwo im Senat vorläufig verhindert" werden konnte.

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In der 13. Legislaturperiode (am 12. Februar 1992) brachten Abgeordnete der SPD-Landtagsfraktion einen Berichtsantrag ein, der Aufklärung darüber bringen sollte, ob in Hessen Forschung betrieben werde, die militärische Anwendung finden könnte. In Beantwortung dieser Anfrage berichtete der Präsident der TH Darmstadt am 6. Mai 1992 unter anderem davon, daß sich unter Leitung einer Professorin des Fachbereichs Chemie (Institut für Mikrobiologie) Wissenschaftler mit dem Teilaspekt biologischer Waffen beschäftigen. Im übrigen verweist die heute in Technische Universität Darmstadt umbenannte Hochschule auf die oben beschriebenen Abgrenzungsprobleme, die Forschungsfreiheit des einzelnen Wissenschaftlers und die "Verantwortung der Institution Hochschule, solche kritischen Reflexionen über mögliche Anwendungen durch die Forscher selbst zu fördern" Q: [134]

Schenck Bei der Firma Carl Schenck arbeiteten zwischen 1941 und 1945 ca. 200 Zwangsarbeiter aus Belgien, Frankreich, den Niederlanden, Italien und der Sowjetunion. Sie waren in Lagern in der Heidelberger Straße, der Landwehrstraße, der Kahlertstraße, der Aumühle (Wixhausen) und der →Bessunger Turnhalle untergebracht. Nähere Informationen sind nicht bekannt. Die Firma Schenck erklärte auf schriftliche Anfrage, keinerlei Unterlagen mehr aus dieser Zeit zu besitzen. Im Zusammenhang mit unzulässigen Lieferungen von kriegstauglichem Material in Spannungsgebiete wurde bei der Firma Schenck nach Ausbruch des Golfkrieges (1991) durch die Staatsanwaltschaft umfangreiches Material sichergestellt. Da kein eindeutiger Nachweis geführt werden konnte, wurde keine Anklage erhoben. Daß die Firma Rüstungsgüter produziert, steht außer Frage (z. B. Kreisel zur Steuerung von Raketen, Auswuchtmaschinen). →Zwangsarbeit →Lager Q: [130]

Schrautenbachweg Der Weg wurde 1926 nach dem Generalleutnant und Geheimen Kriegsrat Ludwig Balthasar von Witholshausen, genannt 145


Schrautenbach (1655 - 1738) benannt. Nach der Regierungsübernahme durch Landgraf Ernst-Ludwig von Hessen-Darmstadt wurde er 1688 als Oberst eingesetzt. Er sollte das spätere Leibgarde-Infanterie-Regiment Nr. 115 (→Bundeswehr und →Denkmäler, Leibgardisten-Denkmal) aufstellen und den Franzosen im Pfälzer Erbfolgekrieg (1688 - 1697) Widerstand leisten. Die um 1914 an der Nordostecke des Hopfengartens erbaute Kaserne wurde nach Schrautenbach benannt. Q: [135]

Schulsportgelände der US-Army Dieses Sportgelände in der Nähe der → Lincoln Siedlung ist zwar auf aktuellen Darmstädter Stadtplänen eingetragen, die Planungen für das Projekt wurden aber Ende der achtziger Jahre eingestellt. Daher befindet sich an der vorgesehenen Stelle lediglich eine große Wiese. Q: [48]

Ludwig Schwamb

Schwamb, Ludwig (30.7.1890 Undenheim - 23.1.1945 Berlin-Plötzensee) studierte als Corpsstudent in Gießen und Berlin und meldete sich als Freiwilliger zum Ersten Weltkrieg. Das Fronterlebnis "heilte" ihn gründlich von allen "hurrapatriotischen Anwandlungen". Schwamb orientierte sich anschließend an sozialdemokratischen Vorstellungen von Staat und Gesellschaft und trat in die ab SPD ein. Im Jahr 1921 legte er sein zweites juristisches Staatsexamen und ließ sich als Rechtsanwalt in Mainz nieder. Er ging in die Finanzverwaltung des Volksstaates Hessen, wurde 1925 Regierungsrat in Oppenheim und folgte 1928 dem Ruf Wilhelm →Leuschners als Rechtsberater in das Innenministerium. In diesen Jahren 146


schuf er die hessische Gemeindeordnung. Als Staatsrat wurde Schwamb 1933 von den Nazis entlassen. Als Syndikus der Schuhfabrik Konrad Tack bekam er Arbeit in Berlin. In seiner Berliner Wohnung fand 1933 das erste Treffen mit Julius Leber, Carlo →Mierendorff und Wilhelm Leuschner statt. Diese unauffällige Wilmersdorfer Wohnung wurde zu einem wichtigen Treffpunkt des Widerstandes. Da Schwamb seine Wohnung in der Frankfurter Römerstadt behielt und auch im Aschaffenburger Werk der Schuhfabrik Tack-Freudenberg zu tun hatte, konnte er regelmäßig zwischen Berlin und den hessischen Zentren der Widerstandsgruppen vermitteln. Er wurde schon am 23. Juli 1944 verhaftet, vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Im Regierungspräsidium Darmstadt befindet sich seit 1953 eine gemeinsame Gedenktafel für Ludwig Schwamb, Wilhelm Leuschner und Carlo Mierendorff. Am 30. Juni 1959 wurde in der Nußbaumallee in Darmstadt-Eberstadt eine nach ihm benannte Schule eingeweiht. Außerdem wurde dort 1960 eine von Fritz Schwarzbeck gestaltete Porträtplastik aufgestellt. In der Nähe des Alten Friedhofs erinnert eine Straße nach ihm. Q: [5], [11], [74], [143]

Sicherungsbataillone 4431 und 4433 Im sog. Verteidigungsfall werden Reservisten der →Bundeswehr aus dem Großraum Darmstadt zu Truppenteilen zusammengezogen, die die regionale Verteidigung übernehmen sollen. Zwei dieser Truppenteile sind die Sicherungsbataillone 4431 und 4433, die in Friedenszeiten nicht aktiv sind. Sie unterstehen dem →Verteidigungsbezirkskommando 43 und haben eine Stärke von je etwa 1.000 Soldaten. Q: [146]

SPD-Widerstand Zum Zeitpunkt der Machtergreifung durch die Nazis am 30. Januar 1933 waren die Sozialdemokraten auf einen Widerstand in der Illegalität gedanklich und organisatorisch nicht vorbereitet. Zu lange hatte man sich mit der Hoffnung getragen, mit Zugeständnissen und Passivität 147


zumindest den parlamentarischen Status zu erhalten. So hatte man die Möglichkeit eines Bündnisses mit der KPD abgelehnt, bei den Verhaftungen der Kommunisten und sogar der eigenen Leute geschwiegen. Schon am 22. Juni 1933 wurde die SPD verboten. Auch in Darmstadt war unter den Sozialdemokraten die Vorstellung weit verbreitet, eine weitere parteipolitische Arbeit innerhalb des neuen Systems sei möglich. So war man zwar auch hier auf die Illegalität nur unzureichend vorbereitet, aber man versuchte auf unterschiedlichste Weise die Kontakte untereinander aufrechtzuerhalten. In einem Bericht vom jüngeren Bruder des SPD-Landtagsabgeordneten Philipp Glenz heißt es darüber: "In der ersten Zeit hat man in der SPD geglaubt, daß es bald zu Ende gehen würde. Doch später haben sich die Mitglieder der SPD etwas verflüchtigt, doch was die Alten waren, die haben nach wie vor treu ihre Treffpunkte in der Stadt gehabt. Es gab ja verschiedene Lokale, wie am 'Pädagog', zu dem man später der 'Kleine Landtag' gesagt hat. 'Im Treppchen' haben sich verschiedene getroffen. Es gab immer einen Kreis von Sozialdemokraten, der sich immer getroffen hat, so z.B. im Herrngarten. Die Zeit war sehr schwierig, weil die Spitzeldienste sehr ausgeprägt waren." Neben diesen Bestrebungen, zumindest die persönlichen Kontakte aufrechtzuerhalten, gab es auch in Darmstadt eine Reihe von Sozialdemokraten, die gleich zu Beginn den Weg in die Illegalität gingen. Sie versuchten Kontakte zu Parteigenossen in anderen Orten zu bekommen und organisierten die Beschaffung und Verteilung von illegalen Schriften und ausländischen Zeitungen. Bei der großen Verhaftungswelle im Mai/Juni 1936 wurde der organisierte Widerstand praktisch zerschlagen. Fast alle führenden Köpfe wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt und nach deren Verbüßung nur unter strengen Auflagen entlassen. Zwar gab es nun in Darmstadt keine organisierte SPD-Widerstandsgruppe mehr, doch waren aus dieser Region spätestens ab 1941 einige Sozialdemokraten in das weitverbreitete Netz von Vertrauensleuten des →Kreisauer Kreises einbezogen. Die Verbindungen wurden dabei hauptsächlich durch den früheren Hessischen Innenminister Wilhelm →Leuschner hergestellt und gepflegt. Nach seiner Entlassung aus dem KZ im Juni 1934 hatte er sich einen kleinen feinmechanischen Betrieb aufgebaut und konnte als sein eigener Vertreter sehr viel in Deutschland reisen. Kurz vor dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 bestand ein über ganz Deutschland verbreitetes Netz von "Politischen Beauftragten" für die einzelnen Wahlkreisgebiete. Für das Gebiet zwischen Kassel und Heidelberg war der ehemalige hessische Staatsrat Ludwig →Schwamb verantwortlich. 148


Bei diesem weitverzweigten Netz ging es nicht um aktiven Widerstand gegen das NS-Regime, sondern um die Bereithaltung zur Übernahme von politischer Verantwortung am "Tag X", d.h. das Attentat und den Sturz Hitlers. Das mißglückte Hitler-Attentat hatte eine riesige Verhaftungswelle zur Folge. Genau einen Monat später kam es in verschiedenen hessischen Orten zu massenhaften Festnahmen ehemaliger Funktionsträger der Weimarer Republik. Die Gefangenen wurden zuerst in das Darmstädter Gefängnis gebracht. Über diese als "Aktion Gitter" bezeichntete Verhaftungswelle berichtet der ehemalige Oberschulrat Karl Friedrich: "Am 25. August wurden fast alle Verhafteten der Aktion Gitter - 70 Männer aus Darmstadt und Umgebung, alles frühere SPD-, KPD- und Zentrums-Stadtverordnete, Landtagsabgeordnete, Reichstagsabgeordnete und Kreistagsabgeordnete - nach Dachau verbracht, wo wir die gleichen Kollegen aus Offenbach, Mainz, Aschaffenburg, Mannheim, Gießen und anderen Städten bereits vorfanden oder noch dazu bekamen. Es waren etwa 700 dieser Art, die sich hier zusammenfanden." Am 12. September wurden etwa zehn Inhaftierte der Gruppe Darmstadt entlassen und konnten die Heimreise antreten. Einige der Zurückgebliebenen verstarben in der Folgezeit an Entkräftung, während der überwiegende Teil nach der Befreiung durch die US-Truppen im April 1945 "fast verhungert und wie Totengerippe aussehend" nach Darmstadt zurückkehrte. Q: [130]

Spitzbunker Auf dem Gelände des Ausbesserungswerkes der Deutschen Bahn (Frankfurter Straße 114) befinden sich noch zwei Spitzbunker, die vermutlich 1939 bis 1940 in Vorbereitung auf den bereits drohenden Luftkrieg zum Schutz der Reichsbahnmitarbeiter gebaut wurden. Die Außenwände der beiden spitzzylindrischen Bunker bestehen aus etwa zwei Meter starken Stahlbetonmauern, im Inneren windet sich spiralförmig eine flache Rampe um eine mittig gelegene Spindel. Original erhaltene Spuren wie numerierte Holzbänke, Aufschriften auf den Betonwänden, Lüftungsrohre, Meßgeräte und Toilettenanlagen vermitteln einen authentischen Einblick in die Zeit des Zweiten Weltkrieges. Außer den beiden Spitzbunkern befindet sich auf dem Gelände unter dem Parkplatz zusätzlich ein zum Schutz der Mitarbeiter eingerichteter flacher

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Spitzbunker auf dem Gelände des Ausbesserungswerkes der Deutschen Bahn AG Schutzbunker, in dem sich ebenfalls noch zahlreiche Originalspuren aus der Kriegszeit erhalten haben. Auf dem ehemaligen Lokomotivausbesserungswerk der Deutschen Reichsbahn am Dornheimer Weg (Michaelisstraße 35) stehen ebenfalls noch zwei Spitzbunker, die in den 30er Jahren zum Schutz der Reichsbahnmitarbeiter gebaut wurden. Ein weiterer Bunker aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges befindet sich am Ostbahnhof, ebenfalls auf Bahngelände. Zu sehen ist lediglich der Eingangsbereich, dessen Tür verschlossen ist. Weitere Angaben zu dem Bunker sind den Autoren nicht bekannt. →Katastrophenschutz

Sprenger, Jakob (24.7.1884 Oberhausen, Pfalz - 8.5.1945 Kössen, Tirol) hatte als Leutnant am Ersten Weltkrieg teilgenommen. Seit 1922 war er Mitglied der NSDAP, ab 1925 in der Ortsgruppe Frankfurt, deren Leitung er 1927 übernahm. 1929 wurde er Mitglied des Frankfurter Stadtrats und Sachbearbeiter für Beamtenfragen der NS-Reichsleitung. 1930 wurde er Mitglied des Reichstags, 1932 Gauleiter für Hessen-Darmstadt mit Sitz in Darmstadt.

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Mit den Stimmen von NSDAP, Deutschnationalen und Zentrum wählte der Hessische Landtag seinen bisherigen Präsidenten Dr. Ferdinand Werner am 13. März 1933 zum Staatspräsidenten und beschloß ein erstes "Ermächtigungsgesetz"; Reichskommissar Müller wurde Innen-, Finanzund Justizminister. Vom Balkon des Landtags verkündete NS-Gauleiter Sprenger die damit auch staatsrechtlich vollzogene "Machtergreifung". Am 10. April 1933 wurde er ehrenamtlicher Reichskommissar für Beamtenorganisation. Am 6. Mai 1933 übernahm er das neugeschaffene "Amt des Reichsstatthalters in Hessen". Hauptsitz der Gauleitung wurde Frankfurt. Die Sprenger nachgeordnete Landesregierung in Darmstadt bestand ab dem 16. Mai 1933 aus dem Ministerpräsidenten Dr. Werner und Staatssekretär Philipp Jung. Ministerpräsident Werner und Landtagspräsident Werner →Best (→Boxheimer Dokumente), die sich dem Abbau der Eigenstaatlichkeit Hessens widersetzt hatten, wurden am 18. September 1933 durch Sprenger entlassen. Am 20. März 1935 übernahm Sprenger als "Führer der Landesregierung in Hessen" auch formal die Leitung der Landesverwaltung. Sein Adjutant Heinrich Reiner wurde sein Vertreter in Darmstadt. Die Bezeichnung "Volksstaat Hessen" wurde nicht mehr verwendet. Reichsstatthalter Sprenger verkündete am 5. Januar 1937 den Anschluß von Arheilgen und Eberstadt an Darmstadt zum 1. April 1937. Der umgebaute Main-Neckar-Bahnhof (Nähe Steubenplatz, gegenüber Arbeits- und Sozialgericht) erhielt den Namen "Jakob-Sprenger-Haus". Ende Oktober 1936 wurde die Gauamtsleitung der NS-Volkswohlfahrt nach Darmstadt verlegt und nach der Einweihung des Gebäudes am 2. Oktober 1937 dort untergebracht. Auf Weisung von Sprenger verfügte die Gestapo am 9. Juni 1939 die sofortige Entlassung des am →Elisabethenstift tätigen Pfarrers Philipp Otto Lenz. Sein Vorgänger Theodor →Hickel hatte am 1. Juli 1934 unter politischem Druck auf sein Amt verzichtet. Ende Juni wurde auch die Oberin abgesetzt und ausgewiesen. Im Stifts-Pfarrhaus wurde eine NSSchwesternschule eingerichtet. Im Archiv der Stadt Darmstadt sind der Öffentlichkeit außer lobenden Zeitungsartikeln der "Hessischen Landeszeitung" keine Unterlagen über die Taten von Jakob Sprenger einsehbar. So z.B. auf der Titelseite vom 6. Mai 1934, ein Jahr nach Ernennung zum Reichsstatthalter: "Hessen feiert Sprenger" oder auch eine Reihe von Artikel zu seinem 50. Geburtstag. Sprenger floh mit seiner Frau vor den anrückenden Alliierten nach Kössen in Tirol. Sprengers Leiche und die seiner Frau wurden an 19. Mai 1945 in einem unmittelbar an dem Ort angrenzenden Auwald von einer einheimischen Frau entdeckt. Beide Toten wurden sofort am Fundort vergraben. 151


Eine am 17. Juli 1945 von der US-amerikanischen Militärbehörde veranlaßte Exhumierung ergab, daß der ehemalige Gauleiter Jakob Sprenger am 8. Mai an den Folgen einer Vergiftung (vermutlich Zyankali) gestorben war. Es wurde anschließend von den Militärs eine Umbettung auf den Ortsfriedhof angeordnet. Q: [74], [85], [144]

Standortpfarrer Die enge Verbindung zwischen Militär und Kirche wird in der Militärseelsorge deutlich. Wie sonst sind Soldaten von Seelenqualen zu befreien, die sie erleiden, wenn sie im "Ernstfall" ständig gegen das fünfte Gebot verstoßen müssen? Das Seelenheil wiederherzustellen, ist unter anderem Aufgabe von Militärpfarrern. Ihre Diensträume befinden sich in der →Starkenburg-Kaserne. Grundlage der Militärseelsorge ist § 36 des Soldatengesetzes: "Der Soldat hat einen Anspruch auf Seelsorge und ungestörte Religionsausübung. Die Teilnahme am Gottesdienst ist freiwillig." Schwerpunkte der Tätigkeit der Standortpfarrer ist die seelsorgerische Beratung von Angehörigen der Bundeswehr und der "Lebenskundliche Unterricht" bei den Einheiten der Bundeswehr, die zum Seelsorgebezirk Darmstadt gehören. Hierzu zählen die →Fachschule des Heeres für Erziehung und Wirtschaft, das →Systeminstandsetzungszentrum 850, das →Verteidigungsbezirkskommando 43, mehrere Gerätedepots (→Gerätehauptdepot), das Amt für Flugsicherung Frankfurt am Main und das Luftwaffenbataillon in Schöneck. Die Standortpfarrer veranstalten außerdem mehrtägige Seminare in kirchlichen Bildungshäusern, Rüstzeiten, Familienwochenenden und Exerzitien für Soldatenfamilien. Monatlich finden ökumenische Standortgottesdienste statt, abwechselnd in der evangelischen Paul-Gerhardt-Kirche und in der katholischen St. Georgs-Kirche. Es existieren Aufzeichnungen über die Besetzung des Amtes eines evangelischen Standortpfarrers bis 1920 und dann wieder ab 1939. Im Zuge der Wiederbewaffnung wurde 1956 sofort auch wieder die Betreuung der Soldaten durch evangelische Seelsorger wahrgenommen: 1939-1945 Friedrich Wiedmann 1956-1972 Walter Dietrich 1972-1976 Dr. Armin Boyens 1976-1986 Joachim Ufer 152


1976-1986 Klaus Töpper 1986-1988 Wolfgang Kretzer 1988-1992 Wolfgang Kretzer 1992Arnold Führer Infolge des Anschlusses der sogenannten Beitrittsländer der ehemaligen DDR entstand vor allem in den östlichen Landeskirchen der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) eine Diskussion über die nach Ansicht der Kritiker der Militärseelsorge zu enge Anlehnung der Seelsorge an das Militär, die jedoch zu keiner grundsätzlichen distanzierenden Haltung der EKD führte. Q: [70], [105], [146], [160]

Standortverwaltung Die Standortverwaltung ist eine Einrichtung der →Bundeswehr. Ihre Funktion und ihre Aufgaben beschreibt sie in eigenen Worten wie folgt: "Die Standortverwaltung Darmstadt ist eine von insgesamt 22 (19, Stand 1998) eingerichteten Standortverwaltungen im Wehrbereich IV. Als Ortsbehörde ist sie Ansprechpartner für die Bürger und Soldaten, die Truppenteile und Dienststellen und deren zivile Beschäftigte, der Handels- und Gewerbebetriebe sowie der Kommunal-, Kreis- und Landesbehörden. Die Bundeswehrverwaltung dient den Aufgaben des Personalwesens und der unmittelbaren Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte. Zur Erfüllung der ihr gestellten Aufgaben tritt die Standortverwaltung Darmstadt als Arbeitgeber, Käufer, Besteller, Bankkunde, Mieter, Grundstückspächter, Bauherr, Vertragspartner und als Dienstleistungsunternehmen auf. Der Zuständigkeitsbereich umfaßt das Gebiet der Städte Darmstadt, Frankfurt, Offenbach, der Kreise Darmstadt-Dieburg, Bergstraße, Groß-Gerau, Main-Taunus (nur Eschborn), Main-Kinzig, den Odenwald- und den Wetteraukreis. Mit 250 Mitarbeitern (Beamte, Angestellte und Arbeiter) ist die Standortverwaltung Darmstadt personalbearbeitende Dienststelle für die zivilen Beschäftigten (Angestellte, Arbeiter, Auszubildende) im Standortbereich. Versorgungsaufgaben auf den Gebieten Bekleidung, Verpflegung, Beschaffung sowie die Bau-, Unterkunfts- und Liegenschaftsangelegenheiten gehören ebenso dazu wie die Versorgung mit Möblierungsgerät und der Technische Betriebsdienst, der für Energieversorgung, Heizung, Bauunterhaltung und Entsorgung zuständig ist. 153


Besonders die Berufsgruppen der Arbeiter zeigen die Vielfalt der Aufgaben; so sind im Bereich der Standortverwaltung Darmstadt tätig: Kraftfahrer, Elektriker, Schlosser, Schreiner, Maler, Dachdecker, Maurer, Installateure, Kläranlagen-, Pumpen- und Kesselwärter, Schneider(innen), Schuhmacher, Weißnäherinnen, Kammer- und Lagerarbeiter(innen), Kasernenwärter, Kanal-, Garten- und Liegenschaftsarbeiter und Gärtner. Die Standortverwaltung Darmstadt ist im bundeseigenen Dienstgebäude in Darmstadt, Kasinostraße 37, untergebracht. Sie hat eine Bekleidungskammer, ein Gerätelager sowie 3 Bezirksverwaltungen in Darmstadt, Darmstadt-Eberstadt und Schöneck sowie Truppenküchen, Werkstätten und Heizungsanlagen in den Kasernenbereichen.Die Standortverwaltung Darmstadt betreut zur Zeit 2.700 Soldaten und Zivilbeschäftigte. Q: [41], [146]

Starkenburg-Kaserne Sie ist eine von zwei Kasernen der →Bundeswehr in Darmstadt und liegt in der Michaelisstraße 35 auf einem 20 Hektar großen Areal. In der Starkenburg-Kaserne waren vor einigen Jahren 600 Soldaten stationiert. Wegen der allgemeinpolitischen Lage dürfte die aktuelle Stärke aber weitaus geringer sein. Folgende Dienststellen sind in der Starkenburg-Kaserne untergebracht: - Fachschule des Heeres für Wirtschaft (→Fachschule des Heeres für Erziehung und Wirtschaft) - →Verteidigungsbezirkskommando 43 - →Systeminstandsetzungszentrum 850 - →Standortverwaltung - Bezirksverwaltung II - →Kreiswehrersatzamt - Bereichsfernmeldeführer 415 und Standortmeldeanlage 415/421 - Sanitätsbereich 43/1 und Standortarzt - Evangelischer und katholischer →Standortpfarrer - Verband der Reservisten der Bundeswehr Q: [48], [62]

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Lageplan der Starkenburg-Kaserne

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Stauffenbergstraße Die Straße war vorher ein Teilstück der Saalbaustraße. Sie wurde 1968 nach dem Hitler-Attentäter Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg (1907 - 1944) benannt. So hat Darmstadt - wie so viele andere Städte auch - den Militärangehörigen von Stauffenberg stellvertretend für den Deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus geehrt. Q: [135]

St. Barbara Siedlung (St. Barbara Village) An der Heidelberger Landstraße liegt die nach der heiligen Barbara aus Nikomedien (3./4. Jahrhundert) benannte Wohnsiedlung für Angehörige der →US-Army. In der 2,5 Hektar großen St. Barbara Siedlung wohnen nur Soldaten im Offiziersrang. In den Vorgärten der Reihenhäuser sind Namensschilder mit Angabe des Dienstgrades aufgestellt. Q: [22], [56]

Steubenplatz Der Platz war früher der nördliche Teil der "LandgrafPhilipps-Anlage". Er wurde nach dem General Friedrich Wilhelm Rudolf Gerhard Augustin von Steuben (1730 - 1794) benannt. Er nahm als Offizier im Heer Friedrich des Großen (1712 - 1786) am Zweiten Schlesischen Krieg (1744/45) und am Siebenjährigen Krieg (1756 – 1764) teil. Anschließend war er elf Jahre lang Hofmarschall der Fürsten von Hohenzollern-Hechingen. 1777 ging er nach Amerika und nahm unter George Washington am Kampf der Kolonien gegen England teil. Noch heute findet dort alljährlich die sogenannte Steubenparade statt. Q: [135]

Synagogen In Darmstadt gab es bis zu deren Zerstörung in der sogenannten → "Reichskristallnacht" vom 9./10. September 1938 drei Synagogen. Die Hauptsynagoge in der Friedrichstraße, 1875 von Wilhem Köhler im neuromanischen Stil errichtet, war Treffpunkt der "Liberalen Juden". Heute erinnert ein Denkmal auf dem Gelände der Städtischen Kliniken in 156


der Grafenstraße an diese Synagoge. Die "Neue Synagoge" wurde ganz in der Nähe, in der Bleichstraße 15, von Georg Wickop in den Jahren 1904 1906 im Jugendstil errichtet und war die Synagoge der "Orthodoxen Juden". In Darmstadt-Eberstadt erinnert ein Denkmal an die ebenfalls zerstörte Synagoge an der Modaubrücke. Auch in Darmstadt-Arheilgen befand sich eine Synagoge, diese wurde allerdings schon in den 20er Jahren aufgegeben. Das Gebäude brannte 1944 ab. Am 22. Oktober 1946 wurden die Anführer der Pogrom-Aktionen vom 10. November 1938 gegen die Synagogen in Darmstadt und Umgebung, die ehemaligen SAFührer Wilhelm Mahla und Heinrich Kissinger, zu je 7 Jahren Zuchthaus, drei weitere Angeklagte zu kürzeren Haftstrafen, verurteilt. Ob sie, wie viele andere verurDarmstadts älteste Synagoge eingeweiht am teilte NS-Täter, sehr 4.Juni 1737. Sie stand an der Ecke Kaplanei- und bald schon amneOchsengasse stiert wurden, ist nicht bekannt. In der Wilhelm-Glässing-Straße wurde am 9. November 1988, dem 50. Jahrestag der Pogromnacht, die neue Darmstädter Synagoge mit jüdischem Gemeindezentrum eingeweiht. Sie wurde von dem Frankfurter Architekten Alfred Jacoby geplant. Q: [74], [115], [152]

Systeminstandsetzungszentrum 850 Das Systeminstandsetzungszentrum ist eine Einrichtung des Heeres zur Durchführung von Hauptinstandset157


zung und Grundüberholung von Kettenfahrzeugen, vor allem Kampfpanzern und Motorbooten. Das Werk wurde 1958 gegründet und befindet sich in der →Starkenburg-Kaserne auf dem Gelände des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerkes (Michaelisstraße 35). Das Systeminstandsetzungszentrum ist ein mittelständischer Betrieb mit 500 zivilen Stellen und rund 50 militärischen Dienstposten. Es wird nach dem Leistungslohnverfahren (Akkordarbeit), nach festen Arbeitsabläufen und Zeitvorgaben für die Beschäftigten gearbeitet. Das Systeminstandsetzungszentrum hieß bis 1993 Heeresinstandsetzungswerk. Es ist truppendienstlich dem Instandsetzungsregiment 11 in Rheine unterstellt. Q: [72], [146]

Technische Hochschule (seit Oktober 1997 "Technische Universität") 1836 wurde die "Großherzogliche Real- und höhere Gewerbeschule zu Darmstadt" gegründet, mit der die Entwicklung des technischen Bildungswesens in der Residenz einsetzte. In den Jahren um die Jahrhundertwende erlebte die TH Darmstadt ihre erste Blütezeit. Der Zustrom der Studenten hielt an, die dringend benötigten Neubauten an der Hochschulstraße wurden 1895 feierlich eingeweiht. Diese Zeit des Wachstums und Ausbaus ging mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges zu Ende. Anscheinend voller Begeisterung zogen auch Darmstadts Studenten 1914 in den Krieg. Die Zahl der Studenten, im Kriegsjahr 1916/17 auf 174 gesunken, stieg nach dem Krieg sprunghaft an. Doch der Hochschule fehlte das Geld für Lehre und Forschung, viele ihrer Studenten lebten am Rande des Existenzminimums. Aus dieser Notlage entstand 1921 die "Studentische Wirtschaftshilfe e.V.", die Vorläuferin des Studentenwerks. Sie baute in Selbsthilfe eine Essensversorgung auf, richtete ein Studentenheim ein und kümmerte sich um die Zimmervermittlung. Mit der Machtergreifung der Nazis am 30. Januar 1933 zog auch an den deutschen Schulen und Hochschulen die nationalsozialistische Ideologie ein. Schon 1925 wurde die Berufung des jüdischen Philosophen Julius Goldstein als Professor an die TH, an der er ab 1902 als Dozent lehrte, von wütenden Protesten der Studentenschaft und rechtsgerichteten THProfessoren begleitet. Der direkte Zugriff auf die Schulen erfolgte im März 1933 mit der Gleichschaltung der Länder.

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Gesetzliche Eingriffe veränderten die Struktur der Hochschule. Das "Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen" vom 25. April 1933 schrieb eine Senkung der Studentenzahl vor und eine Sonderquote für "Nichtarier" und Frauen. Parallel zur "Säuberung" der Professoren begann die "Säuberung" der Studenten. Aktive Mitglieder sozialistischer oder kommunistischer Hochschulgruppen wurden von der Hochschule verwiesen. Besonderen Repressalien waren die jüdischen Studenten ausgesetzt. Sie mußten die Deutsche Studentenschaft verlassen und verloren das Recht auf Inanspruchnahme studentischer Sozialeinrichtungen. Aber auch an der TH Darmstadt vollzog sich dieser Gleichschaltungsprozeß nicht widerstandslos. Am 30. April 1933 erschien im "Darmstädter Tagblatt" folgende Notiz: "Die TH hat sich veranlaßt gesehen, ihre Räume bis auf weiteres zu schließen, weil innere Störungen die Aufrechterhaltung des Lehrbetriebes unmöglich gemacht haben. Es sind Maßnahmen eingeleitet worden, die Hindernisse so schnell wie möglich zu beseitigen." Im Rahmen des "Vierjahresplans" vom 18. Oktober 1936 wurde die TH Darmstadt zu einer wichtigen Forschungsstätte für die Importunabhängigkeit Deutschlands, die das faschistische Regime in Vorbereitung des Krieges anstrebte. So arbeitete die chemische Abteilung an der Kraftstoffherstellung aus Kohle und an der Sprengstoffherstellung aus Zellstoff. Die mathematische Abteilung betrieb Forschung für den Flugzeug- und Raketenbau. Prof. Dr. A .Walther, später als "Pionier des elektronischen Rechnens" bezeichnet, setzte ab November 1944, in Zusammenarbeit mit der SS, Häftlinge des Konzentrationslagers Sachsenhausen für die Lösung mathematischer Probleme ein. Aber nicht nur auf technischem Gebiet, sondern auch ideologisch unterstützte die TH den NS-Staat. Der Dozent für Philosophie Dr. P. Bommersheim veranstaltete Vorlesungen über die Philosophie der Rasse und veröffentlichte Aufsätze mit den Themen "Warum ist Rassenlehre kein Materialismus" und "Die Rasse als Bedingung der Geschichtsbildung". Landgerichtsrat P. Stimmel, als Richter am Darmstädter Sondergericht beteiligt an Urteilen gegen rassisch und politisch Verfolgte, hatte einen Lehrauftrag für bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der TH. Darüber hinaus waren auch einige Professoren bereit, auf TH- oder Fakultätsebene als "Abwehrbeauftragte" für die →Gestapo zu arbeiten und politische Dossiers über die Zuverlässigkeit anderer Professoren zu erstellen. Insgesamt läßt sich feststellen, daß die deutschen Hochschulen im Rahmen des faschistischen Vierjahresplanes einen großen Anteil an der Vorberei159


tung und Durchführung des Zweiten Weltkrieges hatten. Dabei war die TH Darmstadt mit einer Reihe von Wissenschaftlern mehrerer Forschungsdisziplinen führend an der Entwicklung der Luftfahrt- und Raketentechnik beteiligt. 80 Prozent der Gebäude der THD waren am Ende des Zweiten Weltkrieges zerstört. Trotzdem meldeten schon am 10. Mai 1945 die meisten Institute, der Lehrbetrieb könne sofort wieder aufgenommen werden. Offiziell wiedereröffnet wurde die Hochschule am 17. Januar 1946, rund 1.100 Studenten waren zu diesem Zeitpunkt wieder eingeschrieben. Mit dem "Internationalen Kongreß für Ingenieurausbildung" im Sommer 1947 machte die THD als Ausbildungsstätte der technischen Führungskräfte den Versuch einer neuen Standortbestimmung nach den verheerenden Folgen des technisch perfektionierten "totalen Krieges". Doch die Forderungen des Kongresses blieben weitgehend folgenlos. Der materielle Aufbau stand im Vordergrund und band die Kräfte. In wenigen Jahren wurden die zerstörten Gebäude wieder aufgebaut, entstanden neue Institute und Hochschuleinrichtungen. →Rüstungsforschung, →Windkanal Griesheim Q: [1], [46], [79], [153]

Training Center Diese von der →US-Army genutzte umzäunte Einrichtung ist etwa vier Hektar groß und liegt südlich des →August-EulerFlugplatzes am Eberstädter Weg. In dem Training Center befinden sich laut Hinweisschildern verschiedene Übungs- und Simulationseinrichtungen: das Battle Simulation Center, die Patriot Conduct of Fire / Training Facility und das 233rd Base Support Battalion Training Support Center. Die Funktion der einzelnen Gebäude ist nicht klar erkennbar, wahrscheinlich sind es Schulungs-, Verwaltungs- und Lagergebäude. Auf dem Gelände befinden sich auch Geräte für militärische Sportübungen. Q: [48]

Triage ist ein Begriff aus der Militärmedizin und hat seinen Ursprung in dem französischen "trier" = aussondern. Die Triage wird in der Zentralen 160


Dienstvorschrift der Bundeswehr ZDV 49/50 folgendermaßen beschrieben: "Ihre Besonderheit liegt darin, daß sich im Gegensatz zur üblichen ärztlichen Handlungsweise die Sorge für den einzelnen zwangsläufig den militärischen Erfordernissen unterordnen muß, wenn die taktische Lage dies verlangt." Dies heißt: Unter den Bedingungen kriegerischer Auseinandersetzungen mit der zwangsläufigen Folge einer extrem hohen Zahl von medizinisch Behandlungsbedürftigen gelten besondere Kriterien für eine ärztliche Behandlung. Sehr deutlich formulierte 1981 der bayerische Sozialminister: "Verteidigungsmediziner müssen in der Lage sein, bei Tausenden von Verletzten die Spreu vom Weizen zu trennen." Die medizinische Behandlung wird also nicht nach dem hippokratischen Grundsatz "Das vorrangige Recht auf Behandlung hat der Schwerstverletzte", sondern nach der militärischen Wertung auf Verwendungsmöglichkeiten des Behandelten durchgeführt. In der zivilen Medizin wird der Begriff Triage seit etwa 20 Jahren verwendet. Angesichts großer Opferzahlen bei "modernen" Verkehrsunglücken (z.B. Flugzeugabstürzen, Massenkarambolagen) gewinnt hier die selektive Behandlung der Opfer immer mehr an Bedeutung. Es kann davon ausgegangen werden, daß auch in Darmstadt im Rahmen von Katastrophenschutzplänen (→Katastrophenschutz) und militärischen Planungen, die Voraussetzungen für eine Triage in den Städtischen Kliniken und weiteren Krankenhäusern bzw. medizinischen Einrichtungen und im "Ernstfall" in zusätzlich dafür vorgesehenen öffentlichen Gebäuden, wie z.B. Schulen, gegeben sind. Q: [104], [154]

US-Army In Darmstadt sind heute immer noch - trotz Truppenabzügen seit einigen Jahren - relativ viele Verbände der US-Army stationiert. Der Standort Darmstadt wird auch in Zukunft bleiben und sogar weiter ausgebaut werden (→Kelley Barracks). Die übergeordnete Einheit stellt das 233. Standortunterstützungsbataillon (233rd Base Support Battalion) dar, das 1991 eingerichtet wurde. Sein Zuständigkeitsbereich umfaßt 2121 Quadratkilometer. Die Hauptaufgabe des Bataillons ist es, verwaltungstechnische und logistische Unterstützung für die im geographischen Umfeld stationierten Einheiten und Personen zu leisten. Darmstadt (die "Community of Excellence", wie man auf einem Schild an der Autobahnausfahrt Pfungstadt auf der A5 lesen kann) ist einer von drei 161


Standorten, die der 104. Regionalverwaltung in Hanau unterstehen. Die 104. Regionalverwaltung ist eine untergeordnete Verwaltungsstelle des Hauptquartiers der Armee der USA in Europa in Heidelberg (USAREUR). USAREUR ist Teil des Hauptquartiers des Europäischen Kommandos mit Sitz in Stuttgart und des Hauptquartiers der Alliierten Streitkräfte (SHAPE) in Belgien. Etwa 10.000 (Stand August 1998) Soldaten, Zivilangestellte und Familienangehörige leben in der US-Militärgemeinde Darmstadt und arbeiten in vier Kasernen, dem Stars & Stripes Komplex und in der Untergemeinde Babenhausen mit ihrer Satellitengemeinde Münster Army Depot (Das Münster Army Depot wurde im September 1995 von der US-Army geräumt). In Darmstadt selbst sind 2.400 US-Soldaten mit 4.400 Familienangehörigen stationiert und rund 1.000 US-Zivilangestellte beschäftigt (Stand Februar 1997). Ab September 1998 werden es 4.650 Soldaten, Zivilangestellte und Familienangehörige sein. Das Hauptquartier des 233. Standortunterstützungsbataillons Darmstadt befindet sich in der →Cambrai-Fritsch-Kaserne, die auch der Sitz des Hauptquartiers des 32. Heeresluftverteidigungskommandos, der 22. Fernmeldebrigade mit einem ihrer Bataillone und mehreren Unterstützungskompanien und -einheiten ist. In den Kelley Barracks sind das 32. Fernmeldebataillon, das 165. Militärische Nachrichtenbataillon und die 596. Instandhaltungskompanie beheimatet. Die Abteilung für Ingenieur- und Wohnungswesen sowie die Logistikabteilung und Commissary (Supermarkt) befinden sich im →Nathan Hale Depot. Die 41. Feldartilleriebrigade, zwei der ihr untergeordneten Bataillone und mehrere kleine Einheiten befinden sich in der Babenhausener Kaserne. Das Hauptquartier des 15. Pionierbataillons und die 184. Pionierkompanie befanden sich bis zur Räumung im Münster Army Depot. Von der US-Army in Darmstadt wird ebenfalls die →Rifle Range Messel betrieben. Zur Unterbringung der Armee-Angehörigen dienen die →Jefferson Siedlung, →Lincoln Siedlung und die →St.-Barbara Siedlung. Q: [36], [71], [146]

Verteidigungsbezirkskommando 43 Das VBK 43 ist seit August 1982 in der →Starkenburg-Kaserne stationiert (Michaelisstraße 35). Sein Zuständigkeitsbereich deckt sich mit dem des Regierungsbezirks Darmstadt. Ihm

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unterstehen die Verteidigungskreiskommandos 431 in Frankfurt und 432 in Wiesbaden sowie eine Verkehrskommandantur. Das VBK 43 hat den Auftrag, militärische Verteidigungsaufgaben, die in Krisen und im Krieg in deutscher Verantwortung bleiben, vorzubereiten und durchzuführen. So soll es im "Verteidigungsfall" für die Kriegsführung wichtige Objekte, die im Regierungsbezirk Darmstadt liegen, schützen, den "Personalersatz" sicherstellen, Kriegsschäden und Kampfmittel beseitigen, Fernmeldeverbindungen sicherstellen und einen Warn- und Alarmdienst aufrechterhalten. Dazu werden Truppen, sogenannte "Heimatschutztruppen", benötigt, die im Frieden nicht vorhanden sind, die aber in einem Spannungsfall aus Reservisten der Bundeswehr aufgestellt werden. Wichtigster Truppenteil, bis zu seiner Auflösung am 31. März 1993, war das Heimatschutzregiment 84, ein über schwere Waffen verfügendes Infanterie-Regiment aus 3.200 Soldaten. Danach blieb nur noch das →Heimatschutzbataillon 43 übrig. Weitere Truppenteile, die dem VBK 43 unterstehen, sind das →Ersatzbataillon 43 und die →Sicherungsbataillone 4431 und 4433 mit jeweils ca. 1.000 Mann, sowie die selbständige Versorgungskompanie 4430. In Friedenszeiten hat das VBK 43 Waffen und Gerät bereitzuhalten und das erforderliche Personal mit den →Kreiswehrersatzämtern auszusuchen. Das VBK 43 arbeitet in Friedens- und Kriegszeiten in zahlreichen Punkten eng zusammen mit dem Regierungspräsidenten in Darmstadt, den Landratsämtern und den kreisfreien Städten des Regierungsbezirks. Zum 31. März 1999 wurde das VBK in Darmstadt aufgelöst und mit dem Bezirkskommando Gießen zusammengelegt. Damit werden die Bundeswehrsoldaten in ganz Hessen von Gießen aus kommandiert. Mit dieser Fusion sollen wenige Personen starke Verbindungskommandos in Erbach, Darmstadt und Frankfurt den militärischen Kontakt zwischen Mittel- und Südhessen aufrecht erhalten. Q: [30], [146]

"Waffenschau" der Fachschule des Heeres Am 16. Juni 1981 versammelten sich rund 2.000 BürgerInnen auf dem Luisenplatz in Darmstadt. Die meisten der Anwesenden waren Schüler im Alter zwischen 15 und 19 Jahren und gehörten somit zu jener Zielgruppe, für die die Veranstaltung der →Bundeswehr am →Griesheimer Sand, die am selben Tag stattfand, primär gedacht war. Durch das demonstrative Fernbleiben von der "Waf163


fenschau" und der Darstellung der Arbeit von Bundeswehrsoldaten in verschiedenen "nachgespielten" militärischen Szenarien sowie durch die Teilnahme an der Demonstration wurde zu den Vorgängen in Darmstadt eine unmißverständliche Haltung eingenommen: Es wurde einerseits zum Ausdruck gebracht, daß man sich nicht einer einseitigen Einflußnahme seitens

Technik, die begeistern soll des Militärs aussetzen wollte. Andererseits wurden Interessen des Militärs und den damit verbundenen Werten und Konsequenzen (!) für soldatisches Handeln eine Absage erteilt. Zur Vorgeschichte: Im Mai 1981 lud der Kommandeur der Fachschule des Heeres (→Fachschule des Heeres für Erziehung und Wirtschaft), Oberst Dr. Günther Roth, Schulleiter aus Darmstadt ein, um die angebliche Bedrohung durch den Warschauer Pakt aufzuzeigen. Rechtzeitig vor Beginn der Selbstdarstellung des Miltärs sollten möglichst viele Schulpädagogen von der Notwendigkeit der Arbeit der Bundeswehr überzeugt werden. Die Pädagogen ihrerseits sollten die Jugendlichen von der Unverzichtbarkeit des Militärdienstes überzeugen können. In seinen Ausführungen der "Logik des Kalten Krieges" wies Oberst Roth ausdrücklich darauf hin, daß er bereit wäre, geschulte Soldaten vor der geplanten Veranstaltung in den Unterricht zu schicken, um "theoretische Fragen", die Aufgaben des Militärs betreffend, zu diskutieren. Am 16. Juni ginge es jedoch in erster Linie um eine Demonstration der Praxis. Die "Militärschau" war als außerschulische Veranstaltung deklariert, und somit lag die Entscheidung zur Teilnahme im Ermessen des jeweiligen Schulleiters. Da die Schulleiter sich aber natürlich nicht über die jeweilige Einstellung der Lehrer zur Bundeswehr-Veranstaltung hinwegsetzen konnten, wurde von den Rektoren beim Staatlichen Schulamt auch kein 164


Antrag auf allgemeine Unterrichtsbefreiung gestellt. Dies bewirkte, daß sich nachträglich die Verantwortlichen in der Politik, sprich der damalige Schuldezernent Peter Benz, und letztendlich der Oberbürgermeister, als oberster Dienstherr, von jeglicher Verantwortung für die Teilnahme von Schülern an der Militärveranstaltung freisprechen konnten. Die "Militärschau" / Teil 1: Ungefähr 2.000 Schüler aus Darmstadt, dem Landkreis Darmstadt-Dieburg, und einzelnen Gemeinden aus dem Odenwald wurden in 27 Bussen zur →Starkenburg-Kaserne gefahren. Die Zielsetzung der Militärs wurde von diesen offen benannt: "...eine positive Grundeinstellung zur Notwendigkeit des Wehrdienstes schaffen...". Viele der hier anwesenden Schüler wurden unvorbereitet auf die Bundeswehrveranstaltung geschickt. Diese war mit zwei Tagen vor Schuljahresende zeitlich so plaziert, daß die Möglichkeit, anschließend den Problemkreis im Unterricht zu diskutieren, nicht gegeben war. Eine Gruppe mit je 30 Schülern wurde jeweils einem Feldwebel zugeteilt. Die rund 40 Unteroffiziere waren zur "bundeswehrgerechten Betreuung" der einzelnen Gruppen abkommandiert. Einer der Unteroffiziere vermittelte recht deutlich, wie diese inhaltlich ausgefüllt war: Die Veranstaltung sei nichts anderes als eine Betriebsbesichtigung, "... nur daß wir keine Backmischungen haben, sondern Panzer." Vorträge über technische Details von Waffen und technischem Gerät, aber auch Gespräche mit "einfachen Soldaten" fanden statt. Die "Militärschau" / Teil 2: Olivgrüne Busse fuhren die Schüler anschließend zur mit NATO-Stacheldracht bestückten Hauptpforte des Geländes "Griesheimer Sand". Oberst Roth hatte den Schülern eine "Übung unter gefechtsmäßigen Bedingungen" versprochen. Die Beweglichkeit des Kampfpanzers Leopard wurde demonstriert. Schützenpanzer "Marder" und Spähpanzer "Luchs" wurden vorgeführt. Teile des Fallschirmjägerbataillons 252 aus Nagold sprangen ab und demonstrierten ihre Präzision. Eine Luftlandeoperation wurde mit leichten und mittleren Transporthubschraubern durchgeführt. Im Tiefflug wurde die "Kampfweise" von Panzerabwehrhubschraubern gezeigt. Nicht gezeigt wurde, welche Auswirkungen Bomben und Granaten auf Menschen und ihre Lebenswelt haben. Die Faszination Technik, die vor allem bei jüngeren männlichen Veranstaltungsteilnehmern zu beobachten war, machte eine kritische Auseinandersetzung mit Auftrag und Ziel der Bundeswehr und den Mechanismen militärischen Denkens und Handelns unmöglich. In der Tageszeitung wurde von 1214jährigen Schülern berichtet, die den Spezialpanzer "Biber" beim Verlegen von 20 Meter langen Panzerbrücken beklatschten.

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Bemerkenswert bleibt, daß Tausende von Schülern ohne weiteres vom Unterricht freigestellt werden, wenn die Bundeswehr "ruft", während Friedensorganisationen Informationsveranstaltungen in Schulen, wenn überhaupt, nur unter großen Schwierigkeiten genehmigt bekommen. Q: [20], [52], [64], [66]

Waldkolonie Mit dem Bau der sog. "Frontkämpfersiedlung" in der bis dahin mit Kiefernwald bewachsenen Darmstädter Waldkolonie wurde 1933 begonnen. Bis 1935 waren bereits 50 der kleinen, einstöckigen, satteldachgedeckten Siedlungshäuser fertiggestellt, die vor allem von "Frontkameraden, Kriegsbeschädigten und (...) Kameraden der Bewegung, vor allem die der SA und SS" bezogen wurden. Je zwei Wohnhäuser, die sich jeweils "in Farbe und Form" etwas vom Nachbarn unterschieden, waren baulich zusammengefaßt, wobei der dadurch entstandene Raum für Stallgebäude genutzt wurde. An die Rückfront der Häuser schloß sich ein jeweils 900 qm großer Nutzgarten an, durch dessen Bewirtschaftung die Bewohner auch in Kriegszeiten in der Lage sein sollten, sich selbst zu versorgen. Die Anlage der Siedlung Waldkolonie entstand im Zuge des "vom Führer bei der Machtergreifung verkündeten Siedlungsgedankens", wobei diese sogenannten Siedlerstellen nicht nur zur Selbstversorgung der Bewohner beitragen, sondern auch "den Arbeiter mit der 'Scholle' verbinden und ihn zu einem politisch zuverlässigen Träger des NS-Staates machen" sollten. Dementsprechend stand der "Gemeinschaftsgedanke", der in echt nationalsozialistischem Sinne unter den Kameraden hier verwirklicht wurde", im Vordergrund. Anders als beim Siedlungsbau der 20er Jahre, der bevorzugt aus Geschoßwohnungen bestand, wurden für den nationalsozialistischen Siedlungsbau der gartenumgebenen Kleinhäuser bezüglich der städtebaulichen und architektonischen Gestaltung keine idealistischen Gedanken formuliert. Sie entstanden aus rein pragmatischen sowie nationalistischideologischen Überlegungen. In der Nachkriegszeit hatte man sich intellektuell mit den Siedlungsbauten des Nationalsozialismus nicht auseinandergesetzt, "was angesichts der Wohnungsknappheit und der nicht allzu aussagekräftigen Architektur auch nicht weiter verwundert". Q: [58], [89] 166


Walther, Alwin (1898 - 1967) Walther, der in Darmstadt von 1928 bis 1966 angewandte Mathematik lehrte, gilt als ein Pionier des Computerzeitalters. Er baute das schon in den dreißiger Jahren weltberühmte Institut für Praktische Mathematik auf und machte die Darmstädter Hochschule schon während der fünfziger Jahre zu einem Zentrum des elektronischen Rechnens. Für diese Verdienste hat die TU Darmstadt dieses Wissenschaftlers anläßlich seines 100. Geburtstages mit einem Festkolloquium am 8. Mai 1998 gedacht. Darüber hinaus hat die TU Darmstadt das akademische Jahr 1998 nach Alwin Walther benannt und einen gleichnamigen Preis gestiftet. "Nach allem was wir wissen", heißt es in dem Periodikum des AStAs 'zoon politikon', "war Alwin Walther kein Nazi." In einem Spitzelbericht von 1944 beklagt der SS-Sicherheitsdienst Walthers großen Einfluß und seine Personalpolitik, bei der aktive Nationalsozialisten bewußt ferngehalten würden, bescheinigt ihm aber 'eifrig zu arbeiten' und 'sachlich bestrebt' zu sein. 1939, wenige Wochen nach Beginn des Zweiten Weltkrieges, bekam das Institut einen Großauftrag von einem der damals einflußreichsten und finanzstärksten Geldgeber: von der Heeresanstalt Peenemünde. Diese Forschungsstätte zur Raketenentwicklung war von Darmstädtern dominiert. Rund ein Viertel der dort tätigen Wissenschaftler kam aus Darmstadt. Auf Walthers ausdrückliche Bitte wurde der Auftrag für ballistische Rechnungen zur Entwicklung der V2-Rakete mit dem Zusatz 'Lösung möglichst auf instrumentellem Wege' versehen, was er in einer Rede von 1961 als glücklichen Umstand festhält. Ansonsten scheint Walther wenig Berührungsängste gegenüber dem System gehabt zu haben: Im Herbst 1944 wurde auf Betreiben des SS-Ahnenerbes und des Reichsforschungsrates eine 'Abteilung M(athematik) des Instituts für wehrwissenschaftliche Zweckforschung' im KZ Sachsenhausen aufgebaut, in der inhaftierte Wissenschaftler Zwangsarbeit 'für das menschenbeanspruchende und zeitraubende Ausrechnen von Formeln, Ausarbeitung von Einzelkonstruktionen, sowie aber auch zu Grundlagen-Forschungen' leisteten." Ob Walther angesichts der offensichtlich unkritischen Haltung gegenüber dem SS-Regime als traditionsbildendes Vorbild dienen kann, darf sicherlich kontrovers diskutiert werden. Q: [3], [65]

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Wechsler, Heinrich (1901 Darmstadt-Arheilgen - 1938 DarmstadtArheilgen) war Bäcker und Getreidehändler in der Felchesgasse in Arheilgen. Als Jude wurde Wechsler in der sogenannten→ "Reichskristallnacht" 1938 so brutal mißhandelt, daß er an seinen Verletzungen starb. 1974 wurde eine Straße in Darmstadt-Arheilgen nach ihm benannt. Q: [135]

Widerstand → Bekennende Kirche → Betriebsgruppe Goebel → Braustübl → Delp, Heinrich → Fillsack, Hans → Fröba, Georg → Grein, Karl → Haubach, Theodor → Kirchen im Faschismus → Kirchenkampf → Kommunistischer Widerstand → Kreisauer Kreis → Leuschner, Wilhelm → Meister, Fritz → Mierendorff, Carlo → Metzger, Ludwig → Reiber, Julius → Rote Kapelle → Schwamb, Ludwig → SPD-Widerstand → Zentralverband der Angestellten

Wielandstraße Die Straße in Darmstadt-Arheilgen ist seit 1963 nach dem Dichter Christoph Martin Wieland (1733 - 1813) benannt. Wieland galt zur Zeit der Aufklärung als einer der wichtigsten deutschen Romanschriftsteller. Neben Romanen verfaßte er 1794 den "Aufruf an die Deutsche Na168


tion": "Was tut ihr, ihr Völker? Was sagt euch euer Herz? Was sagt euch euer Gewissen? Hat Gott euch eure Söhne dazu gegeben, daß ihr sie zu Menschenmördern macht? Daß ihr sie dem Kriege, dem Schwerte, dem Kriegsfeuer, der Verstümmelung, dem jämmerlichen Tode preisgebet?" Q: [88]

Willy-Brandt-Platz Der Platz am nördlichen Ende des Mathildenplatzes wurde 1994 nach dem Politiker Willy Brandt (18.12.1913 Lübeck 8.10.1992 Unkel) benannt. Brandt erhielt 1971 den Friedensnobelpreis. →Friedensnobelpreisträger Q: [12]

Windkanal Griesheim Von den sich auf dem Gelände des →August-Euler-Flugplatzes in Griesheim befindlichen Gebäuden stellt der Windkanal ein bemerkenswertes bauliches Objekt dar. Er wurde nach Entwürfen von Dr.-Ing. Nicolaus Scheubel, der 1933 NachWindkanal der Technischen Universität folger des gestorbenen Proin Griesheim fessors Carl Eberhard wurde, in den Jahren 1935 bis 1936 im Auftrag der →Technischen Hochschule gebaut. Die Dimensionen des 3-Meter-Windkanals wurden so konzipiert, daß eine längerfristige Nutzung bis in die heutigen Tage möglich war und ist. Die Strömungsforschungen der TH stellten einen nicht unwesentlichen Beitrag dar, die daraus gewonnenen Erkenntnisse direkt in die militärische Flugzeugproduktion des Dritten Reiches einfließen zu lassen. In den letzen Kriegstagen wurden alle wesentlichen technischen Anlagen des Windkanals ausgebaut, um sie nicht den anrückenden US-Militärs übergeben zu müssen. Es wird spekuliert, daß die unübliche vertikale (anstatt horizontale) Konstruktion und die "fehlenden technischen Innereien" dazu führten, 169


daß der Windkanal nicht als flugtechnische Anlage von den US-Militärs eingestuft wurde. Somit wurde auf Demontage bzw. Vernichtung verzichtet. Das Gebäude diente nach 1945 den US-Amerikanern als Kasino, bis es 1954 wieder in den Besitz der TH überging. Zur Wiedereröffnung des Windkanals kam Dr.-Ing. Günter Bock, der seit Anfang der 30er Jahre einen Lehrstuhl für Flugzeugbau an der TH Danzig hatte. Bis zum Zusammenbruch des faschistischen Systems war er verantwortlicher Leiter der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt in Berlin gewesen. Er baute das Institut in Darmstadt neu auf, nahm den Windkanal erneut in Betrieb und ließ Teile der technischen Ausrüstung erneuern. Unter Bocks Nachfolger Dr.-Ing. Xaver Haver, der 1966 sein Amt antrat, wurde in den 70er Jahren der Windkanal aus- und umgebaut. Die letzte Modernisierung erfolgte 1988. Seit 1992 steht er als "wichtiges Zeugnis der technischen Entwicklung im Flugzeugbau" unter Denkmalschutz. Es ist das einzige Gebäude auf dem Areal des August-Euler-Flugplatzes, das in Form, Material und Funktion original erhalten ist. Es ist der größte erhaltene Windkanal aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg und der einzige seiner Art in Deutschland. Nach Aussagen von Mitarbeitern des Instituts werden dort noch heute Militärflugzeuge bzw. Teile davon für die DASA getestet. Q: [116], [121]

Zentralverband der Angestellten Schon einige Monate vor Beginn der faschistischen Machtergreifung am 30. Januar 1933 wurden von den Jugendgruppen des Zentralverbandes der Angestellten (ZdA) in Darmstadt und Frankfurt Vorbereitungen getroffen, um im Untergrund weiterarbeiten zu können. Sie waren die einzige gewerkschaftliche Gruppierung, die sich auf diese Zeit vorbereitete. Der Jugendleiter des ZdA in Darmstadt war Fritz Wittersheim. Die politische Einstellung der einzelnen Mitglieder war unterschiedlich - einig war man sich jedoch darüber "daß die Machtergreifung der Nazis ... nur aufgrund der Zersplitterung der Arbeiterklasse hatte zustande kommen können." Im Oktober 1934 wurden die Jugendgruppen zerschlagen und maßgebende Mitglieder zu mehrjährigen Zuchthausstrafen verurteilt. In den darauffolgenden Jahren wurden die nach NS-Recht illegalen Gruppen systematisch durch Verhaftungen der Gestapo dezimiert. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges im September 1939 kam die Widerstandstätigkeit zum Erliegen, 170


nicht zuletzt durch die Erfassung und den militärischen Einsatz der Mitglieder durch die deutschen Faschisten. Diejenigen, denen dieses Los erspart blieb, flüchteten sich in eine "Innere Emigration". Treffen fanden nicht mehr statt, die früheren Gruppenmitglieder zogen sich völlig zurück, um sich durch die Isolation dem "Alltag des NS-Staates" zu entziehen. Q: [61]

Zerstörung Darmstadts Bereits im Ersten Weltkrieg war Darmstadt Ziel eines Luftangriffes. Am 16. August 1918 warfen französische Flugzeuge Bomben über der Stadt ab, wodurch zwei Wohnhäuser in der Soder- und Gervinusstraße zerstört und vier Menschen getötet wurden.

Die zerstörte Innenstadt nach dem 11. September 1944 Im Zweiten Weltkrieg gab es bereits am 22. Juli 1941 die ersten Toten durch Luftangriffe zu beklagen. Bei einem Bombenangriff auf mehrere Städte im Rhein-Main-Gebiet durch die englische Luftwaffe war auch Darmstadt betroffen. 660 Bomben, nach anderen Angaben 33 Spreng- und 171


250 Brandbomben, trafen eine Reihe von Häusern in der Liebfrauen- und der Kranichsteiner Straße sowie in der Lagerhausstraße. 10 Tote und 25 Verletzte war die Bilanz dieses ersten Angriffes. Am 23. September 1941 kam es zum ersten Großangriff auf Darmstadt. Der Alarm begann ohne Vorwarnung um 22.23 Uhr und endete um 24.00 Uhr. Erstmals wurde gezielt Darmstadt von einem größeren Verband der Royal Air Force bombardiert. 29 Maschinen warfen insgesamt 51 Sprengbomben verschiedener Größe und 2.779 Brandbomben ab. Dieser Angriff forderte nach amtlichen Angaben 149 Tote und 278 Verletzte. Er zerstörte große Teile der Altstadt und zahlreiche Straßen im Martins- und Johannesviertel. 1944 war das schlimmste Jahr für Darmstadts Bevölkerung. In manchen Monaten war fast täglich Luftalarm. Am 19. Juli flogen amerikanische Bomber erstmals einen Tagesangriff, der vor allem gegen das Werksgelände der Fa. →Merck gerichtet war. In der Nacht vom 25. auf den 26. August sollte der nächste Großangriff der Royal Air Force folgen. Doch Darmstadt kam noch einmal davon, weil die englischen Pfadfindermaschinen entweder nicht ans Ziel gelangten oder abgeschossen wurden. Ein gezielter Bombenabwurf der fast 200 eingesetzten Maschinen war somit wegen fehlender Markierungen nicht möglich. Ein Teil der für Darmstadt bestimmten Bombenlast traf Orte in der Nachbarschaft, insbesondere Rüsselsheim, das an diesem Tag Ziel eines Großangriffes auf die Opel-Werke war. In Darmstadt gingen von 147 Sprengbomben nur 43 im Stadtgebiet nieder. Der Angriff kostete acht Menschen das Leben, 93 wurden verletzt. In der Nacht vom 11. auf den 12. September war es dann soweit. Aus den Bombenschächten von 240 Maschinen fielen 234 Luftminen und 500 Sprengbomben, außerdem rund 300.000 Stabbrandbomben, die in der Stadt einen Feuersturm entfachten. Das in Statistiken und Trümmerbildern nicht wiederzugebende Grauen unter Bomben und Feuersturm, in verschütteten Kellern, zwischen brennenden Phosphorflüssen, herabstürzendem Schutt, verzweifelten Hilferufen und verkohlten Leichen lassen die Erlebnisberichte erkennen, die Klaus Schmidt in seinem erstmals 1964 erschienenen Gedenkbuch "Die Brandnacht" zusammengestellt hat. Die Bergungsmaßnahmen, bei denen auch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter eingesetzt wurden, galten zunächst den Verschütteten in den Kellern zerstörter Häuser. Die Leichenbergung nahm noch den gesamten Oktober in Anspruch. Die amtliche Zählung verzeichnete in der fast völlig zerstörten Stadt 6.049 Tote, 3.749 Verwundete und 4.502 Vermißte. Die Gesamtzahl lag vermutlich bei 12.300 Toten, eine Zahl, die absolut und 172


prozentual wesentlich höher lag als in zahlreichen anderen von schweren Bombenangriffen getroffenen Städten. Darmstadt wurde im Zweiten Weltkrieg nach amtlichen Feststellungen zu 52,4 Prozent zerstört. Ohne Vororte beträgt der Zerstörungsgrad 78 Prozent. Hatte Darmstadt Anfang September 1944 noch 115.211 Einwohner, empfingen am 1. März 1945 nur noch 51.750 Menschen Lebensmittelkarten. Am 12. Dezember 1944 kam es zum letzten schweren Angriff auf Darmstadt. Ziel war hauptsächlich die schon bei früheren Angriffen beschädigten Werksanlagen der Fa. Merck und die durch ihre Plexiglasproduktion für den Flugzeugbau wichtige chemische Fabrik →Röhm & Haas. Q: [1], [54]

"Zigeuner" Darmstadt war nach dem Ersten Weltkrieg zur Hauptstadt und zum Regierungssitz des neu entstandenen Volksstaates Hessen ernannt worden. Die in den 20er Jahren geschaffenen administrativen Grundlagen zur "Sondererfassung" der Sinti und Roma in Hessen führten von Darmstadt aus zu einer frühzeitigen, bürokratisch-gründlichen und umfassenden Registrierung. Wilhelm →Leuschner (SPD) war von 1928 bis 1933 Innenminister des Volksstaates Hessen und verantwortlich für die Einbringung eines "Gesetzes zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens". Dieses wurde am 21. März 1929 in Erster und Zweiter Lesung vom Landtag verabschiedet und trat am 3. April 1929 in Kraft. In dem Gesetz wurde festgeschrieben, daß die Erlaubnis der Ausübung eines Wandergewerbes von einer besonderen amtlichen Erlaubnis abhängig ist, verbunden mit einer erkennungsdienstlichen Behandlung. Durch die Weigerung der Erteilung hatten die staatlichen Organe somit die Möglichkeit, diejenigen Sinti und Roma, die auf Wandergewerbe angewiesen waren, in ihrer Berufstätigkeit und somit in ihrer Existenz so radikal zu reglementieren und diskriminieren, daß den betroffenen Menschen als einziger Ausweg meistens nur noch die Emigration in eine Region blieb, in der vergleichbare Gesetze nicht existierten. Leuschner formulierte seine Absichten folgendermaßen: "... die Zigeunerplage (als) Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (einer) einheitlichen Bekämpfung ... zuführen, da trotz energischen Vorgehens eine Ausrottung des Übels bisher nicht möglich war." "Das seit 1945 schlimmste Beispiel für Rassismus in einer deutschen Stadt bot der SPD-Oberbürgermeister Günther Metzger 1983 in Darmstadt." Mit 173


Auszug aus dem Gesetz zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens von 1929

diesem Satz bezeichnete der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und die Gesellschaft für bedrohte Völker in einem Schreiben vom 7. Juni 1984 an 174


den SPD-Vorsitzenden Willy Brandt folgenden Vorgang: Am 18. August 1983 ließ Metzger das Haus von vier Roma-Familien in der Arheilger Straße während ihres zweiwöchigen Urlaubs ohne jede Vorankündigung niederreißen. Mit der Zertrümmerung des Hauses ließ der OB neben dem gesamten Hausrat und Privatbesitz auch die Kupferwerkstatt, die Existenzgrundlage der Familien, zerstören. Gleichzeitig verweigerte er ihnen die Sozialhilfe. Diesen Akt der Menschenverachtung - wie das Darmstädter Echo vom 20. August 1983 den Hausabriß nannte - rechtfertigte Metzger mit drohender Seuchengefahr. 1997 wurde in der Großen Bachgasse ein Mahnmal für die im Dritten Reich ermordeten Sinti und Roma errichtet (→Denkmäler). Q: [100], [123], [162]

Zwangsarbeit Bei den Recherchen zu diesem Thema stößt man immer wieder auf die Schwierigkeit, daß es angeblich nur noch sehr lückenhafte Informationen gibt. Das verwundert um so mehr, wenn man die ansonsten sehr pedantische deutsche Bürokratie betrachtet. Die meisten der von den Autoren angeschriebenen Firmen antworteten entweder gar nicht oder verwiesen auf Bombenangriffe, bei denen die meisten Akten aus dieser Zeit vernichtet worden seien. In dem Buch "Ich war immer gut zu meiner Russin" von Fred Dorn und Klaus Hoyer entstand bei uns der Eindruck, daß bei den dort interviewten Zeitzeugen ein Verdrängungsprozeß stattgefunden haben muß, der es schwierig macht, ein einigermaßen objektives Bild dieser Zeit zu zeichnen. So werden überwiegend Erlebnisse geschildert, die ein fast schon harmonisches Zusammenleben von Einheimischen und Zwangsarbeitern suggerieren. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges fing die Ausbeutung und Unterdrükkung der besiegten Völker an. Zunächst boten sich dafür die Kriegsgefangenen an. Im Verlauf des Krieges war es für die deutsche Wirtschaft aber auch notwendig, zivile Arbeitskräfte einzusetzen. Damit sollte der Verlust an Arbeitspotential, der durch die Einberufung der Soldaten entstanden war, ausgeglichen werden. Insbesondere die Rüstungsindustrie benötigte ausreichenden Ersatz an Angelernten und Facharbeitern. Das oberste Ziel bestand darin, so viel wie möglich aus den Arbeitskräften herauszupressen. Dabei gilt es zu beachten, daß es in der Behandlung der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter je nach Herkunftsland erhebliche Unterschiede gab. 175


So waren z.B. die offiziellen Essensrationen für sowjetische Kriegsgefangene um ein Drittel niedriger als die anderer Nationalitäten. 1943 hatten die Wochenrationen der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter - zumindest auf dem Papier - folgenden Umfang: Brot 2.600 g; Fleisch 250 g (möglichst Pferde- oder Freibankfleisch); Nährmittel auf Gerstengrundlage (Mehl) 150 g; Zucker 110 g; Salz bis zu 350 g; Fett 130 g; Frischgemüse nach Aufkommen; Tee-Ersatz 14 g; Gewürze nach Aufkommen. Für Lang- und Nachtarbeiter gab es 50 g mehr Fleisch und 20 g mehr Fett die Woche. Für Schwerarbeiter wurden 1.200 g mehr Brot, 50 g mehr Fleisch und 70 g mehr Fett zugeteilt. Schwerstarbeitern gestand man 1.800 g mehr Brot, 250 g mehr Fleisch und 130 g mehr Fett zu. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung der höheren Essensrationen gegeben waren, wurde von den Gewerbeaufsichtsämtern beurteilt. Mit Fortdauer des Krieges und der damit verbundenen Nahrungsmittelknappheit wurde natürlich auch die Verpflegung der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen drastisch verschlechtert. Offiziell wurden den Kriegsgefangenen etwa 60 Prozent des Lohnes eines deutschen Arbeiters bezahlt, was etwa einen Stundenlohn von 40 Pfennigen ergab. Davon mußten für Verpflegung 2,40 Mark und für Unterkunft 0,60 Mark pro Tag abgegeben werden. 20 Pfennig pro Tag wurden dem Kriegsgefangenen in sogenanntem Lagergeld ausbezahlt. Der Rest wurde an das Stammlager überwiesen. Über die tägliche Arbeitsleistung der Gefangenen mußten die Firmen genau Buch führen und der Abrechnungsstelle des Kriegsgefangenen - Arbeitskommandos in Nieder-Ramstadt (Gasthaus zum Löwen) vorlegen. Besondere Bedeutung gewann der Einsatz der ausländischen Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen für die Rüstungsindustrie. So arbeiteten z.B. 300 Gefangene in der →Heeresmunitionsanstalt in Darmstadt-Eberstadt. Auch hatten viele Betriebe, in denen Ausländer zum Einsatz kamen, ihre Produktion auf die Herstellung kriegswichtiger Güter umgestellt. So wurden u.a. bei den Darmstädter Firmen Carl →Schenck und →Goebel TreibSpiegel-Geschosse hergestellt. Die Lage der Zwangsarbeiter und insbesondere der Kriegsgefangenen zeichnete sich durch weitgehende Rechtlosigkeit aus. Mißhandlungen, z.B. wegen schlechter Arbeitsleistung, waren an der Tagesordnung. Besonders schlimm erging es den sogenannten Schutzhäftlingen der →Gestapo. Bei diesen Insassen handelte es sich zumeist um Ausländer, die wegen verbotenen Umgangs mit Deutschen oder wegen Arbeitsverweigerung festgenommen worden waren. Die Inhaftierten mußten auf engstem Raum unter unmenschlichen Bedingungen leben. Hans Otto→Fillsack, der ab Februar 176


1943 wegen illegaler Betätigung für die →KPD ebenfalls als Schutzhäftling im Nordbau des →Landgerichtsgefängnisses gefangen gehalten wurde, berichtet, daß in Drei-Mann-Zellen bis zu 20 Gefangene eingesperrt waren. Nach Berechnungen des Nürnberger Prozesses wird angenommen, daß während des Krieges insgesamt 12 Millionen ausländische Zivilarbeiter aus den besetzten Gebieten "angeworben" oder zwangsverpflichtet wurden. Den Einsatz sowjetischer Bürger zur Arbeit in Deutschland umriß der "Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz" Fritz Sauckel am 20. April 1942: "... Es ist daher unumgänglich notwendig, die in den eroberten sowjetischen Gebieten vorhandenen Menschenreserven voll auszuschöpfen. Gelingt es nicht, die benötigten Arbeitskräfte auf freiwilliger Grundlage zu gewinnen, so muß unverzüglich zur Aushebung derselben bzw. zur Zwangsverpflichtung geschritten werden. ... Alle diese Menschen müssen so ernährt, untergebracht und behandelt werden, daß sie bei denkbar sparsamstem Einsatz die größtmögliche Leistung bringen...." Nach der Besetzung Darmstadts im April 1945 durch die Amerikaner wurde auf dem Kasernengelände an der Ludwigshöhstraße ein sogenanntes "Displaced Persons Camp", für befreite Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge eingerichtet. Hier waren anfangs, nach Angaben der USArmy, rund 11.000 Menschen, vorrangig Polen und Russen untergebracht. Von hier aus sollten sie zurück in ihre Heimat gebracht werden. Wie schwierig dieses Unterfangen war, zeigte, daß noch kurz vor der Schließung des Lagers Ludwigshöhe im Sommer 1948 ca. 1.200 "Displaced Persons" zumeist lettischer Nationalität lebten. Am 16. Januar 1986 gab das Europaparlament eine Erklärung zur Zwangsarbeit ab, in der die deutschen Firmen, die Zwangsarbeiter beschäftigten, aufgefordert werden, Entschädigung zu zahlen. Schon 13 Jahre später begannen konkrete Verhandlungen mit dem Ziel einer "Entschädigung". Bereits 50 Jahre nach Beendigung der faschistischen Gewaltherrschaft, wurde im Mai 1995 am Eingang des Darmstädter Hauptbahnhofes eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Zwangsarbeiter angebracht. (→Denkmäler) Q: [4], [74], [84], [130]

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Quellen Vorbemerkung: Eigene Recherchen der Autoren dieses Buches sind in den Quellenangaben am Textende der Stichwörter nicht als Quelle gekennzeichnet. [1]

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Beier, Gerhard: Arbeiterbewegung in Hessen, Frankfurt 1984

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Darmstädter Echo, 27.07.1990

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[119] Leithäuser, Joachim G.: Wilhelm Leuschner - Ein Leben für die Republik, 1962 [120] Magistrat der Stadt Darmstadt (Hrg.): Judendeportationen aus Darmstadt 1943/44, September 1992 [121] Magistrat der Stadt Darmstadt (Hrg.): Denkmalschutz in Darmstadt - Fliegerei und Luftfahrt in Darmstadt, Kulturamt, Darmstadt 1993 [122] Matthias, Erich / Schönhoven, Klaus (Hrg.): Solidarität und Menschenwürde, Etappen der deutschen Gewerkschaftsgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bonn 1984 [123] Landtagsamt Drucksachen Nr.: 274 und 452: Verhandlungen des Landtags des Volksstaates Hessens im Jahre 1927/31. Vierter Landtag [124] Landtagsdrucksache 14/2662, Hessischer Landtag, Wiesbaden [125] Metzger, Ludwig: In guten und in schlechten Tagen, Reba Verlag, Darmstadt 1980 [126] Meyer, Ahlrich: Der kalte Glanz der Funktionselite im NS-Staat, TAZ vom 21.05.1996 [127] Moos, Ludwig: SA in Hessen, Groß-Gerau 1934 [128] Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) und Kunstamt Kreuzberg (Hrg.): Faschismus, Berlin 1976 [129] Oberstaatsanwaltschaft Frankfurt: Entscheidung zur Rede Martin Niemöllers in Kassel, 1959 [130] Pingel-Rollmann, Heinrich: Widerstand und Verfolgung in Darmstadt und der Provinz Starkenburg 1933 -1945 [131] Potthoff, Heinrich: Die Sozialdemokratie von den Anfängen bis 1945, Verlag Neue Gesellschaft GmbH, Bonn 1974

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[132] Rave, Paul Ortwin: Kunstdiktatur im Dritten Reich, Argon, Berlin 1949 [133] Rundfunksendung von Radio Darmstadt (RadaR), "Burschenschaften" am 18.02.1997, Redaktion Audiomax [134] Rüstungsforschungs-Kontroll-Kommitee (Hrg.): Materialien zu Rüstungsforschung, Produktion und Imperialismus, 1970 [135] Schäfer, Georg: Darmstadts Straßennamen, Selbstverlag, Darmstadt 1994 [136] Scharrer, Manfred: Anpassung bis zum bitteren Ende, Die freien Gewerkschaften 1933, in: Kampflose Kapitulation, Arbeiterbewegung 1933, Hamburg 1984 [137] Schmidt, Dietmar: Martin Niemöller - eine Biographie [138] Schumann, Hans-Gerd: Nationalsozialismus und Gewerkschaftsbewegung, Die Vernichtung der deutschen Gewerkschaften und der Aufbau der deutschen Arbeiterfront, Hannover, Frankfurt 1958 [139] Stadtarchiv (Biografisches Archiv) [140] Stadtarchiv Darmstadt, August-Euler-Archiv [141] Stadtarchiv Darmstadt, Mappe 13 a, Luftverkehr: Besondere Ereignisse in Darmstadt [142] Stadtarchiv Darmstadt, Mappe 13 a1, Flugplätze in Darmstadt [143] Stadt Darmstadt (Hrg.): Kunst im öffentlichen Raum in Darmstadt 1641 - 1994, 1994 [144] Standesamtsverband Kössen: Sterbebuch 9/1946, Brief vom 2.9.1999 [145] Standort Darmstadt - 30 Jahre Bundeswehr, Mönch-Verlag, Koblenz, Bonn 1985

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[146] Standort Darmstadt, Mönch-Verlag, Koblenz, Bonn 1995 [147] Statistik des Deutschen Reichs Band 451.1 und Ergebnisse der Volkszählung 1933, Heft 1, Berlin 1935 [148] Studt, Christoph (Hrg.): Das Dritte Reich, Ein Lesebuch zur deutschen Geschichte 1933-45, Beck-Verlag, München 1995 [149] Süddeutsche Zeitung, 16.10.1996 [150] Steinbeck, Udo / Gower, David: Jüdische Spuren in Darmstadt, Justus von Liebig Verlag, Darmstadt 1990 [151] Steinbeck, Udo: Jüdische Spuren in Darmstadt II, Justus von Liebig Verlag, Darmstadt 1990 [152] Steinbeck, Udo / Heinzerling Albrecht, Jüdische Spuren in Darmstadt III, Justus von Liebig Verlag, Darmstadt 1992 [153] Technische Hochschule Darmstadt (Hrg.): 150 Jahre technische Bildung in Darmstadt, Begleitheft zur Ausstellung vom 20.11. bis 13.12.1986 [154] Uhlenbrock, Detlev (Hrg.): Mobilmachung für die Heimatfront Militarisierung des Gesundheitswesens, Pahl-Rugenstein Verlag, Köln 1983 [155] Unser Jahrhundert im Bild; Bertelsmann Verlag, Gütersloh 1964 [156] Verein der Berufsfeuerwehr Darmstadt (Hrg.): Berufsfeuerwehr Damstadt 1895 - 1995 - 100 Jahre, Darmstadt, 1995 [157] VVN-Bund der Antifaschisten, Kreisverband Darmstadt-Dieburg (Hrg.): Mein Leben war ein Dienen für die Kleinen und Werktätigen, Zur Erinnerung an den am 27. Oktober 1944 hingerichteten Darmstädter Widerstandskämpfer Georg Fröba, Darmstadt 1994 [158] Wiesenthal, Georg: Darmstädter Kalender, Darmstadt 1956

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[159] Wittersheim, Fritz: Die Arbeit der Darmstädter ZdA-Jugend, in: Hessische Gewerkschafter im Widerstand, Gießen 1983 [160] Wehrpflicht- und Soldatenrecht, Beck-Texte im Deutschen Taschenbuchverlag, München 1988 [161] Zeitung für Darmstadt, 14.01.1994 [162] Zentralrat Deutscher Sinti und Roma: Appell an Willy Brandt vom 07.06.1984, Sonderdruck

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Register Beiträge und ihre Seitenzahl sind fettgedruckt 1. Großherzoglich-Hessisches Feldartillerie-Regiment Nr. 25 .................. 36 15. Feldzeugbataillon................................................................................ 162 165. Militärisches Nachrichtenbataillon........................................... 105, 162 165th Military Intelligence Battalion ....................................................... 105 184. Feldzeugkompanie ............................................................................ 162 2. Großherzoglich-Hessisches Feldartillerie-Regiment Nr. 61 .................. 36 22. Fernmeldebrigade ......................................................................... 39, 162 22nd Signal Brigade.................................................................................... 39 233. Standortunterstützungsbataillon ................................................. 39, 161 233rd Base Support Battalion............................................................. 39, 161 233rd Base Support Battalion Training Support Center .......................... 160 32. Fernmeldebataillon ..................................................................... 105, 162 32. Heeresluftverteidigungskommando.............................................. 39, 162 32. US-Luftverteidigungskommando ......................................................... 36 32nd Signal Battalion................................................................................ 105 41. Feldartilleriebrigade............................................................................ 162 440th Signal Battalion ................................................................................ 39 55th Personal Services Battalion ................................................................ 39 596. Instandhaltungskompanie ......................................................... 105, 162 596th Maintainance Company.................................................................. 105 66th Military Intelligence Group .............................................................. 105 94th Air Defense Artillery Command ........................................................ 39 Aachener Hof .............................................................................................. 89 Adelung, Bernhard ........................................................................... 11, 117 Adelungstraße ............................................................................................. 11 Adolf-Hitler-Platz ............................................................................. 119, 133 Ahastraße .................................................................................................... 16 Albert-Schweitzer-Anlage .......................................................................... 72 Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftbund.............................................. 118 Alten- und Pflegeheim Dr. Rosenthal ..................................................... 12 Alter Darmstädter Friedhof...........................................................73, 74, 104 Alter Friedhof ........................................................................................... 137 Am Kavalleriesand ............................................................................. 12, 13 Amt für Fernmelde- und Informationssysteme ............................... 13, 35 Amt für Flugsicherung Frankfurt am Main .............................................. 152 Amtsgerichtsgefängnis Alzey................................................................... 135 190


Arheilger Friedhof ...................................................................................... 74 Arheilger Mühlchen.................................................................................. 13 Arisierung .................................................................................................. 14 Artillerie-Denkmal...................................................................................... 42 Artilleriekaserne.......................................................................................... 17 Artilleriestraße .......................................................................................... 16 Atomraketen................................................................................................ 40 Auf dem Exercierplatz ............................................................................. 17 August-Buxbaum-Anlage................................................................... 17, 76 August-Euler-Flugplatz........................................................17, 18, 64, 169 Aumühle.................................................................................................... 145 Ausbesserungswerk der Deutschen Bahn................................................. 149 Autobahn ................................................................................................... 19 Babenhausener Kaserne............................................................................ 162 Badischer Hof ...................................................................................... 19, 58 Ballonschule.............................................................................................. 138 Battle Simulation Center........................................................................... 160 Bayrische Volkspartei............................................................................... 137 Beckenbach, Johann.................................................................................. 135 Becker, Christian Friedrich......................................................................... 20 Beckerstraße.............................................................................................. 20 Bekennende Kirche.................................20, 21, 54, 85, 106, 109, 112, 123 Bensheim-Auerbach Hochstätten ............................................................. 128 Bernhard-Adelung-Schule .......................................................................... 11 Bertha-von-Suttner-Anlage ..................................................................... 22 Bessunger Friedhof ............................................................................... 42, 73 Bessunger Turnhalle......................................................................... 22, 145 Best, Dr. Werner ...................................................23, 27, 77, 134, 141, 151 Betriebsgruppe Goebel ..................................................................... 24, 112 Bettenhaus Heymann .................................................................................. 16 Beyer, Adolf ......................................................................................... 24, 59 Beyerweg .................................................................................................... 25 Biergartenkeller ................................................................................ 25, 135 Bismarck, Otto von ..................................................................................... 26 Bismarckstraße ......................................................................................... 26 Bleichstraße......................................................................................... 50, 157 Böllenfalltor ................................................................................................ 91 Bommersheim, Dr. P. ............................................................................... 159 Boxheimer Dokumente ....................................................................... 23, 27 Brambach, Otto ........................................................................................... 31 191


Brambachweg............................................................................................ 31 Brandnacht ............................................................................32, 73, 98, 139 Brandt, Willy....................................................................................... 72, 169 Braunes Haus .................................................................................... 132, 135 Braustübl ................................................................................................... 32 Bücherverbrennung.......................................................................... 32, 123 Büchner, Georg ................................................................................... 33, 50 Bund Deutscher Mädel ............................................................................... 84 Bundesbahnausbesserungswerk.................................................................. 13 Bundesverband für den Selbstschutz...................................................... 34 Bundesverteidigungsministerium ............................................................... 41 Bundeswehr ............ 13, 34, 40, 62, 68, 70, 76, 91, 147, 152, 153, 154, 163 Bunker....................................................................................................... 149 Bunkerbau ................................................................................................... 34 Bürgermeister der Stadt Darmstadt ............................................................ 42 Burschenschaften ...................................................................................... 36 Callmann, Carl Peter................................................................................. 100 Cambrai-Fritsch-Kaserne..........................................................39, 95, 162 Cambrai-Kaserne ........................................................................................ 39 Camp Arrowhead ............................................................................. 40, 121 Cassini......................................................................................................... 63 Cauer, Robert .............................................................................................. 49 Commerzbank ............................................................................................. 89 Cooperstraße ............................................................................................... 95 Dang, Johann Sebastian .............................................................................. 55 Darmstäder Aufruf ................................................................................... 40 Darmstädter Echo ....................................................................................... 55 Darmstädter Signal - ds............................................................................ 40 Darmstädter Wort .................................................................................... 41 Delp, Heinrich ..................................................................................... 41, 73 Demokratische Partei................................................................................ 138 Denkmal der Vertriebenenverbände ........................................................... 47 Denkmal des unbekannten Deserteurs........................................................ 46 Denkmäler ........................................................................................... 42, 73 Deserteure ................................................................................................... 46 Deutsche Bank ............................................................................................ 15 Deutsche Christen ...............................................................21, 53, 106, 108 Deutsche Demokratische Partei................................................................ 137 Deutsche Friedensgesellschaft......................................................21, 22, 139

192


Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) .................................................................................................. 54 Deutsche Reichsbahn................................................................................ 150 Deutsche Staatspartei................................................................................ 138 Deutsche Studentenschaften ....................................................................... 33 Deutsche Volkspartei................................................................................ 137 Deutsches Jugendherbergswerk.................................................................. 31 Deutsches Jungvolk .................................................................................... 84 Deutsch-Französischer Krieg............................................................ 104, 125 DFG........................................................................................................... 139 DFG-VK ............................................................................................... 54, 68 DGB-Haus.................................................................................................. 56 Dibelius, Otto.............................................................................................. 22 Dieburger Straße .........................................................................25, 122, 142 Displaced Persons ..................................................................................... 177 DNVP........................................................................................................ 137 Donges Stahlbau............................................................................ 19, 58, 89 Donges, Friedrich........................................................................................ 58 Donges, Georg Theodor............................................................................ 58 Dragoner-Denkmal ..................................................................................... 43 Dragonerkaserne ......................................................................................... 61 Dresdner Bank ............................................................................................ 15 Duttenhoefer, Thomas .......................................................................... 50, 51 Eberstädter Friedhof ................................................................................... 74 Eberstädter Weg........................................................................................ 160 Ebert, Friedrich ........................................................................................... 95 Ehrenmal für die Gefallenen der Gemeinde Arheilgen 1914-1918 ........... 44 Ehrenmal für die Gefallenen der Gemeinde Eberstadt 1914-1918 ............ 44 Ehrenmal für die Opfer der Brandnacht am 11./12. September 1944........ 47 Eichbergstraße............................................................................................. 45 Einstein, Albert ........................................................................................... 59 Einsteinstraße............................................................................................ 59 Eisen Rieg ................................................................................................... 16 Elisabethenstift............................................................................................ 20 Elisabethenstraße ........................................................................................ 98 Engel, Ludwig.............................................................................76, 123, 129 Entartete Kunst................................................................................. 59, 114 Entnazifizierung........................................................................................ 60 Erich-Ollenhauer-Promenade ..................................................................... 50 Ermächtigungsgesetz ........................................................................ 137, 151 193


Ernst-Ludwig-Kaserne....................................................................... 40, 62 Ersatzbataillon 43 .......................................................................35, 62, 163 Eschollbrücker Straße .....................................................40, 62, 98, 105, 121 ESOC.......................................................................................................... 62 Euler, August............................................................................................. 63 Euthanasie ......................................................................................... 65, 138 Exercierplatz ....................................................................................... 83, 142 Fachschule des Heeres für Erziehung und Wirtschaft ...........67, 70, 152 Fachschule des Heeres für Wirtschaft ................................................ 35, 154 Falck, Hermann ........................................................................................ 68 Felchesgasse.............................................................................................. 168 Fernmeldetechnisches Zentralamt .............................................................. 13 Fernmeldetechnisches Zentrum .................................................................. 35 Feuerwehr.................................................................................................. 68 Fillsack, Hans Otto .......................................................69, 74, 82, 112, 176 Flugplatz Griesheim.................................................................................... 17 Forschungs- und Technologiezentrum ....................................................... 60 Frankenstein-Kaserne ..............................................35, 67, 70, 76, 91, 126 Frankfurter Straße ............................................................................. 121, 139 Freiherr-von-Fritsch-Kaserne ..................................................................... 39 Fried, Alfred Hermann................................................................................ 54 Friedensbewegung ................................................................................ 22, 54 Friedensnobelpreis .............................................................................. 22, 169 Friedensnobelpreisträger ......................................................................... 72 Friedensplatz ....................................................................................... 44, 72 Friedhöfe.................................................................................................... 73 Friedrichstraße .......................................................................................... 156 Fritz-Meister-Anlage ................................................................................ 121 Fröba, Georg .............................................................69, 73, 74, 76, 81, 111 FTZ...................................................................................................... 60, 109 Fuchsstraße ................................................................................................. 50 Garde-Dragoner-Regiment Nr. 23 .............................................................. 35 Gardistenstraße................................................................................... 75, 83 Gedenkstein................................................................................................. 48 Gedenkstein für deportierte jüdische Schülerinnen.................................... 48 Gedenktafel für den Matrosen Kim Malthe Braun..................................... 48 Gedenktafel für die ZwangsarbeiterInnen .................................................. 49 Gedenktafel für gefallene Lehrer................................................................ 49 Gedenktafel GESTAPO-Gefängnis............................................................ 48 Gefallenendenkmal 1870/71....................................................................... 44 194


Gefängnis Riedeselstraße ................................................................. 75, 135 Gefängnisse................................................................................................ 75 Geisteskrankenasyl ................................................................................... 138 Georg-Büchner-Anlage............................................................................... 33 Georg-Büchner-Preis .................................................................................. 33 Georg-Büchner-Schule ............................................................................... 33 Georgenstraße ............................................................................................. 98 Georg-Fröba-Anlage..................................................................... 17, 75, 76 Gerätehauptdepot Darmstadt .............................................35, 70, 76, 152 Gerhart-Hauptmann-Straße.................................................................... 77 Germania..................................................................................................... 44 Geschwister-Scholl-Weg........................................................................... 77 Gestapo.....................................23, 61, 77, 90, 111, 120, 123, 143, 151, 170 Gewerkschaften...................................................................69, 79, 110, 142 Gilmer, Julius.............................................................................................. 54 Gnadentod ................................................................................................... 65 Goebbels, Joseph ...................................................................................... 140 Goebel ......................................................................................................... 69 Goebel, Maschinenfabrik ...........................................................69, 82, 176 Göckel, Maschinenfabrik ......................................................................... 83 Goerdeler, Carl-Friedrich ................................................................... 83, 118 Goerdelerweg............................................................................................. 83 Goethe, Rudolf.......................................................................................... 107 Goethestraße ............................................................................................... 16 Grafenstraße.......................................................................................... 50, 98 Grein, Karl................................................................................................. 84 Griesheimer Sand .......................................................................64, 85, 165 Grube Prinz-von-Hessen................................................................... 121, 142 Grund, Peter.............................................................................................. 87 Grundstraße................................................................................................. 89 Grünewald, Friedrich .......................................................................... 20, 106 Grynzpan, Herschel .................................................................................. 140 Habich, Ludwig......................................................................................... 89 Habichweg .................................................................................................. 89 Hanauer Hof ........................................................................................ 58, 89 Harnack, Arvid.......................................................................................... 144 Hassel, Ulrich von..................................................................................... 118 Haubach, Theodor ..............................................................73, 90, 113, 123 Haubachweg................................................................................................ 90 Hauptbahnhof...................................................................................... 49, 126 195


Hauptmann, Gerhart.................................................................................... 77 Haushaltswaren Nitzsche............................................................................ 16 HEAG......................................................................................................... 90 Heeresmunitionsanstalt ..............................................................76, 91, 176 Heidelberger Landstraße........................................................................... 156 Heidelberger Straße ..............................................................16, 42, 118, 145 Heimatschutzbataillon 43...........................................................35, 91, 163 Heimatschutzregiment 84 ......................................................................... 163 Heine, Heinrich ........................................................................................... 92 Heinestraße................................................................................................ 92 Heinrich-Delp-Straße.................................................................................. 42 Heinrich-Emanuel-Merck-Schule............................................................... 48 Heinrich-Heine-Schule ....................................................................... 92, 125 Heinrichstraße ............................................................................................. 98 Henschel & Ropertz............................................................................ 16, 92 Henschel, Erich ........................................................................................... 92 Herder, Johann Gottfried ............................................................................ 93 Herderstraße ............................................................................................. 93 Hermannstraße ...................................................................................... 42, 45 Herrmann, Ludwig...................................................................................... 32 Herrngarten ........................................................................................... 52, 53 Hessischer Landbote ................................................................................... 34 Hessischer Volksfreund............................................................94, 132, 142 Heymann, Dr.-Ing. Hans........................................................................... 127 Hickel, Theodor ..................................................................20, 106, 107, 151 Hilpertstraße.............................................................................................. 126 Hindenburg, Paul von Beneckendorf und von ........................................... 95 Hindenburgstraße..................................................................................... 95 Hitler, Adolf....................................................................22, 24, 95, 108, 136 Hitlerjugend ................................................................................................ 84 Hochschulstadion........................................................................................ 45 Hochstraße .................................................................................................. 48 Holzhofallee................................................................................................ 12 Horst-Wessel-Anlage.................................................................................. 76 Hotel Traube ............................................................................................... 95 Hugo-Stinnes-Konzern ............................................................................... 23 Infanterie-Leib-Regiment Großherzogin.................................................... 36 Infanterie-Regiment 115 ....................................................................... 44, 72 Infanterie-Regiment Kaiser Wilhelm ......................................................... 36 Infanterie-Regiment Prinz Carl................................................................... 36 196


Internierungslager Darmstadt ..................................................................... 60 Jakob-Sprenger-Haus................................................................................ 151 Jefferson Siedlung.......................................................................39, 95, 162 John-F.-Kennedy-Haus ............................................................................... 89 Juden ........................................................................................14, 16, 51, 95 Judenboykott ....................................................................................... 14, 96 Judenverfolgung.................................................................................. 12, 97 Jüdische Gemeinde ..................................................................................... 12 Jüdischer Friedhof.................................................................................... 99 Julius-Reiber-Straße....................................................................51, 102, 139 Jung, Phillipp ............................................................................................ 151 Justiz......................................................................................................... 100 Justus-Liebig-Schule.....................................................17, 48, 51, 102, 139 Kahlertstraße ....................................................................................... 98, 145 Kapellplatz .................................................................................................. 50 Kasinostraße................................................................................................ 98 Katastrophenschutz ..................................................................34, 102, 161 Kattrein, Ernst Ludwig Bernhard ....................................................... 73, 104 Kattreinstraße ......................................................................................... 104 Kaufhof .............................................................................................. 16, 104 Kavalleriekaserne........................................................................................ 12 Kavallerieregiment Nr.6 ....................................................................... 36, 43 Kelley Barracks.......................................................................105, 121, 161 King, Martin Luther.................................................................................... 72 Kirche.................................................................................................. 53, 106 Kirchen im Faschismus .......................................................................... 106 Kirchenkampf ......................................................................................... 108 Klagemauer ................................................................................................. 50 Kleyerstraße .............................................................................................. 126 Kogon, Eugen .......................................................................................... 109 Köhler, Wilhelm ................................................................................. 20, 106 Kommunistischer Widerstand......................................................... 70, 109 Konzentrationslager .................................................................................. 133 KPD.................................................................69, 74, 95, 109, 135, 136, 177 Kreisauer Kreis ...................................................22, 90, 112, 118, 125, 148 Kreiswehrersatzamt..........................................................35, 114, 154, 163 Kriegerdenkmäler ....................................................................................... 42 Kriegsdienstverweigerung .......................................................................... 47 Kriegsgefangene ....................................................................................... 139 Kriegsgefangenendenkmal.......................................................................... 50 197


Kriegsgefangenenlager ............................................................................... 61 Kriegsschäden ......................................................................................... 114 Kunsthalle.......................................................................................... 60, 114 Kyritzschule ................................................................................................ 17 KZ Natzweiler-Struthof ............................................................................ 127 Lager ............................................................................................91, 73, 115 Lagerhaus.................................................................................................. 139 Lagerhausstraße ........................................................................................ 139 Landgerichtsgefängnis Rundeturmstraße........................69, 75, 116, 135 Landgraf-Phillips-Anlage ........................................................................... 43 Landtagspräsident ....................................................................................... 42 Landwehrstraße................................................................................. 142, 145 Lauteschlägerstraße .................................................................................... 46 Leber, Julius.............................................................................................. 147 Leibdragoner-Regiment Nr. 24................................................................... 36 Leibgarde-Infanterie-Regiment Nr. 115 ............................................. 35, 146 Leibgardisten-Denkmal ........................................................................ 44, 72 Lejeune-Jung, Paul.................................................................................... 118 Lentz, Waldemar....................................................................................... 144 Lenz, Philipp Otto..................................................................................... 151 Leo-Tolstoi-Straße .................................................................................... 117 Leuschner, Wilhelm...................................................................................... ...................... 11, 73, 109, 117, 120, 123, 124, 125, 136, 146, 147, 148, 173 Lichtwiese ............................................................................................. 18, 86 Lincoln Siedlung .......................................................................59, 118, 162 Lokwerk .................................................................................................... 139 Luftwaffenbataillon in Schöneck.............................................................. 152 Luisencenter................................................................................................ 17 Luisenplatz...............................................................................119, 133, 141 Machtergreifung..............................................................14, 53, 92, 139, 158 Mahnmal für die Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges .................. 52 Mahnmal für die Opfer der Gewaltherrschaft ............................................ 50 Mahnmal zur Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.. 50 Mahnmale ................................................................................................... 46 Mahntafel .................................................................................................... 51 Main-Neckar-Bahnhof .............................................................................. 151 Marienplatz .............................................................................17, 52, 83, 136 Marktplatz ................................................................................................... 82 Martin-Luther-King-Ring ........................................................................... 72 Marx, Rudolf............................................................................................. 107 198


Mathildenhöhe ...................................................................................... 24, 59 Mauerstraße..................................................................................... 58, 89, 98 Mayer, Albert .................................................................................... 81, 119 Mayer, Ernst.............................................................................................. 100 Meister, Fritz ........................................................................................... 120 Memory Field .......................................................................................... 121 Menges, Willi............................................................................................ 112 Menora ........................................................................................................ 50 Merck ...............................................................115, 121, 122, 123, 142, 172 Merck, Carl ............................................................................................. 122 Mercksplatz ....................................................................................... 33, 123 Metzger, Günther .............................................................................. 124, 173 Metzger, Ludwig .......................................................88, 107, 112, 123, 139 Michaelisstraße ................................................................................. 158, 162 Mierendorff, Carlo............................73, 113, 117, 118, 120, 123, 124, 147 Militärseelsorge ........................................................................................ 152 Modehaus Schrumpf ................................................................................... 16 Moller, Georg............................................................................................ 116 Moltke, Helmuth Graf von ....................................................................... 125 Moltkestraße............................................................................................ 125 Mornewegschule ......................................................................................... 45 Mornewegstraße.......................................................................................... 83 Mozartturm ............................................................................................. 125 Mühlstraße .................................................................................................. 82 Müller, Reichsbischof Ludwig ................................................................. 109 Münster Army Depot ................................................................................ 162 Nansen, Fridtjof .......................................................................................... 72 Nansenstraße ............................................................................................... 72 Nathan Hale Depot..................................................................105, 126, 162 Nationalsozialismus ............................................................................ 49, 156 NATO-Tanklager Pfungstadt ................................................................ 126 Natzweiler-Struthof ................................................................................ 127 Nazis............................................................................................................ 32 Nieder-Ramstädter Heime ............................................................... 66, 128 Nieder-Ramstädter-Straße .......................................................................... 90 Niemöller, Martin ............................................................................... 21, 108 Nobel, Alfred .............................................................................................. 22 Notstandsgesetz .......................................................................................... 34 NSDAP ............ 14, 16, 23, 24, 53, 79, 84, 96, 100, 122, 128, 137, 141, 150 Obergasse.................................................................................................... 82 199


Ostbahnhof................................................................................................ 150 Osthofen ...................................................................23, 25, 74, 81, 124, 133 Otto-Wolfskehl-Straße................................................................................ 82 Pabst, Theo................................................................................................ 115 Palaisgarten ................................................................................................. 17 Pankratiusvorstadt....................................................................................... 75 Paradeplatz.................................................................................................. 73 Parkhaus Grafenstraße .............................................................................. 103 Parkhaus unter dem Karolinenplatz.......................................................... 103 Parteien im Faschismus.......................................................................... 136 Patriot Conduct of Fire / Training Facility ............................................... 160 Paul-Gerhardt-Kirche................................................................................ 152 Pazifismus ................................................................................................... 68 Peenemünde .............................................................................................. 167 Performing Arts Center............................................................................... 62 Peter-Grund-Bau......................................................................................... 89 Pfälzer Erbfolgekrieg................................................................................ 146 Pfarrernotbund .................................................................................... 21, 108 Platz der deutschen Einheit......................................................................... 34 Ploennies, Wilhelm von .................................................................... 73, 137 Ploenniesstraße ......................................................................................... 137 Polizeigefängnis Klarastraße in Mainz..................................................... 135 Polizeipräsidium.............................................................................. 135, 138 Polizeipräsidium Worms........................................................................... 135 Porzellangeschäft Rosenthal....................................................................... 14 Prinz-Emil-Garten....................................................................................... 45 Pulverhäuserweg..................................................................................... 138 Quidde, Ludwig .......................................................................................... 22 Radikal-demokratische Partei................................................................... 139 Rath, E. vom ............................................................................................. 140 Rathenau, Walther ...................................................................................... 76 Reiber, Julius...............................................................................55, 73, 138 Reichsbahn............................................................................................... 139 Reichsbahnausbesserungswerk...................................................13, 139, 158 Reichsbahnbetriebsamt ............................................................................. 139 Reichskristallnacht .............................................................50, 98, 140, 168 Reichspogromnacht .................................................................................... 48 Reichstagswahl ..................................................................96, 129, 136, 141 Reiner, Heinrich........................................................................................ 151 Reiterdenkmal Großherzog Ludwigs IV .................................................... 72 200


Rhein/Main-Air Base................................................................................ 127 Rheinstraße ................................................................................................. 61 Richter, Willi............................................................................................. 120 Richthofen, Manfred Freiherr von.............................................................. 65 Richthofen-Bunker.................................................................................... 125 Riedeselstraße ....................................................................................... 48, 98 Riffel, Hans ................................................................................................. 82 Rifle Range Messel.................................................................................. 142 Riwwelmatthes............................................................................................ 52 Roeder, Ofenfabrik................................................................................. 142 Röhm......................................................................................................... 142 Röhm & Haas .................................................................................. 142, 173 Ropertz, Hans.............................................................................................. 92 Rosegger, Peter ......................................................................................... 143 Roseggerweg ............................................................................................ 143 Rote Kapelle ............................................................................................ 143 Roth, Oberst Dr. Günther.......................................................................... 164 Rothschild ............................................................................................. 92, 96 Ruhestätte einer unbekannten Anzahl von Fremdarbeitern und Fremdarbeiterinnen aus der Zeit von 1939 bis 1945..................................................... 52 Ruhestätte von russischen Soldaten............................................................ 52 Rüstungsforschung ................................................................................. 144 Schaper, Fritz .............................................................................................. 72 Schenck ..............................................................................22, 115, 145, 176 Schlesischer Krieg .................................................................................... 156 Scholl, Hans ................................................................................................ 77 Scholl, Johann Baptist ................................................................................ 52 Scholl, Sophie ............................................................................................. 77 Schrautenbachweg .................................................................................. 145 Schuhhaus Dielmann .................................................................................. 16 Schuhmacher, Elisabeth............................................................................ 144 Schulsportgelände der US-Army........................................................... 146 Schwamb, Ludwig.......................................73, 90, 118, 123, 125, 146, 148 Schwarzbeck, Fritz................................................................................ 47, 48 Schweitzer, Albert ...................................................................................... 72 Seelsorgebezirk Darmstadt ....................................................................... 152 Sicherungsbataillone 4431 und 4433.......................................35, 147, 163 Siebenjähriger Krieg ................................................................................. 156 Sinti und Roma ................................................................................. 118, 173 Soldatengesetz........................................................................................... 152 201


Sondergerichte .......................................................................................... 100 SPD ........................ 11, 79, 95, 110, 121, 123, 124, 135, 136, 139, 148, 173 SPD-Widerstand ............................................................................... 32, 147 Spessarting .................................................................................................. 25 Spitzbunker ............................................................................................. 149 Sprenger, Jakob .............................................................................. 100, 150 St. Barbara Siedlung ...................................................................... 156, 162 St. Georgs-Kirche ..................................................................................... 152 Städtische Kliniken ............................................................................. 50, 161 Standortpfarrer.........................................................................35, 152, 154 Standortverwaltung ..................................................................35, 153, 154 Stark, Hans.................................................................................................. 61 Starkenburg-Kaserne .........................35, 67, 114, 152, 154, 158, 162, 165 Stars and Stripes.......................................................................................... 86 Stauffenberg, Claus Schenk Graf von ...................................................... 156 Stauffenbergstraße.................................................................................. 156 Stele mit Eisernem Kreuz ........................................................................... 45 Steuben, Friedrich Wilhelm Rudolf Gerhard Augustin von .................... 156 Steubenplatz ............................................................................................ 156 Stimmel, P................................................................................................. 159 Stresemann, Gustav .................................................................................... 72 Stresemannstraße ........................................................................................ 72 Sturmfels, Otto.......................................................................................... 100 Sudetengaustraße ..........................................................................58, 98, 118 Suttner, Bertha von ......................................................................... 22, 54, 72 Synagogen ................................................................12, 50, 68, 98, 140, 156 Systeminstandsetzungszentrum 850 ...............................35, 152, 154, 157 Technische Hochschule ......................................11, 87, 109, 116, 158, 169 Technische Universität ..................................................................... 158, 167 Technologiezentrum ............................................................................. 13, 60 Teichhausstraße ........................................................................................ 139 Thälmann, Ernst.......................................................................................... 95 Tolstoi, Leo Nikolajewitsch...................................................................... 117 Train-Bataillon Nr. 18................................................................................. 36 Train-Denkmal............................................................................................ 45 Training Center....................................................................................... 160 Triage ....................................................................................................... 160 Tritsch & Heppenheimer ............................................................................ 16 Ulrich, Carl ................................................................................................. 11 US-Army ... 34, 39, 40, 62, 95, 105, 119, 121, 126, 142, 146, 156, 160, 161 202


V2-Rakete ................................................................................................. 167 Verteidigungsbezirkskommando 43 ...........35, 62, 91, 147, 152, 154, 162 Veteranen-Denkmal .................................................................................... 52 Viktoriaschule ............................................................................................. 49 Volkstrauertag............................................................................................. 42 Von-Ploennies-Eiche ................................................................................ 137 Waffenschau der Fachschule des Heeres.............................................. 163 Waldfriedhof .............................17, 32, 47, 49, 50, 52, 73, 90, 118, 125, 139 Waldkolonie............................................................................................. 166 Walther, Alwin ........................................................................................ 167 Warenhaus Rothschild ................................................................................ 14 Warenhaus Tietz ......................................................................................... 14 Wechsler, Heinrich ...................................................................14, 140, 168 Wechslerstraße.................................................................................... 99, 168 Wehrmacht................................................................................................ 139 Weidig, Friedrich Ludwig .................................................................... 34, 50 Weiße Rose ................................................................................................. 77 Werner, Dr. Ferdinand .............................................................................. 151 Widerstand .................................................................................................... 21, 24, 31, 32, 54, 69, 74, 76, 81, 83, 106, 108, 109, 113, 118, 120, 143, 147, 156, 168, 170 Wieland, Christoph Martin ....................................................................... 168 Wielandstraße ......................................................................................... 168 Wilhelm-Glässing-Straße ................................................................... 78, 157 Wilhelminenstraße ................................................................................ 17, 98 Wilhelm-Leuschner-Straße...........................................................58, 98, 118 Willy-Brandt-Platz.................................................................................. 169 Windkanal Griesheim............................................................................. 169 Wirmer, Josef............................................................................................ 118 Witholshausen, Ludwig Balthasar von..................................................... 145 Wittersheim, Fritz ............................................................................... 82, 170 Wolff, .......................................................................................................... 61 Würth, Josef .............................................................................................. 124 Würthweg.................................................................................................. 124 Zentralbad ................................................................................................... 17 Zentralpolizeistelle...................................................................................... 78 Zentralverband der Angestellten .................................................... 81, 170 Zentrumspartei .................................................................................... 95, 137 Zerstörung Darmstadts .................................................................... 32, 171 Zigeuner ................................................................................................... 173 203


Zigeunergesetz .......................................................................................... 118 Zivilschutzbunker ....................................................................................... 25 Zwangsarbeit ...............................................................................73, 91, 175 Zwangsarbeiter................................................................................................ ...... 13, 17, 19, 22, 58, 69, 82, 83, 89, 90, 115, 116, 121, 139, 142, 145, 176

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Autoren

Michael Bauer, geb.1963, Modellbauer Peter Friedl, geb.1948, Fernmeldemonteur Marcus Gundlach, geb.1968, Sozialp채dagoge Johannes Lauer, geb.1966, Maschinenbauingenieur Wolfgang Lohnes, geb.1959, EDV-Anwendungsberater

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