In der Debatte um Kinderehen von jungen Migranten und Flüchtlingen in Deutschland spricht sich die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), gegen ein generelles Verbot aus. "Ein pauschales Verbot von Ehen von Minderjährigen ist zwar vielleicht gut gemeint, kann aber im Einzelfall junge Frauen ins soziale Abseits drängen", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Nach deren Recherchen ist die Zahl der Eheschließungen von Minderjährigen in Deutschland auf zuletzt 92 Fälle im Jahr 2015 stark gesunken.

Özoguz warnte vor den Folgen einer Rechtsverschärfung für die jungen Frauen: "Werden ihre Ehen aberkannt, verlieren sie unter anderem Unterhalts- und Erbansprüche, ihre Kinder wären unehelich, für viele würde das sogar eine Rückkehr in ihre Heimatländer unmöglich machen." Mit ihrer Kritik an einem generellen Verbot von Kinderehen hat sich Özoguz hinter Justizminister Heiko Maas (SPD) gestellt. Die Unionsfraktion im Bundestag will Eheschließungen unter 18 Jahren dagegen ohne Ausnahme verbieten – auch für deutsche Jugendliche.

Die Bundesregierung will gegen Kinderehen vorgehen. Eine zuständige Bund-Länder-Arbeitsgruppe nahm im September ihre Arbeit auf. Nach der Einreise Hunderttausender Flüchtlinge im vergangenen Jahr haben die Behörden mehrere Hundert Kinderehen registriert. Nach jüngsten Zahlen sind in Deutschland 1.475 verheiratete Jugendliche registriert. Davon waren zum Stichtag im Juli 361 jünger als 14 Jahre.

In islamischen Ländern wie Afghanistan kommt es immer noch vor, dass Eltern ihre minderjährigen Töchter verheiraten. In Deutschland dürfen Jugendliche ab 16 Jahren heiraten. Voraussetzung ist aber, dass der andere Ehepartner volljährig ist und eine Genehmigung des Familiengerichts vorliegt.

Die meisten minderjährig Verheirateten in Deutschland sind syrischer, afghanischer und irakischer Abstammung. Die Zahl der in Deutschland abgeschlossenen Ehen mit minderjährigen Partnern sei dagegen seit Jahren deutlich rückläufig, berichtet die Funke-Mediengruppe unter Berufung auf das Statistische Bundesamt. Demnach gab es im Jahr 2000 noch 1.073 Eheschließungen von unter 18-Jährigen, waren es 2005 noch 377 und 2015 nur 92 Hochzeiten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland.