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Panorama Talkshow „Dunja Hayali“

Rackete darf simple Antworten geben, und Hayali hakt nicht nach

Jetzt soll Carola Rackete im EU-Parlament sprechen

Die deutsche Kapitänin Carola Rackete soll im EU-Parlament über die Seenotrettung im Mittelmeer berichten. Rackete war international bekannt geworden, als sie mit einem Rettungsschiff ohne Erlaubnis der italienischen Regierung im Hafen von Lampedusa angelegt hatte.

Quelle: WELT

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Bei Dunja Hayali verteidigt Kapitänin Carola Rackete ihre Rettungsaktionen. Sie ist bereit, wieder Flüchtlinge zu retten. Grünen-Chef Robert Habeck muss sich gegen Kritik aus Landwirtschaft, Luftfahrt- und Kohleindustrie wehren.

Es ist der Moment, in dem die Sendung auf den Punkt kommt. Dunja Hayali fragt Kapitänin Carola Rackete, 31, ob sie Verständnis dafür habe, dass viele Menschen ihrer Forderung, alle in libyschen Lagern festsitzenden Flüchtlinge nebst allen noch folgenden bis zu 50 Millionen Klimaflüchtlinge aufzunehmen, mit Skepsis gegenüberstehen. Carola Rackete antwortet betont cool. „Nee, eigentlich nicht.“

Der Applaus kommt prompt, aber verhalten. Auch das Publikum zeigt sich gespalten: Viele im Studio feiern ihren Idealismus, andere zeigen sich mit verschränkten Armen bestürzt über ihre Naivität. Aber bis die Talkshow ihren Höhepunkt erreichte, mussten die Zuschauer einige Geduld aufbringen.

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Carola Rackete erlangte als Kapitänin auf dem Seenotrettungsschiff „Sea Watch 3“ internationale Berühmtheit, als sie Ende Juni trotz Verbots in den Hafen der italienischen Insel Lampedusa einlief. Sie für Dunja Hayalis Talkshow ankündigen zu können, erwies sich bereits im Vorfeld der Ausstrahlung am Mittwochabend als echter Coup.

Der Auftritt ist gleichzeitig das erste Interview der umstrittenen deutschen Seenotretterin im deutschen Fernsehen nach ihrer spektakulären Landung mit 53 Flüchtlingen in Lampedusa und ihrer anschließenden Festnahme Ende Juni. Die öffentliche Aufmerksamkeit war daher schon am Vortag enorm.

Dass neben Rackete ausgerechnet Robert Habeck im anderen polarisierenden Themenblock der Sendung alleine zum Thema Klimapolitik geladen ist, schlug in sozialen Netzwerken hohe Wellen. Bei Facebook und Twitter monierten zahlreiche Nutzer vorab lautstark fehlende Meinungspluralität und Gegenpositionen. Sowohl das ZDF als auch Hayali selbst sahen sich zu Erklärungen genötigt: Beide Themenblöcke würden kritisch beleuchtet, und Habeck müsse sich mit der Kritik dreier Bürger auseinandersetzen, hieß es.

"Fliegen, Kohle und Landwirtschaft sind keine Feindbilder", sagt Robert Habeck
"Fliegen, Kohle und Landwirtschaft sind keine Feindbilder", behauptet Robert Habeck
Quelle: ZDF/ Jule Roehr

So ist es auch. Den überwiegenden Teil der Sendung verteidigt Habeck seine Thesen – allerdings tatsächlich gegen drei lästige Widersacher. Melanie Zirzow, Personalreferentin in der Braunkohleindustrie aus der Lausitz, Raoul Hille, Chef des Flughafens Hannover und der Schweinebauer Thorsten Riggert gaben dem Grünen-Chef Kontra.

Die Drei vereint die Ansicht, die Forderungen der Grünen in Deutschland seien angesichts der globalen Herausforderungen nicht angemessen. Alle drei Gäste weisen zudem auf den drohenden Verlust von Zigtausenden Arbeitsplätzen hin, wenn keine Alternativen geschaffen würden. Dafür sei ausreichend Zeit nötig.

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„Dieses Kesseltreiben gegen den Luftverkehr als Klimasünder und Staatsfeind Nummer eins ist einfach nicht sachgerecht“, kritisiert Raoul Hille. „Wir reden hier über 0,3 Prozent des innerdeutschen und zwei bis drei Prozent des weltweiten Luftverkehranteils an menschengemachtem CO2.“

Bauer Riggert fürchtet hingegen, dass Landwirte schlicht „gegen ausländische Konkurrenz ausgetauscht werden“, wenn die Grünen all ihre Forderungen so durchsetzten. Und Zirzow verweist auf die Pläne osteuropäischer Staaten, neue Kohlekraftwerke zu bauen, während die Standorte in der Lausitz nach Forderungen der Grünen sogar noch früher als vereinbart vom Netz gehen sollen.

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Habeck versucht direkt die Schärfe aus der Debatte zu nehmen und zeigt sich verständnisvoll: „Fliegen, Kohle und Landwirtschaft sind keine Feindbilder. Wir alle sind Profiteure. So haben wir uns das aufgebaut.“

Man sei damit aber als Gesellschaft vor die Wand gelaufen. Der Fingerzeig auf Andere funktioniere nicht, sonst werde sich nie etwas ändern. „Wir müssen zeigen, wie es geht, sonst macht niemand was. Dann kann man Politik in die Tonne kloppen.“

Das mit Spannung erwartete Interview mit Rackete dauert im Anschluss dagegen keine zehn Minuten. Und Kritiker dürfen sich bestätigt fühlen. Der Verdacht, Rackete könne sich Hayalis Talk für eine wohlwollende Darstellung ihrer Sicht der Dinge ausgesucht haben, bestätigte sich. Bei Maybrit Illner, Anne Will, Sandra Maischberger oder Frank Plasberg wäre sie in kontroverse Diskussionen verwickelt worden. Den neurotischen Nachfragen eines Markus Lanz hätte sie sich auch nicht so leicht entziehen können.

"Wir brauchen unbedingt Schiffe in der Such- und Rettungszone", Carola Rackete
"Wir brauchen unbedingt Schiffe in der Such- und Rettungszone", sagt Carola Rackete
Quelle: ZDF/ Jule Roehr

Dunja Hayali hingegen fragt höflich nach ihren Befindlichkeiten. Wie es ihr nach den wahnsinnig turbulenten Wochen ginge, möchte sie wissen. Ihr persönlich ginge es gut, beruhigt Rackete, das Thema beschäftige sie natürlich weiterhin, schließlich liege ihr Schiff in einem italienischen Hafen fest, während weiterhin Unglücke auf dem Mittelmeer passierten.

„Deutschland und andere europäische Staaten haben eine historische Verantwortung für die aktuelle Situation und für die Machtstrukturen, die da sind“, sagt Rackete. Deshalb sei Deutschland verpflichtet, Flüchtlingen aus Libyen und künftig potenzielle Klimaflüchtlinge aufzunehmen. Das hat sie vor drei Wochen bereits in „Bild“ so gesagt.

Italienerinnen tragen keine BHs aus Solidarität mit Rackete

Italienische Free-The-Nipple-Aktivistinnen rufen Frauen dazu auf, auf ihren BH zu verzichten – aus Solidarität mit der deutschen „Sea-Watch“-Kapitänin Carola Rackete.

Quelle: WELT

Hayalis Eingangsfragen haben einen kritischen Anstrich. Aber sie hakt nicht nach. Gefragt nach einem möglichen „Pull-Effekt“ verweist Rackete lapidar darauf, da doch besser die Flüchtlinge selbst zu fragen. An einer Beleuchtung der Gesamtproblematik zeigt sie sich nur mäßig interessiert, und die Moderatorin lässt sich mit simplen Antworten abspeisen.

Carola Racketes Fokus, daran lässt sie keinen Zweifel, liegt auf der Seenotrettung selbst. „Würden Sie das noch einmal machen?“, will Hayali abschließend von ihr wissen. „Wenn wieder ein Kapitän ausfällt, auf jeden Fall. Wir brauchen unbedingt Schiffe in der Such- und Rettungszone“, lautet die Antwort.

1,54 Millionen Zuschauer aller Altersgruppen generierten einen Marktanteil von 10,2 Prozent. In der Zielgruppe sorgten 0,25 Millionen Zuschauer für 5,1 Prozent Marktanteil.

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